John Murray - Kurze Notizen zu tropischen Schmetterlingen

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 5.949 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • John Murray
    Kurze Notizen zu tropischen Schmetterlingen
    OT: A Few Short Notes on Tropical Butterflies (2003)


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    Der Autor
    John Murray, geb. 1963 in Adelaide, arbeitete lange Zeit als Arzt bei "'Ärzte ohne Grenzen" in Entwicklungsländern, bevor er mit seinem ersten Buch Kurze Notizen zu tropischen Schmetterlingen ein Aufsehen erregendes Werk vorlegte und in New York zur literarischen Entdeckung des Jahres wurde. Seine Erzählung Hill Station wurde mit dem Prairie Lights Short Fiction Award ausgezeichnet, und die Titelstory Kurze Notizen zu tropischen Schmetterlingen wurde von der amerikanischen Schriftstellerin Joyce Carol Oates für die Best New American Voices 2003 ausgewählt. Vor Kurzem zog er mit seiner Frau und seinen Kindern von Iowa zurück nach Australien.


    Klappentext
    Zwei Brüder ertrinken auf hoher See, eine Schwester stirbt als Kind einen verdächtigen Tod, ein Vater und sein Sohn werden zufällig Zeuge der Untreue der Ehefrau und Mutter, eine Mikrobiologin entdeckt, dass sie schwanger ist, und trifft inmitten einer Cholera-Epidemie den Mann, der der Vater ihres Kindes werden könnte ... In acht Geschichten, die vor leidenschaftlicher Intensität geradezu überschäumen, erzählt uns John Murray von den wirklich entscheidenden Momenten im Leben eines Menschen.


    Meine Meinung
    Das Buch hat mich von Weitem vom Mängelexemplartisch angelacht, eines der wenigen Male, dass ich mir ein Buch aufgrund des Covers und Titels gekauft habe. Kurzgeschichten lese ich zwar nicht allzu gerne, bin aber froh, diesmal eine Ausnahme gemacht zu haben.


    Folgende 8 Geschichten beinhaltet das Buch:


    1. Hill Station (The Hill Station)
    Elizabeth, Amerikanerin, Forscherin und Tochter von Indern, kommt nach Bombay um indische Ärzte in die Mikrobiologie einzuführen. Sie wird Zeugin einer Choleraepidemie in den Slums und muss feststellen, dass sie schwanger ist.


    2. Alle Flüsse dieser Welt (All the Rivers in the World)
    Seit Viteks Brüder vor vielen Jahren im Meer ertrunken sind, hat er große Angst vor dem Meer. Er macht sich auf nach Key West um seinen Vater, der die Familie verlassen hat, nach Hause zu holen. Er muss jedoch feststellen, dass bei seinem Vater bereits eine neue Frau wohnt.


    3. Kurze Notizen zu tropischen Schmetterlingen (A Few Short Notes on Tropical Butterflies)
    Der Ich-Erzähler, ein Chirurg, ist ein Schmetterlingssammler, genauso wie es sein Vater vor ihm war und sein Großvater. Seine Frau Maya, ebenfalls Ärztin, ist davon sichtlich genervt und möchte endlich ein eigenes Kind. Er jedoch ist nie ganz über den Tod seiner Schwester hinweggekommen und schiebt die Entscheidung vor sich hin.


    4. Weißes Mehl (White Flour)
    Hier trifft man auf Joseph und seine Familie. Joseph reist nach Indien, um seinem Vater, welcher die Familie verlassen hat und in Indien als Arzt praktiziert, eine Nachricht der Mutter zu überbringen. Die erste Kommunikation zwischen seinen Eltern seit mehr als 10 Jahren.


    5. Watson und der Hai (Watson and the Shark)
    Ein Missionarsdörfchen im Kongo während des Bürgerkrieges. Unter schwierigsten Bedingungen arbeitet eine Handvoll Ärzte dort, um Hunderte von Verletzten zu versorgen.


    6. Der Zimmermann, der wie ein Boxer aussah (The Carpenter Who Looked Like a Boxer)
    Seit seine Frau ihn vor einem Jahr verlassen hat, muss sich Danny alleine um seine zwei Kinder kümmern. In den Wänden seines selbst gezimmerten Hauses fängt er an, Termiten zu hören, welche gar nicht existieren.


