Thomas Glavinic – Das bin doch ich

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    Klappentext: Ein Mann schreibt einen Roman, der Mann heißt Thomas Glavinic, der Roman heißt Die Arbeit der Nacht. Doch vor dem Erfolg, den er will, hat die Welt noch all das aufgetürmt, was sie schon immer einem jeden Besessenen in den Weg gelegt hat: die quälenden Mitmenschen und das noch quälendere eigene Ich. Und dazu hat der Held auch einen netten Kollegen, der selbst einen Roman geschrieben hat, Die Vermessung der Welt, dessen Verkaufszahlen die Mutter unseres Autors zu dem Aufschrei bringen: »WANN SCHREIBST DENN DU MAL SO WAS?«
    Thomas Glavinic hat mit Das bin doch ich einen Roman geschrieben, wie es kaum schon einen gegeben hat. Mit vollendetem Realismus und aberwitziger Komik spielt er ein Spiel mit der Wirklichkeit und ihrer Verdopplung, mit der Wahrheit und ihrer Erdichtung; läßt keinen Glücksmoment aus und erst recht keine Peinlichkeit, und schont niemanden: unbelesene Bürokraten, redegewaltige Redakteure, phantasievolle Juroren und enthemmte Bahnreisende. Am wenigsten aber sich selbst, den Helden, der um jeden Preis durchsetzen will, wozu er sich einmal entschlossen hat. Und immer wieder bleibt ihm das Entsetzen im Halse stecken: Bin das wirklich ich, der sich dort im Spiegel sieht – im Spiegel eines der komischsten Romane unserer Zeit.



    Meine Meinung: Dieser Klappentext muß sich auf ein völlig anderes Buch beziehen. Erzählt wird das Leben Glavinics quasi zwischen der Abgabe des Manuskripts für den Roman Die Arbeit der Nacht und der ersten Lesung zum erschienenen Roman. Das erlaubt wohl durchaus den ein oder anderen Blick hinter die Kulissen des Literaturbetriebs, und außerdem spielt natürlich der Freund mit seinem überaus erfolgreichen Roman (und vor allem dessen Verkaufszahlen) eine große Rolle.


    Ich frage mich, was hinter diesem Buch steckt. Wenn es sehr stark und „echt“ autobiographisch wäre, dann muß ich feststellen, daß ich in Gesellschaft von Thomas Glavinic keinen Abend zubringen möchte. Wenn es überwiegend erfunden wäre, dann ist es banal bis abstoßend. Wenn es ironisch sein soll, dann ist es in meinen Augen völlig mißlungen, weil ich nicht weiß, was daran witzig sein soll, daß sich jemand auf gut der Hälfte von etwas über 230 Seiten besäuft und auf einem weiteren Viertel hypochondrischen Neigungen nachgibt. Ich hätte es nach dem ersten Zehntel abbrechen können, weil mir da schon klar war, wie es weitergehen würde und das hat sich auch voll bestätigt. Ich habe es letztlich nur ganz gelesen, weil ich es der Bekannten, von der ich das Buch bekommen habe, versprochen habe. Wenn dieses Werk typisch für diejenigen sein sollte, die auf den Listen für aktuelle Buchpreise landen, dann weiß ich wieder, warum ich davon so wenig lese, denn dieses hier muß ich eindeutig als völligen :flop: verbuchen. Für die drei oder vier Stellen, an denen ich mal kurz schmunzeln konnte, kann ich wirklich nicht mehr vergeben als


    :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ich war auch sehr enttäuscht von "Die Arbeit der Nacht" und deshalb überrascht mich Dein Fazit überhaupt nicht.


    Auch dort ging es in erster Linie um eigene Befindlichkeiten eines Egoisten. Und das interessierte mich auch nicht. Und wie ich Deiner Rezi entnehme, ist es bei "Das bin doch ich" genauso, vielleicht sogar noch verstärkter.


    Aber ich kann Dich beruhigen: Es gibt durchaus sehr empfehlenswerte Bücher des Deutschen Buchpreises! (z.B. Arno Geiger "Es geht uns gut" oder "Böse Schafe" von Katja Lange-Müller!

