Auf den Spuren von Sherlock Holmes - im Gespräch mit Franziska Franke
Katja: Liebe Frau Franke, vielen Dank dass Sie sich die Zeit nehmen und sich meinen neugierigen Fragen stellen. Fangen wir doch ganz einfach an. Wer ist Franziska Franke? Erzählen Sie doch den Lesern des Interviews mal etwas über sich. Was lieben Sie? Was mögen Sie gar nicht? Was macht Sie traurig und was glücklich? Über was oder wen können Sie herzhaft lachen und was bringt Sie zum Weinen?
Franziska Franke: Ich nehme die Frage persönlich und zähle keine grundsätzlichen Dinge wie: Krieg, Elend und Umweltzerstörung auf, die wirklich niemand mag.
Was mir gefällt: schreiben, lesen, klassische Musik, gute Filme, die Natur, Blumen, der Herbst, Italien, England, das Meer, die Antike, gotische Kunst, die italienische Malerei, die Gemälde der Präraffaeliten, gutes Essen in netter Gesellschaft.
Was mir gar nicht gefällt: Der Frühling 2013, Kälte, Junkfood, Fragen beantworten, warten (worauf auch immer), blutrünstige Bücher und Filme
Katja: Wie muss man sich Ihren Schreiballtag vorstellen? Schreiben Sie eher diszipliniert und mit System – also zum Beispiel 3 Stunden täglich, oder eher immer dann wenn Ihnen Ideen kommen und Sie in „Schreiblaune“ sind.
Franziska Franke: Ich schreibe am liebsten Morgens, direkt nachdem ich aufgestanden bin. Aber manchmal fallen mir unterwegs Sätze - meist Dialogzeilen - ein, weshalb ich immer Schreibzeug in der Tasche habe.
Katja: Wo schreiben sie? Zu Hause am Schreibtisch, in einem Cafe? Brauchen Sie eher Ruhe und absolute Stille oder doch lieber das pralle Leben um sich herum?
Franziska Franke: Überwiegend zuhause am Computer. Dazu muss es ruhig sein. Aber manchmal setzte ich mich auch zum Schreiben in ein Café, wo mich der Trubel überhaupt nicht stört, Hauptsache ich muss nicht riskieren angesprochen zu werden.
Katja: Was tun Sie, wenn es mal gar nicht läuft?
Franziska Franke: Ich beginne einen Roman zu lesen, der nichts mit meinem Thema zu tun hat. Meist kommen mir schon nach wenigen Seiten neue Ideen. Glücklicherweise muss ich aber nur selten auf dieses Hilfsmittel zurückgreifen.
Katja: Schokolade oder Kaffee? Was „brauchen“ Sie unbedingt zum Schreiben?
Franziska Franke: Wenn ich in die Arbeit vertieft bin, lasse ich den Kaffee neben mir kalt werden. Daher lege ich auch beim Schreiben keine Musik auf, denn ich nehme sie nicht wahr. Irgendwann stelle ich dann erstaunt fest, dass es im Raum ruhig ist.
Katja: Wenn Sie uns mit zu Ihrem Arbeitsbereich nehmen würden, wie muss man sich Ihren Schreibtisch vorstellen? Aufgeräumt und mit klaren Strukturen oder doch eher liebenswert chaotisch und mit vielen Erinnerungsstücken versehen?
Franziska Franke: Mein Arbeitsplatz muss unbedingt chaotisch sein, sonst fällt mir gar nichts ein. Aber ich bringe ihn nicht selbst in diesen Zustand. Das müssen die Heinzelmännchen sein, die während meiner Abwesenheit alles durcheinander bringen. Oder die Dinge erwachen nachts zum Leben und begeben sich auf Wanderschaft.
Katja: Sie haben unter anderem Kunstgeschichte und Klassische Archäologie studiert. Daher wäre mein erster Gedanke gewesen, dass Sie historische Romane schreiben. Stattdessen habe ich die Autorin Franziska Franke als eine „Nachfolgerin“ von Arthur Conan Doyle kennengelernt. Was fasziniert Sie an der Romanfigur so sehr und was hat Sie bewogen, die Geschichten um Sherlock Holmes weiterzuführen?
Franziska Franke: Auch das 19. Jahrhundert ist Thema der Kunstgeschichte. Der Handlungszeitraum meiner Romane liegt immerhin 120 Jahre zurück. Das sind vier bis fünf Generationen.