    7. Blau (Blue)
    Simon, Sohn von Großbritanniens ehemals besten Bergsteigers und selbst Bergsteiger, nimmt sich vor, einen Gipfel des Himalaya zu erklimmen. Um das Werk seines verstorbenen Vaters zu vollenden.


    8. Erinnerung, Weisheit des Menschen (Acts of Memory, Wisdom of Man)
    Harry, der jüngere Sohn, erinnert sich an den Sommer im Jahre 1968. Sein Vater, ein Immigrant aus Indien, versucht ein amerikanischer Patriot durch und durch zu sein. Er möchte, dass sein älterer Sohn nach Vietnam geht.


    Murray verwendet eine schöne, klare Sprache, die sich leicht lesen lässt. Der Leser begleitet Menschen in meist alltäglichen Situationen, welche das Leben der Menschen nachhaltig beeinflußen. Manch noch so kleine, zuerst unscheinbare, Begebenheiten können dem Leben eine gewisse Wendung geben. Dabei führt einen der Autor an vielerlei exotische Orte; nach Indien, in den Kongo, auf den Himalaya. Und immer wieder geht es um die Eltern, die das Leben der Personen in irgendeiner Art und Weise prägen und bestimmen. Sei es, weil sie die Familie verlassen haben oder weil sie ihr Leben den Schmetterlingen gewidmet haben. In fast allen Geschichten sind Ärzte und/oder (Hobby-)Naturwissenschaftler anzutreffen, welche diese oder jene Obsession aufweisen.


    Alles in allem eine wirklich gelungene Sammlung. Einzig und allein mit Weißes Mehl konnte ich nichts anfangen. Am Besten gefiel mir Blau, gefolgt von Hill Station welche mit realistischen, aber nicht gerade appetitlichen Beschreibungen der Cholera aufweist. Ich breche zwar nicht in Begeisterungsstürme aus, gut war das Buch aber allemal.


    Ich freue mich schon auf einen Roman des Autors, an dem er anscheinend schon arbeitet.


    4ratten


    Bei der englischen Ausgabe gibt es bei Amazon die Search inside Funktion, falls jemand etwas reinschnuppern möchte.

    "Man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit." A. Schopenhauer

    :blume::engel::katze:

  • Ich habe das Buch auch vor ein paar Tagen gelesen und kann mich deiner Meinung zum Großteil anschließen. Jede einzelne Geschichte ist bewegend und erzählt von einem schicksalhaften Moment im Leben eines Durchschnittsmenschen. Hätte ich nur eine Geschichte gelesen, und nicht alle 8, wäre ich sicherlich begeistert.
    Das ganze Buch hat mich dann aber doch ein kleines bisschen genervt, weil die Geschichten sehr ähnlich sind und alle nach dem gleichen Schema ablaufen. Zu viele "Ärzte ohne Grenzen", zu viele gescheiterte Ehen, zu viel Indien. Das ist ein bisschen schade, denn eigentlich gefällt mir der Stil der Geschichten sehr gut. Aber ich finde es etwas unglücklich gewählt, 8 sehr ähnliche Kurzgeschichten in ein Buch zu packen.


    Auf den Roman von John Murray bin ich allerdings auch gespannt, ich konnte im Internet aber noch nichts dazu finden. Weiß jemand näheres?

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Einzeln für sich betrachtet waren die Kurzgeschichten ganz guter Durchschnitt. Die Figuren waren interessant gestaltet und die erzählten Geschichten waren interessant und beleuchteten die entsprechenden Zeitpunkte und Entscheidungen in den Leben der Personen gut.
    Mit der Zeit stellten sich bei mir aber Ermüdungserscheinungen ein, der Autor scheint nämlich nur einen begrenzte Anzahl von Storyelementen zur Verfügung zu haben, die er dann nach Bedarf durchmischt: indische Herkunft in Verbindung mit westlichem (USA) Lebensstil, Medizin (bevorzugt in Entwicklungsländern, gerne in Verbindung mit „Ärzte ohne Grenzen“), schwierige Eltern-Kind-Beziehungen.


