John Boyne - Der Junge im gestreiften Pyjama

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    John Boyne, Der Junge im gestreiften Pyjama
    (Fischer Verlag, Juli 2007)
    ISBN 978-3-596-852284
    266 Seiten; € 13.90 (HC)
    Originaltitel: The Boy in the Striped Pyjamas



    Zum Autor (vom Klappentext):


    John Boyne wurde 1971 in Dublin, Irland, geboren, wo er auch heute lebt, und studierte Englische Literatur und Kreatives Schreiben in Dublin und Norwich. Er hatte schon zahlreiche Kurzgeschichten sowie drei Romane veröffentlicht, als ihm mit Der Junge im gestreiften Pyjama der internationale Durchbruch gelang. Der Roman wurde in über 25 Sprachen übersetzt und weltweit zu einem großen Erfolg. Eine Verfilmung ist in Vorbereitung.
    John Boyne erhielt bislang bereits mehrere Preise für dieses Buch.


    Zum Buch (Klappentext):


    "Die Geschichte von Der Junge im gestreiften Pyjama ist schwer zu beschreiben. Normalerweise geben wir an dieser Stelle ein paar Hinweise auf den Inhalt, aber bei diesem Buch - so glauben wir - ist es besser, wenn man vorher nicht weiß, worum es geht.
    Wer zu lesen beginnt, begibt sich auf die Reise mit einem neunjährigen Jungen namens Bruno. (Und doch ist es kein Buch für Neunjährige.) Früher oder später kommt er mit Bruno an einen Zaun.
    Zäune wie dieser existieren auf der ganzen Welt."


    Eine kurze Ergänzung meinerseits: wer das Buch gerne lesen möchte, sollte bei Inhaltsbeschreibungen (vor allem bei amazon und Konsorten) vorsichtig sein, denn hier wird sehr viel bis alles verraten!
    Nur soviel: Bruno wurde 1934 in Berlin geboren und versteht nicht, warum er so plötzlich wegen der Arbeit des Vaters in dieses häßliche "Aus-Wisch" ziehen und dort für die absehbare Zukunft bleiben soll...



    Meine Meinung:


    Das Buch wurde bei Fischer Schatzinsel verlegt - eigentlich ein Zeichen, dass es sich hierbei um ein Kinder- oder Jugendbuch handelt. Doch ähnlich wie auch Das Tagebuch der Anne Frank ist es kein wirkliches Kinderbuch, zumindest nicht ausschließlich. Empfehlen würde ich es erst ab 12 Jahren und vor allen Dingen eben auch Erwachsenen.
    Bruno, der kleine Held des Romans, erzählt die Geschichte - nicht Ich-Form, dennoch aus seiner Perspektive und in einer relativ einfachen, kindlichen Sprache bei der viel Gefühl mitschwingt. Viele Entscheidungen seiner Eltern - oder vielmehr seines Vaters - kann er nicht nachvollziehen und spätestens als er einsam in seinem neuen Zuhause sitzt, stellt er mutig die ein oder andere Frage...
    Geradezu rührend ist seine menschliche Sicht der Dinge, sein Unverständnis über Zäune und Pyjamas. Dennoch ist er ein Kind und man darf nicht alles von ihm erhoffen oder gar erwarten.
    Dieses Buch hat es definitiv verdient, bei den echten Klassikern dieser Art von "Geschichten" zu stehen - es ist ein zutiefst menschliches und bewegendes Buch, das mich - so glaube ich - lange nicht mehr loslassen wird.


    Fazit: Unbedingt lesen - keine der 266 Seiten lassen einen kalt.


    5ratten

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Mich hat die Rezi auch sofort angesprochen, danke dafür, dubh! :bussi:


    Wieder eines mehr auf dem Wunschzettel... :zwinker:


    Viele liebe Grüße :winken:
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Kann man das so schreiben?


