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Inhalt: Nur drei Wochen nach der Hochzeit wird der Arzt Kejun 1958 mit einer Militäreinheit nach Tibet geschickt, einige Wochen später erfährt seine Frau Shu Wen, daß sie Witwe geworden sei. Aber die Nachricht ist merkwürdig, sie enthält nicht die üblichen Floskeln der Armee. Shu Wen glaubt, daß irgendetwas nicht stimmt und will selbst nach Tibet, um ihren Mann dort zu suchen. Da sie gleichfalls Ärztin ist, wird sie von der Armee dankbar aufgenommen. Die Fahrt nach Tibet ist anstrengend, im Land wird schnell klar, daß die Chinesen nicht erwünscht sind: Jede Nacht sterben zwei Soldaten durch tibetische Messer. Einmal finden die Soldaten auf der Straße eine völlig erschöpfte Tibeterin, die Chinesisch spricht. Shu Wen und Zhuoma freunden sich an, nach einem Hinterhalt ziehen die beiden Frauen, beide auf der Suche, allein weiter. Sie geraten in eine Nomadenfamilie, bei der sie Jahre leben. Nachdem Zhuoma eines Tages entführt wird, ist Shu Wen auf sich allein gestellt, sie bleibt bei der Familie, lernt vieles über das Leben und die Spiritualität der Tibeter, nutzt aber immer noch jede der wenigen Gelegenheiten, Erkundigungen über ihren Mann einzuholen. Als sie nach dreißig Jahren in ihre Heimatstadt Suzhou zurückkehrt, ist sie eine Fremde geworden.
Meine Meinung: Angeblich hat Xinran Shu Wen in Suzhou getroffen, als diese nach ihrem Leben in Tibet zurückgekehrt war, und hat sich von ihr ihre Lebensgeschichte erzählen lassen. Faszinierend an der Geschichte fand ich die Anstrengungen, die Shu Wen auf sich nimmt, denn immerhin ist sie nach Zhuomas Entführung in einer schwierigen Situation mit praktisch keiner Verständigungsmöglichkeit, da sie zu dieser Zeit noch kaum Tibetisch spricht. Passend dazu sind daher leider auch die Einblicke in tibetisches Denken und tibetische Religiösität nicht besonders tiefgehend, denn Shu Wen versteht davon sicher vieles schon nicht, und durch den Filter der doppelten Erzählung wird das nicht besser (mal ganz abgesehen vom ohnehin beschränkten Umfang des Buches). Hier bleibt vieles Stückwerk und Andeutung, vor allem, was die Gedanken hinter religiösen Zeremonien angeht, die ich mehr oder weniger nur achselzuckend zur Kenntnis nehmen konnte.
Interessanter waren die Lebensbedingungen der Nomaden, über die man etwas mehr erfährt, wie die Arbeitsteilung in der Familie und die Ernährungsgewohnheiten. Und noch etwas hat mich erstaunt, wenn es denn der Wahrheit entspricht, nämlich wie abgeschieden offensichtlich viele Tibeter selbst noch in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren lebten, so daß sie die politischen Entwicklungen praktisch gar nicht mitbekamen.
Noch ein Wort zur Einordnung: Ich habe es hier unter „Sonstige Belletristik“ gepackt, weil ich das Buch bei Internet-Recherchen an verschiedenen Stellen als Roman bezeichnet gefunden habe. Ob die Rahmengeschichte mit der Begegnung zwischen Xinran und Shu Wen den Tatsachen entspricht, und wenn ja, inwieweit das auch für die Geschichte selbst gilt, und deshalb eine Einordnung unter „Biographien“ erlauben würde, kann ich nicht beurteilen.
Schönen Gruß,
Aldawen