    Wenn Murray ernsthaft als Schriftsteller arbeiten will, sollte er lernen, sich etwas stärker von seiner eigenen Lebenswelt zu entfernen. Da hat er nämlich meiner Meinung nach nun alles Erwähnenswerte von sich gegeben.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Meine Meinung
    Puh, ich habe mich mehr durch dieses Buch gequält als dass es mir wirklich Spaß gemacht hätte. Allgemein kann ich nur sagen, dass es wirklich langweilig ist, wenn in jeder Kurzgeschichte die gleichen Themen aufgegriffen werden. In diesem Fall handelt es sich um exotische Länder (meist im asiatischen Bereich) und um Ärzte/Krankenschwestern/usw., die sich in diesen Ländern für die Armen einsetzen. Der Autor hat damit wohl aus seinem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen wollen, denn er war selbst als Arzt bei "Ärzte ohne Grenzen". Ich für meinen Teil hätte es besser gefunden, wenn er einfach über seine Erlebnisse berichtet und nicht alles in Kurzgeschichten gepackt hätte. Zwischenzeitlich hatte ich nämlich so das Gefühl, dass ich immer wieder die gleiche Geschichte lese.


    Gut gefallen haben mir folgende Geschichten:


    "Kurze Notizen zu tropischen Schmetterlingen"
    Hier hat mir die Verflechtung der verschiedenen Erzählstränge sehr gut gefallen. Es geht um exotische Schmetterlinge, aber auch um verdrängte Erlebnisse und nie überwundene Trauer. Die Mischung fand ich gelungen.


    "Blau"
    Diese Geschichte war tatsächlich mal komplett anders als die anderen in diesem Buch. Das Ende war überraschend und auch die Bergsteigerthematik hat mich gefesselt. Warum nicht gleich so?


    "Erinnerung, Weisheit des Menschen"
    Vor dieser Geschichte hatte ich anfangs etwas Bammel, weil sie die längste in dem Buch war und ich ja allgemein eher wenig begeistert. Aber die Länge kommt der Handlung zugute, der Autor zeigt, dass er richtig erzählen kann. Auch die verschiedenen Themen fand ich interessant: überangepasste Immigranten und der Konkurrenzdruck unter Brüdern ... eine explosive Mischung.


    Leider haben mir die restlichen Geschichten nichts gegeben. Es war wirklich immer wieder das gleiche und das nicht mal besonders spannend oder toll. Wirklich schade, denn ich hatte mich schon auf das Buch gefreut. Aber das war nix.
    2ratten

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)


  • Puh, ich habe mich mehr durch dieses Buch gequält als dass es mir wirklich Spaß gemacht hätte. Allgemein kann ich nur sagen, dass es wirklich langweilig ist, wenn in jeder Kurzgeschichte die gleichen Themen aufgegriffen werden.
    [...]
    Leider haben mir die restlichen Geschichten nichts gegeben. Es war wirklich immer wieder das gleiche und das nicht mal besonders spannend oder toll.


    Hm. Ich bin ja ohnehin nicht so sehr ein Freund von Kurzgeschichtensammlungen oder Anthologien. Aber wenn sie gut gemacht sind, dann macht eigentlich gerade das den Reiz aus: Ein Thema (oder eine Handvoll), das immer wieder vorkommt, aber eben von unterschiedlichen Seiten aus beleuchtet wird.
    Aber das scheint hier ja dann eher nicht geklappt zu haben...

    Even when reading is impossible, the presence of books acquired produces such an ecstasy that the buying of more books than one can read is nothing less than the soul reaching towards infinity... - We cherish books even if unread, their mere presence exudes comfort, their ready access reassurance.

  • Hm. Ich bin ja ohnehin nicht so sehr ein Freund von Kurzgeschichtensammlungen oder Anthologien. Aber wenn sie gut gemacht sind, dann macht eigentlich gerade das den Reiz aus: Ein Thema (oder eine Handvoll), das immer wieder vorkommt, aber eben von unterschiedlichen Seiten aus beleuchtet wird.
    Aber das scheint hier ja dann eher nicht geklappt zu haben...


    Bei Anthologien ergibt es sich ja fast automatisch, dass jeder aus einem anderen Blickwinkel schreibt, einfach schon, weil es verschiedene Autoren sind. Da macht mir ein übergeordnetes Thema auch nichts aus.
    Bei Kurzgeschichtensammlungen von einem Autor wir es schon schwieriger, wenn es nur ein Thema gibt, aber auch da kann ein guter Autor für Abwechslung sorgen. In diesem Buch ist das meiner Meinung nach leider nicht gelungen, weil der Stil einfach immer gleich war und das Thema nicht variiert wurde.
    Schade eigentlich, denn ich mag Kurzgeschichten normalerweise sehr gerne.

