Arturo Pérez-Reverte - Alatriste

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    „Alatriste“ besteht aus drei recht kurzen (200 Seiten), von einander relativ unabhängigen, Geschichten, die im Original auch einzeln erschienen sind. Sie spielen allesamt in den 1620er Jahren und werden aus der Sicht des 13jährigen Íñigo de Balboa, des Sohns eines verstorbenen Kriegskameraden der Titelfigur „Hauptmann“ Diego Alatriste erzählt. Alatriste spielt auch nur in der ersten Geschichte wirklich die absolute Hauptrolle, danach nehmen Íñigos Erlebnisse immer mehr Raum ein. Alatriste und Íñigo gab es wirklich, seine Aufzeichnungen liegen in der spanischen Nationalbibliothek und dienten als Vorlage und Inspiration Perez-Revertes


    Die erste Erzählung beschreibt wie Alatriste einen Auftrag erhält, wie er für Männer wie ihn, die sich ihren Lebensunterhalt mit dem Degen verdienen, recht normal ist, ein kleiner Überfall in einer dunklen Gasse. Doch Alatriste überlegt es sich mitten in der Durchführung anders und macht sich durch diese Verhinderung einer staatsbrisanten Intrige einige der mächtigsten Männer Spaniens zu Feinden. In der zweiten Geschichte gerät Íñigo in die Fänge der Inquisition und entkommt nur knapp dem Scheiterhaufen, während die dritte Geschichte in Flandern spielt und die ersten Kampfhandlungen des mittlerweile 15jährigen Íñigo beschreibt, in die er als Trossbube in Altristes Zug verwickelt wird.


    Perez-Reverte lässt seine Figuren immer wieder Zeilen zeitgenössischer Dichter zitieren und hat an das Ende jeder Geschichte immer noch einige vollständige Gedichte bzw. den Auszug aus einem Theaterstück gestellt, so dass man einen recht umfassenden Eindruck vom damaligen farbenprächtigen, geckenhaften, poetischen, aufbrausenden, anmassenden und ehrenbetonten Spanien gewinnt, kurz bevor es aus dem Zentrum europäischer Bedeutung in die politische und wirtschaftliche Unwichtigkeit abtaucht.


    Dass der Autor ist ein Liebhaber von Dumas konnte man bereits an einem früheren Buch erkennen (Der Club Dumas/ Die neun Pforten) und so hat er jetzt D’Artagnan und den anderen Musketieren seinen eigenen spanischen Hidalgo entgegen gestellt. Die Verwicklungen sind teilweise genauso politisch und auch das Privatleben ist wie bei Dumas Helden von Ehrenhändeln, zwischenzeitlicher Geldnot und der Bewunderung schöner Frauen geprägt. Liebhaber klassischer Mantel-und-Degen-Abenteuer finden sicherlich Gefallen an „Alatriste“.


    Die nächsten beiden Bände mit Alatristes und Íñigos Abenteuer sind auf Deutsch unter dem Namen „Das Gold des Königs“ erschienen und warten bereits darauf von mir gelesen zu werden.


    4ratten


    EDIT: Mittlerweile habe ich die Fortsetzung gelesen: Das Gold des Königs

    Einmal editiert, zuletzt von illy ()

  • Zum Inhalt will ich gar nicht mehr erzählen, als es illy schon getan hat, sonst wäre es ja gar nicht mehr spannend. Da Íñigo selbst erzählt, weiß der Leser sowieso schon, wem schon mal nichts passiert :zwinker:


    Von der Kurzbeschreibung im Buch selbst wäre meine Erwartungshaltung ein rasanter Mantel-und-Degen-Plot gewesen. Das ist es definitiv nicht. Zwar gibt es Degen- und sonstige Duelle, Wortgefechte und einige andere Aktionen, aber Pérez-Reverte nimmt sich auch viel Zeit, seine Personen vorzustellen, und dabei nicht nur Alatriste und Íñigo, sondern selbst die Nebenpersonen, ob es nun die Freunde in der Madrider Kneipe oder die Kampfgefährten in Flandern sind – eigentlich alle wurde vor meinem inneren Auge recht lebendig. Daraus ergibt sich aber auch eine gewisse Weitschweifigkeit und ein verlangsamtes Erzähltempo, auf die man sich einfach einlassen muß, will man diese Geschichten genießen.


    Besondere Freude machten mir die bekannten Namen von Diego Velázquez bis Pedro Calderón de la Barca. Auch die eingestreuten Sonette und die Gedichte und Dramenauszüge am Ende jedes der drei Bücher tun ein übriges, die Stimmung und Geisteshaltung dieses Teils der spanischen Gesellschaft jener Zeit zu verdeutlichen. Daß der König und seine Regierung im Besonderen, die Herrschenden und die Kirche allgemein nur mäßig gut bei den Schilderungen Íñigos davonkommen, sorgte bei mir wegen der Formulierungen für manchen Schmunzler. Im gleichen Maße habe ich mich aber auch vor den Zuständen im spanischen Feldlager während der Belagerung gegruselt. Wie Menschen unter solchen Umständen nicht nur überleben, sondern auch noch kämpfen können, ist mir ein Rätsel. Alles in allem ein schöner historischer Abenteuerroman, so daß ich froh bin, die Fortsetzung auch schon im Regal zu haben.


    4ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen