Amelie Nothomb - Reality-Show

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  • Titel: Reality-Show
    Originaltitel: Acide sulfurique
    Autorin: Amelie Nothomb
    Verlag: Diogenes
    Erschienen: März 2007
    Seitenzahl: 169
    ISBN: 3257065779
    Preis: 17.90 EUR


    Die Autorin:
    Amelie Nothomb wurde 1967 in Kobe geboren. Ihre Kindheit verbrachte die Tochter eines belgischen Diplomaten in Japan und China. Sie lebt in Paris und in Brüssel.


    Meine Meinung:
    Man stelle sich einmal folgendes vor: Ein Fernsehsender verhaftet wahllos Menschen und sperrt diese in ein Konzentrationslager. Dieses Lager ist den Konzentrationslagern des Dritten Reiches nachempfunden. Die Kapos, die Aufseher, werden durch ein besonderes Casting ausgewählt und haben Aufgabe die gefangenen Menschen zu quälen und zu erniedrigen. Die Gefangenen werden den ganzen Tag rund um die Uhr und lückenlos von Kameras begleitet. Die Sendung „Konzentration“ hat riesige Einschaltquoten und ist die erfolgreichste Sendung der Fernsehgeschichte. Die Gefangenen tragen nur noch Nummern, ihre eigene Namen existieren nicht mehr. CKZ 114, ihre Name lautet Pannonica, lässt es auf eine monatelange Kraftprobe mit dem Kapo Zdena ein. Diese versucht die Gunst der Gefangenen mit dem heimlichen Zustecken von Schokolade zu erreichen. Ein Katz- und Mausspiel beginnt. Als die Quoten langsam sinken, kommt man auf die Idee, die Zuschauer per Knopfdruck entscheiden zu lassen, welche zwei Gefangenen täglich das Lager verlassen müssen. Das Lager verlassen müssen bedeutet die Tötung der Gefangenen.


    Der Klappentext spricht von einer Satire, von der Lust am Spektakel, über die Lust am Voyeurismus von Publikum und Medien.


    Mein erster Gedanke nach dem Zuklappen war: Da hat sich einer bzw. eine aber total übernommen. Normalerweise erwartet man doch von einer Schriftstellerin, dass sie das Thema beherrscht über welches sie schreibt. Nothomb hat vielleicht jetzt immer noch nicht gemerkt worauf sie sich eigentlich eingelassen hat.
    Das was sie abliefert ist eine peinliche und absolut miese Nummer!
    Hat sie sich eigentlich mal Gedanken gemacht, wie sich die Menschen fühlen, die wirklich in einem Konzentrationslager unvorstellbare Qualen erlitten haben? Wie müssen sich diese Menschen fühlen, wenn der Gegenstand ihres Leides nun Gegenstand einer „Satire“ wurde, die an Dümmlichkeit kaum zu überbieten ist.


    Da wollte jemand eine „Anti-Utopie schreiben, der Logik unserer Zeit folgen“ wie es Beigbeder offenbar in einem Zustand der totalen geistigen Inkontinenz ausdrückte. Das was Nothomb hier abliefert ist unausgegoren, und man könnte ihr allenfalls zugute halten, dass es ein unbedachter Schnellschuss einer durchgeknallten Vielschreiberin war.


    Wenn man einem solchen Thema nicht gewachsen ist, dann soll man gefälligst die Hände davon lassen, dann soll man sich den Dingen zuwenden, die man kann und man sollte solch brisante Themen, den Autorinnen und Autoren überlassen, die damit umgehen können – Nothomb kann damit nicht umgehen wie sie eindrucksvoll bewiesen hat.


    Ist ein solches Szenario als Reality-Show der Zukunft denkbar? Sicher! Aber wenn man darüber schreibt, dann bestimmt nicht als ein perverses Machwerk für Voyeure. Ich staune zudem darüber, dass der von mir ansonsten sehr geschätzte Diogenes-Verlag ein solches Buch in seinem Verlagsprogramm hat.


