Amin Maalouf – Die Häfen der Levante

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    Zum Buch: Amin Maalouf erzählt die Geschichte von Ossyan Ketabdar, Sproß einer türkischen Familie voller Freigeister. Die leben in Krisenzeiten gefährlich, und so muß auch die Familie Ketabdar nach Unruhen in den Libanon fliehen. Ossyan beginnt ein Medizinstudium in Südfrankreich, wo ihn der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs eher ungewollt in die Reihen der Résistance drängt. Im Widerstand lernt er Clara, eine junge Jüdin aus Graz, kennen, deren Familie in den Konzentrationslagern umkam. Nach Kriegsende kehrt Ossyan nach Beirut zurück, wo Clara ihn aufsucht. Sie heiraten und leben abwechselnd im Libanon und in Haifa. Doch 1948 erlaubt der israelisch-arabische Krieg keinen Grenzübertritt mehr. Ossyan gelingt noch die Rückkehr nach Beirut, Clara, die ein Kind erwartet, bleibt in Haifa zurück.


    Ergänzungen zum Inhalt: Nach dem Tod des Vaters bricht Ossyan zusammen und wird von seinem jüngeren Bruder, mit dem er sich nie verstanden hat und der auf Ossyans Kosten gerne den Schandfleck der Verurteilung wegen Schmuggels loswerden möchte, in eine geschlossene Anstalt gebracht, wo er medikamentös ruhig gestellt wird. Er ist dort nicht vergessen, seine Schwester besucht ihn regelmäßig und verläßt das Haus jeweils frustriert. Auch ein französischer Bekannter aus Résistance-Zeiten, der ihn in dieser Zeit erlebt, gibt ihn verloren. Der Anstoß, sich aus dieser überwachten Ruhigstellung zu befreien, kommt aus einer unvermuteten Ecke.


    Meine Meinung: Maalouf konstruiert die Erzählung von Ossyans Leben recht kompliziert. Der eigentliche Erzähler des Romans trifft Ossyan zufällig in Paris und spricht diesen an, da er Ossyan von einem Bild aus seinem Geschichtsbuch kennt. Zunächst wird nicht klar, was Ossyan eigentlich in der Stadt will, aber die beiden treffen sich drei Tage lang, in denen Ossyan sein Leben berichtet und der Erzähler es in Notizheften aufschreibt, um es erst zwanzig Jahre später zu veröffentlichen. Diese Diktate, ergänzt um wenige Anmerkungen, bilden die Gesamterzählung – einschließlich einer Art „Epilog“ durch den Erzähler.


    In den Diktaten wendet sich Ossyan immer wieder direkt an seinen Zuhörer, was auch beim Leser ein Gefühl der Unmittelbarkeit erzeugt. Verstärkt wird dies durch eine wenig gekünstelte Sprache, die zwar nicht gerade in normalem Gesprächstonfall, aber auch nicht bewußt kompliziert daher kommt. Zudem bleibt Ossyan selbst bei den Katastrophen seines Lebens, v. a. der Beschreibung der Zeit in der Anstalt, erstaunlich lakonisch, seine Rolle in der Résistance spielt er herunter. Dadurch wird er sehr sympathisch, ich hatte so sicher mehr Mitleid mit ihm, als es bei anderer Charakterdarstellung der Fall gewesen wäre.


    Bedauerlich ist nur zweierlei an diesem Buch: Zum einen sind die historischen Hintergründe wirklich nicht mehr, obwohl sie tiefgreifende Einflüsse auf die Leben von Ossyan, Clara und den anderen haben, aber sie sind wenig greifbar, wirken immer etwas entfernt bzw. entrückt. Zum anderen kommt mir der Orient etwas zu kurz. Beträchtliche Teile spielen halt in Frankreich und während der Anstaltszeit ist die Welt „draußen“ gleichfalls ausgeblendet. Die Geschichte könnte also – abgesehen von den recht schmalen Verweisen am Beginn der Familiengeschichte (Armenier im Osmanischen Reich) und später auf die israelisch-arabischen Kriege – genauso gut ganz woanders spielen.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen