Gerdom, Susanne (deutsches Interview)

Susanne Gerdom: Drachen, Elfen und Magie

 Wenn es um Buchempfehlungen geht, um Autoren die ich vielleicht neu entdecken könnte, dann frage ich grundsätzlich zuerst nicht den Buchdealer meines Vertrauens sondern meine beste Freundin. Kiala hat in etwa den gleichen Buchgeschmack wie ich und weiß am Besten, welches Buch und/oder welche Autoren etwas für mich sind.

 Da ich eigentlich keine Fantasy-Romane lese, habe ich zwar immer mal wieder den Namen Susanne Gerdom gehört, aber nie wirklich registriert. Aber wie sagt man so schön – steter Tropfen höhlt den Stein und irgendwann hab ich mich entschlossen an einer Leserunde zu dem Buch „Elidar“ teilzunehmen. Und was soll ich sagen? Ich war infiziert. Nach dem zweiten Buch „Das gefrorene Lachen“ war ich begeistert und mittlerweile bin ich für eine dritte Leserunde angemeldet und habe noch zwei Bücher von Susanne Gerdom hier lesebereit stehen.

Inspiriert durch die nette Art von Susanne und unserer Begegnung auf der Leipziger Buchmesse fragte ich schließlich an, ob sie mir ein Interview für Literaturschock geben würde und zu meiner großen Überraschung sagte sie ja.

Also dachte ich mir einige Fragen aus, gab sie an Kiala weiter mit der Bitte, mal drüberzuschauen und vielleicht zu ergänzen und … das war auch die Gelegenheit, eine Frage an Kiala zu richten. Von ihr wollte ich gern wissen „Was war Dein erstes Buch von Susanne Gerdom und was gefällt Dir an ihrer Art zu schreiben?"

 Sie schrieb zurück: „Vor mittlerweile schon sieben Jahren habe ich den ersten Roman von Susanne Gerdom gelesen. Es war "Anidas Prophezeiung", der erste Band der Anida-Trilogie. Zwei Dinge haben mich damals hauptsächlich fasziniert. Die Mischung aus Science Fiction- und Fantasy-Elementen war ungewöhnlich und interessant, aber noch ungewöhnlicher war einer der wichtigen männlichen Protagonisten, der so gar nicht in das übliche Heldenschema passte. Gerade das begeisterte mich, denn nichts wird für einen Vielleser langweiliger als Vorhersehbarkeit. 

Gerade die kann man Susanne nicht vorwerfen. Auch wenn sie sich oft altbekannter Elemente bedient, erzählt sie stets frisch, originell und außerhalb der üblichen, ausgetretenen Muster.

Besonders ihre Charakterzeichnungen (auch von Nebenprotagonisten) sind immer mit viel Liebe zum Detail ausgeführt und voller Leben. Oft  vergisst man, dass es sich hierbei um fiktive Personen handelt.

Ich hadere allerdings häufig mit dem Schluss ihrer Bücher, der meist zu schnell und plötzlich über den Leser hereinbricht und ihn mit etlichen offenen Fragen zurücklässt. Wohltuende Ausnahme ist hier „Das gefrorene Lachen“, das ich allen besonders ans Herz legen möchte!“

Die ausgedachten Fragen schickte ich an Susanne und hier kommt das Ergebnis:

 Literaturschock.de: Hallo Susanne! Erzähl  mal, wie muss man sich einen „Arbeitstag“ von Dir vorstellen? Schottest Du Dich komplett ab oder magst Du Trubel um Dich herum?

 Susanne Gerdom: Ich würde mich manchmal gerne abschotten, aber da wir unser Arbeitszimmer gemeinsam nutzen – sprich: Ich, meine Menschen und unsere Katzen – geht das leider so gut wie nie. Deshalb hab ich mich notgedrungen daran gewöhnt, auch im Trubel arbeiten zu können.

Manchmal schnappe ich mir mein Netbook und setz mich auf den Balkon oder in den Garten. Aber ich bin eine Schreibtischarbeiterin … ich brauch mein „normales“ Umfeld.

 Literaturschock.de: Braucht eine Autorin auch Nervennahrung wenn es mal nicht so läuft? Literweise Kaffee oder Tee? Oder gar Schokolade?