    Der Schluss des Buches wirkt zudem wie eine Verhöhnung der Leser. Ein Happy End ohne Sinn und Verstand, so unwahrscheinlich wie eine Welt ohne Kriege. Als Leser dieses Buches fühle ich mich im wahrsten Sinne des Wortes verar......!


    Oder befinde ich mich vielleicht total auf dem Holzwege?


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  • Ich habe von Nothomb "Mit Staunen und Zittern" gelesen und hatte auch da den Eindruck, daß sie zwar interessante Ideen hat, aber diese einfach nicht umsetzen kann. Viele Stellen in diesem Buch waren unglaublich absurd und prädestiniert, um darüber zu lachen, aber es ist nichts passiert. Nun gut, das kann man vielleicht noch auf den Übersetzer schieben, aber ich habe trotzdem entschieden, nichts mehr von ihr zu lesen und wenn ich diese Rezi lese, war das wohl keine falsche Entscheidung.

  • Hallo Nichtraucher,


    ehrlich gesagt habe ich mich einen kurzen Moment sogar gefreut, als ich gesehen habe, dass jemand dieses Buch ebenfalls gelesen hat.
    Da ich nach der Lektüre dieser "Satrire" keine Rezension schreiben mochte, noch inzwischen eine schreiben würde, könnte ich meinen Eindruck ganz kurz zusammenfassen: Reality-Show ist das einzige Buch, das ich jemals weggeworfen habe.



    Das was sie abliefert ist eine peinliche und absolut miese Nummer!
    Hat sie sich eigentlich mal Gedanken gemacht, wie sich die Menschen fühlen, die wirklich in einem Konzentrationslager unvorstellbare Qualen erlitten haben? Wie müssen sich diese Menschen fühlen, wenn der Gegenstand ihres Leides nun Gegenstand einer „Satire“ wurde, die an Dümmlichkeit kaum zu überbieten ist.


    Besser kann man es wohl nicht ausdrücken! Ich finde, es ist ein unmögliches Buch, welches ich von dieser Autorin so allerdings auch nicht erwartet hätte. Um bei meinem exakten Leseeindruck zu bleiben, ich habe mich geschämt. Wie kann man so eine "Satire" auf BigBrother, Ekelcamps & Konsorten schreiben? Sicherlich darf man diese Medienentwicklung kritisieren, sicherlich darf man sie auch mit Satire darstellen oder ihre mögliche (drastische) Entwicklung in der Zukunft überspitzt auf´s Korn nehmen. Aber dies geht zu weit! Ich möchte nicht wissen, was Menschen fühlen könnten, die den Holocaust erlebt haben und dieses Werk von Nothomb in die Finger bekommen...


    Zitat

    Da wollte jemand eine „Anti-Utopie schreiben, der Logik unserer Zeit folgen“ wie es Beigbeder offenbar in einem Zustand der totalen geistigen Inkontinenz ausdrückte. Das was Nothomb hier abliefert ist unausgegoren, und man könnte ihr allenfalls zugute halten, dass es ein unbedachter Schnellschuss einer durchgeknallten Vielschreiberin war.


    Nur so lässt es sich erklären, was Nothomb da gründlich in die Hose gegangen ist.


    Zitat

    Ich staune zudem darüber, dass der von mir ansonsten sehr geschätzte Diogenes-Verlag ein solches Buch in seinem Verlagsprogramm hat.


    Aus meiner Zeit im Buchhandel kenne ich jemanden, der für Diogenes arbeitet, mit dem ich auch über dieses Buch gesprochen habe. Nothomb ist eben bei Diogenes, mit all ihren Werken - sicherlich war dieses Buch aber nicht unumstritten.
    Von der Idee einer "Anti-Utopie", wie Du es beschreibst, Nichtraucher, kann man sich schnell begeistern lassen, die Umsetzung allerdings hätte deutlich hinterfragt werden müssen.
    (Zugegebenermaßen ist mein Grundvertrauen in Diogenes-Bücher seitdem auch erschüttert.)


