Volker Kutscher: Die Akte Vaterland

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Volker Kutscher: Die Akte Vaterland
ET (D)
2012
Ausgabe
Gebundene Ausgabe
ISBN-13
9783462044669

Informationen zum Buch

Seiten
576

Serieninfo

Sonstiges

Originalsprache
deutsch
Erster Satz
Er ist wieder unterwegs und schleicht durch die Wälder, hat seinen Unterschlupf verlassen und schnürt durchs Gehölz, niemand wird ihn hören, niemand wird ihn sehen.

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Ertrunken im Lastenaufzug – unter merkwürdigen Umständen kommt ein Spirituosenlieferant im legendären Berliner Vergnügungstempel »Haus Vaterland« ums Leben. Der rätselhafte Fall kommt Kommissar Gereon Rath mehr als ungelegen, denn er hat schon Ärger genug: Seine Ermittlungen gegen einen mysteriösen Auftragsmörder, der die Stadt in Atem hält, treten auf der Stelle, und dann kehrt seine große Liebe Charlotte »Charly« Ritter aus Paris zurück und fängt als Kommissaranwärterin am Alex an – ausgerechnet in der Mordkommission. Der Tote im Aufzug scheint Teil einer Mordserie zu sein, deren Spur weit nach Osten führt. Während Charly als Küchenhilfe ins »Haus Vaterland« eingeschleust wird, ermittelt Rath in einer masurischen Kleinstadt nahe der polnischen Grenze und gerät in eine fremde Welt. Er macht Bekanntschaft mit wortkargen Ostpreußen, schwarzgebranntem Schnaps und den Tücken der Natur. Die Widerstände gegen den Ermittler aus Berlin wachsen, als er ein lang gehütetes Geheimnis aufzudecken droht. Volker Kutscher entwirft eine packende und komplexe Geschichte vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse des Frühsommers 1932. Während die Straßenschlachten zwischen Nazis und Kommunisten immer mehr Todesopfer fordern, putscht Reichskanzler von Papen die demokratische Regierung Preußens aus dem Amt und mit ihr die Spitze der Berliner Polizei. Damit verschärft sich die Lage auch für Gereon Rath, der sich bisher der Protektion durch Polizeivizepräsident Bernhard Weiß sicher sein konnte.

Autoren-Bewertungen

4 Bewertungen
Gesamtbewertung
 
4.7
Plot / Unterhaltungswert
 
4.5(4)
Charaktere
 
4.8(4)
Sprache & Stil
 
4.8(4)
Die Ermittlungen führen diesmal aus Berlin heraus
Gesamtbewertung
 
5.0
Plot / Unterhaltungswert
 
5.0
Charaktere
 
5.0
Sprache & Stil
 
5.0
Inhalt
Berlin 1932: Im Vergnügunspalast „Haus Vaterland“ wird die Leiche eines Spirituosenlieferanten gefunden. Kommissar Gereon Rath wird die Ermittlung im Fall übertragen und aufgrund der Todesart ergibt sich eine Verbindung zu anderen Mordfällen, die Rath aus Berlin heraus- und weit nach Ostpreußen hineinführen, genauer in den Ort Treuburg in Masuren. Während der Kommissar sich dort als Großstädter mit dem Misstrauen der Landbevölkerung und eigenen Befremdlichkeiten herumschlagen muss, versucht seine Freundin Charly direkt im Haus Vaterland den Hinweisen auf Schnapspanscherei und Erpressung nachzugehen. Und Rath kommt trotz der dörflichen Mauer des Schweigens immer mehr Hinweisen auf die Spur, die ihn auch diesmal wieder zu gefährlichen Alleingängen treiben.


Meine Meinung
Ich habe bisher alle Krimis dieser Reihe gelesen und auch, wenn man die einzelnen Fälle für sich alleine lesen kann, so empfehle ich doch, die Vorgänger "Der nasse Fisch, "Der stumme Tod" und "Goldstein" ebenfalls zu lesen, um die Entwicklung der Figuren, einige Anspielungen auf vorherige Fälle und die fortschreitenden politischen Veränderungen mitzuerleben. Für den Krimi selbst ist die Hintergrundgeschichte vielleicht nicht so wichtig, aber sie erklärt schon das ein oder andere Verhalten Gereons oder Charlys während ihrer Ermittlungen. Was die politischen Veränderungen betrifft, ist es gerade deshalb so spannend, die Bücher in der Reihenfolge zu lesen, da man dann besonders gut spürt, wie sich von Jahr zu Jahr die Stimmung verändert und sich zuspitzt und sich dies auch mehr und mehr auf die Polizeiarbeit und das Privatleben auswirkt, nicht nur durch die verstärkten Straßenschlachten zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten.