    Wie schon im Klappentext beschrieben: Am besten ist es, man liest dieses Buch, ohne dass man weiß worüber es handelt! Und da ein Buch eh aus Karton und Papier zusammengesetzt ist, es scharfe Ecken und Kanten besitzt, wird es dem Leser beim Versuch des Verzehrs sowieso im Hals stecken bleiben! Ein Erlebnis, welches ich dem geneigten Leser nicht vorenthalten möchte.


    Die Schrecken des II. Weltkriegs auf einem Silbertablett geliefert zu bekommen (verhält es sich hier so?), und das aus der Sicht eines neunjährigen Jungen, der absolut ahnungslos ist was um ihn herum vorgeht, diese Naivität, ist gleichsetzen mit der Aussage: Davon habe ich nichts gewusst! Ein Buch, das den Anschein macht, es sei ein Kinderbuch, dessen Thematik aber niemals ein Kinderbuch sein kann, wie geht man damit um?
    Es ist makaber und zynisch! Darf es das? Kann man das so schreiben?


    Es kommt auch auf die Sicht an, ob von außen, wie in diesem Fall von John Boyne, ist es bestimmt noch eine andere Perspektive, als aus der deutschen Sicht. Mit den Blickwinkel meiner Vergangenheit ist es nur schwer zu verdauen, all die kleinen satirischen Einschübe bleiben im Hals stecken! Schon während der Lektüre ließ mich diese Frage nicht ruhen, ob man diese Thematik so verpacken darf und kann? Das Buch sticht, wie kleine spitze Nadeln, die man fortwährend in die Haut gepiekst bekommt, und der Schmerz fast unerträglich wird. So liest es aus der deutschen Perspektive heraus! Und es darf es! Es soll es sogar!
    Ja, man kann diese Schrecken so beschreiben! Denn wie anders soll man jungen Menschen diesen Wahnsinn beschreiben?


    Ich kann dieses Buch nur empfehlen, es sollte jeder gelesen haben!


    4ratten

  • Gerade habe ich dieses Buch beendet, ein Gänsehautgefühl blieb zurück und auch gedanklich kann ich mich momentan noch nicht so ganz von diesem Buch lösen.


    Als erstes fiel mir der ungewöhnliche Klappentext auf, der ausnahmsweise gar nichts verrät, sondern explizit darauf hinweist, dass es für den Leser besser ist, wenn er nichts vorher weiß. :daumen:


    Unter dem Titel stand "Fabel". Hmmm. Ich erwartete ja einen Roman und mit der entsprechenden Verwunderung und Neugier begann ich das Lesen. Über den Inhalt will ich hier auch nichts weiter schreiben, nur über die Wirkung. Das Buch las sich schnell und flüssig und nur ungern unterbrach ich. Schnell stellte ich auch fest, es ist wirklich eine Art Fabel.


    Der Stil von John Boynes Buch ist geprägt durch Vergleiche, Auslassungen, Andeutungen und durch die große Naivität des Protagonisten. Vieles bleibt unausgesprochen, doch der Leser weiß, es ist das Grauen für das es keiner Worte bedarf. Gerade das war es, was mich in den Bann dieses Buches zog. Viele Romane über das 3. Reich habe ich bereits gelesen. Aber meistens zeichneten die sich durch detailgetreue Schilderungen von Gräuelteten und den Zuständen in Konzentrationslagern aus. "Der Junge im gestreiften Pyjama" ist wegen des bewussten "Wegblendens" nicht weniger intensiv. Denn die eigene Phantasie beginnt dann aktiv zu werden, wenn der Autor aufhört zu beschreiben. Es muss den jugendlichen Lesern der Schrecken nicht detailliert präsentiert werden. Sicher werden die Jugendlichen dazu Fragen haben, dann sollten die Eltern, Großeltern oder auch die Lehrer entscheiden, in wie weit die Jugendlichen mit Einzelheiten konfrontiert werden können. Ich persönlich würde dieses Buch einem Schüler erst als Lektüre empfehlen, wenn der Geschichtsunterricht die notwendigen Grundlagen gelegt hat. Empfehlenswert ist es auf jeden Fall für Jung und Alt.