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Ich bin überrascht wie negativ hier über dieses Buch geschrieben wird! Ich habe es mit Neugier in die Hand genommen (das erste Buch von Nothomb, das ich gelesen habe) und war natürlich skeptisch wie man dieses Thema in Worte und in ein doch recht kurzes Buch fassen kann. Doch finde ich, ist der Autorin dieses wundervoll gelungen. Ich war gefesselt von der Beziehung der zwei Hauptpersonen und von der Klarheit mit der die Autorin die Medienwelt bloßstellt. Und gerade das surreale Ende macht dem Leser doch klar, dass es in der Realität nicht zu einem solchen Abbruch eines derartigen Experimentes kommen würde!
    Auf jeden Fall lese ich gerade weitere Bücher der Autorin und muss sagen, dass mir bis jetzt alle ausnehmend gut gefallen und ich von der Phantasie und Vielfalt dieser Frau beeindruckt bin. Ich möchte jedem empfehlen es nicht bei einem Buch dieser Autorin zu belassen, auch wenn einem ein enzelnes vielleicht nicht gefällt, da sie über eine enorme Wandlungsfähigkeit verfügt.

  • Noch ein kleiner Nachtrag zu dem vorherigen Artikel: Sie sagten, lieber Nichtraucher:

    Zitat

    Ist ein solches Szenario als Reality-Show der Zukunft denkbar? Sicher!

    Doch diejenige die hier an den Pranger gestellt ist, ist nicht die, die so etwas möglich macht, sondern die die diese Möglichkeit aufzeigt. Ich finde diese Herangehensweise doch recht merkwürdig, muss ich sagen. Das noch dazu ich habe nämlich den ganzen Vormittag darüber nachgegrübelt, ach und noch etwas:

    Zitat

    Hat sie sich eigentlich mal Gedanken gemacht, wie sich die Menschen fühlen, die wirklich in einem Konzentrationslager unvorstellbare Qualen erlitten haben? Wie müssen sich diese Menschen fühlen, wenn der Gegenstand ihres Leides nun Gegenstand einer „Satire“ wurde, die an Dümmlichkeit kaum zu überbieten ist.


    Das zeigt mir, dass Sie das Buch offensichtlich nicht verstanden haben, denn nicht das Leiden oder die Qualen in den Konzentrationslagern werden satirisch dargestellt, sondern die Medien und die Konsumierer derselbigen, und wenn dazu ein zugegebenermaßen gewagter Vergleich gezogen wird, zeigt das nur in aller Dramatik wie weit Menschenvermarktung gehen kann, wie sie ja schon ganz treffend in ihrem Eingangsartikel geschrieben haben. Also versteh ich eigentlich nicht ganz was Sie Amélie Nothomb vorwerfen, außer dass Ihnen vielleicht der Stil des Buches nicht gefallen hat.

  • Hallo!


    Ich hole dieses Thema mal wieder raus, weil ich selbst gerade dieses Buch gelesen habe und schwer enttäuscht bin. :grmpf:


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    Von Amélie Nothomb kannte ich bisher nur "Stupeur et Tremblements" (Mit Staunen und Zittern), was mir aber sehr gefallen hat. Als ich in Frankreich auf dieses Buch hier stieß, das stolz den Sticker prix des lecteurs 2007 des Verlages livres de poches trug, dachte ich, das nehme ich mit.