 Susanne Gerdom: Literweise Kaffee, Studentenfutter, Lakritz. :-)

Literaturschock.de: Ich hab Dich auf der Leipziger Buchmesse bei einer Lesung live erleben können. Wie ist es für Dich, vor Publikum Deine Werke zu lesen? Bist Du vor so einer Lesung sehr nervös?

Susanne Gerdom: Supernervös. Ich bin ja Auftritte gewöhnt, durch meine Theatervergangenheit, aber eigene Texte zu lesen ist ganz anders. Das macht mich richtig rappelig. Aber gerade in Leipzig hat es mir dann doch sehr viel Spaß gemacht und ich fand den Vortrag auch ganz gut. Da kommt mir dann halt doch zugute, dass ich weiß, wie man seine Stimme stützt und einsetzt.

Literaturschock.de: Du bist auch sehr aktiv was Leserunden angeht. Ich selbst hab bisher zwei Leserunden mit Dir erlebt und konnte so hautnah miterleben, wie Du auf die Fragen Deiner Leser eingehst. Konnte miterleben wie Du auf Kritik und Lob reagierst. Was treibt Dich dazu, gemeinsam mit einigen Deiner Leser eine Leserunde zu machen?

Susanne Gerdom: Was treibt mich dazu? Es ist sehr informativ, so hautnah mitzuerleben, wie ein Buch wirkt. Ich kann ganz genau sehen, was funktioniert hat, was nicht, wo noch Schwächen meiner Arbeit liegen, was in der Rezeption wie ankommt … das ist unbezahlbar für jede Autorin, die weiterkommen will in ihrer Schreibe. (Und, davon abgesehen: Inzwischen ist da ein Leserunden-Stammpersonal, das ich richtig, richtig lieb gewonnen habe. Es macht einfach Spaß!) 

Literaturschock.de: Was nimmst Du Dir aus so einer Leserunde mit? Ist sie Ansporn für Dich? Hat Dich eine Bemerkung eines Lesers schon einmal dazu gebracht, einen Gedanken für ein Buch umzuändern?

Susanne Gerdom: Nun ja. Ich kann ja an den Büchern selbst nichts mehr ändern zu diesem Zeitpunkt. Aber ich lerne trotzdem immer noch was dazu. Ich habe einige meiner Angewohnheiten deshalb durchaus schon verändert – zum Beispiel meinen Hang, Zeitsprünge einzubauen. Das werde ich so nicht mehr machen, außer es erfüllt einen direkten Zweck. Und ich bin auch vorsichtiger mit Perspektivewechseln geworden. (Nicht, dass ich sie seltener mache – ganz im Gegenteil – aber ich konstruiere sie sehr sorgfältig.)

Literaturschock.de: Du schreibst nicht nur unter dem Namen Susanne Gerdom, sondern hast auch Pseudonyme. Warum werden Bücher von Dir unter anderen Namen veröffentlich? Ist das dann der Wunsch des Verlages oder Deiner?

Susanne Gerdom: Das liegt komplett auf Verlagsseite. Ich müsste das nicht haben. Aber es geht darum, Genre und Zielpublikum sauber einzugrenzen. Erwachsene oder Jugendliche – klassische Fantasy oder Steamfantasy oder Urban Fantasy … jedes Mal ein anderer Name.

 Literaturschock.de: Glaubst Du, dass bei einem Genrewechsel ein Pseudonym wirklich mehr Leser bringt? Oder ist das ein Mythos?

 Susanne Gerdom: Nein, das ist ja nicht der Grund. Jedes Pseudonym muss sich seinen Leserkreis ja erst erarbeiten, das spräche also sogar gegen einen Namenswechsel.

 Die Verlage möchten verhindern, dass Verwirrung aufkommt – wenn jemand bei „Susanne Gerdom“ High Fantasy erwartet und stattdessen Urban Fantasy geboten kriegt, dann ist das verwirrend. Also lieber gleich ein Pseudonym. Und das Gleiche gilt für die Trennung Jugendbuch/Erwachsenenroman.

Und manchmal möchte ein Verlag den Namen auch ganz für sich.

Literaturschock.de: Für Fans eines Autors sind diese Pseudonymspielchen jedenfalls meist eher ein Fluch. 