    Liebe Grüße<br />Karthause :schmetterling:<br /><br />Die Kunst zu lesen, in ein Buch hineinzufallen, darin zu versinken, kaum noch auftauchen zu können, ist ein Stück Lebenskunst. <br />Elke Heidenreich

  • Der Autor John Boyne wurde 1971 in Dublin, Irland, geboren. Dort lebt er auch heute noch. Er studierte Englische Literatur und Kreatives Schreiben in Dublin und in Norwich.


    Auf der Titelseite wird das Buch als „Eine Fabel“ klassifiziert. Laut Wikepedia versteht man unter einer Fabel folgendes:


    „Die Fabel bezeichnet eine in Vers oder Prosa verfasste kurze Erzählung mit belehrender Absicht, in der vor allem Tiere, aber auch Pflanzen und andere Dinge oder fabelhafte Mischwesen, menschliche Eigenschaften besitzen (Personifikation) und handeln (Bildebene).“


    Wenn dieses Buch eines sicher nicht ist, dann ist es eine Fabel.
    Es handelt von dem neunjährigen Bruno, der mit seiner Familie von Berlin nach „Aus-wisch“ umzieht, weil sein Vater dort seinen „Arbeitsplatz“ hat und der „Furor“ ihn dort haben wollte. Mir ist nicht ganz klar, warum der Autor hier nicht klar von „Auschwitz“ und dem „Führer“ gesprochen hat, als ein eventueller satirischer Seitenhieb wirkt es nur peinlich und völlig deplaziert. Denn es ist klar, dass sich dieses Buch mit der Verfolgung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger während der Zeit des Dritten Reichs beschäftigt.


    Brunos Vater erinnert an Rudolf Höss, den Kommandanten von Auschwitz. Ob der hier allerdings für die Figur des Vaters von Bruno Pate gestanden hat, kann ich nicht beantworten, will es auch gar nicht.


    Boyne schreibt nicht als Ich-Erzähler aus der Sicht eines Neunjährigen, er erzählt zwar über einen neunjährigen Jungen, und seine Erzählweise soll wohl dem Leser suggerieren, hier würde die Geschichte so geschildert, wie sie vielleicht ein neunjähriger Junge erzählen würde.


    Da ist aber eine ganze Menge in diesem Buch schief gelaufen. Die Naivität, die einem Neunjährigen durchaus zugestanden werden muss, wirkt hier nicht authentisch sondern lediglich aufgesetzt und oberflächlich. Die Person des Bruno erreicht nicht die Tiefe, die sie hätte haben müssen, um diese Geschichte zu einem wirklich tiefen, eindrucksvollen Leseerlebnis zu machen. Man merkt, das Boyne ein Nicht-Zeitzeuge ist, er verwendet viele Klischees und nimmt seiner Geschichte so eine Menge Luft, die sie zum Atmen dringend nötig gehabt hätte. Zudem verwickelt er sich vor einem ganz konkreten Hintergrund in eklatanten Fantastereien. Das was Boyne erzählt, hätte in dieser Form ganz einfach so nicht passieren können.


    Das Buch befasst sich mit einer Zeit, in der es für die betroffenen Menschen nicht einmal den Silberstreif am Horizont gab, Boyne streift dieses Grauen aber nur, vielleicht hat er Angst davor, wirklich konkret zu werden, vielleicht hat er Angst davor grausam zu sein, wo man ganz einfach grausam sein muss. Das Verschweigen, das Nichterwähnen von Dingen nutzt niemanden und schadet nur. Schonung da wo sie angebracht ist, hier war sie nicht angebracht.


    Zudem ist das Thema absolut nicht geeignet für irgendwelche satirischen Seitenhiebe. Die Menschen, die zu Tode gekommen sind, taugen nicht als Bestandteil für eine Satire, ihr Tod war real und ihr Lebenswille existent.


    John Boyne ist an diesem sehr sensiblen Thema gescheitert, ein Thema, dass ein paar Nummern zu groß für ihn war.


    Trotzdem ein sehr lesenswertes Buch, ein Buch das ohne Frage polarisiert und über das sicher noch so manche Diskussion geführt werden wird. Die euphorischen Bewertungen des GUARDIAN „Ein kleines Wunder von einem Buch“ und des WALL STREET JOURNALS „Tief bewegend und von karger Schönheit“ wirken eher peinlich als das sie zuträfen. Das Buch ist weder ein kleines Wunder noch ist es von karger Schönheit, es ist vielleicht sogar eher als „Rohrkrepierer“ einzustufen.


    Wie müssen sich jüdische Menschen fühlen wenn sie dieses Buch gelesen haben?

  • Hallo,


    als ich den Titel des Buches, vorallem die Worte "...im gestreiften Pyjama" las, dachte ich mir bereits, dass es sich eventuell um ein Kind im KZ handeln könnte, obwohl solche Bücher in der heutigen Zeit recht selten geworden sind.


    Und vielleicht sollte Nichtraucher in seiner Rezension bedenken, dass der Autor das Grauen vielleicht gar nicht vertiefen wollte, warum auch, die Fakten sind doch hinlänglich bekannt und wie furchtbar das Grauen tatsächlich war, kann wohl nur einer ermessen, der im KZ war.



    Ich habe mal vor vielen Jahren einen Bericht eines Zeitzeugen, der der Hölle entkommen war, gelesen und auch dieser hat das Grauen nur angedeutet, aber schon diese Andeutungen waren so entsetzlich, dass ich das Buch immer wieder weglegen und verschnaufen mußte.
    Selbst wenn ich heute noch daran denke, bekomme ich eine Gänsehaut.


    Für manches Grauen gibt es einfach keine Worte......


    Gruß


    gretchen

  • Ich habe mal vor vielen Jahren einen Bericht eines Zeitzeugen, der der Hölle entkommen war, gelesen und auch dieser hat das Grauen nur angedeutet, aber schon diese Andeutungen waren so entsetzlich, dass ich das Buch immer wieder weglegen und verschnaufen mußte.
    Selbst wenn ich heute noch daran denke, bekomme ich eine Gänsehaut.


    Ja, das verhält sich hier so! Jedesmal wenn ich „Aus-wisch“ las, wurde mir wieder übel, oder eben die Nadel schoss unter die Haut.


    Aber die letzte Frage von Nichtraucher bleibt wirklich im Raum stehen: Wie fühlen sich Juden bei dieser Lektüre???


  • Aber die letzte Frage von Nichtraucher bleibt wirklich im Raum stehen: Wie fühlen sich Juden bei dieser Lektüre???


    Ja, mag sein, dass diese Frage im Raum stehen bleibt. Und sie ist auch nicht uninteressant.
    Ich finde - für meinen Teil -, dass das Buch von John Boyne sehr naiv mit der Wahrnehmung des Jungen umgeht - eben weil es aus dessen Sicht geschrieben ist. Manchmal ist es fraglich, ob man als 9jähriger so naiv sein konnte - manchmal wird auch klar, dass bestimmte (Stil-)Elemente verwendet werden, um die Geschichte erzählen zu können, die aber natürlich völlig unrealistisch waren:


    Nichtsdestotrotz geht es um das, was die Geschichte im Grunde sagen will - und dies ist John Boyne meines Erachtens geglückt. Das Grauen ist zwischen den Zeilen fühlbar.



    Zur Frage ansich: ehrlich gesagt finde ich, dass diese Frage dann generell allen KZ-Überlebenden gestellt gehört.
    Und warum nicht mal nachfragen? Man könnte sich zum Beispiel an die VVN/VA wenden...



    Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Und vielleicht sollte Nichtraucher in seiner Rezension bedenken, dass der Autor das Grauen vielleicht gar nicht vertiefen wollte, warum auch, die Fakten sind doch hinlänglich bekannt und wie furchtbar das Grauen tatsächlich war, kann wohl nur einer ermessen, der im KZ war.


    Was der Autor wollte ist mir nicht bekannt und auch nach der Lektüre dieses Buches hat sich mir das Wollen des Autors nicht offenbart. Gerade das Grauen in einem KZ ist sicher nicht dafür geeignet, es in irgendeiner Form eben aus dieser Realität herauszunehmen. Da passt es eben nicht, wenn man es umschreibt, teilweise verniedlicht oder es sonstwie realitätsfern aufbereitet. Man relativiert durch eine solche Darstellung das Leiden unzähliger Menschen, die eben durch diese Hölle KZ gegangen sind.


    Worin läge denn der Sinn, das Grauen nicht so zu beschreiben wie es gewesen ist? Warum nicht die Leser mit der Realität konfrontieren? Warum, wie so oft bei diesem Thema, die Dinge verharmlosen? Es hat für mich den Anschein, als hätte der Autor über diese Zeit, insbesondere über die Verhältnisse im damaligen KZ Auschwitz, irgendwo mal irgendetwas gelesen; sehr intensiv hat er sich nach meinem Dafürhalten nicht mit dieser Zeit beschäftigt.


    Und was würde ein Jude zu diesem Buch sagen?
    Wahrscheinlich wäre er entsetzt darüber. Wahrscheinlich würde er das Buch kopfschüttelnd zuklappen, sowie ich entsetzt war und so wie ich es auch nur kopfschüttelnd beiseite gelegt habe.

  • Worin läge denn der Sinn, das Grauen nicht so zu beschreiben wie es gewesen ist? Warum nicht die Leser mit der Realität konfrontieren?


    Vielleicht weil das Grauen so grauenhaft war, dass es nicht zu beschreiben ist und von einem Nichtbetroffenen gar nicht ermessen werden kann ?


    Hallo Nichtraucher,


    im Nachhinein - wie immer - habe ich mir überlegt, ob meine Kritik nicht etwas zu herb war, vorallem da ich das Buch noch gar nicht gelesen habe, aber trotzdem bleibe ich bei meiner Meinung, dass man dieses Grauen nicht beschreiben kann und es auch gar nicht versuchen sollte, denn ich glaube, dass das im KZ erlittene Leid unvorstellbar war.


    Nicht umsonst gibt es viele Betroffene, die nie über diese Zeit sprechen konnten.


    Weiß man eigentlich etwas über die Beweggründe des Autors für dieses Buch ? Es wäre tatsächlich schade, wenn das Thema nur oberflächlich recherchiert wäre und das Leid so vieler Menschen nur zum Geldverdienen benutzt werden würde.


    Gruß


    gretchen

  • gretchen


    Als herb habe ich deine Kritik nicht empfunden. Ich fand deinen Beitrag sehr interessant und habe mich damit auch auseinandergesetzt. Unter "herber Kritik" verstehe ich etwas anderes, habe aber auch gegen härtere Kritik nichts einzuwenden, manchmal muss man halt etwas "herber" zu Werke gehen.


    Natürlich gibt es Menschen, die über die erlittene KZ-Zeit nicht reden möchten. Das hat man zu akzeptieren, ohne Wenn und Aber. Es gibt aber aber daneben viele Menschen, die ihre Erfahrungen aufgeschrieben haben, die die Dinge so schilderten wie sie waren.


    Ich denke da an Elie Wiesel, an Hermann Langbein, an Fenja Fenelon und an viele andere. Sie waren quasi ihre eigenen Chronisten, sie haben zum Teil fast sachlich kühl über ihre furchtbaren Erfahrungen berichtet, sie sind dann aber nicht zurückgeschreckt als es galt, das Grauen so zu beschreiben wie es war.

  • Ich habe dieses Buch (noch) nicht gelesen, bin jetzt aber sehr neugierig darauf geworden.