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Nachdem ich eben "Wie man leben soll" von Glavinic beendet habe und davon begeistert war, bin ich natürlich neugierig auf die weiteren Werke Glavinics. Leider scheint "Das bin doch ich" trotz des vielversprechenden Klappentextes nicht besonders gut zu sein - schade. Aber im Prinzip ist auch "Wie man leben soll" die Beschreibung von Befindlichkeiten eines Egomanen, ich kenn das jetzt ja schon und dadurch sinkt mein Bedürfnis, andere Glavinic Bücher zu lesen, noch drastischer.


  • Nachdem ich eben "Wie man leben soll" von Glavinic beendet habe und davon begeistert war, bin ich natürlich neugierig auf die weiteren Werke Glavinics. Leider scheint "Das bin doch ich" trotz des vielversprechenden Klappentextes nicht besonders gut zu sein - schade. Aber im Prinzip ist auch "Wie man leben soll" die Beschreibung von Befindlichkeiten eines Egomanen, ich kenn das jetzt ja schon und dadurch sinkt mein Bedürfnis, andere Glavinic Bücher zu lesen, noch drastischer.


    Das bringt mich in Verbindung mit meiner eigenen Erfahrung und creatives Kommentar jetzt zu der Vermutung, daß Herr Glavinic sich vielleicht besser einen Psychiater suchen sollte statt weiter zu schreiben. Die Therapie dürfte nicht nur erfolgversprechender sein, sondern ersparte der Welt auch einige Bücher, die sie wirklich nicht braucht.


    Schönen Gruß,
    Aldawen


  • Sind denn alle Bücher von ihm "so" gestrickt?


    Das weiß ich nicht. Aber dieses Buch war jedenfalls so grottig, daß er bei mir nicht den Hauch einer zweiten Chance bekommt.

  • Ich fand das Buch gar nicht so schlecht. :smile:


    Thomas Glavinic erzählt in lakonischem Stil Episoden aus seinem Leben als Schriftsteller, oder besser aus dem Leben der Figur Thomas Glavinic, eines Wiener Schriftstellers. Dabei vermischt er Realität und Fiktion, so dass die Geschehnisse teils sehr authentisch wirken, teils auch skurril und etwas überdreht. Letzteres ist vor allem bei der Schilderung der hypochondrischen Anfälle Glavinics der Fall.


    Der Autor stellt sich selbst als egozentrischen, neurotischen Hypochonder dar, der etwas zu viel trinkt und zuweilen etwas überfordert im Umgang mit seinen Mitmenschen erscheint. Teilweise konnten mir die Szenen ein breites Grinsen entlocken, weil ich die beschriebenen Alltagsphänomene oder Menschentypen nur allzu gut kenne. Die Selbstironie und der satirische Einblick in den Literaturbetrieb haben mir gut gefallen. Glavinic lässt reale Personen der Branche in seinem Werk auftreten, allen voran natürlich seinen Freund Daniel Kehlmann, aber zum Beispiel auch Dennis Scheck.
    Auch die Lebensbereiche außerhalb der Literaturszene nimmt sich der Autor vor. So beschäftigt er sich auch mit Freud und Leid des Familienlebens (inklusive Schwiegereltern) und anderen Bereichen des Alltags wie zum Beispiel langen Zugfahrten (die ich ganz besonders komisch fand) oder die Bekämpfung seiner Flugangst.


    Als Makel kann ich anführen, dass manche Szenen für meinen Geschmack sogar zuweilen etwas zu überdreht und absurd wirken. Zudem präsentiert sich der Schriftsteller als sehr neurotischen Menschen, womit er ab und zu ebenfalls ein wenig übertreibt. Das führt bisweilen auch zu Wiederholungen (Wie oft isst er nochmal beim Inder am Naschmarkt? :breitgrins:) und sorgt dadurch für kleine Längen.


    Fazit: "Das bin doch ich" ist wohl reine Geschmackssache, weil Humor etwas sehr Persönliches und Individuelles ist. Meinen Humor hat Glavinic ziemlich gut getroffen, so dass mir das Buch durchaus gefallen hat.


    3ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

    :lesen: Joe Navarro - Menschen lesen