Yasunari Kawabata – Ein Kirschbaum im Winter

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    Kurzbeschreibung: Kawabatas Werk, für das er 1968 den Nobelpreis erhielt, zeigt die Spannungen der japanischen Industriegesellschaft ebenso wie die verschwiegene Welt der Geishas und Teezeremonien. Der vorliegende Roman spielt unmittelbar nach dem Krieg, in der Zeit zwischen Sommer 1947 und Herbst 1948. Ogata Shingo, Zentralfigur und Oberhaupt einer kleinen Familie, lebt in einer Traumwelt von Schönheit, Sehnsuch und Vergänglichkeit. Seine ganze Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit gilt der jungen Schwiegertochter Kikuko ...


    Meine Meinung: So recht weiß ich gar nicht, was ich zu dem Buch sagen soll. Es hat keine ausgesprochen nacherzählungstaugliche Handlung, die Personen in diesem Roman handeln fast nie, sondern lassen sich eher treiben und bleiben mir in ihrer fast defätistisch zu nennenden Haltung auch sehr fremd. Shingo ist Anfang 60 und hat immer wieder Probleme mit seiner Erinnerung: vieles vergessen und manches verdreht. Außerdem träumt er merkwürdige Dinge. In der Familie ist kaum etwas so, wie es nach Shingos Vorstellungen sein soll. Sein Sohn hat eine Geliebte und als Schwangerschaften ins Spiel kommen, wird die Lage für ihn nicht einfacher, weil er nicht recht weiß, wie er den Frauen und seinem Sohn gegenüber jeweils auftreten soll und sich an den Folgen persönlich schuldig fühlt. Die Tochter verläßt ihren drogensüchtigen Mann und kommt mit den beiden Töchtern ins Elternhaus zurück, was aber zusätzliche Spannungen heraufbeschwört, weil weder die Eltern ihrer Tochter tief verbunden sind, noch das herzliche Verhältnis Shingos zu seiner Schwiegertochter von der Tochter leichten Herzens akzeptiert werden kann. Das könnte interessant sein, wenn die Personen agieren würden, was sie – wie gesagt – leider nicht tun.


    Im Grunde ist das Buch genau so, wie ich mir Japan vorstelle: durchaus poetisch in der Sprache, mit Naturbetrachtungen, die an Haikus erinnern (mit vielen Kirsch- und sonstigen Blüten, Vögeln usw.), die Charaktere sehr kontrolliert mit einer perfekten Maske nach außen, und vorsichtig in ihren Äußerungen bis zum Schweigen, um den Gegenüber nicht das Gesicht verlieren zu lassen. Ich muß aber feststellen, daß ich zu dieser Mentalität keinen Zugang finde, eine Erfahrung, die sich bislang bei allen Büchern ostasiatischer Provenienz für mich wiederholt hat. Es scheint, daß meine persönliche Ausrichtung auf einen anderen Kontinent eine tiefere Bewandnis hat :zwinker:


    Irritierend fand ich auch manche Übergänge, wenn vorangegangene Szenen nochmals zusammengefaßt wiederholt wurden. Das erzeugte den Eindruck eines Fortsetzungsromans in der Zeitung und wenn ich das Impressum richtig deute, wo für die Originalausgabe die Jahre 1949–1954 angegeben sind, dann dürfte das wohl auch der Fall gewesen sein.


    Wem dieser Kulturkreis mehr liegt als mir, wird vermutlich zu einer anderen Bewertung kommen, aber für mich sind es nur


    2ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Ich habe DIESES Buch von Kawabata nicht gelesen, allerdings drei, vier andere. Über Geschmäcker kann man nicht streiten, soll man nicht urteilen. Wer solche Bücher gelesen hat, wird wahrscheinlich Deine Bemerkungen verstehen. Zu indirekt, zu angedeutet, ohne Bewegung, anscheinend. Nicht umsonst gilt Kawabata als "Ästhet". Was immer das auch alles beinhalten kann, lässt es mich erahnen - wie Du es ansprichst - dass bei diesem Autor das Wichtige ganz woanders liegt.
    Ob man das dann gerne hat, nachvollziehen kann oder nicht ist eine andere Frage!

