Als ich fünf Jahre alt war, hörte ich auf einer Straße in Beijing Bruchstücke eines Gesprächs, die sich in meiner Erinnerung festsetzten und mich niht mehr losließen: "Die Tibeter haben seine Leiche in tausend Stücke zerteilt und an die Geier verfüttert."
Shu Wen und ihr Mann Kejun sind junge idealistische Ärzte, als sie 1958 heiraten. Kurz darauf geht Kejun mit der Armee nach Tibet, und nur wenige Wochen später erhält Shu Wen die Nachricht, ihr Mann sei dort umgekommen. Aus ihrer tiefen Verzweiflung erwächst der jungen Frau Entschlossenheit: Sie will und kann nicht glauben, dass ihr geliebter Mann tot ist, und sie macht sich auf die Suche nach ihm. Dreißig Jahre wird es dauern, bis Shu Wen die Wahrheit über seinen Tod erfährt. Dreißig Jahre voller Entbehrungen und Einsamkeit, aber auch Jahre voller Hoffnung und Freude. Dreißig Jahre, in denen sie in ihrer neuen Heimat Tibet lernt, ihre Liebe zu Kejun über seinen Tod hinaus lebendig zu halten.
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Inhaltsangabe (Amazon-Kurzbeschreibung):
Als Shu Wen die Nachricht vom Tode ihres Mannes erfahren muss, war sie noch nicht lange mit ihm verheiratet. Kejun war Arzt im Dienst der chinesischen Armee und im Truppeneinsatz in Tibet. Shu Wen glaubt fest daran, dass ihr Mann noch lebt, lässt sich von der Armee als Ärztin einstellen und nach Tibet versetzen. Doch ihr Aufenthalt dauert länger, als sie glaubt ...
Der Roman spielt von ca. 1960 bis ca. 1990 in China und Tibet.
Meine Meinung zum Buch:
Mit etwas mehr Seiten hätte dieses Buch eine schöne Möglichkeit geboten, die Ereignisse des Einmarsches der chinesischen Truppen und die Lebensweise und die Religion der Tibeter zur damaligen Zeit kennen zu lernen. Leider werden diese Themen nur sehr kurz und oberflächlich abgehandelt, was zur Folge hatte, dass ich nach der Lektüre das Buch ziemlich unbefriedigt weglegte.
Die Figur der Shu Wen kam mir zudem nicht sehr glaubwürdig vor. Sie ist eine moderne Chinesin, die Medizin studiert hat – dass sie mehrere Jahrzehnte (!) bei einer Nomadenfamilie leben muss ohne Möglichkeit, weiterzureisen oder zumindest eine Nachricht weiterzugeben, kann ich mir nicht so ganz vorstellen. Vielleicht hätten hier die Verhältnisse besser erklärt werden müssen, damit ihr Verhalten bzw. ihre nicht vorhandenen Möglichkeiten nachvollziehbar werden.
Das Buch kann nur den Appetit anregen, mehr über Tibet zu lesen, aber nicht den Hunger stillen. Ich werde in der nächsten Zeit mal nach einer Biografie des Dalai Lama stöbern – auch zu ihm und seiner Rolle beim Einmarsch der Chinesen wurde in der Geschichte einmal kurz diskutiert, aber es reichte für mich bei weitem nicht aus.
Ich kann dieses Buch nur als Einsteigerlektüre empfehlen, wenn man wissen will, ob einen die tibetische Kultur, Religion, Gesellschaft und Geschichte interessiert. Diese Themen werden alle kurz angerissen – vertiefen muss man dann anderweitig.