Denn das ist eine große Stärke der Krimireihe. Detailliert recherchiert, versteht es der Autor, die Stimmung der damaligen Zeit eindringlich dem Leser rüberzubringen. Es gruselt einen regelrecht, wenn man beobachtet, wie sehr das Erstarken der Nazis noch auf die leichte Schulter genommen wird, wie ein unangenehmes Übel, das man "ja einfach nicht zu wählen braucht", während man aber wie Gereon schon länger aus politischem Desinteresse nicht mehr zur Wahl geht. Beim Lesen verstärkt sich da sehr das Unbehagen, da man ja die kommenden Geschehnisse kennt. Andererseits macht gerade dieses gedankenlose Verhalten vieler neben den mehr und mehr aufkommenden Nazisprüchen anderer, die Figuren besonders authentisch, denn wir im Nachhinein können leicht schlauer sein. Diese so gut eingefangene Atmosphäre lässt mich besonders bangen, was die Zukunft wohl für jeden Einzelnen erwarten lässt. Denn gerade in den noch folgenden Jahren wird sich auch Gereon mit den drohenden politischen Ereignissen wohl ernsthafter auseinandersetzen müssen, als nur seinen Widerwillen zu zeigen.

Der Fall selbst ist wieder sehr spannend zu lesen. Inhaltlich will ich gar nicht ins Detail gehen, um nicht zu viel zu verraten. Auf jeden Fall gibt für uns Leser viele Puzzleteile zusammenzuführen, bis man die Zusammenhänge der aktuellen Morde in die Vergangenheit zurückverfolgt hat. Denn Rath gräbt seinem Instinkt folgend in Masuren, dem verbissenen Schweigen der Einwohner zum Trotz, weit in den Tiefen der dort lieber für immer vergrabenen früheren Geschehnisse, auch wenn er sich selbst damit in Gefahr begibt. Und auch wenn ich schnell einen berechtigten Verdacht hatte, konnte ich sehr gut bis zum Ende über die Zusammenhänge und Hintergründe miträtseln. Mir gefiel hier sehr gut, dass Gereon mal aus Berlin herausgezogen wurde und in Masuren mit ihm als Großstädter zwei Mentalitäten aufeinanderprallten und man als Leser ganz nebenbei zudem noch ein paar politische Hintergründe über die Region in Ostpreußen mitgeliefert bekam. Trotzdem konnte man durch Charlys verdeckten Einsatz im "Haus Vaterland" in Berlin auch dort die weiteren Ermittlungen und Entwicklungen zum Fall mitverfolgen. Hier bekam man auch sehr gut die oft frauenfeindlichen Begegnungen im Zusammenhang mit Charlys Berufswahl mit.

Das Verhältnis zwischen Gereon und Charly war und ist nicht einfach, auch wenn Charly bisher schon Einfluss auf Gereons Charakter ausüben konnte. Gereon ist einfach ein schwieriger Mensch mit Ecken und Kanten und gerade sein Mangel an Teamgeist, seine zwischenmenschlichen Schwierigkeiten und seine oft fehlende Sensibilität, die doch für eine Partnerschaft so wichtig sind, verursachen bei mir während des Lesens öfter das Gefühl, ihn mal kräftig schütteln zu wollen. Er steht sich einfach selbst sehr oft im Weg, trotzdem erkennt man seinen guten Kern und seinen Sinn für Gerechtigkeit, der ihn immer wieder in seinen Fällen erfolgreich vorantreibt. Ich bin sehr gespannt, wie er sich in Zukunft als bisher politisch Desinteressierter, aber mit einer großen Abneigung gegen das Gebaren der Nazigruppierungen, die er auch gerne mal öffentlich äußert, weiter verhalten wird. Denn sein Beruf als Polizist ist ihm wichtig, sein Gerechtigkeitssinn aber wohl dabei nicht in eine Schublade zu packen.
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Der Beginn des ostpreußischen Untergangs
Gesamtbewertung
 