    Gruß, tom leo<br /><br />Lese gerade: <br />Léonid Andreïev - Le gouffre<br />Franz Kafka - Brief an den Vater<br />Ludmila Ulitzkaja - Sonjetschka


  • Ob man das dann gerne hat, nachvollziehen kann oder nicht ist eine andere Frage!


    Und, magst du seine Bücher? Irgendwie konnte ich das aus deinem Posting nicht herauslesen. Ich habe hier einen Doppelband mit Schneeland und Tausend Kraniche liegen. Könntest du mir empfehlen, womit ich anfangen sollte?


    Liebe Grüße,


    mondpilz

  • Naja, wenn ich drei, vier Bücher von Kawabata gelesen habe, werde ich es ja mögen, nee? :zwinker:


    Ich habe beide gelesen, allerdings vor längerer Zeit und auf Französisch. Schneelandschaft bleibt mir noch eindrücklicher als das andere in Erinnerung! Versuch's mal und berichte!

    Gruß, tom leo<br /><br />Lese gerade: <br />Léonid Andreïev - Le gouffre<br />Franz Kafka - Brief an den Vater<br />Ludmila Ulitzkaja - Sonjetschka


  • Naja, wenn ich drei, vier Bücher von Kawabata gelesen habe, werde ich es ja mögen, nee? :zwinker:


    Na ja, das muss nicht sein. Ich habe auch schon mehrere Bücher von Autoren gelesen, die ich nur mittelmäßig fand. Manchmal habe ich mir auch einfach gedacht: "Wenn dieser Schriftsteller so gelobt wird, muss ja was dran sein. Vielleicht gefällt mir ein anderes Buch von ihm besser."

  • Meine Meinung:
    Zu diesem Roman von Kawabata habe ich absolut keinen Zugang gefunden. Ich glaube das liegt vor allem an den allzu altmodischen Ansichten die darin vertreten werden. Natürlich muss man sich darüber im klaren sein das Ein Kirschbaum im Winter nicht im heutigen Japan spielt und auch nicht geschrieben wurde. Dennoch, der altmodische Anstrich bleibt.Shingo, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, wird von seiner Frau gerade zu gedrängt sich in alle Belange seiner Kinder ein zu mischen, es wird sogar von ihm als Vater erwartet. Allein dies hat mich irgendwie schon gestört. Irgendwie gestattet man ihnen so kein eigenständiges Leben, es geht eher darum den Schein zu wahren als wirklich eine Lösung zu finden. So hat Shingos Sohn eine Geliebte, statt das er sich aber von seiner Frau trennt, lässt er sie unglücklich im Haus seiner Eltern leben und schläft im selben Bett mit ihr. Ansonsten haben sie sich aber eigentlich nichts mehr zu sagen. Mag sein das dies durchaus auch heute noch so passiert, aber irgendwie, im Zusammenhang mit der restlichen Handlung wirkt das alles eben zusätzlich negativ für mich. Irgendwie ist die Ganze familiäre Beziehung gestört. Die Tochter kann die Schwägerin nicht ausstehen und ist eifersüchtig auf sie, weil Shingo sie mehr zu mögen scheint als seine eigene Tochter. Der Sohn betrinkt sich sobald es schwierig wird. Vielleicht wollte der Autor auch aufzeigen was hinter der Fassade der Japanischen Gesellschaft steckt, ich weiß es um ehrlich zu sein nicht.
    Sprachlich hatte ich zu dem den Eindruck das hier an einigen Stellen nicht immer ganz sauber übersetzt wurde. Da gab es manchmal Wendungen die man so überhaupt nicht sagen würde, auch nicht im Deutschland der 40er Jahre.
    Ich fand einfach nicht in die Geschichte hinein und konnte mich mit keiner Figur auch nur im geringsten Identifizieren. Normalerweise liebe ich japanische Literatur sehr, Tausend Kraniche von Kawabata hat mir sehr sehr gut gefallen. Ein Kirschbaum im Winter wird als sein bester Roman beschrieben, ich persönlich kann diese Ansicht jedoch nicht teilen.


    2ratten