Mahmud Doulatabadi – Die Reise

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    Zum Autor (Klappentext): Mahmud Doulatabadi wurde 1940 in einem Dorf der nordostiranischen Wüstenregion geboren. Nach dem Besuch der Schule war er in der Landwirtschaft und in verschiedenen Handwerksberufen tätig. Später absolvierte er die Teheraner Theaterakademie und war eine Zeitlang Schauspieler. Aus politischen Gründen befand er sich zwei Jahre in Haft. Heute lebt er in Teheran. Er hat zahlreiche Romane, Erzählungen, Theaterstücke und Essays veröffentlicht und gilt als bedeutendster Vertreter der zeitgenössischen persischen Prosa.



    Inhalt: Mochtar wird arbeitslos und beschließt, nach Kuwait zu gehen, um dort zu arbeiten. Seine Frau Chatun, die kleine Tochter Chawar und Chatuns Mutter lassen ihn nur ungern ziehen, aber irgendwie muß der Unterhalt der Familie sichergestellt werden. Die Zeit vergeht und von Mochtar treffen weder Briefe noch Geld ein, die Lage für die Familie ist schwierig. Etwa zur gleichen Zeit kommt Marhab, eine junger, unbekümmerter Gelegenheitsarbeiter in die Gegend. Er freundet sich mit einem gewissen Ali an, der ihm einen Job in der Fabrik besorgt, in der er auch selbst arbeitet. Bei seinen Streifzügen wird Marhab auf Chatun aufmerksam und die Annäherung ist nur eine Frage der Zeit. Das geht so weit, daß Chatun Marhab als ihren Mann ausgibt, denn schon längst hat sie die Nachricht erreicht, daß Mochtar tot sei. Aber Marhab ist es nicht gewohnt, Verantwortung für sich, geschweige denn für andere zu übernehmen. Er verliert seine Stelle in der Fabrik, weil er sich nicht demütig unterordnet. Chatun will selbst arbeiten gehen, aber von dem Lohn einer Frau zu leben kommt für Marhab überhaupt nicht in Frage. Er beschließt, lieber seine Wanderschaft fortzusetzen und plant, wie Mochtar nach Kuwait zu gehen. Mochtar ist aber nicht tot, sondern mit nur einem Bein und geistig etwas verwirrt zurückgekommen. Er traut sich nicht, seiner Familie unter die Augen zu treten, beobachtet nur immer das Haus. Ein Zusammentreffen mit Marhab ist daher unausweichlich.



    Meine Meinung: Insgesamt strahlt die Erzählung eine recht düstere Grundstimmung aus, das tragische Ende ist absehbar und passend. Obwohl Mochtar und Marhab sehr unterschiedliche Typen sind, werden sie durch äußere Umstände zu identischen Entscheidungen getrieben – voraussichtlich aber mit abweichenden Ergebnissen. Bedingt wird diese Entscheidung auch durch die traditionelle Rollenverteilung mit dem Mann als Ernährer der Familie. Bemerkenswert ist dabei, daß die Männer hier als relativ schwache Charaktere daherkommen, während die Frauen sich an einer Schnittstelle zwischen Tradition und Moderne (eine Fabrik sucht nämlich auch Arbeiterinnen, weshalb Chatun überhaupt darüber nachdenkt, arbeiten zu gehen) behaupten. Chatun und Marhab sind, vor diesem Hintergrund und gemessen an der Kürze der Erzählung, gut gezeichnet, die übrigen Charaktere verblassen daneben naturgemäß ein wenig. Zu berücksichtigen ist auch, daß diese Erzählung 1969, also noch zu Zeiten des Schahs, entstanden ist. Das erklärt vielleicht den doch etwas laxen Umgang mit der Religion, so wird durchaus einiges an Wodka getrunken. Allerdings bin ich in letzter Zeit häufiger über Alkohol trinkende Muslime in arabischen Literatur dieser Zeit „gestolpert“, es könnte also tatsächlich eine Erscheinung eines damals herrschenden Zeitgeistes in diesen Ländern gewesen sein.



    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Huch, schon bei den ersten Zeilen der Inhaltszusammenfassung kam mir die Geschichte bekannt vor, und das, obwohl ich sicher bin, von Doulatabadi nie etwas gelesen zu haben. Bei der Erwähnung des einbeinig heimkehrenden Mannes fiel dann der Groschen: ich habe die Verfilmung gesehen, von der ich nicht wusste, dass sie nach einem Roman entstanden war.
    Die relative Stärke der Frauen ist auch mir aufgefallen, aber in Erinnerung geblieben sind mir vor allem die phantastischen "Eisenbahnschienen in Schnee"-Bilder (siehe Filmplakat), meine Probleme, die verschiedenen Personen auseinander zu halten und Irritation über den keine Verantwortung tragen könnenden Marhab. Übrigens hatte ich nicht den Eindruck, der Film spiele in vergangenen Tagen, aber es kann auch gut sein, dass mir die entsprechenden Zeitmarköre aufgrund meiner mangelnden Hintergrundkenntnisse einfach nicht aufgefallen sind.


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    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Mit diesem Buch konnte ich leider wenig anfangen. Die pessimistische Grundstimmung fand ich dabei nicht unbedingt störend, allerdings ist mir die Geschichte zu „unrund“ - ich habe keinen roten Faden in der Erzählung gefunden und die Personen bleiben undurchsichtig, da ihr Handeln nur bedingt erklärt wird. Manche Szenen erschließen sich mir überhaupt nicht, ich fand sie einfach überflüßig z.B. den Streit zwischen Chawar und ihrer Großmutter, die sie übelst beschimpft. Ich hätte mir gewünscht, dass Doulatabadi das Ganze etwas mehr ausarbeitet, so habe ich das Gefühl, er hat eine gute Idee nicht zu Ende gedacht. Dann hätte man vielleicht auch bessere Einblicke in den Alltag gehabt. Auch was die größeren Umbrüche im Hintergrund angeht kann man lediglich vermuten, dabei gibt eine Gesellschaft zwischen Tradition und Moderne mehr her, als Doulatabadi dem Leser bietet.


    2ratten


    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges