Tracy Chevalier - Das dunkelste Blau

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  • Tracy Chevalier - Das dunkelste Blau


    Als die junge Amerikanerin Ella ein Haus in Frankreich gefunden hat, scheint das die Erfüllung all ihrer Wünsche. Doch dann beginnen die Alpträume. Am Morgen erinnert sich Ella an nichts als ein leuchtendes Blau und den Klang von Stimmen, die einen Psalm in fremdartigem Französisch singen. Um sich abzulenken, vertieft sie sich in die Geschichte ihrer Vorfahren, die nach dem Grauen der Bartholomäusnacht aus Frankreich flohen. Und die Gestalt einer jungen Frau der damaligen Zeit läßt sie nicht mehr los - Isabelle du Moulin, genannt La Rousse wegen ihrer roten Haare und als Hexe verschrien...



    Ich wußte nicht ob ich dieses Buch in "Belletristik" oder "historische Romane" unterbringen sollte, denn eigendlich sind es zwei Geschichten in einem. Die eine erzählt von Ella in der Gegenwart, eine Amerikanerin die mit ihrem Mann Rick nach Frankreich zieht. Sie hat mit den Dorfbewohnern zu kämpfen die voller Vorurteile gegen sie sind. Und als sie sich immer einsamer und verlassener vorkommt, freundet sie sich mit dem Franzosen Jean-Paul an, der ihr bei ihren Nachforschunggen ihrer Vorfahren hilft. So gerät sie immer tiefer in das dunkle Geheimnis ihrer Familie Tournier und auch das Blau bekommt eine immer größere Rolle.
    Die andere Geschichte erzählt von Isabelle im 17 Jahrhundert. Die junge Hugenottin muß ihre Religion, ihre Heimat und ihre Arbeit als Hebamme aufgeben, als sie Etienne Tournier heiratet. In ihrer Heimat wurde sie als Hexe verschrien als ihr Haar sich auf wundersame Weise rot färbt. Auch geschehen seltsame Dinge die Isabelle immer geheimnisvoll erscheinen lassen. Etienne entpuppt sich als grausamer Ehemann und Isabelle hat bald nichts mehr zu lachen.
    Beide Geschichten verlaufen bald ineinander....


    Ich finde das Tracy Chevalier sich wieder einmal selbst übertroffen hat. Aber so gut wie ihr "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" ist es leider nicht. Das Buch ist wunderbar erzählt und obwohl die Geschichte in zwei verschiedene Zeiten hin und herspringt kommen nie Verwirrungen auf. Wer das Buch einmal angefangen hat, kann es so schnell nicht wieder aus der Hand legen.



    Es begann mit einem Flackern, einer Bewegung zwischen Dunkelheit und Licht. Es war nicht schwarz, es war nicht weiß; es war blau. Ich träumte blau.
    Es strömte wie vom Wind getrieben in Wellen zu mir hin und von mir weg. Es preßte sich in mich hinein, ein Druck eher wie von Wasser als von Stein. Ich hörts den leiernden Singsang einer Stimme. Dann sprach auch ich, Worte strömten aus mir heraus. Die andere Stimme begann zu weinen; dannach schluchzte ich. Ich weinte, bis es mir den Atem nahm. Der Druck des Blaus schloß mich ganz ein. Es ertönte ein dumpfer, hallender Schlag, wie das Geräusch einer schweren Tür, die ins Schloß fällt, und das Blau wurde durch ein Schwarz ersetzt, das so vollständig war, daß es niemals mit Licht in Berührung gekommen sein konnte. Ich starrte in dieses Nichts; als ich es nicht mehr aushielt, schloß ich die Augen.



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    4ratten

    Lesen ist die schönste Brücke zu meinen Wunschträumen.

  • Ich habe das Buch vor einem Jahr gelesen, kann mich aber noch sehr gut daran erinnern. Dieser Roman hat mich völlig in seinen Bann gezogen, obwohl ich mit dem Genre "Zeitreisen" sonst eher nicht so viel anfangen kann. Ich wollte einfach noch ein Buch von Tracy Chevalier lesen, nachdem mich Das Mädchen mit dem Perlenohrring so begeistert hatte.


    Das Ineinander-Übergehen der zwei Zeitebenen ist hier sehr gut gelungen, man fühlt sich als Leser zusammen mit Isabelle in die Existenz ihrer Vorfahrin hineingezogen und kann sehr gut ihre immer größere Verwirrung und Betroffenheit nachvollziehen. Man folgt ebenso gespannt ihren Recherchen wie auch ihren Träumen. Wie ein Faden zieht sich die blaue Farbe durch das Buch und wird dabei immer dunkler. Bis das Geheimnis aufgedeckt ist.


    Der Roman ist sehr gut recherchiert, was man über das Schicksal der Hugenotten erfährt, ist sehr interessant, und wenn man im Internet nach den Orten sucht, die im Roman vorkommen, dann findet man dort viele historische Details, die die Autorin in ihr Buch eingearbeitet hat.


    Ein Buch, das mich begeistert hat, ebenso wie Das Mädchen mit dem Perlenohrring, und doch ganz anders.