    Die Diskussion und die Thematik erinnert mich ein bisschen an den Film "Das Leben ist schön" von Robert Benigni. Kennt den Film jemand (der auch dieses Buch gelesen hat?). Kann man die Herangehensweise des Films an die Thematik ein wenig vergleichen mit diesem Buch? Das würde mich interessieren.

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • @ Hallo Nichtraucher,


    sebstverständlich gibt es neben den Schweigsamen auch diejenigen, die ihre Erlebnisse aufgeschrieben haben, um so das Ganze verarbeiten zu können.


    Jeder muß mit seinen schlimmen Erfahrungen individuell umgehen und die Berichte der Zeitzeugen sind natürlich sehr wertvolle Dokumentationen.


    Ich habe mir das Buch heute bestellt, um mir selbst ein Urteil bilden zu können, denn ungewöhnlich ist es schon, dass ein soooo junger Autor ( geboren 1971, wenn ich es recht weiß) über dieses spezielle Thema schreibt.


    @ Hallo creative, ich habe den Film von Bengini nicht gesehen, aber es geht wohl um dasselbe Thema und dies war auch mein Einwand, dass man dieses Grauen nur überleben konnte, wenn man der Realitiät nicht ins Auge sah, sondern sich naiv stellte.


    Im übrigen gibt es eine sehr gute Dokumentation von Lea Rosch und Eberhard Jäckel mit dem bezeichneten Titel "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland"


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    Liebe Grüße


    gretchen

  • creative
    "Das Leben ist schön" von Benigni ist einer meiner Lieblingsfilme. Wenn der gesendet wird, lasse ich alles stehen liegen, sogar mein Buch. "Der Jungen im gestreiften Pyjama" habe ich erst vor Kurzem gelesen. Ein Vergleich hinkt immer irgendwie und eigentlich fällt es mir nicht leicht beide zu vergleichen. Aber "Das Leben ist schön" ist für mich ein vollkommenes Werk. Das kommt Boynes Buch nicht heran. Durch die Naivität des Protagonisten werden viele tiefe Gedanken nur angerissen, nicht weitergedacht. Sicher ist es als Stilmittel erlaubt, den Leser seiner Interpretation zu überlassen. Aber bei Benigni bleiben diese Gedanken nicht offen.


    Creative verzeih mir, mein Urteil ist sehr subjektiv, aber der Film ging mir unter die Haut und das Buch hat mich mit einem flauen Gefühl zurückgelassen.

    Liebe Grüße<br />Karthause :schmetterling:<br /><br />Die Kunst zu lesen, in ein Buch hineinzufallen, darin zu versinken, kaum noch auftauchen zu können, ist ein Stück Lebenskunst. <br />Elke Heidenreich

  • Danke, Karthause :winken:


    Ich finde eben "Das Leben ist schön" mitsamt seiner Herangehensweise an die Thematik auch sehr beeindruckend, es ist ein Film, den ich immer wieder sehen könnte, der mich immer wieder zum Weinen bringt und vollkommen unter die Haut geht. Obwohl es ja auch eher eine "unorthodoxe" Behandlung der Thematik ist, deshalb hat mich diese Diskussion rund ums Buch an diesen Film erinnert.


    Aber ich werde raschestmöglich den Jungen im Pyjama lesen udn mir selber ein Urteil bilden!

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Ich habe das Buch heute früh beendet und kann mich hier denjenigen anschließen, die die Lektüre als lohnenswert beschrieben haben. Ich glaube nicht, dass John Boyne an dem Thema gescheitert ist, nur weil er es aus einer anderen Sichtweise darstellt, nämlich der Sichtweise des 9jährigen Bruno. Gerade der naive Schreibstil hat mir Gänsehaut verursacht, weil er eben nicht alles so genau beschrieben hat, weil er eben nie grausam wurde und ins Detail ging. Als erwachsener Deutscher weiß man um die Vergangenheit und ist sich der Grausamkeit der damaligen Zeit bewusst denke ich. (So unterschiedlich sind doch die Auffassungen dazu :winken:)
    Seit ich das Buch zugeschlagen habe, geistert mir die Frage im Kopf herum, wie wohl meine Großeltern mütterlicher und väterlicherseits diese Zeit wahrgenommen haben, in der sie etwa so alt waren, wie Bruno. Darüber reden wollen sie zumindest nicht.


