H. M. van den Brink: Ein Leben nach Maß

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H. M. van den Brink: Ein Leben nach Maß
Verlag
ET (D)
2018
Ausgabe
Gebundene Ausgabe
Originaltitel
Dijk
ISBN-13
9783446258099

Informationen zum Buch

Seiten
204

Sonstiges

Originalsprache
niederländisch
Übersetzer/in
Erster Satz
Der Traum kehrte Nacht für Nacht wieder, und auf den ersten Blick war nichts an ihm merkwürdig.

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Kollege Karl ist ein mustergültiger Eichbeamter: Zuverlässigkeit, Prinzipientreue und unverrückbare Maßstäbe sind seine berufliche Richtschnur. Sein Privatleben ist immer ein Geheimnis geblieben. Und ausgerechnet zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand taucht er nicht auf… Der Erzähler, der die Abschiedsrede schreibt, und sein Kollege Karl haben Gaszähler, Thermometer und die Waagen der Einzelhändler justiert - bis die elektronische Waage Einzug hielt. Bis der Supermarkt an die Stelle des Tante-Emma-Ladens trat. Einer aber versuchte dem Wandel bis zuletzt Widerstand zu leisten: Kollege Karl.

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Interessantes Lehrstück über den Wandel der Zeit
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5.0
Eine Abschiedsrede für den langjährigen Mitarbeiter und künftigen Ruheständler des Eichamtes - aber Karl Dijk kommt nicht zu seinem eigenen Abschiedsfest. Und so sinniert sein Kollege über die gemeinsam erlebten Jahre, den Wandel der Zeit und die damit verbundenen Veränderungen in ihrer Arbeit, immer im Spiegel der vermeintlich festen Größen von Kilogramm, Meter und Grad.

Meine Meinung:

Ein interessantes Stückchen Literatur, was uns der niederländische Autor H.M. van den Brink da präsentiert. Sprachlich empfand ich den Roman durchwegs als Genuß, denn der Schreibstil ist elegant, präszise und ausgefeilt. Nach wenigen Seiten hatte ich mich schon regelrecht festgelesen.

Das Thema ebenfalls ansprechend; die Grundidee, den Wandel der Zeit mit einer Person zu verknüpfen, die sich allen Veränderungen gegenüber verschlossen hat, fand ich sehr genial. Bestimmt könnte man die Handlung in jeglicher Branche ansiedeln, aber dass sich der Autor gerade das (niederländische) Eichwesen als Kulisse ausgesucht hat, ist ein genialer Schachzug. Denn gerade was die Maßeinheiten betrifft, könnte man doch meinen, dass diese unveränderlich gegenüber allen modernen Technologien bestehen - aber falsch gedacht, auch hier hält der Fortschritt Einzug, und wer nicht mit der Entwicklung auf dem Laufenden bleibt, wird zum Dinosaurier.

Was zunächst mit dem ersten Tag der beiden Kollegen im beschaulichen Eichamt an der kleinen Gracht beginnt, wird in der Abschiedsrede der Direktorin für den Kollegen Karl Dijk fortgeführt und zu Ende gebracht, trotz dessen Abwesenheit. Sein Kollege hat sozusagen als Ghostwriter die Rede geschrieben, hört sie nun aus dem Mund der Direktorin und schweift unterdessen immer wieder in Gedanken ab, verfolgt das Ungesagte, das Ungeschriebene. So entspinnt sich ein ausgeklügeltes Konstrukt aus Gegenwart und Vergangenheit, aus dem sich nach und nach die Geschichte der beiden Kollegen mit all ihren Höhen und Tiefen heraus arbeitet. Während Karl Dijk sich und seinen unverrückbaren Prinzipien immer treu geblieben ist, hat sein Kollege doch sehr oft sein Fähnchen in den Wind gehalten, um beruflich weiter zu kommen.

Für mich war die Lektüre trotz ihres ruhigen Erzählstils sehr spannend zu verfolgen. Umso trauriger bin ich darüber, dass das Ende etwas beliebig geraten ist. Ich hätte erwartet, dass es eine Erklärung für das Fehlen von Karl Dijk gibt, dass das offene Ende der beiden Kollegen irgendwie aufgearbeitet und zum Abschluss gebracht wird. Statt dessen empfand ich das Ende ziemlich surreal und hatte das Gefühl, dass es sich der Autor ein wenig zu einfach gemacht hat, indem er seinen Protagonisten in wirren Fieberträumen zurück lässt.

Mein Fazit:

Ohne den schwachen Schluss wäre das ein echtes Lesehighlight geworden, aber auch so kann ich es gerne an LeserInnen weiter empfehlen, die weniger handlungsorientiert lesen, sondern Freude an ruhigen, nachdenklichen Erzählungen haben und mit unvermittelten Zeit- und Gedankensprüngen innerhalb der Handlung gut zurecht kommen.
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Karl Dijk, vor seiner Zeit aus dem niederländischen Eichamt entlassen, kam nicht zu seiner eigenen Verabschiedung - was den Ich-Erzähler und Kollegen wie auch die Direktorin überrascht...

