Heinrich Böll - Ende einer Dienstfahrt

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 7.267 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von tina.

  • Moin,


    so habe gerade nochmal dieses Buch zu Ende gelesen, und frage mich im Nachhinein warum ich dieses Meisterwerk damals nicht zu Ende gelesen habe. Die Handlung ist recht simpel primär geht es um einen Gerichtsprozess, Gruhl Junior hat mit seinem Vater ein Bundeswehrauto angesteckt...mit diesem war er unterwegs um entsprechend Kilometer draufzufahren, damit das mit der Inspektion stimmt, da das Auto ein wenig zu spät geliefert wurde und nun der Inspektionstermin Anstand, und die km angepaßt werden müssen. Im Rahmen einer solchen "Tachometerangleichsfahrt" beschließen Vater und Sohn das Auto an zustecken um ein "Kunstwerk" daraus zu schaffen, sehr skurril und detailliert wird im Buch beschrieben, wie die beiden symphatischen Gruhls sich um ein Urteil winden...die ganze Ortschaft steht hinter den beiden Unangepassten, welche dem Fiskus wegen enormer Steuerschulden bereits bekannt sind...mehr oder weniger liegt die sämtliche Sympathie auf Seiten der Angeklagten. Ein wirklich scharfsinniges und sehr Humorvoll und Sarkastisch geschriebenes Werk...einfach herrlich, das man auf jeder zweiten Seite um ein Lachen nicht herum kommt. Weiterhin geht Böll im Rahmen des Prozesses auf die Kleinlichkeiten und Bürgerlichkeiten eines kleines Dorfes ein ...indem er detailliert und Sarkastisch auf die Belange der gemeinen Bevölkerung eingeht, und hinterfragt ganz gekonnt Sinn und Stellung der Bundeswehr.


    Das ganze Buch ist super rund und spannend zu lesen...es fehlt nicht an radikaler Gesellschaftskritik und Witz. Ich werde mich wohl demnächst etwas mehr mit Böll befassen , für mich defintiv ein Meisterwerk!


    EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Leider kann ich der ersten Meinung nicht zustimmen. Ich fand das Buch sehr langatmig mit den seitenlangen Beschreibungen des Prozesses und musste mich echt überwinden es bis zum Ende durchzulesen (obwohl es ja nur so kurz ist). Meiner Meinung nach war das Buch ohne jegliche Spannung und war mehr ein Gerichtsprotokoll mit all dem Klein-Klein des Dorfes, inklusive ausführlicher Beschreibungen der familiären und freundschaftlichen Beziehungen.


    Enttäuschend für meinen ersten Böll.


    Was sollte man denn am Besten als ersten Böll lesen?

    If the world weren&#39;t such a beautiful place we might all turn into cynics<br />(Paul Auster)

  • Dann nix mehr? *g* Ist der Rest nicht so gut?


    Danke für die Tipps, meine Amazon-Wunschliste hat sich mal wieder verlängert :zwinker:

    If the world weren&#39;t such a beautiful place we might all turn into cynics<br />(Paul Auster)

  • Heinrich Böll – Ende einer Dienstfahrt

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    OA: 1966
    286 Seiten
    ISBN: 978-3462031850


    Inhalt:


    Eine Tat ohne Reue. Bei einem kleinen rheinischen Amtsgericht wird ein kurios erscheinender Fall verhandelt. Es könnte sich um einen Sabotageakt handeln, aber seltsame Begleitumstände lassen alles wieder anders erscheinen, zumal das Bild des Saboteurs nicht auf die Angeklagten passt. Es sind zwei Handwerker, Vater und Sohn, die einen Jeep der Bundeswehr in Brand gesteckt haben.
    (Quelle Amazon)


    Eigene Meinung:

    Heinrich Böll beschreibt diese Gerichtsverhandlung, welche an einem Tag stattfindet mit sehr viel Liebe und Humor. Fast alle Beteiligten kennen sich schon ewig, wie es nun einmal in einem kleinen Städtchen oft der Fall ist. Einzig fremd ist der neu hinzugezogenen Staatsanwalt, dem auch so manches Mal die Nerven bei dieser durch aus merkwürdigen Verhandlung abhanden kommen. Man hat auch irgendwann das Gefühl, dass irgendwie jeder mit jedem verwandt und verschwägert ist, und das Ganze erscheint vielmehr wie ein Treffen im kleinen Bekanntenkreis, als eine offizielle Gerichtsverhandlung.
    Böll verzichtet darauf die Charaktere und Umgebung allzu detailgetreu in ihrem äußeren Erscheinungsbild zu beschreiben, aber das stört auch nicht weiter, denn vielmehr das Unsichtbare ist relevant, wie zum Beispiel die Einstellungen und Gedanken der Beteiligten und die einzelnen Abläufe im Ort selbst, in den Pausen der Verhandlung. Die Verhandlung an sich bringt einen des öfteren zum schmunzeln ohne dass jedoch einen der Beteiligten in irgendeiner Weise lächerlich dargestellt wird. Die Angeklagten sind einfach nur sympathisch und der Richter, dessen letzte Verhandlung vor seiner Pensionierung mit diesem Fall abgeschlossen wird, verkündet ein wahrhaft salomonisches Urteil.
    Die Dienstfahrt, um die es im Titel geht, wird erst in der Mitte des Buches genauer erklärt und man erkennt die mitschwingende Ironie des Autors über gewisse Verfahrensweisen öffentlicher Institutionen wie hier, die der Bundeswehr, welche einfach nur lächerlich und verschwenderisch sind. Die Erklärung jedoch, dass die Tat der Sachbeschädigung doch eher ein Kunstwerk sei, ist das I-Tüpfelchen der Verhandlung.
    Heinrich Böll hat in dieser Erzählung sehr viel Humor an den Tag gelegt, aber auch gleichzeitig sanft mahnend den Finger erhoben, was die sinnlose Verschwendung von Arbeitszeit, Arbeitskräften und Geld in hoch angesehenen Institutionen anbelangt.
    Ich habe schon lange nicht mehr bei einer Lektüre so oft geschmunzelt. Ein durch und durch vergnügliches Buch.


    5ratten


    Tina