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Anfang des 20. Jahrhunderts sind große Teile des Nordpolarmeers noch kaum oder gar nicht erforscht und wecken den Tatendrang vieler wagemutiger Abenteurer und Wissenschaftler. Zu diesen gehört auch John McLennan, der im äußersten Nordosten Sibiriens unterwegs ist. Doch im Land der Tschuktschen widerfährt ihm ein Unfall, der sein Leben für immer verändert.
Bei einer Sprengung werden ihm beide Hände zerfetzt, und er hat keine Wahl als sich von den Eingeborenen über Land ins nächste Krankenhaus transportieren zu lassen. Doch der Transport verläuft nicht wie gewünscht - zunächst leidet John an Wundbrand, so dass eine Schamanin ihm, um sein Leben zu retten, die Finger amputieren muss; und als er schließlich zur Küste zurückkommt, hat sich sein Schiff längst auf den Heimweg in die USA gemacht.
Nun sitzt er im Tschuktschendorf Enmyn fest, schwer verletzt, zwischen “ungewaschenen, unzivilisierten Wilden”, ihrer Sprache nicht mächtig und ihrer Sitten nicht kundig, und muss sich darauf einrichten, hier den langen Polarwinter zu überstehen. Als Gestrandeter tut er sich erwartungsgemäß am Anfang schwer, sich mit dieser Situation abzufinden, aber bald siegt der Überlebensinstinkt über das Selbstmitleid. Er beginnt, am Leben des Dorfes teilzunehmen - und dieses Leben besteht in erster Linie aus dem Kampf ums Überleben, der nur in der Gemeinschaft zu gewinnen ist. So helfen ihm die Tschuktschen auch wo es nur geht - aus Freundlichkeit, aber auch weil es schwierig ist, ein völlig nutzloses Maul zu stopfen. Und John lernt, worauf es ankommt; er erhält Prothesen und fängt bald an, sich in seinem neuen Leben einzurichten.
In den folgenden Jahren wird er langsam aber sicher zu einem “Lygorawetljan”, einem “echten Menschen”, wie sich die Tschuktschen selbst nennen. Er wird ein erfolgreicher Jäger, nimmt sich eine Frau und gründet eine Familie, findet Freunde, macht sich aber auch Feinde. Vor allem aber kann er dank seiner Erfahrung seine neuen Gefährten gegen die Übergriffe und Ausbeutungsversuche weißer Händler, Goldsucher und Abenteurer in Schutz nehmen. So wird aus einem verzweifelten Winter ein ganzes, erfülltes Leben…
In wunderbarer poetischer Sprache und eindrucksvollen Bildern erzählt der Tschuktsche Rytchëu vom Leben seines Volkes und wie ein weißer Mann es erlebt. Voller Einfühlungsvermögen, aber dennoch unsentimental und in aller Deutlichkeit lässt er den Leser an der Fremdartigkeit, aber auch an den Werten, die alle Menschen verbinden und für das Überleben dieses Volkes überlebenswichtig sind, teilhaben. Der Autor selbst ist in beiden Welten zu Hause und damit wohl der berufenste Zeuge, um aus der dieser vom Untergang bedrohten Welt zu berichten.
Seine Sprache ist einfach, aber eindrücklich; auch wenn sich die Erzählung um die Person des John McLennan kristallisiert, geht es doch nicht so sehr um einzelne Charaktere, sondern um das Miteinander in einer feindlichen Umwelt. Viele Weisheiten, wie man sie hierzulande vor allem in Selbsthilferatgebern für ein glücklicheres Leben findet, sind für die Existenz dieses Volkes unverzichtbar, und so nimmt man aus der unprätentiösen Beschreibung der Härten dieser Existenz vor allem eine Lehre mit: Dass sich bei genauerem Hinschauen die Grundlagen dieser faszinierenden, fremdartigen Kultur gar nicht so sehr von der unsrigen unterscheiden.
Hier noch eine Karte von Tschukotka: