Sven stehen eigentlich alle Türen offen. Er kommt aus einem guten Elternhaus, ist intelligent und hat schon mit 14 einen Preis für ein Projekt gewonnen. Aber vor fünf Jahren ist etwas geschehen, dass Sven alle Türen zuschlagen ließ. Er gerät auf die schiefe Bahn, hängt mit brutalen Typen herum, säuft und genießt es, anderen Angst zu machen. Doch dann wird der einzige Mensch bedroht, der ihm etwas bedeutet, seine Schwester Lina. Um sie zu retten muss er sich zusammen reißen und werden wie die Spießer, die er inzwischen so sehr verabscheut. Wird er seine Schwester retten können?
Oliver Uschmann hat mit „Nicht weit vom Stamm“ das zweite Jugendbuch veröffentlicht, nachdem er vorher mit den „Hartmut-Büchern“ eher Erwachsene begeistert hat. Unter anderem auch mich. Weshalb ich ziemlich gespannt auf seinen Jugend-Roman war. Der Anfang war auch sehr viel versprechend, ich empfand schnell Sympathie für den Protagonisten Sven, auch wenn er sich wirklich übel verhalten hat. Irgendwie versteht man ihn trotzdem.
Ab der Mitte hatte das Buch für mich allerdings eine ziemlich lange Durststrecke. Bis fast zum Ende. Dass die Auflösung der Identität des Erpressers auch noch meinen Verdacht vom Anfang bestätigt hat, war ziemlich enttäuschend für mich. Der Realismus lässt auch immer mehr nach, ich konnte mir zu guter letzt überhaupt nicht mehr vorstellen, dass es wirklich so geschehen könnte. Die Berg- und Talfahrten der Emotionen wurde für meinen Geschmack etwas zu sehr ausgereizt. Wenn man schon weiß, dass auf das aktuelle Hoch spätestens zwei Seiten später ein Tief folgt, kurz darauf sicher wieder ein Hoch, und immer so weiter, verlieren die doch enorm an Wirkung.
Interessant war die Entwicklung Svens, der auch mal den Spiegel vorgehalten bekommt und selbst über seine Außenwirkung erschrickt. Das Resozialisierungsprogramm seiner Freunde hat mich auch das ein oder andere Mal schmunzeln lassen.
Vielleicht bin ich einfach zu erwachsen für das Buch und Jugendliche, für die es ja auch geschrieben wurde, sehen es weniger kritisch. Meiner Meinung nach hätte es gut 100 Seiten kürzer sein können, dann hätte ich wohl auch mehr Spaß damit gehabt. Interessant war der Ausflug in diese mir ganz fremde Welt aber trotzdem, weshalb ich dann auch bis zum Ende durchgehalten habe.