5.0
Plot / Unterhaltungswert
 
5.0
Charaktere
 
5.0
Sprache & Stil
 
5.0
Berlin, Frühsommer 1932. Im Haus Vaterland, einem Amüsiertempel am Potsdamer Platz, findet sich eine Leiche: der Spirituosenunternehmer Lamkau liegt tot im Lastenaufzug, ertrunken - obwohl weit und breit keine Pfütze oder gar größeres Gewässer zu finden ist.
Gereon Rath kommt dieser seltsame Fall im Grunde gerade recht, denn er tritt bei seiner Suche nach einem Serienmörder, der Berlin schon länger in Atem hält, weiter auf der Stelle, und dazu kehrt Charly Ritter, seine große Liebe, aus Frankreich zurück und der Kommissar ist deshalb doch etwas nervös.
Während Charly die Antwort auf eine wichtige Frage überdenkt und gleichzeitig ihre neue Arbeitsstelle als Kommissaranwärterin am Alex antritt, findet Gereon heraus, dass der Mord an Lamkau mit zwei anderen Morden in Preußen zusammenhängt und weit nach Osten führt: nach Treuburg in Masuren.
So dauert es auch nicht lange, bis Gereon nach Ostpreußen fährt um dort zu ermitteln und Charly, kurzfristig der Ermittlergruppe "Vaterland" innerhalb der Mordkommission zugeteilt, sich "undercover" als Küchengehilfin im Haus Vaterland wiederfindet. Während sie mit Zwiebelbergen kämpft, schlägt sich Gereon bei den wortkargen Bewohnern Masurens, einem befremdlichen Patriarchen der Kleinstadt Treuburg und jede Menge illegalem Gepansche so durch - aber er merkt schon bald, dass die meisten Menschen es ihm nicht leicht machen, denn er rührt an einem für einige sehr unangenehmen Thema, dass einige Jahre zurückliegt und das nahezu alle auch mit dem Mantel das Schweigens bedeckt lassen wollen. Doch Gereon wäre nicht Gereon, wenn er dann nicht erst recht zu bohren beginnt. Mit fatalen Folgen - nicht nur für ihn...

Der vierte Fall um Gereon Rath ist - wie gewohnt - in die historischen Ereignisse der damaligen Zeit eingebettet und so merkt selbst der unpolitische Rheinpreuße Gereon die Veränderungen in der Hauptstadt schon bald. Die Toten auf Berlins Straßen nehmen zu, die Straßenschlachten zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten werden immer gewalttätiger. Und spätestens mit dem Altonaer Blutsonntag und dem darauf folgenden "Preußenschlag" durch Franz von Papen werden die Weichen gestellt: die Staatsgewalt des föderalistischen Staates geht an einen Reichskommissar über und erleichtert somit auch Adolf Hitler die Machtergreifung. Dazu gehört die Entmachtung der Spitze des Berliner Polizeiappartes: der sozialdemokratische Polizeipräsident Grzesinski und sein Vize Weiß, ein Jude, werden verhaftet und erst wieder entlassen als sie zustimmen, sämtliche Amtshandlungen zukünftig zu unterlassen. Diese Entwicklungen haben auch auf Gereon Raths Arbeit in Ostpreußen direkten Einfluss. Nicht nur deshalb entwickeln sich die Gedanken Gereons zu den Nationalsozialisten immer weiter... Hier bleibt es weiterhin sehr spannend, denn ob der Zeichen der Zeit wird sich der Kommissar immer klarer werden müssen, wie er zu den künftigen Machthabern steht!

Dem Autor Volker Kutscher ist wieder einmal ein sehr gut recherchierter Kriminalroman zu einer für mich sehr interessanten Zeit gelungen. Vor allem die Entwicklung der Figur Gereon Rath und seiner großen Liebe Charly Ritter, ist für mich weiterhin sehr packend und das zusätzlich zu einem eh schon spannenden Kriminalfall. Der unpolitische Gereon steht für mich für einen Teil der Bevölkerung, die sich nicht wirklich Gedanken um die politischen Wirren der Weimarer Republik gemacht haben und die sich dann mit den Nationalsozialisten arrangiert haben, so sie es denn konnten. Auch in diesem Fall zeigt sich die Abneigung Gereons gegen die Nazis - von daher steht mit seiner Entwicklung nach der Machtergreifung Hitlers die allergrößte Spannung noch bevor!