Dieser Roman, der mich sehr nachdenklich und teils betroffen zurücklässt, beschäftigt sich mit dem Fortschritt in einer sich stets wandelnden Welt und setzt den Protagonisten, der (leider) nie selbst das Wort führt, für die Tradition der Zuverlässigkeit, der Prinzipientreue und auch unverrückbarer Maßstäbe, die beide Eichbeamte 'kraft ihres Amtes' jeden Tag durchzuführen haben. Hinter der Dijk absolut steht und jeder Veränderung misstrauisch begegnet, ja eher negativ, während der Ich-Erzähler eher anpassungsbereit ist.

In der Abschiedsrede, die Kollege und Ich-Erzähler im Auftrage der Direktorin schreiben soll, lernt man Dijk besser kennen, Einiges jedoch bleibt auch im Dunkeln, etwa seine tatsächliche Herkunft und auch die Tatsache, dass er gegen Ende seiner Laufbahn öfter in die Schreibmaschine einhämmerte, wütend und auch polternd in Betriebsversammlungen auftrat und jede Veränderung als negatives Zeichen sah. Dies machte ihn nach und nach zum "unbequemen, wenn auch langjährigen und verdienten Mitarbeiter", den man nun zu entsorgen versuchte.

In Rückblicken auf die Zusammenarbeit und seinen eigenen Anteil an der Form der kollegialen Beziehung, die mit einer gewissen Verunsicherung einhergeht, erzählt nun der Kollege von seinem Berufsleben und den stetigen Veränderungen und Umzügen des Amtes. Man lernt auch die Ursprünge des metrischen Systems kennen, die ich persönlich sehr spannend fand. Aber auch in poetischer, leiser Sprache werden die Außendiensttermine beschrieben, die beide in entlegene Dörfer führen, wo die Waagen von kleinen Bauern oder auch Händlern nachgeeicht werden mussten, selten zu deren Freude. Messerscharf seziert werden die Unterschiede des Miteinander in-Beziehung-tretens: gestern und heute.
Interessant die Feststellung, dass Fortschritt in den 60er Jahren eine andere, positivere Bedeutung hatte als heute: Es geht um die Veränderungen des letzten halben Jahrhunderts, die hier anhand der Profession und auch der Persönlichkeit Dijks mehr als offensichtlich und auch durchaus widersprüchlich ist. Heute gibt es wieder Menschen, die verpackte Ware (die die losen Produkte und damit die Waagen in den Lebensmittelläden verdrängten) ablehnen und dazu übergehen, dass die Kunden ihre eigenen Behältnisse mitbringen, die Waren vor Ort abgemessen werden. Es waren de facto "noch andere Zeiten", als in den Läden noch Produkte in Papiertüten abgewogen wurden, bis die Tafel- und Balkenwaagen als Relikte einer vergangenen Zeit verbannt wurden. Die verpackten Waren revolutionierte den gesamten Einzelhandel - und veränderten auch die Verkäufer/-Kundenbeziehungen, deren Kommunikation sich mehr und mehr auf ein Minimum beschränkt....
Zum Romanende hin nimmt die Betroffenheit zu - nicht nur die des Ich-Erzählers und früheren Eichbeamten, sondern auch die des Lesers.

Fazit:

Ein in die Tiefe gehender Roman eines fiktiven Menschen, der für unverrückbare Maßstäbe steht, nicht nur kraft seines Amtes, sondern auch durch seine eigene Persönlichkeit und dennoch erkennt, dass auch diese einem Wandel unterworfen sind. Einem Menschen, der dennoch an seinen eigenen Grundsätzen festhält und dadurch womöglich Unsicherheiten bei anderen Kollegen auszulösen scheint.
Sehr nachdenklich stimmend, betroffen machend - aber auch augenzwinkernd lernt man zwei (fiktive) Mitarbeiter des niederländischen Eichamts und deren Arbeit (von 1961 bis heute) kennen, die gleichzeitig die Veränderungen des letzten halben Jahrhunderts subtil und dennoch sehr klar aufzeigen. Ich entwickelte große Sympathie für Dijk, der gewissermaßen außerhalb der Norm unverbiegbar war bis zu seinem Dienstende und dann spurlos verschwand. Es bleibt auch ein Nachgeschmack, der die schnellebigen Veränderungen der heutigen Welt betrifft, dem wir alle gewissermaßen unterworfen sind und dem Wissen, dass Fortschritt nicht immer zum Wohle der Menschheit geartet ist: Derjenige, der stehen bleibt und sich nicht den Veränderungen anpasst, den "entlässt" das System. Ich vergebe 4 starke Sterne am Literaturhimmel und eine Leseempfehlung!
S
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