Bewertungsdetails

Fantasy & Phantastik 3115
Must-Read für High-Fantasy-Fans
(Aktualisiert: 02 Januar 2015)
Gesamtbewertung
 
4.0
Plot / Unterhaltungswert
 
4.0
Charaktere
 
4.0
Sprache & Stil
 
4.0
Zitat:
"Drei mal drei sollen gehen
und dreimal eine begleiten,
die Quellen aufzusuchen.
Das ist der Rat der Undae.
Denn:
Zwölf Wasser sollen fließen,
zwölf Quellen sollen sprechen,
vom Werden und Vergehen durch die Zeit.
Zwölf Wasser sollen fließen,
zwölf Quellen sollen stillen
der Menschen Durst nach Menschlichkeit.
So soll es sein, so ist es nicht mehr.
Wasser sinkt. Wasser steht. Wasser schweigt.
Menschlichkeit versiegt, und Bitternis steigt
auf in den Seelen, dunkel und schwer.
Etwas geht vor. Eile!
Drei mal drei sollen gehen
und dreimal eine begleiten,
das Wasser des Sees zu den Anfängen tragen.
Das ist der Wunsch der Undae.
Aber wisset:
Hoffnung ist Anlass, nicht Kenntnis.
Die Reise ist lang, der Ausgang ungewiss."
(S.171)


Inhalt:
Vor über hundert Soldern tobte ein fürchterlicher Krieg. Der Welsenkönig Farsten wollte die anderen Völker unterwerfen und zog gegen die große Handelsstadt Pram. Doch ein den heutigen Menschen unerklärbares Feuer wütete plötzlich und raffte beinahe alle Welser dahin. Nur die kleine Bergstadt Goradt überlebte das Feuer.

Die "Alte Zeit" ist vorbei und doch allseits gegenwärtig.
Auch im Langen Tal tobten Kämpfe. Der Hirtenjunge Babu kennt die Zeit nur aus den Geschichten und Legenden. Sein Schicksal führt ihn mit Juhut, dem Falken zusammen. Gemeinsam verlassen sie das Lange Tal.

Das im Feuerkrieg fast vernichtete Volk der Welsen fristet währenddessen sein Dasein in der Bergstadt Goradt. Sie schmieden Waffen und bewachen die Undae, die Wasserfrauen. Die Undae sind das Gedächtnis der Welt. Sie stehen mit geschlossenen Augen im Wasser und lauschen. Doch diese Lendern öffnen sie ihre Augen. Denn etwas geht vor...

Drei der Wasserfrauen ziehen los, um das Wasser ihres Sees "zu den Anfängen" zu bringen, um die Quellen wieder fließen zu lassen, um ihren Tod und das Versiegen zu verhindern. Doch wie wichtig dieser Auftrag wirklich ist, davon hat zu Beginn keiner Kenntnis.

Begleitet werden die Frauen von welsischen Soldaten, darunter Felt, der ein besonderes Schwert trägt. Zug um Zug wird er durch "seine Unda" tiefer in die Geheimnisse der zwölf Quellen eingeführt, die den Durst der Menschen stillen, die den Kreislauf, das Leben, das Sterben in Bewegung halten.

Das Schicksal der Welt liegt nun in den Händen dieser drei Frauen und ihren Bewachern.


Meinung:
Vorneweg: ich lese normalerweise kein High-Fantasy. Solch epische Werke genieße ich lieber mit Bild und Ton und in HD.
Aber "Zwölf Wasser" hat mich schon mit dem Prolog neugierig gemacht. Die Welt des Autoren war so "real" und fantastisch zugleich, dass ich es sehr genießen konnte und meine leichte Antihaltung gegenüber dieses Genres weit in den Hinterkopf gerückt ist.
Denn "Zwölf Wasser" ist mehr als nur eine Geschichte in einer fremden Welt: Es ist ein Buch über das Menschsein, über Menschlichkeit und was außer ihr noch in einem jeden von uns schlummert...

Die Charaktere von "Zwölf Wasser" sind ausnahmslos tiefgehend und vorstellbar. Auch wenn ich das ein oder andere mal an ihnen zweifelte... aber das gehört zur Grundidee und wird erst im Laufe der Geschichte verständlich.