    Als ich gestern zu lesen begann, war ich schon erstaunt, wie knapp die Geschichte erzählt wird. In zwei kurzen Seiten wird erklärt, dass die neue Reality Show "Concentration" beginnt und dass unter anderem Pannonique, eine unschuldige Bürgerin auf einem Spaziergang, plötzlich verhaftet und in eben dieses Konzentrationslager verschleppt wird. Nun hatte ich mir zumindest einen kleinen Einblick in das "Leben", oder sollte man sagen, Überleben in einem solchen Camp erwartet. Natürlich kennt jeder die Bilder aus dem Geschichteunterricht, aus Filmen und anderen Büchern, aber wenn Frau Nothomb erwartet, dass ich als Leser entsetzt und empört darüber bin, dass Menschen in solchen Umständen gefilmt werden, dann muss sie auch zumindest ganz kurz diese Umstände beschreiben.
    So wie sich das Buch liest, fühlt man sich eher, als würden die Gefangenen zwar geschlagen und mit Hunger und Durst gequält, aber dann sitzen die doch auch alle wieder mal nett beisammen und unterhalten sich über Gott und die Welt - und das alles fast sorglos. Tut mir Leid, aber sowas finde ich einfach schrecklich und einfach nicht überzeugend. Auch, wenn das ganze als Satire gedacht ist.


    Darüber hinaus bleiben alle Charaktere schrecklich blass und dazu uninteressant. Von mir aus hätte Pannonique schon auf Seite 10 abkratzen können, nur dann hätte die Autorin gar nichts mehr zu berichten gehabt von ihrer überirdischen Schönheit. Zdena, eine der Aufseherinnen, und ihre Bezihung zu Pannonique hätte vielleicht noch Potential gehabt, welches aber von der Autorin nicht ausgenutzt wurde. Alle anderen Charaktere, ob sie nun Nummern oder Namen haben, waren mir derart egal, dass ich mich wiederum frage, wie eine Autorin es fertig bringt, über ein Konzentrationslager zu schreiben und einen derart nüchternen Emotionszustand bei mir zu hinterlassen. :hm:


    Für mich ein völlig überflüssiges Buch, das am Thema - nämlich den erschreckenden Trend, den Reality Shows gehen - voll vorbeiprescht und sich in teiweilse grauenvoll kitschigen Stellen und teilweise lächerlichen Verlgeichen mit Gott verrennt. Nein danke. :rollen:

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

    Einmal editiert, zuletzt von Wendy ()

  • Hm, ich kann mich jetzt auch nicht groß über die Geschichte empören. Gut war sie aber trotzdem nicht. Das Buch hat mich trotz seiner Thematik weder berührt noch irgendeinen besonderen Eindruck hinterlassen. Ich schließe mich da Wendy an: überflüssig. Bücher, die die Welt nicht braucht...


    Ich hab noch zwei andere Bücher von Nothomb gelesen. Mit Staunen und Zittern war das erste davon und hat mir ziemlich gut gefallen. Und das zweite war Attentat was ich nur seltsam und widerlich fand. Nach zwei Enttäuschungen wird Reality-Show nun auch das letzte Buch von Amélie Nothomb für mich gewesen sein. Ich widme mich lieber anderen Autoren...


    LG, Polkadot

    Liest:<br />Matt Ruff - Bad Monkeys

  • Hey


    Heute kommt (wie versprochen) meine Meinung zu Reality-Show von Amelie Nothomb.