Susanne Gerdom: Ja. Sehe ich auch so.

 Literaturschock.de: Vor 10 Jahren erwähntest Du, dass die Verlage ein englisch klingendes Pseudonym bevorzugten, weil sie fest an die bessere Verkaufbarkeit amerikanische Autoren glaubten. Ich habe den Eindruck, dass deutsche Autoren es heute leichter haben ihre Bücher zu veröffentlichen. Welchen Eindruck hast Du?

Susanne Gerdom: Deutsche AutorInnen haben heute einen festen Stand im Fantasy-Bereich. Das ist gut so, denn es gibt einfach einen Haufen wirklich guter deutscher AutorInnen in diesem Genre!

Literaturschock.de: Das nächste Buch, das wir auf Leserunden.de gemeinsam lesen werden ist „Last days on Earth“, dass Du unter dem Pseudonym Julian Frost veröffentlich hast. Es ist in meinen Augen etwas ganz anderes als Deine bisherigen Werke – soweit ich sie kenne. Was hat Dich bewogen, etwas ganz anderes zu schreiben?

Susanne Gerdom: Ich schreibe immer etwas ganz anderes. Das könntest du bei mir oben drüber tackern. ;-) Bis auf die zwei Elbenbücher, die so „bestellt“ waren, wiederhole ich Themen und Setttings nur sehr ungern. Ich würde mich zu Tode langweilen, wenn ich immer nur Elben oder immer nur Drachen oder immer nur Zwerge schreiben müsste.

Literaturschock.de: Seit 2000 arbeitest Du als freiberufliche Autorin und hast seither 11 Bücher veröffentlicht. Welches von den Büchern ist Dein ganz persönlicher Liebling? Und warum gerade dieses? Und hast Du einen persönlichen Lieblings-Protagonisten?

Susanne Gerdom: Nein. Ich habe keine Lieblinge. Ich mag immer mein aktuelles Buch ganz besonders, weil ich daran arbeite und mit den Figuren lebe. Ich mag immer das gerade neu erschienene Buch ganz besonders, weil ich es in den Händen halten kann und Rückmeldungen meiner Leserinnen bekomme. Aber sonst … nö. Ich mag alle meine Kinder, auch mit ihren Schwächen. ;-)

Literaturschock.de: Einige Deiner Bücher, darunter auch „Last days on Earth“ sind schon als E-Book erschienen, andere nicht (z.B. „Elidar“). Wie stehst Du zu dieser neuen Art Buch?

Susanne Gerdom: Ich liebe E-Books. :-)

Literaturschock.de: An welchen Projekten arbeitetest Du derzeit? Auf welche Bücher können wir Fans uns demnächst freuen?

Susanne Gerdom: In Arbeit habe ich aktuell das neue Projekt für arsEdition: „Das Haus an der Klippe“. Eine Geistergeschichte, die im Hier und Jetzt spielt. (In Cornwall …)

Dann ist gerade in der Produktion das nächste Ueberreuter-Projekt: Æther… ah, die Marketingabteilung hat sich noch nicht auf einen Titel geeinigt. …welt, …krieg, …magie. Irgendwas in der Richtung. Das ist der erste Band einer Steamfantasy-Trilogie.

Und demnächst (im Juli) erscheint mein Buch „Drachenhaut“ bei arsEdition. Orientalische Fantasy mit Drachen drin. ;-)

Literaturschock.de: Im letzten Interview für Literaturschock.de erwähntest Du Deine Liebe zum Theater/Oper und zum Lesen. Findest Du für beides immer noch genug Zeit?

Und was macht Dein privater Zoo?

Susanne Gerdom: Nein, leider nicht. Ich komme zu nicht sehr viel, weil ich zurzeit mindestens drei Bücher im Jahr produziere … da fehlt mir manchmal sogar die Zeit zum Lesen.

Und mein Zoo ist lieb und gesund (*klopfaufholz*). Danke der Nachfrage. :-)

Literaturschock.de: Vielen Dank dass Du Dir Zeit für das Interview genommen hast. Dir wünsche ich privat und für Deine weiteren Projekte von Herzen alles Liebe. 

Das Interview führten Sternchen28 und Kiala / Fotos: Kiala und Sternchen28


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