Gerade in den Sherlock-Holmes-Verfilmungen hatte es mir schon immer das altmodische, englische Ambiente mit Gaslaternen, Mietdroschken und waberndem Nebel angetan. Die Idee, den Roman „Sherlock Holmes und die Büste der Primavera“ zu schreiben, kam mir als Holmes in „Das leere Haus“ erklärte, er sei in Florenz gewesen. Ich habe mich daraufhin gefragt, womit er sich dort wohl beschäftigt haben könnte, wenn nicht mit einem Kriminalfall! Sherlock Holmes fasziniert mich als Prototyp eines Detektivs, der rein rational seine Fälle löst.
Katja: Waren Sie selbst ein großer Sherlock-Fan und haben die Bücher von Doyle verschlungen?
Franziska Franke: Ich habe Conan Doyle mit zwölf oder dreizehn Jahren entdeckt und habe mir seine Bücher zum Geburtstag und zu Weihnachten gewünscht. Leider hieß es allzu schnell: "Mehr gibt es nicht." Wahrscheinlich war damals auch noch nicht alles übersetzt. Als Erwachsene habe ich mir eine Gesamtausgabe zugelegt, blieb aber bei meinem ersten Urteil: Viel zu wenig!
Literaturschock.de: In Ihren Büchern, die nach den Ereignissen an den Reichenbachfällen spielen, wird Sherlock Holmes nicht von seinem alten Weggefährten John Watson begleitet. Sie haben ihm mit David Tristram einen neuen Begleiter zur Seite gestellt. Was hat Sie dazu bewogen, andere Wege zu gehen?
Franziska Franke: Doktor Watson stand nicht zur Verfügung, da er erst bei Holmes' Rückkehr erfährt, dass der Detektiv noch am Leben ist. Aber ich fand, Holmes braucht einen neuen Chronisten. Daher habe ich ihm David Tristram zur Seite gestellt.
Katja: Sherlock Holmes ist eine sehr beliebte Figur und es gibt mittlerweile sehr viele Autoren, die Sherlock Holmes in Ihren Büchern verarbeiten. Haben Sie von diesen Autoren auch Werke gelesen, um zu sehen wie Sie mit dem Stoff und dem „Helden“ umgehen?
Franziska Franke: Ich habe natürlich aus Neugier in Romane anderer deutschsprachiger Autoren hineingeschnuppert. Dank der SherloCon im letzten Jahr in Hillesheim, kenne ich sogar einige von ihnen persönlich. Aber ich lese nicht alles was es gibt, schon aus Sorge unbeabsichtigt beeinflusst zu werden.
Katja: Wie muss ich mir die Recherche, die Ideenfindung für ein Buch vorstellen, dessen Helden doch schon so viel erlebt haben. Ist es da nicht schwer, etwas Neues zu finden? Neue Gedanken und Ideen zu entwickeln?
Franziska Franke: Ich lasse mich meist von den Schauplätzen inspirieren, an denen das jeweilige Buch spielt. Es waren ja immer Orte, die noch völlig "unverbraucht" waren. Ansonsten gilt es nicht nur für Holmes-Romane, dass schon sehr viele Verbrecher literarisch zum Leben erweckt und zur Strecke gebracht worden sind. Und trotzdem fällt den Autoren immer wieder etwas Neues ein.
Katja: Haben Sie das Gefühl, dass man als „Nachfolgerin“ auch am Original gemessen wird? Wird man automatisch verglichen? Hat man Bedenken deswegen oder gehen Sie ganz locker mit eventuellen Vergleichen um?
Franziska Franke: Wahrscheinlich werden meine Bücher nicht nur mit Conan Doyle verglichen, sondern mit allen Büchern, die meine Leser jemals gelesen haben.
Katja: Sherlock Holmes ist, laut Internet, die am häufigsten auf der Leinwand gezeigte Romanfigur und wurde von mehr als 80 Darstellern in über 200 Filmen dargestellt. Wen könnten Sie sich als den berühmten Detektiv auf der Leinwand vorstellen? Wen würden Sie gern sehen, sollten Ihre Bücher einmal verfilmt werden?