    5ratten

  • Auelie, wenn dir die beiden Bücher "das dunkelste blau" und "das Mädchen mit dem Perlenohrring" so gut gefallen haben, dann versuche es doch mal mit Chevaliers "der Kuss des Einhorns". Das wird dich glatt aus den Socken hauen, so gut ist das. :zwinker:

    Lesen ist die schönste Brücke zu meinen Wunschträumen.

  • "Das dunkelste Blau" ist jetzt auf meiner Geburtstagswunschliste gelandet, und ich hoffe, dass sich jemand erbarmt ;)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Der Kuss des Einhorns steht schon auf dem Regal bereit, ist auch bald dran. Bin schon so gespannt. Ich kann mir bei Tracy Chevalier gar nicht mehr vorstellen, dass mir das Buch nicht gefallen könnte. Der Klappentext hört sich für mich jedenfalls sehr gut an ...


    LG, Auelie

  • Die Amerikanerin Ella Turner ist mit ihrem Mann gerade nach Frankreich gezogen, weil dieser dort einige berufliche Aufträge hat, als sie zum ersten Mal einen merkwürdigen Traum hat. Hinterher kann sie sich nur noch an ein intensives, leuchtendes Blau, ein Gefühl von Angst und Bedrohung und einige französische Wörter erinnern. Immer häufiger sucht dieser Traum sie heim und flößt ihr ein diffuses Unbehagen ein. Das hat ihr gerade noch gefehlt, wo sie sich doch sowieso schon mit der Integration in der französischen Kleinstadt schwertut.


    Sie beginnt in ihrer Familiengeschichte zu recherchieren, denn ihre Vorfahren stammten ursprünglich aus den nicht weit entfernten Cevennen, und lernt dabei den Bibliothekar Jean-Paul kennen. Nach anfänglicher Antipathie entwickelt er sich zu dem Ansprechpartner, den sie unter den Ortsansässigen zuvor vergeblich gesucht hat.


    Vierhundert Jahre zuvor erlebt Isabelle du Moulin hautnah mit, wie der Calvinismus den katholischen Glauben ablöst und rigoros durchgesetzt wird. Wegen ihrer Haare, die plötzlich von sich aus rot wurden, gnadenlos verspottet und gar als Hexe verschrien, heiratet sie den Bauernsohn Etienne Tournier, von dem sie vorehelich schwanger geworden ist. Innerlich und heimlich stets der Jungfrau Maria verbunden geblieben, muss sie dennoch mit ihrer Familie bei den Hugenottenverfolgungen im Anschluss an das Massaker in der Bartholomäusnacht fliehen ...


    Dass zwischen Ella und Isabelle ein Zusammenhang besteht, ist eigentlich von Anfang an klar, lang bevor die beiden Handlungsstränge zusammenfinden. Ellas blauer Traum hat etwas mit Isabelle zu tun, die ganz zu Beginn des Buches fasziniert eine blau gestrichene Grotte mit einer Figur der Jungfrau Maria betrachtet, transportiert uralte Gefühle und Geschehnisse in die heutige Zeit hinein.


    Solch mystische Verflechtungen sind nicht jedermanns Sache, ich mag sie jedoch, sofern sie gut geschrieben sind. Nach dem großartigen "Mädchen mit dem Perlenohrring" war ich hier allerdings ein wenig enttäuscht von Tracy Chevalier. Ein bisschen Mystik, ein bisschen Historisches, ein bisschen Ahnenforschung und in der Gegenwartsgeschichte ziemlich viel Allerweltsromanze: eine glücklich scheinende Ehe, die plötzlich den Bach runter geht, unerfüllter Kinderwunsch, ein zunächst unsympathisch erscheinender attraktiver Fremder - das alles scheint wie aus einer Pilcher-Verfilmung und erreicht leider nicht wirklich Tiefgang. Ella verhält sich unlogisch wie ein verliebter Teenager, und während Isabelles Geschichte gut beginnt, kam sie mir bis zum Ende nicht wirklich nahe. Auch die "Verbindung" zwischen den beiden Frauen und die Herkunft des Traumes erschien mir nicht schlüssig.


    Insgesamt ganz nett zu lesen, aber bestimmt kein Muss.


    3ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Mir geht es momentan ähnlich wie Valentine, allerdings nervt mich diese mystische Verflechtung zunehmend. Ich bin wohl zu rational für solche Handlungsstränge... Ich persönlich mag wohl lieber wenn es eindeutiger phantastische Literatur ist oder eben eindeutiger historisch bleibt. Gerade diese eher esoterische Verknüpfung von Ella zu ihren Vorfahren, das ist absolut nicht mein Fall. Allerdings gefällt mir das ihr Angebeter Bibliothekar ist :breitgrins: Allerdings hätte ich mir auch mehr davon versprochen, eben gerade weil "Das Mädchen mit dem Perlenohring" gerade davon lebt das so vieles zwischen den Zeilen passiert. Das fehlt hier leider komplett.

  • Meine abschließende Meinung:
    Aus rein (Religions) wissenschaftlicher Sicht ist der Roman für mich durchaus interessant. Gerade die Rezeption von Hugenottischer Religiosität und wie sie im Roman mit der Gegenwart verwoben wird bietet Stoff für eine eingehendere Betrachtung.