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    Inhalt: siehe oben



    Meinung:
    Die Autorin hat meine Hochachtung, da sie es geschafft hat, auf 170 Seiten ein Werk zu schaffen, dass spannend, fesselnd und bewegend ist.
    Auf den ersten Blick dachte ich, das Hauptthema wäre diese Reality-Show, die ein Konzentrationslager aus dem 2. Weltkrieg nachstellt.
    Aber bald kam ich darauf, dass das Hauptthema auf jeden Fall die Beziehung zwischen dem Opfer Pannonica und der Wärterin Zdena ist. Zdena bekommt eine Stelle als Kapo in der Show und kommt schnell darauf, dass sie praktisch machen kann was sie will, denn sie hat hier die Oberhand. So etwas gab es nicht nur damals im 2. Weltkrieg, sondern heute noch. Macht korrumpiert, und macht machtgierig. J
    eder hat Respekt (oder sagen wir besser: Respekt aus ANGST) vor Zdena, bis auf eine Person.
    Der Häfting Pannonica hat genauso Angst und leidet wie jeder andere, aber sie lässt sich das nicht anmerken und steht ihren "Mann", sie lässt sich nicht so schikanieren wie die anderen. Und das beeindruckt Zdena, die in ihrem Leben immer so sein wollte wie Pannonica, die alle Blicke auf sich zieht, wunderschön, gescheit und lieb ist.
    Zdena hat von nun an nur mehr den einen Wunsch, die Liebe von Pannonica zu gewinnen, und beginnt ihr Schokolade zu geben, da sie denkt, das die Besiegung des Hungers automatisch zu Liebe führt. Als sie jedoch merkt das dem nicht so ist, wird sie wütend. Die Situation spitzt sich zu, da die ohnehin schon hohen Einschaltquoten des TV-Senders nicht mehr höher werden und die Sender-Bosse beschließen, die Zuschauer zu Herrschern über Leben und Tod zu machen um sie Einschaltquoten noch höher zu treiben.
    Pannonica erkennt, dass das ihre Chance zur Freiheit ist und setzt alles auf eine Karte. Sie fordert die Zuschauer auf, sie zu wählen und sie fordert Zdena auf, sie und die anderen Gefangenen endlich zu retten.
    Zdena erkennt das sie die ganze Zeit falsch gehandelt hat und in letzter Sekunde gewinnt das gute an ihr die Oberhand. Leider tut sie das alles nur weil sie denkt noch immer die Liebe von Pannonica gewinnen zu können, diese sagt ihr aber nur ihre Zuneigung zu.


    Das Buch hat mich so beeindruckt, da die Autorin nichts beschönigt. Die heutige Welt ist grausam, viele Menschen denken nur an sich, an den eigenen Vorteil und an Geld und Macht (wie eben die Bosse dieses TV-Senders). Trotzdem geht das Buch gut aus, was mir doch noch Hoffnung lässt, das vl nicht alle Menschen abgrundtief böse sind.
    Außerdem musste ich mich die ganze Zeit fragen, WAS WÄRE WENN, wenn es diese Show wirklich geben würde? Würde ich aus tiefster Überzeugung nicht einschalten (so wie ich es jetzt vorhätte) oder würde ich irgendwann wie alle Menschen charakterlich einknicken und zuschauen?
    Ein Buch, das mich so zum nachdenken bringt, ist es auf jeden Fall wert, gelesen und weiterempfohlen zu werden.


    Ich hoffe ich konnte euch mit meiner Rezi helfen


    Glg Sabine

  • elsabina: Danke für die Rezi. :bussi:



    Außerdem musste ich mich die ganze Zeit fragen, WAS WÄRE WENN, wenn es diese Show wirklich geben würde? Würde ich aus tiefster Überzeugung nicht einschalten (so wie ich es jetzt vorhätte) oder würde ich irgendwann wie alle Menschen charakterlich einknicken und zuschauen?
    Ein Buch, das mich so zum nachdenken bringt, ist es auf jeden Fall wert, gelesen und weiterempfohlen zu werden.


    Das ist wahr, diese Gedanken gingen mir beim Lesen auch ständig durch den Kopf. Allerdings ist das mMn nicht der Verdienst der Autorin, sondern einfach eine logische Frage, die man sich stellen muss, wenn man über so ein Thema liest und die Handlung dieses Buches mit der Realität vergleicht. Ich kann dir aber immerhin so weit zustimmen, dass die Beziehung zwischen Zdena und Pannonica das interessanteste an diesem Buch ist. Mich hat ja leider auch das nicht überzeugt, aber Amélie Nothomb kriegt trotzdem noch eine Chance. Kennst du schon ihr Mit Staunen und Zittern?