Dieses Mal macht Gereon seinen ersten großen "Ausflug" über die Berliner Stadtgrenzen hinaus und ermittelt in Ostpreußen, genauer in Masuren. Hier hat mir besonders gefallen, dass man viel über die politischen Entwicklungen in diesem Landstrich erfährt: eine Region, die schon sehr früh Adolf Hitler als ihren Retter feierte, da die Masuren sich von der Regierung der Weimarer Republik im Stich gelassen gefühlt haben. Es ist ein Hohn der Geschichte, dass dieser "Retter" letzten Endes der Untergang für Ostpreußen bedeutet hat. Dass aus Treuburg, die Kleinstadt, die sich nach der Zugehörigkeitsabstimmung im Jahre 1920 in Treuburg umbenannte, weil nur zwei von über 28.000 Stimmen für Polen votierten, der Rest für den Verbleib bei Ostpreußen und somit beim Deutschen Reich, 1945 zum polnischen Olecko wurde. So kann man durch das Buch Volker Kutschers eine Menge über die Menschen Masurens und die verschiedenen Probleme - wie Antikatholizismus, den Hass auf die weit entfernte Regierung Preußens, der immer stärker offen auftretende Antisemitismus, die krasse Ablehnung alles Polnischen - der der damaligen Zeit erfahren.

Aber auch der Fall selbst ist - wie gesagt - sehr spannend. Die Zusammenhänge der Morde in Berlin und Dortmund und die Verstrickungen der Schwarzbrenner Jahre zuvor lassen zwar manches Mal ein paar Vorahnungen auf die Lösung des Falls zu, aber alle Fäden führen letztlich erst am Ende zusammen. Und auch Charly bringt mal wieder einen anderen Blickwinkel in die Geschichte: sie kämpft mit den Vorurteilen so manches Kollegen in der Burg und muss sich als Frau, mit einer zur damaligen Zeit sehr ungewöhnlichen Berufswahl, immer wieder die ein oder andere dümmliche Bemerkung oder frauenfeindliche Entscheidung schlucken. Vermutlich wird dies nicht mehr lange nötig sein - leider.

Zu guter Letzt kann ich nur sagen, dass mir der flüssige Stil des Autors, die für mich perfekt eingefangene Atmosphäre der untergehenden Weimarer Republik, die sehr gut eingebauten und zahlreichen historischen Fakten, sowie der ganz und gar nicht eindimensionale Charakter von Gereon Rath, mal wieder ausgesprochen gut gefallen! Ich weiß noch, dass für mich schon "Der nasse Fisch" eine glasklare Leseempfehlung war - "Die Akte Vaterland" hat für mich als viertes Buch Volker Kutschers noch einmal eine kleine Steigerung hingelegt! Ich bin echt gespannt, wie der Autor das beim nächsten Mal toppen will; aber ich bin mir fast sicher, dass er es erneut schafft!
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Der vierte Fall für Gereon Rath
(Aktualisiert: 03 Mai 2013)
Gesamtbewertung
 
4.7
Plot / Unterhaltungswert
 
4.0
Charaktere
 
5.0
Sprache & Stil
 
5.0
Inhalt:
Berlin 1932: Kommissar Gereon Rath wird zu einem mysteriösen Todesfall in dem Vergnügungspalast Haus Vaterland gerufen, die Leiche eines Spirituosen-Lieferanten wurde im Aufzug gefunden, augenscheinlich ertränkt. Die ersten Ermittlungen deuten in Richtung Schnapspanscherei und führen Rath nach Masuren.

Meine Meinung:
"Die Akte Vaterland" ist der vierte Fall für den Berliner Kommissar Gereon Rath, Band 1 und 2 hatte ich bis dahin bereits gelesen. Sicherlich kann man dieses Buch auch ohne Kenntnisse der Vorgängerbände lesen, aber ich finde es dennoch von Vorteil, wenn man sie kennt, da zum einen öfters auf frühere Fälle angespielt und zum anderen z.B. die Entwicklung der Beziehung zwischen Gereon und Charly Ritter verständlicher wird.

Das Buch beginnt mit einem Prolog, der im Jahr 1920 spielt und eine Tat beschreibt, die man als Leser zunächst nicht in die Handlung im Berlin 1932 einordnen kann. Im Laufe des Buches ahnt man jedoch, wie das alles zu dem Berliner Todesfall passt. Auch wenn ich recht früh geahnt habe, wer der Täter ist, tat das meinem Lesevergnügen keinen Abbruch, zumal Rath zu dem Zeitpunkt noch ziemlich im Dunkeln tappt. Außerdem gab es dennoch die eine oder andere überraschende Wendung in dem Buch. Ein paar kleinere Handlungsstränge hätten meinem Geschmack nach noch aufgelöst werden können, aber evtl. kommt der Autor darauf auch im nächsten Band noch zurück.