    Als Fazit kann ich nur sagen, dass ich das Buch überaus lesenswert finde. (Leider kann man ansonsten nicht allzuviel über das Buch schreiben, weil man zu viel verraten würde, wie schon von einigen vor mir erwähnt).


    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

    Einmal editiert, zuletzt von Muertia ()

  • Ich habe Brunos Naivität als Beispiel dafür gesehen, wieviele Menschen damals weggesehen haben. Die Wahrheit nicht wahr haben wollten oder konnten. Entweder weil sie es wirklich nicht besser wussten (wie Bruno, auch wenn er für einen Neunjährigen sehr naiv dargestellt wird) oder nicht besser wissen wollten.


    Dass auf Brunos falscher Aussprache bestanden wurde, fand ich etwas merkwürdig. In dem Alter sollte man in der Lage sein, den Unterschied zu merken, er wird ja öfter darauf hingewiesen und berichtigt.


    Das die Geschichte so nicht hätte geschehen können, denke ich auch. Trotzdem hat sie mich sehr nachdenklich zurück gelassen. Wie wenig es braucht, um auf der falschen Seite zu landen, haben Bruno und auch sein Vater zu spüren bekommen.


    Allerdings frage ich mich, ob das Büch wirklich für 12-jährige geeignet ist. Wieviel weiß man in dem Alter von der Thematik? Versteht man mit 12 Jahren all das, was uns schaudern lässt, weil wir wissen was hinter der Geschichte steckt und oft nur angedeutet wird?


    Das Buch hat mich nicht von Anfang an gefesselt, aber das Ende fand ich beeindruckend und es hat mich noch ein paar Tage lang beschäftigt.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Zwischenzeitig habe ich dieses Buch auch gelesen.


    Für mich handelt es sich eindeutig um ein Jugendbuch. Dafür sprechen die Aufmachung, Schriftbild, Schreibstil. Aber es ist sicher nicht für 9-jährige gedacht, ich denke da auch eher an 14- /15-jährige.
    Hat es nicht auch einen Jugendbuch-Preis gewonnen?


    Es liest sich sehr, sehr flüssigl, die Erzählweise hat etwas "Beiläufiges". Gerade das gefällt mir und es ist für mich eindringlicher und beklemmender als irgendwelche Schilderungen von Greuel, die ohnedies nicht in Worte zu fassen sind.


    Warum sich der Autor Begriffen wie "Furor" und "Aus-Wisch" bedient, ist mir eigentlich auch unerklärlich. Als satirische Seitenhiebe sehe ich das aber nicht. Wie gesagt, ich habe eigentlich keine Erklärung dafür, ich finde diese Bezeichnungen überflüssig.


    Ich glaube aber trotzdem, dass der Autor einen guten Weg gewählt hat, Jugendlichen die Vorkommnisse im Dritten Reich näher zu bringen. Das Buch betrifft, beklemmt und bringt einem dazu, sich näher mit den Geschehnissen zu beschäftigen. Und genau das soll bei Jugendlichen erreicht werden.


    Ich habe schon den Eindruck, dass es realistisch/identisch geschrieben ist. Ein 9-jähriger Junge, mitten in der Maschinerie, abgeschirmt von den tatsächlichen Verhältnissen, keine Ahnung davon, was tatsächlich "abläuft", kann durchaus diese Gedanken, Schlussfolgerungen und Wahrnehmungen haben.


    Ich würde dieses Buch als verpflichtende Schullektüre empfehlen, aber jedenfalls begleitend im Geschichteunterricht.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

    Einmal editiert, zuletzt von creative ()