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog


  • Nicht verzweifeln. Die Autorin ist wirklich toll. Dieses Buch war für mich leider ein Riesenflop, aber vielleicht gefällt es dir ja trotzdem. Ansonsten - nicht das Handtuch werfen, sondern der guten Frau noch eine Chance geben. :zwinker:


    Ich verschiebe meine Antwort mal hierher. :winken:


    Das Buch habe ich gerade beendet und stehe ein wenig zwiespältig da. Ich hätte mir auch eine umfangreichere Einführung zu "Konzentration" an sich, aber auch zu den Charakteren gewünscht - denn die handelnden Personen blieben blass, in meinem Kopf waren sie lediglich Nummern geblieben. Ein genaueres Bild sowie eine nähere Beziehung zu ihnen war somit nicht möglich.
    Die Lösung des Konfliktes war insofern auch unbefriedigend und in einer gewissen Weise ziemlich unlogisch.
    Der Vergleich zum Konzentrationslager war für mich persönlich kein zu großes Problem. Sicher, es ist gewagt, es kann leicht missverständlich gewertet werden und die damaligen Vorkommnisse verherrlichen. Aber wir haben es immer noch mit Literatur zu tun, die sich in einem gewissen Rahmen Freiheiten herausnehmen kann.
    Der Schreibstil von Nothomb hat mir in seiner Kargkeit recht gut gefallen. Weiß jemand, ob sie in ihren anderen Büchern auch in dieser Art geschreiben hat, oder ob dies nur bei Reality-Show der Fall war?



    Liebe Grüße,
    Grotesque

    &quot;Eine Welt ohne Magie ist unmöglich. Magie ist das, woran die Menschen glauben, und an irgendetwas werden sie immer glauben.&quot;


  • Der Schreibstil von Nothomb hat mir in seiner Kargkeit recht gut gefallen. Weiß jemand, ob sie in ihren anderen Büchern auch in dieser Art geschreiben hat, oder ob dies nur bei Reality-Show der Fall war?


    Huhu!


    So schreibt sie immer. Nur besser. :zwinker:
    Und wenn sie mal etwas ausschweifender wird, macht sie sich gleich darauf über sich selbst lustig. :breitgrins:

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Ich hab das Buch auf Französisch gelesen und es ist sicherlich nicht ihr Bestes, aber ich fand es dennoch interessant und wie immer gut geschrieben. Die Frage ob ich mir das anschauen würde wenn es das wirklich gäbe habe ich mir auch gestellt, fand aber keine so rechte Antwort da ich es nicht beurteilen kann.
    Die Charaktere fand ich ein bisschen einfach, auf der einen Seite die liebe, zarte Pannonica und auf der anderen die grobschlächtige Zdena, ich finde das hätte Nothomb noch stärker ausbauen können. Aber alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen. :smile:

    &quot;Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.&quot; - Walter Moers - Die Stadt der Träumenden Bücher

  • Rezensions-Archivierung von 2008:


    Ich mag Bücher, die versuchen geltende Wertvorstellungen, Sitten und Gebräuche sowie gängige Tabus zu sprengen bzw. aufzubrechen. Gerade darin bemisst sich für mich der Wert von Literatur: Gängige Probleme bzw. gängige Diskussionsthemata, auf die man im Alltag trifft, anzusprechen, sie zu pervertieren, sie zu ironisieren, um so beim Leser einen Denkprozess hervorzurufen.


    Das Konzept von "Reality-Show" gefiel mir, ist es doch eine Tatsache, dass in Zeiten von Big Brother, wo Menschen sich beim Urinieren, Vögeln (Entschuldigt den Ausdruck) und Tratschen zuschauen, die Hemmschwelle, ein Tabu betreffend, gesunken sind. Jeder hat, zumindest bei der ersten Staffel dieses Formates darüber diskutiert: "Wer fliegt raus? Wer kommt wem zusammen?" ohne darüber zu diskutieren, was für Folgen es hat, wenn Menschen 24-Stunden lang beobachtet werden und sich dann in ein "reales" Leben verabschieden, in dem jeder sie jetzt kennt, jeder die Vorlieben kennt und jeder weiß, wann und wo sich die Person einen Pickel ausdrückt (Ich überspitze es).
    Nur, glaube ich, hat sich die Autorin, von der ich bisher nichts gelesen habe, mit ihrer Idee etwas übernommen; ihre Satire, was es eigentlich werden sollte, rutscht ab und an so ins Lachhafte, Lächerliche ab, dass man nicht mehr über den Inhalt weiter nachdenkt.