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    Eigentlich wollte ich den Titel für die Liste der schottischen Autoren lesen. Allerdings ist der Autor kein Schotte, sondern gebürtiger Australier. Das habe ich schon vor einiger Zeit herausgefunden, aber das Buch hat sich hartnäckig auf der Liste gehalten. Nachdem ich die ersten Seiten gelesen habe, bin ich darüber auch nicht wirklich traurig.


    Worum geht's?

    Kurze Notizen zu tropischen Schmetterlingen ist eine Sammlung von acht Kurzgeschichten, die (noch) nichts mit Schmetterlingen zu tun haben.


    Bis jetzt habe ich die Geschichte einer Frau gelesen, die sehr pragmatisch durchs Leben geht. Als sie ungewollt schwanger wird, trifft sie eine ungewöhnliche, aber für sie logische Entscheidung. Was sie wirklich fühlt, darüber erfahre ich nur wenig. Es scheint, als ob sie alle Gefühle tief in sich weggeschlossen hat. Ob aus Selbstschutz oder aus einem anderen Grund, kann ich nicht erkennen.


    Die zweite Geschichte handelt von einem Mann, der nach zwölf Jahren wieder aufs Meer zurück kehrt. Der Grund ist nicht schön, denn er trifft nach Monaten seinen Vater wieder, der sich nach vierzig Jahren Ehe von seiner Frau getrennt hat. Er will den Vater nach Hause holen, aber der Besuch verläuft ganz anders, als er sich das vorgestellt hat.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Die Geschichte, die dem Buch seinen Namen gibt, ist traurig. Was als große Liebe begann, kann nach einer Tragödie nicht weiterbestehen. Der Erzähler ist nicht bereit, sich zu ändern. Er hat Angst vor Veränderungen und nimmt lieber das Alleinsein in Kauf, solange er an seinen Gewohnheiten festhalten kann.


    Ganz anders macht es das Paar in der nächsten Geschichte. Sie trennen sich und wieder steht ein Sohn zwischen den Eltern. Auch wenn er nicht der Spielball ist, hat er immer das Gefühl, einen Elternteil zu enttäuschen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Auch die nächsten beiden Geschichten sind alles andere als heiter.


    Ich lese vom einem Krankenhaus in einem afrikanischen Staat, in dem Krieg herrscht. Immer mehr Flüchtlinge kommen ins Krankenhaus. Es sind so viele, dass der Priester der benachbarten Mission sich Sorgen um die Sicherheit seiner Leute macht. Aber darf man Menschen, die um Hilfe bitten, abweisen wenn die eigene Sicherheit gefährdet ist?


    In der zweiten Geschichte sehe ich einem Vater zu, der seine beiden Kinder ohne Mutter groß zieht. Sie ist verschwunden, aber was genau passiert ist, darüber will er nicht nachdenken. Auch seine Nachbarn schweigen das Thema tot. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass er Ungeziefer in seinem Haus hört. Oder ist es vielleicht seine Frau?

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Die vorletzte Geschichte hat mich sehr berührt. zum einen mag ich das Thema Bergsteigen sehr, zum anderen kenne ich solche oder ähnliche Geschichten aus manchen der Bücher, die ich darüber gelesen habe.


    Die letzte Geschichte ist die Erinnerung eines Jungen an seinen großen Bruder und sein Erwachsenwerden. Auch wenn John Murray hier wieder schöne Bilder von Landschaft und Menschen gemalt hat, hat sie mir nicht so gut gefallen. Wahrscheinlich, weil ich noch zu sehr unter dem Eindruck der Geschichte vorher gestanden habe. Daran merkt man, wie sehr die Reihenfolge der einzelnen Geschichten den Eindruck der Sammlung beeinflussen kann.


    Ich habe im Thread zum Buch schon gesehen, dass nicht allen die Kurzen Notizen zu tropischen Schmetterlingen gefallen haben. Ich dagegen bin begeistert.

    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.