Michal Viewegh - Völkerball

  • Vier ehemalige Klassenkameraden 20 Jahre nach dem letzten Schultag - Jeff und Eva, das Traumpaar, der Träumer Skippy, der intellektuelle Lehrer Tom und die hässliche Hujerova treffen Jahrzehnte nach ihrer gemeinsamen Jugend wieder aufeinander. Was passiert, wenn gemeinsame Träume und Lebenspläne plötzlich mit der Realität konfrontiert werden, wird in diesem Roman erzählt.


    Diese fünf sind an einem Prager Gymnasium gemeinsam erwachsen worden, in einer mehr oder weniger losen Clique mit immer wieder wechselnden Allianzen. Tom, unsterblich und unglücklich verliebt in die schöne Eva, kann doch nicht mit seinem besten Freund Jeff konkurrieren und heiratet später eine blutjungen Doppelgängerin seiner Angebeteten - nur um beobachten zu müssen, wie beide Ehen in die Brüche gehen. Die Hujerova, immer mit dem Stigma der Hässlichkeit behaftet, muss feststellen, dass Freundschaft nur mit “ihresgleichen” oder unter dem Einfluss von Alkohol möglich ist. Sie phantasiert sich ein blühendes Liebesleben zusammen und schafft es doch später als Einzige, den Mann fürs Leben zu finden und zu halten und gleichzeitig noch Karriere zu machen. Und Skippy, Klassenclown, Frauenversteher und zukünftiger Gynäkologe, bekommt seine Beziehungen gar nicht auf die Reihe; zu einem Leben als Kumpel verdammt steht er scheinbar für immer im Schatten von Jeff und Tom.


    Herrlich tragikomisch ist die Geschichte dieser fünf Figuren, die über einen Zeitraum von 30 Jahren immer wieder zusammentreffen, große und kleinere Wegstrecken miteinander zurücklegen und dann, gewollt oder ungewollt, auch wieder auseinanderdriften. Die Minidramen, episodenhaft erzählt, machen eins deutlich: Schuld an seinem “Schicksal” ist der Mensch selbst, auch in einem System wie dem tschechoslowakischen hat man Alternativen, und es ist immer wieder leicht, die falschen Entscheidungen zu treffen. Allerdings ist dies kein politisches Buch, die Tschechoslowakei der siebziger bis neunziger Jahre spielt als gesellschaftlicher Rahmen keine prominente Rolle. Vielmehr fixiert sich der Autor auf seine Charaktere, die zwar immer mal wieder etwas klischeehaft daherkommen, dem Leser aber in ihrer überspitzten Unterschiedlichkeit und in ihrer plausibel nachvollziehbar gezeichneten Entwicklung über die Jahrzehnte durchaus ans Herz wachsen.


    Es ist nicht schwer, eigene Erfahrungen in diesem Reigen von Anekdoten wiederzufinden; ähnliche “Typen” gibt es wohl in jeder Generation und in jedem Freundeskreis. Mir hat besonders gut die ironische, teilweise sogar sarkastische und leicht flapsige Erzählweise gefallen, die Katastrophen und Jubelereignisse gleichermaßen zu dem reduziert, was sie sind: Eigentlich nichts Besonderes. Viele langlebige und lebensverändernde Erkenntnisse wird man aus der Lektüre wohl nicht gewinnen, aber eine kurzweilige Leseerfahrung war es allemal.


    Michal Viewegh, geb. 1962 in Prag, wird in Tschechien inzwischen als Kultautor gefeiert. Er studierte nach einem abgebrochenen Wirtschaftsstudium Tschechisch und Pädagogik und lebt lebt heute als freier Schriftsteller in Prag.


    Wertung: 3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


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