    Man stelle sich das vor: Ein Fernsehprodukt ist die Show "Konzentration", bei der ahnungslose Menschen von den Straßen geholt in ein KZ gebracht werden, wo nach den selben Bedingungen, wie vor 60/70 Jahren gelebt, geprügelt, gedemütigt, getötet wird. Mit einem Unterschied: Täglich laufen bis zu über 20 Kameras mit und dokumentieren peinlich genau jedes Tabu, jede Vergewaltigung, jede Misshandlung. Und das Publikum schaut zu, die Quoten erfreuen sich einer Höhe, wie sie zuvor unbekannt war und immer wieder lassen sich die Fernsehmacher etwas Neues einfallen; bis ihnen die Idee kommt das Publikum entscheiden zu lassen, wer sterben soll.


    Die Handlung ist gut und schön; auch der Schreibstil ist gut entwickelt, flüssig zu lesen und dialoglastig, was in den Fall sehr passend ist. Aber was die Autorin mit ihren Figuren und deren Botschaften fabriziert hat, ist geradezu fahrlässig. Zwei Stereotypen. Einmal weiß: Pannonica, die natürlich seelengute, intelligente, reine Persönlichkeit, die sich gegen die schwarze Persönlichkeit des Kapo Zdena durchsetzen muss. Zwei Frauen, zwei Seiten einer Medaille. Die eine ist hineingeraten und macht das Publikum verantwortlich und will nur leben; die andere will begehrt und geliebt werden.
    Wie schön ist es, dass es so nach Stereotypen funktioniert. Wie schön ist es, dass das Böse immer Schwarz und das Gute immer weiß sein müssen. Und dementsprechend entlädt sich auch die Handlung, die Pointe ist kurz, das Happy End wirkt unpassend (Wenn auch gut interpretierbar als passendes Ende: Das ganze Leben ist eine Show à la Hollywood, und die meisten Hollywood-Streifen enden nun einmal glücklich... ;=)) und irgendwie ist man mit der ganzen Geschichte unzufrieden.


    Fazit: Idee gut, Umsetzung ging reichlich daneben. Dabei ist der Schreibstil eigentlich angenehm; es war nicht das letzte Buch der Autorin für mich, aber als Einstieg war dies einfach nicht das Nonplusultra.

  • Ich fand das Buch gar nicht so schlecht. Klar, ich habe schon deutlich Besseres von der Autorin gelesen, aber eben auch schon Schlechteres. Leider kann ich mich gar nicht mehr so detailliert äußern, die Lektüre ist nämlich schon etwas her.


    Interessant und aktuell ist auf jeden Fall das Thema. Wie weit kann eine Reality-Show gehen? Wie stark ist die Sensationslust der Zuschauer? Denn angeblich schaut ja keiner diese Sendung, die Quoten sagen aber etwas anderes. Wer kennt das nicht? Und das so eine Show irgendwann auch möglich ist, halte ich für gar nicht soo abwegig. Obwohl ich mir tatsächlich bis heute nicht ganz sicher bin, wie diese Show denn aufgezogen war. Wurden die Leute wirklich einfach von der Straße weg entführt? Und wurden die Auserwählten wirklich vergast? Das kommt ja nie so wirklich heraus und gerade solche Aussparungen bringen mich zum Nachdenken.


