Erich Kästner - Fabian / Der Gang vor die Hunde

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  • Ich fände es auch interessant, aber ich glaube, ich müsste "Fabian" zuerst nochmal lesen. Schade, dass die Urfassung nicht in den gesammelten Werken enthalten ist.

  • illy

    Hat den Titel des Themas von „Erich Kästner - Fabian“ zu „Erich Kästner - Fabian / Der Gang vor die Hunde“ geändert.
  • „Der Gang vor die Hunde“ ist die wiederaufbereitete Urfassung von Kästners bekanntestem Erwachsenenroman „Fabian“. Als Anhang gibt es noch Kommentare Kästners sowie jede Menge Informationen und Erläuterungen zu den Unterschieden zwischen dieser Fassung und „Fabian“, hier kann man sich literaturwissenschaftlich austoben.


    Vorneweg gesagt, ich habe bislang von Kästner nur damals ein oder zwei seiner Kinderbücher gelesen und nichts für Erwachsene.


    „Der Gang vor die Hunde“ gefiel mir jedenfalls sehr gut, die Hauptfigur Fabian gehört nirgendwo so wirklich dazu, er begeistert sich auch nicht vollen Herzens für Irgendetwas, sondern beobachtet lieber das Geschehen. Dabei ist er direkt und gesellschaftskritisch, ich verstehe, was dieses Buch zum Opfer der NS-Bücherverbrennung werden ließ.


    Ich musste beim Lesen, gerade bei den Nachtleben-Szenen zu Beginn, häufig an die Verfilmung von Volker Kutschers erstem Roman „Der nasse Fisch“ als die Serie „Babylon Berlin“ denken, die ich nun in dieser Beziehung noch ein Stück weit gelungener finde, da ich die Stimmung, wie sie in diesem Buch auch in zeitgenössischer Lektüre dargestellt wird, hervorragend wiedergegeben finde.


    Ich habe zudem Anfang des Jahres den Film „Kästner und der kleine Dienstag“ gesehen und konnte einige Parallelen zwischen dem dort beschriebenen Kästner und seiner Figur Fabian erkennen (z.B. die Mutterbeziehung), um so bedeutsamer finde ich es eigentlich, dass der moralistische Fabian letztlich zum Scheitern verurteilt ist.


    Für mich spiegelt der Roman auch ein wichtiges Stück Zeitgeschichte wieder und das auf eine immer noch sehr gut lesbare Weise. Von mir gibt es definitiv eine Empfehlung.


    4ratten

  • Ich bin nach der Lektüre gerade etwas geplättet: So kannte ich den Kästner ja gar nicht! Das ist doch ein ganzes Stück von seinen Kinderbüchern und den "Drei Männern im Schnee" entfernt.


    Nach einem anfänglichem Schock, der überraschenden Offenheit in der Darstellung des Umgangs zwischen den Geschlechtern geschuldet, ergriff mich das Buch zunehmend, und begeisterte mich durch seine intensive Darstellung einer schwierigen Zeit immer mehr. Mit dem Gedanken daran, wie sich die europäische Geschichte nach der Entstehung des Buches entwickelte, liess einige Sätze noch tiefer wirken als sie (vielleicht) damals aufgefasst wurden.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Mit dem Gedanken daran, wie sich die europäische Geschichte nach der Entstehung des Buches entwickelte, liess einige Sätze noch tiefer wirken als sie (vielleicht) damals aufgefasst wurden.

    Kästners fast schon prophetische Einschätzung der Situation fasziniert mich immer wieder. Auch bei den Gedichten konnte ich manchmal kaum glauben, dass sie schon vor der Machtergreifung geschrieben wurden und so treffend die Zukunft vorhersagen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Die Frage ist ja: Wen werden die Literaturhistoriker in 90, 100 Jahren als den "Kästner der 2020er Jahre" bezeichnen?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)