Die Elenden haben mich eine relativ lange Zeit begleitet. Vor mehreren Jahren habe ich schon die gekürzte Fassung gelesen, welche mir sehr gut gefallen hat. Deswegen war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mir auch die vollständige Ausgabe zu Gemüte führe. Die Seitenanzahl hat mich zwar erst mal abgeschreckt, aber letztendlich habe ich mich doch herangewagt und es nicht bereut.
Da ich die gekürzte Ausgabe nicht mehr vorliegen habe, konnte ich nicht vergleichen, welche Stellen herausgestrichen worden sind. Ich mochte es jedoch sehr, dass sich der vollständige Roman nicht nur auf die Handlung beschränkt. Die vielen Exkurse werden ja kontrovers aufgenommen, ich fand sie manchmal auch etwas übertrieben, z.B. wenn Hugo seitenlang eine einzige Tür beschreibt. Dagegen gibt es aber auch großartige Schilderungen, etwa von der Schlacht von Waterloo oder vom Pariser Kloakensystem (man konnte den Gestank förmlich riechen!).
Die größte Stärke des Romans liegt aber meiner Meinung nach in den Charakterisierungen. Vor allem die Hauptfigur Jean Valjean hat einiges an inneren Kämpfen und Zwiespälten durchzustehen, an dem der Leser dank Hugo teilnehmen darf. Die vielen Zufälle, wie z.B. dass die Hauptfiguren in einer großen Stadt wie Paris immer wieder aufeinander treffen, sind mir aufgefallen, haben mich aber nicht großartig gestört.
Der umfangreiche Anhang war mit seinen zahlreichen Erläuterungen sehr hilfreich, aber manchmal etwas schwierig zu händeln. Hier wären Fußnoten um einiges praktischer gewesen, da hätte man sich zumindest das Hin- und Herblättern ersparen können.
Fazit: Keine leichte Lektüre, aber eine, die sich definitiv lohnt!