    Die Charaktere fand ich auch ganz interessant. Wie in einer guten Show gibt es eine Liebesbeziehung, einen Unsympath und eine strahlende Heldin. Auch das Happy End finde ich konsequent, schließlich will man sich als Zuschauer/Leser am Ende wohl fühlen. Die Autorin kratzt nur an der Oberfläche, die Charaktere gehen nicht besonders in die Tiefe. Trotzdem entstehen beim Leser sofort Zuneigung und Abneigung, je nachdem, wie die Autorin einen lenkt. Erinnert mich irgendwie an die Teilnehmer so mancher Show, über die ich eigentlich gar nichts weiß, die ich aber trotzdem sehr schnell in bestimmte Raster stecke. Ja nachdem, was das Fernsehen mir über diese Personen erzählt.


    Ein bisschen zu dünn war mir das Buch aber letztendlich doch. Außerdem fand ich die Tatsache, dass so gar niemand von außen eingreift oder dagegen vorgeht, etwas weit hergeholt. Vielleicht glaube ich da zu sehr an die Vernunft im Menschen, aber ich denke, dass es durchaus Gegner geben würde (nicht nur welche, die nur nach außen hin so tun). Stellt sich nur die Frage: Wäre man selbst dabei?


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Edit: Mir fällt gerade noch ein, dass ich mit dem Schreibstil diesmal nicht so zurecht kam. Ein wirklicher Lesefluss kam nicht auf, ich kann aber leider gar nicht mehr festmachen, woran das lag.

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

    Einmal editiert, zuletzt von mondy ()

  • "Reality Show" war mein erstes Buch von Nothomb und es hat mir wirklich sehr gut gefallen, sodass ich auch andere Titel der Autorin gelesen habe. "Quecksilber" ist auch ein wirklich guter Titel von ihr.



    Ein bisschen zu dünn war mir das Buch aber letztendlich doch. Außerdem fand ich die Tatsache, dass so gar niemand von außen eingreift oder dagegen vorgeht, etwas weit hergeholt.


    Das fragte ich mich jedoch auch. Vielleicht war es für Nothomb einfach nicht relevant genug? :gruebel:

    //Grösser ist doof//

  • Mir hat von der Autorin bisher am besten "Mit Staunen und Zittern" gefallen ... ein total verrücktes Buch. Bis auf "Liebessabotage" fand ich eigentlich alles gut, ich mag einfach diese herrlich überspitzten Darstellungen. "Quecksilber" fiel da irgendwie raus, das ist ja schon fast ein Krimi, den sie da schreibt.

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • "Mit Staunen und Zittern" kenne ich gar nicht. Ich werde es mir bestimmt einmal genauer ansehen. Nothombs Art fasziniert mich wahnsinnig und ich möchte gerne noch weitere Titel von ihr lesen :winken:

    //Grösser ist doof//


  • Mir hat von der Autorin bisher am besten "Mit Staunen und Zittern" gefallen ... ein total verrücktes Buch. Bis auf "Liebessabotage" fand ich eigentlich alles gut, ich mag einfach diese herrlich überspitzten Darstellungen. "Quecksilber" fiel da irgendwie raus, das ist ja schon fast ein Krimi, den sie da schreibt.


    "Mit Staunen und Zittern" hat mir auch am besten gefallen. "Quecksilber" war aber auch sehr faszinierend und erstaunlich spannend. Das mit dem Mann auf dem Flughafen war auch extrem spannend, aber da fällt mir jetzt grade der deutsche Titel nicht ein (Cosmetique de l'ennemi). Das hab ich in einem Rutsch durchgelesen und fast aufs Atmen vergessen. :zwinker:
    "Reality Show" ist - nachdem ich mich langsam durch alle Nothomb-Bücher lese, immer noch das mit Abstand schlechteste, was ich je von ihr in Händen gehalten habe. Mit so einer Idee muss man auch umgehen können. Amelie Nothomb, mit ihren extrem kurzen Büchern - für mich sind das Kurzgeschichten! - hat auf 150 Seiten gar nicht genug Zeit um das aufzubauen, was man für ein Nazi-Camp Reality TV Buch braucht.

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