Bewertungsdetails

Gegenwartsliteratur 1613
Intensive Adaption von "Othello"
(Aktualisiert: 21 Mai 2018)
Gesamtbewertung
 
4.0
Plot / Unterhaltungswert
 
4.0
Charaktere
 
4.0
Sprache & Stil
 
4.0
Ein Schulhof nahe Washington, D.C. in den 70ern. Der 12jährige Osei ist ghanaischer Diplomatensohn und aus Erfahrung weiß er, dass er als neuer Schüler einen Verbündeten benötigt - ansonsten könnte der erste Tag ziemlich schwierig werden. Zum Glück findet sich Dee, das beliebteste Mädchen der Schule, die offen zu ihm steht. Eine verhältnismäßig ungewöhnliche Offenbarung in den Vereinigten Staaten, in dem der Civil Rights Act von 1964, der die sogenannten Rassentrennung abgeschafft hat, noch nicht lange zurückliegt.
Doch ein Mitschüler kommt mit der aufkeimenden Beziehung Oseis und Dees nicht klar und beschließt, die Freundschaft zwischen dem schwarzen Jungen und der angesehenen Schönheit zu torpedieren. Am Ende des Tages wird kein Beteiligter mehr so sein wie früher...

Tracy Chevalier hat das Shakespeare'schen Werk "Othello" als Vorlage genommen und die Geschichte in die USA und etwas modernere Zeiten verlagert. Vom Original kenne ich nur die grobe Handlung, gelesen habe ich das Drama nämlich nie. Die wichtigste Gemeinsamkeit ist natürlich die Figur Osei/Othello und die Reaktionen auf ihn - wobei ich jetzt einmal schätze, dass der Rassismus in Chevaliers Roman deutlich klarer herausgearbeitet und benannt wird als bei Shakespeare.
Die Autorin verdichtet die Geschichte sehr gut, arbeitet die unterschiedlichen Charaktere wunderbar heraus und erzeugt in ihrem relativ schmalen Werk einen richtig gelungenen Spannungsbogen - trotz der Vorahnung (oder im Zweifel auch das Vorwissen, sollte man "Othello" gelesen hat), dass alles unweigerlich auf eine Katastrophe zusteuert. Leidenschaftlich sind ihre Figuren - in ihrer Freundschaft, aber auch in ihrem Hass, ihrer Manipulationsfähigkeit und dem Ränkeschmieden.

Trotz Chevaliers schriftstellerischem Können konnte mich das Buch nicht restlos überzeugen, da mich zwei Punkte etwas irritiert haben: zum einen die sehr jungen Figuren, die mit ihren 12 Jahren allesamt doch etwas schwieriger zu akzeptieren sind als die erwachsenen Handelnden bei Shakespeare. Zum anderen die Tatsache, dass die Autorin die Geschichte an einem Tag spielen lässt - es fällt mir einfach schwer, zu glauben, dass es bei solch jungen Menschen in so kurzer Zeit zu solch einer Zuspitzung der Emotionen und letztlich einer solchen Eskalation kommen kann.
Wäre es nur ein Punkt für sich gewesen, hätte ich vermutlich locker darüber hinwegsehen können - die Kombination hat mir das schwerer gemacht. Wenn ich es mir recht überlege, hätte ich es deutlich überzeugender gefunden, wären Osei, Dee und Co. zwei, drei Jahre älter gewesen - da hätte das Argument, dass Jugendliche eben sehr intensiv fühlen und sich schnell in etwas hineinsteigern können, ebenfalls noch gegolten.

Überzeugt hat mich die Verdichtung der Geschichte, die zu einer überraschenden Intensität beim Lesen führt, und die Beschreibungen der weißen Vorstadtschule, in der nicht nur Schüler intrigieren, sondern auch Lehrer ihre rassistischen Ansichten verpflanzen wollen. Ebenso die Ausführung der Auseinandersetzung von Oseis Schwester Sissy mit ihrer Familie.
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