Einer der Hauptprotagonisten ist der junge Hirte Babu. Er wacht missgelaunt über seine Kufurherde. In seinem Inneren toben unbenannte Gefühle. Er will mehr erfahren. Er glaubt an das Gute in der Alten Zeit. Fasziniert von den Falknern ist sein Stolz kaum in Worte zu fassen, als er eines der Eier der Falken geschenkt bekommt. Er hütet es als sein zweites Herz und spürt von Anfang an eine tiefe innige Beziehung.
Babu trauert aber immer um den Tod seines Vaters, auch wenn sein Onkel versucht, ihn zu ersetzen. Das Vertrauen in seinen Onkel wird zerstört, als er von dem Verrat an seinem Vater erfährt. Und Babu folgt seiner Bestimmung. Er verlässt seine Heimat und wird mit seinen dunkelsten Gedanken konfrontiert, die ihn stärker machen und wachsen lassen. Babu wird zum Mann und sein Weg führt ihn an die Seite der Unda Reva und ihrem Bewacher Felt.
Seine Prophezeiung macht plötzlich Sinn:
"Der Hirte wird die Spur finden, der Jäger der Beute folgen bis zum Ende, wo der Kreis sich schließt."

Felt ist Soldat. Mit jeder Faser seines Körpers. Er denkt nicht an die Vergangenheit. Das schuldige Volk der Welsen ist voller Hoffnung und Überlebensdrang, ohne die ein Leben in der kargen Felsstadt Goradt, am Rande des Bersts, dem Nichts, einem tiefen Abgrund, gefüllt mit Wolken, nicht möglich wären. Er glaubt wie alle anderen an die fliegende Stadt Wiatrain, die inmitten dieser Wolken schwebt.
Dann wird Felt als Begleiter der Undae ausgewählt und seine Frau Estrid macht ihm klar, dass sie nicht auf ihn warten wird. Denn er ist ihre Heimat, ohne ihn habe sie keinen Halt mehr. Estrid verlässt mit den zwei Kindern die Stadt und Felt spürt, dass auch er seine Heimat damit verliert.
Die Schmiede von Goradt haben derweil das Geheimnis eines sagenumwobenen Schwertes gelöst und überreichen es Felt. Er tauft es auf den Namen Anda, der Bezeichnung für alles, das vor der großen Feuerschlacht war, dem Synonym für "gut".
Felt zieht mit den Undae und wird sich seiner Rolle für die Menschheit mehr und mehr bewusst. Er wächst über sich selbst hinaus, immer wieder angetrieben durch die Liebe zu Estrid und seinen Kindern. Und Felt wurde von den Undae nicht ohne Grund ausgewählt.

Auf den 600 Seiten tauchen noch viele weitere Charaktere auf, von denen man teils nur erahnen kann, dass sie im Fortlauf eine tragende Rolle spielen können. Doch auch hier wurde ich überrascht. Von unerwarteten Todesfällen und Reaktionen.
Aber alle von ihnen haben eins gemeinsam: Sie finden zu sich selbst, lernen die Natur und den Lauf der Dinge zu verstehen...

Das Buch ist unterteilt in den Prolog und 5 Teile mit verschiedenen Kapiteln. Teil 1 unterscheidet sich noch von Teil 2 durch die Protagonisten, aber die Handlungsstränge werden zusammengeführt und die Teile erübrigen sich dann eigentlich.

Der Schreibstil wird dem epischen Genre des Buches gerecht. Alles ist sehr gut geschildert und der Leser kann sich in die Welt des "Kontinents" gut hineindenken.

Für ein noch schnelleres Verständnis der "Fremdwörter" empfiehlt sich gleich zu Beginn ein kurzer Blick in den Anhang.

Dem Autor gelingt es, sehr schnell Spannung aufzbauen und ich wurde mitgerissen. Die Mischung aus Schreibstil und Beschreibungen ließen die schönsten Bilder vor meinem inneren Auge ablaufen.

Abgerundet wird der Gesamteindruck durch einen Abschluss, der gleichermaßen erklärend und sehr zufriedenstellend ist. Trotzdem bin ich gespannt auf die weiteren Abenteuern der Undae und ihrer Begleiter, deren Weg in "Zu den Anfängen" nicht mehr verfolgt wurde.

Ich hatte wirklich das Gefühl, mitten in dieser Reise der Undae und ihrer Begleiter zu stecken, war Teil von etwas Großem. Die Landschaft war bis fast zuletzt unglaublich anders aber doch realitätsnah. Teil V belehrte mich kurzzeitig eines Besseren und die Darstellung war schier übertrieben fantastisch, ist jedoch ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Welt.


Urteil:
Dieses Buch mit seinen überraschenden Wendungen und Aha-Effekten, die erst späten Antworten auf meine vielen Fragen ließen einen Sog entstehen, dem ich nicht entkommen konnte. Daher komm ich nicht umhin, "Zwölf Wasser - Zu den Anfängen" sehr, sehr, sehr dicke 4/5 Ratten zu geben.

Es ist ein Must-Read für High-Fantasy-Fans und alle anderen, die der leichten Fantasy für eine Weile entfliehen wollen, in eine fantastische Welt mit einem tollen Hintergrund eintauchen und mehr über die Pfeiler der Menschlichkeit erfahren wollen.
SH
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