Drei Männer in einem Auto, drei Generationen auf einer Reise quer durch Italien. Nicola und sein Vater haben sich breitschlagen lassen, Großvater Leonardo zu begleiten, um die Wohnung am Meer zu verkaufen, unten in Apulien, wo schon lange keiner mehr war. Das sind sie dem Nonno schuldig, der, »groß und stark wie ein Krieger«, Analphabet und Kommunist, alle Kinder und Enkel der Familie erzogen hat, die der Arbeit wegen in den Norden gezogen ist. Doch jetzt scheint die große Familie auseinanderzufallen, und für jeden stellt sich die Frage: Wo bin ich wirklich zu Hause? Widerwillig machen sich Großvater, Vater und Sohn gemeinsam auf den Weg, jeder erfüllt von seinen ganz eigenen Erinnerungen. Für Nicola ist »la casa al mare« das Feriendomizil, der Ort der ersten Liebschaften, für den Vater die Erinnerung an seine eigene Jugend, für Nonno Leonardo die Heimat, in die doch alle einmal zurückkehren wollten, das letzte gemeinsame Bindeglied. Behutsam nähern sich die drei ganz unterschiedlichen Männer einander an. Drei Generationen, die sich erinnern, drei Sprachen, um das Italien von gestern und heute zu erzählen, die Emigration und den Verlust der Wurzeln, den Wunsch, neu aufzubrechen und einen Ort zu finden, an dem man bleiben will.
Autoren-Bewertung
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Gesamtbewertung
5.0
Plot / Unterhaltungswert
5.0
Charaktere
5.0
Sprache & Stil
5.0
Marco Balzano lässt uns in seinem Debütroman an einem Roadtrip der etwas anderen Art teilhaben. Nicola hat gerade sein Studium beendet und anstatt mit seinen Freunden auf Reisen zu gehen, fährt er mit seinem Vater und seinem Großvater ans Meer. Seine Großeltern haben dort früher gewohnt und die Wohnung, die einige Zeit noch als Feriendomizil genutzt wurde, ist immer noch in ihrem Besitz. Seit die Wohnung immer mehr verfällt und die Familie sich mit Mailand als neuem Wohnsitz arrangiert hat, sind die Besuche am Meer immer seltener geworden. Nun soll diese Wohnung verkauft werden und Nicola macht sich mit seinem Vater und Großvater auf den Weg, um den Verkauf abzuschließen.
"Damals, am Meer" erzählt keine große Geschichte, die Handlung spielt sich sehr stark in den zwischenmenschlichen Beziehungen ab. Die Fronten zwischen den Generationen und den verschiedenen Familienmitgliedern sind verhärtet, keiner bringt Verständnis für den anderen auf. Am Anfang führt fast jeder Satz zum Streit. Keiner der drei Protagonisten kann die Meinung der anderen Generation verstehen und akzeptieren. Im Laufe des Buches finden kleine Annäherungen statt, aber das nächste Streitgespräch droht, alles wieder zunichte zu machen.
Marco Balzano präsentiert uns in seinem Werk ein mir unbekanntes Italien. Als Tourist lernt man die negativen Seiten des Landes nicht kennen, doch dem Leser zeigt sich hier die ungeschminkte Wahrheit. Die traditionelle Rollenverteilung existiert nicht mehr, Großeltern wissen mit ihrem Leben nichts mehr anzufangen, wenn die Enkelkinder aufgezogen sind, alle fliehen vom Dorf in die Großstadt und wer zurückbleibt, scheint sich mit einem Leben zweiter Klasse zufrieden zu geben. Zusätzlich spürt man auf jeder Seite die drückende Hitze des italienischen Sommers, die vor allem für den Großvater zur Belastung wird.
Es stecken viele interessante Gedanken in diesem Buch und auch sehr viel Information auf wenig Raum. Auf nur 224 Seiten lernen wir Nicola und seine Familie kennen, erfahren viel über die Vergangenheit und begleiten auch noch die Reise der 3 Generationen. Es lohnt sich, das Buch langsam und mit voller Konzentration zu lesen, da man sonst immer wieder Kleinigkeiten übersieht.