Die Charaktere sind genauso vielschichtig beschrieben, wie schon in den Vorgängerbänden. Gereon Rath ist nicht der einfachste Charakter: er ist zwar ein sehr guter Kriminaler, aber leider hapert es bei ihm an der Teamfähigkeit, mit seinen Alleingängen kam er schon öfters mit Kollegen und Vorgesetzten in Konflikt. Von seinen dubiosen Beziehungen zur Berliner Unterwelt sollten diese besser auch nichts erfahren. Auch in seiner Beziehung zu Charlotte Ritter steht er sich immer wieder mit seiner Eifersucht und seiner Sprachlosigkeit selbst im Weg. Ich finde aber gerade diesen Gegensatz spannend - und in diesem Band lassen sich auch durchaus Entwicklungen in eine positivere Richtung bei ihm erkennen :-))

Was mir sehr gut an den Romanen von Volker Kutscher gefällt, ist seine historische Detailtreue: nicht nur Schauplätze und bekannte Persönlichkeiten sind genauestens recherchiert, teilweise erscheinen sogar Nebenpersonen, die es tatsächlich so gegeben hat. Spannend finde ich auch, die politische Situation und ihre Veränderungen aus Sicht der Hauptcharaktere zu erleben; im Gegensatz zu den Romanfiguren weiß man als Leser um die dunklen Jahre, die Deutschland damals noch bevorstanden.

Mir hat dieser 4. Band wieder sehr gut gefallen und ich freue mich schon auf den nächsten Fall von Gereon Rath, der dann sicherlich im Jahre 1933 spielen wird. Ich bin gespannt, wie die Figuren diese Zeit erleben werden und welche persönliche Entwicklung sie weiterhin durchlaufen.

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Mörderisches Masuren
Gesamtbewertung
 
4.0
Plot / Unterhaltungswert
 
4.0
Charaktere
 
4.0
Sprache & Stil
 
4.0
Juli 1932: Kommissar Gereon Rath ist überglücklich, dass seine Freundin Charly endlich wieder in der Stadt ist, auch wenn sie sich auf der Arbeit ignorieren müssen. Allerdings verbringt er sowieso die Hälfte des Buchs in Masuren, hier scheint nämlich die Ursache für mehrere Morde begründet zu sein. Die dort herrschende NS-Vorherrschaft irritiert ihn allerdings, in Berlin wird die SA (zumindest in seinem Umfeld) eher als Schlägertruppe denn als gute Mitglieder der Gesellschaft betrachtet.

Mit „Akte Vaterland“ ergeht es mir ähnlich wie mit den Vorgängerbänden, ich schwanke jedes Mal zwischen begeistert und genervt, doch wenn der Abstand zwischen den Bänden groß genug ist, vergesse ich immer wieder, was mir an der Reihe so missfällt: Die Hauptfigur. Gereon Rath ist arrogant, voreingenommen, lässt nur seine Meinung gelten und ich würde ihn in jedem Buch mehrere Male gerne so richtig zusammenstauchen. Nur seine schützende Haltung gegenüber denen, die er als schwach oder gefährdet empfindet, verschafft ihm immer wieder doch noch ein paar Sympathiepunkte. Die anderen Figuren verblassen ein wenig neben ihm, nur Charly ist eine echte (und zudem sympathische) Persönlichkeit.

Andererseits finde ich die Darstellung der historischen bzw. gesellschaftlichen Gegebenheiten jedes Mal erneut äußerst gelungen. Diesmal konzentriert sich der Autor ziemlich auf die Stimmung in Masuren/ Ostpreußen und seine schwierige Existenz zwischen Deutschland und Polen. Hier ist die politische Grundhaltung eine ganz andere als im aufgeklärten, modernen Berlin und Kutscher gelingt es gut, die dortige Begeisterung für die Nationalsozialisten nachvollziehbar zu machen.

Mit jedem Band rückt die Machtübernahme der Nationalsozialisten näher und als Leser sieht man die Gefahren, in die sich die Figuren mit ihrer eher kritischen Haltung manövrieren würden, wenn sie sie beibehalten. Diese Entwicklung zu beobachten, macht einen besonderen Reiz der Reihe aus, dem ich mich nicht entziehen kann. Das nächste Buch spielt 1933 und ich schaue ihm gespannt entgegen.
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