Rai hat sich sein Leben ganz gut eingerichtet, findet er. Er lebt in einer Kreuzberger Wohnung, Bach, Gershwin und die Stimme Anatoliens leisten ihm Gesellschaft. Es gibt niemanden, der ihm Vorschriften macht, sein Leben gehört ihm allein. Mit seinen Freunden ist er fest verwachsen, wie Muscheln mit einem Stein. Sein Klavierspiel reicht zwar nicht an Ivo heran, doch es ist gut genug, um als Barpianist und Lehrer ein Auskommen zu finden.
Natürlich, da sind die Ärgernisse des Alltags: Ein Ofen, der nicht zieht, fleischgewordener Stoizismus in Gestalt formloser Behördenwächterinnen, Supermärkte voller Zombies, Frauen... Unter dem Strich aber ist das nicht mehr als Gekräusel an der Wasseroberfläche. Doch dann ist er einmal zur falschen Zeit am falschen Ort, und über Rai schlagen die Wellen zusammen. Dabei hat er nichts weiter getan, als eine junge Frau vor einer Vergewaltigung zu bewahren. Diese Frau heißt Mila, sie hat zwei verschiedenfarbige Augen, und Rai verliert sich ganz und gar darin.
Mila weckt jedoch nicht nur Rais Beschützerinstinkt, sie stellt ihn auch vor undurchschaubare Rätsel. Nach glücklichen Momenten verschwindet sie tagelang, ohne von sich hören zu lassen. Ihre Entschuldigungen klingen dubios, und immer seltener ist sie so liebevoll und unbeschwert wie auf ihrem gemeinsamen Segelausflug.
Rai muß sich eingestehen, daß Milas Leben einem komplizierten Puzzle gleicht und ihm die entscheidenden Fragmente dazu fehlen. Als er dann doch die Zusammenhänge begreift, zerfällt ihm das schöne Mosaik in den Händen...