Nur drei Wochen nach der Hochzeit wird der Arzt Kejun 1958 mit einer Militäreinheit nach Tibet geschickt, einige Wochen später erfährt seine Frau Shu Wen, daß sie Witwe geworden sei. Aber die Nachricht ist merkwürdig, sie enthält nicht die üblichen Floskeln der Armee. Shu Wen glaubt, daß irgendetwas nicht stimmt und will selbst nach Tibet, um ihren Mann dort zu suchen. Da sie gleichfalls Ärztin ist, wird sie von der Armee dankbar aufgenommen. Die Fahrt nach Tibet ist anstrengend, im Land wird schnell klar, daß die Chinesen nicht erwünscht sind: Jede Nacht sterben zwei Soldaten durch tibetische Messer. Einmal finden die Soldaten auf der Straße eine völlig erschöpfte Tibeterin, die Chinesisch spricht. Shu Wen und Zhuoma freunden sich an, nach einem Hinterhalt ziehen die beiden Frauen, beide auf der Suche, allein weiter. Sie geraten in eine Nomadenfamilie, bei der sie Jahre leben. Nachdem Zhuoma eines Tages entführt wird, ist Shu Wen auf sich allein gestellt, sie bleibt bei der Familie, lernt vieles über das Leben und die Spiritualität der Tibeter, nutzt aber immer noch jede der wenigen Gelegenheiten, Erkundigungen über ihren Mann einzuholen. Als sie nach dreißig Jahren in ihre Heimatstadt Suzhou zurückkehrt, ist sie eine Fremde geworden.
Angeblich hat Xinran Shu Wen in Suzhou getroffen, als diese nach ihrem Leben in Tibet zurückgekehrt war, und hat sich von ihr ihre Lebensgeschichte erzählen lassen. Ob diese Rahmengeschichte den Tatsachen entspricht, und wenn ja, inwieweit das auch für die Geschichte selbst gilt, und deshalb eine Einstufung als „Biographie“ erlauben würde, kann ich nicht beurteilen. Faszinierend an der Geschichte fand ich die Anstrengungen, die Shu Wen auf sich nimmt, denn immerhin ist sie nach Zhuomas Entführung in einer schwierigen Situation mit praktisch keiner Verständigungsmöglichkeit, da sie zu dieser Zeit noch kaum Tibetisch spricht. Passend dazu sind daher leider auch die Einblicke in tibetisches Denken und tibetische Religiösität nicht besonders tiefgehend, denn Shu Wen versteht davon sicher vieles schon nicht, und durch den Filter der doppelten Erzählung wird das nicht besser (mal ganz abgesehen vom ohnehin beschränkten Umfang des Buches). Hier bleibt vieles Stückwerk und Andeutung, vor allem, was die Gedanken hinter religiösen Zeremonien angeht, die ich mehr oder weniger nur achselzuckend zur Kenntnis nehmen konnte.
Interessanter waren die Lebensbedingungen der Nomaden, über die man etwas mehr erfährt, wie die Arbeitsteilung in der Familie und die Ernährungsgewohnheiten. Und noch etwas hat mich erstaunt, wenn es denn der Wahrheit entspricht, nämlich wie abgeschieden offensichtlich viele Tibeter selbst noch in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren lebten, so daß sie die politischen Entwicklungen praktisch gar nicht mitbekamen.
Ich fand das Buch sehr leicht und flüssig zu lesen, da habe ich vorher so meine Bedenken gehabt, weil ich noch nie ein Buch von einer chinesischen Autorin gelesen habe. Die Sitten und Bräuche der tibetischen Nomadenfamilie fand ich sehr gut beschrieben. Leider geht das Buch nicht allzu sehr in die Tiefe, was wirklich schade ist, da gerade mir als Mitteleuropäerin viele interessante Aspekte bezüglich China und Tibet aufgezeigt werden. Während der Handlung vergehen zuweilen Jahre innerhalb weniger Zeilen, was mich manchmal verwirrte und ich nicht mehr wusste, in welchem Jahrzehnt die Handlung eigentlich gerade spielt. Auch die Tatsache, dass Shu Wen schließlich doch Tibetisch lernt, wird in einem Satz abgehandelt, obwohl es in Wirklichkeit mehrere Jahre in Anspruch genommen haben muss.
Einige Kleinigkeiten haben mir noch sehr gut gefallen, wie z.B. die kleinen Botschaften, die Kejun Shu Wen am Anfang schreibt. So wird ihre Liebe für mich greifbar und ich kann einigermaßen nachvollziehen, warum Shu Wen die ganzen Strapazen auf sich nimmt, um Kejun zu finden.
Fazit: Eine nette Geschichte, aus der man noch mehr hätte machen können.