Der amerikanische Botschafter in England - zur Zeit der Königin Victoria - kauft für sich und seine Familie ein altes Schloss. Ein Schloss mit Gespenst. Ach was, Gespenster! Amerikaner lächeln da nur... Seine frechen kleinen Söhne finden es herrlich, ein Gespenst necken zu können... Aber seine eben dem Backfisch-Alter entwachsende Tochter hat einen Sinn für Rätselhaftes und hat vor allem ein Herz für reumütige Bösewichte... Und in der Nachbarschaft gibt es einen jungen Adligen, der, frisch verliebt, ein Ritter zwischen Tod und Teufel sein möchte...
Autoren-Bewertung
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Gesamtbewertung
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Plot / Unterhaltungswert
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Charaktere
5.0
Sprache & Stil
5.0
Ich hatte sehr viel Spaß an dieser kleinen Geschichte, deren Inhalt mir im wesentlichen durch die Verfilmung bekannt war. Von Anfang an wird der Gespenstermythos nicht auf eine gruselig-schaurige, sondern auf eine leichte, amüsant-ironische Weise geschildert. Das Gespenst kann sich noch so anstrengen und sich die grausigsten Verkleidungen ausdenken, sogar seinen Kopf zuhause lassen, der düstere Effekt bleibt aus und ich musste sehr oft schmunzeln über seine Auftritte.
Als es in seiner Auswegslosigkeit auf Virginia trifft und der Dialog zwischen den beiden zustande kommt, bekam die Geschichte für mich einen rührenden Anstrich. Trotz seiner Lächerlichkeit ist das Gespenst auch eine tragische Gestalt, die nach Erlösung sucht. Die Stimmung schwankt plötzlich ins Feierliche, und Virginia nimmt die Aufgabe an, das Gespenst von seinem Fluch zu erlösen. Wie das genau passiert, bleibt der Phantasie des Lesers überlassen; lediglich eine uralte Prophezeiung liefert einen Hinweis darauf, wie sich das Ganze abgespielt haben könnte. Klar wird aber, dass alleine Virginias reines Herz dazu in der Lage war, ihm zu helfen.
Mir hat diese kleine "hylo-idealistische Romanze" - so der Untertitel - sehr gut gefallen; ein kleines Klassikerhäppchen für zwischendurch mit einem eleganten Schreibstil, der sich sehr schön lesen lässt.
Es ist davon auszugehen, dass in unserer heutigen Gesellschaft niemand mehr ernsthaft an die Existenz von Gespenstern glaubt. Umso vergnüglicher liest sich die mit doppelbödigem Witz angereicherte Geschichte von Oscar Wilde's "Gespenst von Canterville", die nicht nur für junge Leser zu empfehlen ist. Ganz nebenbei macht sich Oscar Wilde in diesem Werk ausgiebig über die Schwächen der Amerikaner und Engländer lustig.