So, jetzt setze ich mich hin und mache endlich mal die Rezension fertig. Wird ja auch Zeit! Ich versuche mich zusammenzureißen, aber ich befürchte, sie wird ausgesprochen subjektiv und schwärmerisch ausfallen.
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Klappentext
In der Wand ist ein Loch, damit man von beiden Seiten an den Schalter fürs warme Wasser kommt. Auf der einen Seite wohnt das Studentenpaar Noa und Amir, auf der anderen Seite Mosche und Sima. Im Haus gegenüber eine Familie, deren Sohn Gidi gerade im Libanon gefallen ist. Dessen kleinem Bruder Jotam gehört eine der verschiedenen Erzählstimmen: unterschiedliche Perspektiven, Tonlagen, Seelenlagen, und so viel wirkliches berührendes Leben. Noa, die die Welt durch eine Linse betrachtet, Amir, der sich besser mit Abschiednehmen als mit Bleiben auskennt, Mosche, der zum Missfallen von Sima immer religiöser wird, Sima, die sich ihrer Versäumnisse bewusst wird, wenn sie hört, wie Noa und Amir sich lieben.
Schließlich Ssadeq, der arabische Bauarbeiter, dessen Mutter von Rückkehr träumt und noch den Schlüssel zu jenem Haus besitzt, aus dem sie 1948 geflohen ist. Der Ort: ein Vorort von Jerusalem, in dem heute vor allem Kurden leben. Die Zeit: Jene Spanne nach der Ermordung Jitzchak Rabins, als Terroranschläge das Land erschüttern, die Hoffnung auf Frieden zunichte und der Friedensprozeß eingefroren wird.
Meine Meinung
Eigentlich weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Es steckt so vieles in diesem Buch, es ist ungeheuer dicht und vielschichtig und dabei feinsinnig und mit gutem Gespür für die einzelnen Figuren, melancholisch, stellenweise poetisch und witzig – teilweise sogar zum Schreien komisch. (Besonders eine ganz bestimmte Szene – fast schon Slapstick – bei der mir am Ende allerdings das Lachen gewaltig im Halse stecken blieb.)
Der Einstieg ist mir zwar nicht ganz einfach gefallen, durch den ständigen Perspektivwechsel und weil die Handlung zunächst ein wenig dahinplätschert, aber dann hat mich das Buch von Seite zu Seite mehr in seinen Bann gezogen. Den Schreibstil habe ich als wunderschön und poetisch empfunden. Vor allem weil der Autor so einen Sinn hat für Kleinigkeiten.
Ich weiß, Buchrückseiten versprechen meist das Blaue vom Himmel, aber selten konnte ich aus so vollem Herzen zustimmen wie hier, wenn es heißt:
„Das ganze Israel in eine kleine überfüllte, pulsierende Blase gepresst. Dabei ein feinsinniges Buch über Gefühle, Beziehungen und Liebe. Alle zentralen Konflikte dieses Landes – zwischen Juden und Arabern, europäischen und orientalischen Juden, Frommen und Ungläubigen – kommen hier zum Tragen.“
Das spricht mir geradewegs aus der Seele, genauso habe ich es auch empfunden: Eine kleine, überfüllte Blase, die vor Leben überschäumt.
Das ganze Besondere für mich ist aber das Gefühl, das ich beim Lesen hatte. Ich glaube, noch kein anderes Buch vorher hat bei mir ein so starkes Glücksgefühl ausgelöst; ich hatte die ganze Zeit einen riesigen Ball von Glück im Bauch. Für mich ein unvergessliches Buch!
Ich hoffe inständig, dass Eshkol Nevo noch viele weitere Bücher schreibt, die auch alle ins Deutsche übersetzt werden.