Als Mickey erfährt, dass Tom, Sohn reicher Eltern, seine fünfzehnjährige Schwester Kathryn vergewaltigt haben soll, will er sich rächen. Da kommt ihm der Flirt mit Toms Schwester Ellie mehr als gelegen. Als Liebe daraus wird, muss er sich entscheiden, auf wessen Seite er steht: Hält er zu Kathryn, dem Opfer, zu seiner Mutter, einer Alkoholikerin und seiner kleinen Schwester Holly, oder gibt er der Liebe eine Chance? Und auch Elli stürzt die Beziehung zu Mickey in einen Gewissenskonflikt: Soll sie ihren Bruder weiter schützen oder auspacken? Und was wird dann aus ihrer Familie? Ein spannender Roman über die Liebe, die Lust am Leben und die Entdeckung des eigenen Muts, den man nicht mehr aus der Hand legt, bis zur allerletzten Zeile.
Autoren-Bewertungen
2 Bewertungen
Gesamtbewertung
5.0
Plot / Unterhaltungswert
5.0
Charaktere
5.0
Sprache & Stil
5.0
Karyn ist gerade fünfzehn Jahre alt, als sie von dem drei Jahre älteren Tom, Sohn reicher Eltern, vergewaltigt wird. Nicht nur das Mädchen versinkt in ihrer Verzweiflung, auch ihre alkoholabhängige Mutter, die kleine Schwester Holly und der ältere Bruder Mickey wissen nicht, mit der Situation umzugehen. Als Mickey Tom zusammenschlagen will, lernt er dessen Schwester Ellie kennen und fasst den Plan, sie aus Rache zu verführen. Niemand hätte vermutet, dass daraus eine sehr zarte Liebe wächst - am allerwenigsten Mickey.
Jenny Downham hat sich eines sehr sensiblen Themas angenommen. Die seelischen Konflikte der Personen werden sehr überzeugend dargestellt. Als wäre eine Vergewaltigung nicht schlimm genug, muss sich Karyn mit der Außenwelt auseinandersetzen: Polizei, Jugendamt, Freundinnen, Mitschüler, Freunde von Tom, Lehrer und Familie. Doch nicht nur Karyn muss das schreckliche Erlebnis verarbeiten. Die Autorin schildert sehr einfühlsam, wie beide Familien versuchen, mit so einem Erlebnis fertig zu werden. Auf der einen Seite die Familie von Karyn und Mickey mit einer Alkoholikerin als Mutter, die kaum für sich selbst sorgen kann. Ein Mädchen, das ein traumatisches Ereignis verarbeiten muss und sich nur noch in den eigenen vier Wänden einigermaßen sicher fühlt. Auf der anderen Seite die Familie von Tom und Ellie: Reich genug, sich die besten Anwälte für den Sohn leisten zu können.
Die Autorin hat mich besonders damit beeindruckt, dass sie Tom nicht als ausschließlich boshaften Triebtäter beschreibt. Eigentlich ist Tom ein ganz normaler Junge, der seine Schwester liebt und beschützt und der nun völlig panisch die Konsequenzen seiner eigenen Handlung fürchtet. Trotzdem ist es nicht so, dass die Autorin Mitleid mit dem Täter schürt oder Entschuldigungen für ihn findet - immer ist sich der Leser bewusst, welche Tat Tom begangen hat. Ellie ist die geliebte kleine Schwester, die mehr gesehen hat, als sie selbst sich eingestehen will - denn schließlich war es Tom, der sie ihr Leben lang beschützt hat. Kann er wirklich so etwas grausames tun?
"Ich gegen Dich" ist gleichermaßen ein Buch über Schuldzuweisungen, Verzweiflung, Selbstbetrug und doch auch eines über Mut, Wahrheit, Zivilcourage und Liebe. Die Autorin verzichtet dabei auf jeglichen Kitsch und Beschreibungen von Geschlechtsverkehr oder Vergewaltigung. Auf permanente Spannungsspitzen wartet man vergeblich und so ist es eher ein ruhiges Buch. Ein Buch der leisen Töne. Und das macht es zu etwas ganz Besonderem.
Ellie's Bruder Tom wird beschuldigt die Schwester von Mikey, Karyn, vergewaltigt zu haben. Während Tom jedoch aus gutem Hause stammt und gleich einen teuren Anwalt zur Seite gestellt bekommt, lebt Karyn eher in ärmlichen Verhältnissen und hatte zudem vorher ein Auge auf Tom geworfen. Ellie ist die einzige Augenzeugin, aber was hat sie wirklich gesehen?
Mikey schwört Rache für seine Schwester und macht sich an Ellie ran. Was als Racheakt beginnt, entwickelt sich jedoch schnell zu ganz anderen Gefühlen und bald müssen sie sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehen...
Das Thema, dass das Buch behandelt, ist keine leichte Kost und die Konstellation, die die Autorin entstehen lässt, bietet reichlich Zündstoff. Dabei fand ich es spannend, dass die Geschichte nicht aus der Sicht von Karyn und Tom erzählt wird, sondern von den Geschwistern. Abwechselnd kommen Mikey und Ellie zu Wort und der Leser erlebt ihre innere Zerrissenheit, ihre teilweise Schuldgefühle, aber auch ihre Verzweiflung mit. Diese innere Zerrissenheit, mit der gerade Ellie kämpfen muss, fand ich sehr gut beschrieben und sehr oft, habe ich mich gefragt, wie ich reagieren würde, wenn dass mein Bruder wäre. Erschreckend dabei auch noch die Eltern, die sich komplett auf Tom, als den "Stammhalter" fokussieren und Ellie's Probleme gar nicht sehen wollen.
Ellie war für mich in diesem Buch eindeutig die tragischste Figur und ich finde, dass die Autorin das sehr gut vermittelt hat. Ellie's Zwiespalt, ihre Ängste und Bedürfnisse wurden sehr gut dargestellt und ich habe wirklich mit ihr mitgelitten. Zum Teil hätte ich sie am liebsten einfach feste in die Arme genommen.
Auch bei Mikey konnte man die vielen unterschiedlichen Gefühle, mit denen er zu kämpfen hat, sehr gut nachvollziehen und auch der Unterschied zwischen Tom und ihm wurde nach und nach gut dargestellt.
Ich habe das Buch auf englisch gelesen und hatte meine Probleme nur mit den teilweise echt heftigen Slang-Ausdrücken, die mir so gar nicht bekannt waren. Zum Glück lässt sich aber sehr viel aus dem Zusammenhang erschließen und nach einiger Zeit konnte ich das Buch dann doch sehr flüssig lesen.
Insgesamt ein sehr gelungenes Buch, in dem die Autorin es für mich sehr gut geschafft hat, sehr sensibel mit diesem äußerst heiklen Thema umzugehen. Dabei präsentiert sie gleichzeitig kein Friede-Freude-Eier-Ende, sondern lässt auch noch einiges offen. Dies hat aber für mich sehr gut in das gesamte Konzept gepasst und gedanklich beschäftigt mich dieses Buch auch heute noch immer wieder.