Franziska Franke: Wenn er noch am Leben wäre, würde ich Jeremy Brett auswählen, und zwar den Jeremy Brett der ersten Sherlock-Holmes-Serie von Granada. In der zweiten Staffel beginnt er manieriert zu werden.
Katja: Sie haben neben Ihren Holmes-Bänden einen weiteren Krimi veröffentlich. Dieser spielt in Mainz im 1. Jahrhundert n. Chr. zur Zeit des Kaisers Domitian. Mainz ist Ihre Heimatstadt. Was das der ausschlaggebende Grund für einen Wechsel und für die Wahl des Themas?
Franziska Franke: Ich würde es keinen Wechsel nennen, denn "Der Tod des Jucundus" entstand nach meinem ersten Holmes-Roman, als noch nicht abzusehen war, dass ich weitere schreiben würde. Das Thema hat mich geradezu angesprungen, als ich im Mainzer Landesmuseum auf einem Grabstein las: "Leben konnte ich nicht länger als 30 Jahre. Dann nahm mir ein Sklave das Leben und er selbst stürzte sich kopfüber in den Strom. Ihm raubte der Main, was er seinem Herren entrissen. " Ich hab also einen echten Mordfall literarisch bearbeitet.
Katja: Woran arbeiten Sie derzeit? Wird es neue Fälle des Sherlock Holmes geben? Oder überraschen Sie Ihre Leser mit etwas ganz anderem?
Franziska Franke: Zurzeit arbeite ich an einem Holmes-Roman, aber sicherlich werde ich auch wieder etwas ganz anderes schreiben.
Katja: Welches berühmte Buch hätten Sie gern geschrieben?
Franziska Franke: Vielleicht "Rot und Schwarz" von Stendhal. Wenn es ein Kriminalroman sein soll, natürlich den "Hund von Baskerville".
Katja: Eine Frage, die natürlich auch immer sehr interessant ist: Was lesen Sie derzeit? Was liegt auf Ihrem Nachtisch und was können Sie uns empfehlen?
Franziska Franke: Ich lese gerade "Stadt, Land, Mord" von Ann Granger. Überhaupt schätze ich altmodische englische Kriminalromane ohne Gewaltexzesse.
Katja: Muss mal als Autorin eigentlich schon aus Prinzip eine Leseratte sein?
Franziska Franke: Ich vermutete, dass die meisten Autoren viel lesen. Vielleicht wäre es für die eigene Kreativität vorteilhaft, ganz wenig gelesen zu haben. Aber das ist wahrscheinlich eine müßige Frage.
Katja: Viele Bücher erscheinen ja jetzt entweder sowohl als Printversion als auch als E-Book, manche sogar nur in der elektronischen Version. Was denken Sie? Wohin geht der Trend? Und was findet sich bei Ihnen wieder – eher das gute alte Buch oder doch der Reader?
Franziska Franke: Wahrscheinlich wird sich langfristig der Reader durchsetzten, aber ich bevorzuge nach wie vor "richtige" Bücher, zumindest wenn es sich um Belletristik handelt. Bei Nachschlagwerken ziehe ich Online-Versionen und CD-Roms vor.
Katja: Wie gehen Sie mit Kritik und Lob um? Lesen Sie die Rezensionen die zu Ihren Büchern veröffentlicht werden?
Franziska Franke: Natürlich ärgert man sich, wenn man kritische Äußerungen liest. Ich versuche aber, Kritiken auch als Anregungen zu sehen, was ich noch besser machen könnte.
Katja: Wie wichtig ist für einen Autoren das Feedback, das er von den Lesern bekommt? Für wie wichtig erachten Sie es, dass der Wunsch nach Internetpräsenz der Lieblingsautoren im Internet bei den Lesern steigt?
Franziska Franke: Solange die Höflichkeitsformen gewahrt bleiben, habe ich keine Probleme damit. Im Gegenteil, ich habe mich sehr gefreut, als ich (leider bisher erst zweimal) von Lesern kontaktiert worden bin.
Katja: Liebe Frau Franke, ich bedanke mich für Ihre Zeit und Ihre Bereitschaft, meine Fragen zu beantworten. Ich wünsche Ihnen für Ihre weiteren Projekte von Herzen alles Liebe und hoffe, das irgendwann mehr Leser den Mut finden, Sie zu kontaktieren.
Interview: Katja Ezold (Sternchen28)