Bewertungsdetails

Gegenwartsliteratur 10265
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Gesamtbewertung
 
4.0
Plot / Unterhaltungswert
 
4.0
Charaktere
 
4.0
Sprache & Stil
 
4.0
Kathy H. wächst in den 90er Jahren in England auf - jedoch nicht in dem England, wie wir es kennen, sondern in einer fiktiven Version davon. Kathy und ihre Freunde leben in Hailsham, einem wunderschön ländlich gelegenen Heim, wo sie eine gute Schulausbildung erhalten und in bescheidenem Rahmen alles haben, was sie zum Leben brauchen. Es gibt Sportanlagen, Spielplätze, Kreativität wird sehr gefördert, es bilden sich die üblichen Cliquen und später entwickeln sich auch erste Liebeleien. Hailsham sieht aus wie eine ganz normale Schule, doch die Schüler wissen gerüchteweise, dass das nicht stimmt.

Kathys Freund Tommy, der auf den ersten Blick manchmal etwas naiv wirkt, beginnt eines Tages, unangenehme Fragen zu stellen, die nur zum Teil beantwortet werden, der Wahrheit aber gefährlich nahekommen, und es entwickelt sich eine explosive Dreiecksbeziehung zwischen Kathy, Tommy und der selbstbewussten und manchmal etwas herrischen Ruth.

Jahre später blickt Kathy zurück auf ihre gemeinsame Schulzeit und ihre Freundschaft und auch darauf, wie sich die Lage von ihresgleichen seitdem verändert hat.

Mit den Dystopien, wie sie vor allem im Young-Adult-Bereich derzeit so "in" sind, hat Ishiguros Roman nur den Grundgedanken gemeinsam. Hier gibt es keine plakativen Schockeffekte, keine blutigen Kämpfe und keinen dramatischen Showdown. Sehr ruhig, sehr gemächlich beginnt er mit Kathys Stimme zu erzählen, die mit Anfang 30 schon fast so etwas wie Altersweisheit an den Tag legt und mit melancholischer Distanz auf ihre jüngeren Jahre zurückblickt.

Ganz allmählich, manchmal schon fast quälend langsam, wird dabei klar, dass Hailsham eben kein idyllisches Internat à la Hanni und Nanni ist und was es genau mit den Schülern dort (und in Pendants im ganzen Land) auf sich hat. Gerade weil das in so leisen, subtilen Tönen daherkommt, wirkt das Ungeheuerliche, was zwischen den Zeilen herauszulesen ist, umso eindrucksvoller und die Tatsache, dass die allermeisten Schüler die Situation einfach hinnehmen, umso bedrückender.

Lesens- und nachdenkenswert, aber keine flotte Zwischendurch- und schon gar keine Wohlfühllektüre - ein Buch, für das man Zeit haben muss, nicht zuletzt, um über die ethischen Fragen nachzusinnen, die es aufwirft.
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