    Aaaber ;) ich habe den Roman aus reinem Vergnügen gelesen und daher lege ich hier natürlich ganz andere Maßstäbe an. Nämlich die des Unterhaltungswertes und meines ganz persönlichen Geschmacks. Und den hat die Autorin leider nicht treffen können.
    Das liegt zum einen daran, das mir nicht nur die klischeehafte Beschreibung der französischen Umgebung zunehmend auf die Nerven ging, sondern auch die Annäherung an das Spätmittelalter in dem der zweite Handlungsstrang spielt. Meiner Meinung nach lässt die Autorin hier wirklich kein Klischee aus und stellt vor allem die Menschen der Vergangenheit im Gegensatz zur Gegenwart als sehr hinterwäldlerisch in ihren Ansichten dar.
    Im Kontrast dazu dann die als sehr unmodern beschrieben (französischen) Kleinstadtgesellschaft, die die arme Amerikanerin als Fremde ausgrenzt. Mag sein dass das so auch immer wieder mal passiert, aber in der Summe war mir das all zu viel. Hinzu kam dann eben die Häufung anderer Stereotypen, vor allem Ella betreffend. Zu dem kam für mich eigentlich nicht so ganz schlüssig heraus weshalb genau sie ihre Ehe in Zweifel zieht. So wirft sie ihrem Mann vor sie nicht zu verstehen, aber sie gibt sich auch nicht besonders viel Mühe ihm genau zu erklären was ihr Problem ist. Zudem wird von Rick so wenig erzählt das man eigentlich einen sehr einseitigen Blick auf das Paar erhält und daher gar nicht beurteilen kann ob ihre Vorwürfe berechtigt sind oder nicht.


    Die Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit hatte dann für mich einen zu Spirituellen Bezug zu dem ich persönlich keinen Zugang finde. Das liegt sicher auch daran das ich an solche Dinge nicht glaube. Aber es kommt natürlich auch darauf an wie schlüssig dies in die Handlung eingebunden wird. Für mich war das zu sehr auf eben solche religiösen Wunder und anderer Vorkommnisse ähnlicher Art gemünzt und ich gebe zu das ich dafür wohl zu rational bin.


    Der Erzählstil selbst hat mir eigentlich ganz gut gefallen, aber nach und nach konnte mich die Handlung dann immer weniger überzeugen. Schade, aber gerade nach dem wunderbaren "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" hatte ich einfach mehr erwartet. Andererseits ist es oft so das eine Steigerung nach solch einem Buch dann nur schwer wieder zu erreichen ist, jedenfalls für mein empfinden.


    2ratten

  • Die Amerikanerin Ella Turner, aus beruflichen Gründen mit ihrem Ehegatten Rick nach Frankreich gezogen, wird von einem immer wiederkehrenden Traum verfolgt: Dunkles Blau, ein dröhnender Knall, geheimnisvolle Stimmen und das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen rauben ihr den Schlaf. Sie möchte herausfinden, was dahintersteckt. Hunderte Jahre vorher hat Isabelle Tournier den selben Traum.


    Die Autorin schildert abwechselnd die Geschehnisse im Leben der beiden Frauen. Es geschehen merkwürdige Dinge, wobei mich besonders die Erlebnisse von Isabelle bestürzt haben. Dieser Handlungsstrang ist düster, sie hat einen brutalen Ehemann, der offensichtlich vor nichts zurückschreckt und fühlt sich in ihrer neuen Heimat nicht wohl. Die Autorin knausert nicht mit unerklärlichen Ereignissen. So wurde mir im gesamten Buch nicht klar, was es denn


    Da ich von der Autorin bisher kein Buch kenne, kann ich sie hier schwer einordnen.


    Ella hat sich ebenfalls noch nicht in Frankreich eingewöhnt, kann oder will ihren Beruf als Hebamme aufgrund mangelnder Kenntnisse des Französischen nicht ausüben und macht sich so - auch um die Hintergründe ihres Traums aufzuklären - auf die Suche nach ihren Vorfahren. Dabei kreuzen einige skurrile Gestalten ihren Weg, der grantelnde später aber doch hilfsbereite Bibliothekar Jean-Paul, der chaotische Monsieur Jourdain, die lebenslustige Mathilde und der schweigsame Lucien.


    Als sich die Geschichte zuspitzt, liegen zwischen den Zeitebenen keine Kapitel mehr sondern lediglich Absätze, wodurch die Handlung rasant an Fahrt gewinnt. Ich habe das Buch gerne gelesen, man sollte jedoch nicht versuchen, die Geschichte rational erklären zu wollen. Nicht alles lässt sich mit dem Verstand begreifen. Zudem hätte ich gerne mehr über Isabelle und weniger über Ella, welche in Bezug auf ihre Ehe vollkommen unreif agierte, gelesen. Wenn ich die zwei Handlungsstränge getrennt beurteilen könnte, gebe es für die Geschichte um Isabelle 4,5 und für jene um Ella 2 Ratten. In Summe vergebe ich


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Liebe Grüße

    Danglard