Bewertungsdetails

Gegenwartsliteratur 2059
Familiengeheimnis in Briefen
Gesamtbewertung
 
4.0
Plot / Unterhaltungswert
 
4.0
Charaktere
 
4.0
Sprache & Stil
 
4.0
Edward Cohen wächst in den 80er und 90er Jahren ohne Vater auf, denn der hat seine Mutter verlassen, noch bevor er geboren wurde. Wenn man es überhaupt so nennen kann - strenggenommen ist Eddy das Resultat eines One-Night-Stands seiner Mutter mit einem Schweden, von dem sie nicht mal mehr so ganz genau den Namen weiß.

Das ist nicht das einzig Ungewöhnliche an Edwards jungem Leben. Bei ihm ist alles anders als bei anderen Kindern - seine unverheiratete Mutter, seine herrische Oma, der äußerst ungewöhnliche Stiefvater, den er irgendwann dann doch noch bekommt, und auch sein beruflicher und amouröser Werdegang sind eher von der schrägen Sorte. Man erzählt ihm immer wieder, er sähe Adam ähnlich. Adam, dem Bruder seines Opas; Adam, der Unglück über die Familie gebracht hat und über den man außer in vagen Andeutungen nicht spricht.

Eines Tages findet Edward Briefe, die Adam an eine Frau namens Anna geschrieben, aber offenbar nicht abgeschickt hat, und er entdeckt durch sie die wahre Geschichte seines Großonkels, der sich während des Krieges auf ein riskantes Täuschungsmanöver eingelassen hat, um seiner Familie die Flucht ins Ausland zu ermöglichen.

Die turbulente Familiengeschichte der Cohens erzählt uns Astrid Rosenfeld auf zwei Zeitebenen. Die ersten 120 Seiten sind Eddy in der Gegenwart gewidmet und seiner Entwicklung vom neugierigen Jungen zu einem ziemlich desillusionierten jungen Mann, der mit Anfang 20 schon mehr abgedrehte Dinge erlebt hat als manch anderer mit achtzig. Dieser abgedrehten Dinge sind es allerdings schon fast zu viele, so viel geballte Skurrilität drohte ins Nervige und Unglaubwürdige zu kippen.
Doch genau dann widmet sich Astrid Rosenfeld der Vergangenheit und da insbesondere dem geheimnisumwitterten Adam, und von diesem Augenblick an fesselt das Buch mit einer zwar ebenfalls außergewöhnlichen, aber glaubhafteren Lebensgeschichte.

Die prägende Person in Adams Leben ist seine Großmutter Edda, die kein Blatt vor den Mund nimmt und sich, angeblich zu Ehren eines ehemaligen Liebhabers, täglich einige Asbach gönnt. Den Aufstieg Adolf Hitlers kommentiert sie mit Hohn und Spott über diese lächerliche Gestalt, die sie nur „den August“ nennt, weil sie sich weigert, sich auch nur seinen Namen zu merken.

Dass man den schnurrbärtigen August leider nicht als Witzfigur abhaken kann, wird mit jeder neuen irrsinnigen Schikane gegen die jüdische Bevölkerung immer deutlicher. Adam drängt die Familie, ins Ausland zu fliehen, solange es noch geht, doch das Geld ist knapp, und so lässt sich Adam auf einen verrückten Plan ein, der ihn um Kopf und Kragen bringen könnte und dessen Verlauf Astrid Rosenfeld packend zu schildern versteht, mit viel Einfühlungsvermögen und einer gehörigen Portion grimmigen Humors und deutlich subtiler als in Eddys Teil des Romans.

Auf der Vergangenheitsebene eine starke, bewegende Geschichte aus einer schrecklichen Zeit, die auch durch vielen „besondere“ Charaktere besticht, während die Gegenwartshandlung schon beinahe verzichtbar wirkt.
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