Sabine Weigand - Die Markgräfin

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    Verlag: Fischer Tb
    ISBN: 3-596-15935-0
    Seiten: 477
    Ausgabe: Taschenbuch
    ET: 08.2005
    Preis: € 8,95


    Kurzbeschreibung


    Franken, 16. Jahrhundert


    Mit zehn ist sie verheiratet. Mit zwölf Witwe.
    Mit fünfzehn heiratet sie den König von Böhmen.
    So steht es in den Chroniken. Als sie endlich ihr eigenes Leben führen will, sperren ihre Brüder sie ein. Ihre Spur verliert sich 1542. Bis in unseren Tagen ein geheimnisvoller Fund die Geschichte der Markgräfin Barbara von Ansbach enthüllt...


    Meine Meinung


    Nach „Das Perlenmedaillon“ ist „Die Markgräfin“ das zweite Buch der Autorin, das ich gelesen habe und ich muss sagen, ersteres hat mir deutlich besser gefallen.


    Stilistisch ist „Die Markgräfin“ äußerst interessant und fast perfekt. Sabine Weigand benutzt zum Spannungsaufbau zwei Zeitebenen: die Gegenwart, in der Hobbyhistoriker sich an die Aufklärung eines jahrhundertealten Mordes an einem Säugling machen, und die Vergangenheit, in der der Leser „hautnah“ die Ereignisse bis zur Ermordung eben jenes Kindes miterlebt. Um alles authentischer wirken zu lassen, lässt die Autorin zahlreiche Briefe und Dokumente, teilweise historisch verbürgt, in ihren Roman einfließen, die alle in der damaligen Schriftsprache verfasst sind. Das hat mir äußerst gut gefallen, auch wenn die Sprache ab und an gewöhnungsbedürftig ist. Und nicht nur in Schrift, sondern auch in Wort, versucht die Autorin, die damals geläufige Sprache konsequent zu benutzen. Einerseits finde ich das großartig, da es dem Roman ein gewisses Flair verschafft, andererseits bin ich doch des Öfteren über fremde Begriffe gestolpert. Ein Glossar hätte ich sehr nützlich gefunden, auch wenn sich mir die meisten Begriffe erschlossen. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass der Roman bei Genre-Anfänger einige Fragen aufwerfen könnte.


    Am Anfang hatte ich große Schwierigkeiten mich einzulesen. Es hat eine ganze Weile gedauert bis ich einigermaßen in die Geschichte eintauchen konnte. Die schnellen Perspektivenwechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit haben es mir da nicht gerade leichter gemacht. Vor allem, weil ich gerade zu Beginn die Gegenwartsabschnitte als störend empfunden habe. Im Laufe der Geschichte haben mir die Gegenwartsabschnitte dann doch noch besser gefallen als die Vergangenheitspassagen. Sie waren deutlich spannender und interessanter. Barbaras Geschichte mag zwar wirklich grausig und tragisch sein, allerdings hat sie es nicht geschafft, mich zu berühren und richtig zu packen. Ich war nur einmal tief bewegt und das ist mir bei einer derart dramatischen Geschichte zu wenig.


    Keine der Figuren konnte mich in ihren Bann ziehen, am ehesten noch der Kastellan Haubold aus der Gegenwart. Ich vermute, das lag vor allem an den Perspektivenwechseln. Meistens habe ich dadurch Schwierigkeiten eine Beziehung zu den Figuren aufzubauen. Auch wirken sie auf mich zum Großteil leicht durchschaubar und recht eindimensional. Richtig überraschen konnte mich keine Figuren, aber sie haben zumindest glaubhaft im Rahmen ihrer charakterlichen Darstellung agiert und waren recht lebendig.


    Der mit Abstand größte Kritikpunkt von allen ist für mich, dass Barbaras Leben aus dem eigentlichen historischen Kontext heraus gerissen und in eine andere Zeit, etwa 50 Jahre zeitversetzt, eingepflanzt wurde, um einen spannenderen historischen Hintergrund zu bekommen. So etwas mag ich generell nicht und es hat mich fürchterlich verwirrt, da ich nie genau wusste, welchen historisch belegten Personen Barbara nun wirklich begegnet ist und welchen nicht. Zwar geht die Autorin in ihrem Nachwort ein wenig darauf ein, aber meiner Meinung nach nicht ausreichend. Vieles habe ich mir selbst noch rausgesucht und überprüft, weil ich schon wissen wollte mit wem Barbara es nun damals zu tun hatte.


    Insgesamt hat der Roman sowohl größere Schwächen, als auch große Stärken. Der Gegenwartsteil ist spannend und unterhaltsam erzählt und bringt einem die Recherchearbeit eines Historikers sehr nahe, was mich unglaublich begeistert hat. Auch wenn ich das Buch sicherlich nicht noch einmal lesen werde, hatte ich schöne Lesestunden.


    Bewertung


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Liebe Grüße<br />Melli

  • Ich habe dieses Buch gerade beendet. Ein ganz toller historischer Roman.
    Mir ging es genau umgekehrt. Mir haben die Vergangenheitspassagen besser gefallen. Aber nur deshalb weil ich selbst Geschichte studiere und momentan mit dem ganzen Quellenforschungsdings 'gepflanzt' werde. Der Gegenwartsteil weist allesamt sehr nette Charaktere auf und hier ist die Quellensuche wirklich gut dargestellt.


    Super Buch, auf keinen Fall eines dieser typischen 'Die ...in' Bücher mit dermassen emanzipierten Frauen, dass sie aus der Gegenwart stammen könnten. Die Zeitversetzung fand ich anfangs etwas seltsam, störte mich aber dann überhaupt nicht mehr. Es ist eine tolle Geschichte daraus entstanden.


    Das Buch hat mich jetzt ganz neugierig auf die Plassenburg gemacht, wenn ich mal in der Nähe bin schaue ich sicher vorbei. Ich habe auch gleich nach der Doktorarbeit von Fr. Weigand über die Plassenburg gesucht, die werde ich mir bei Gelegenheit mal ausleihen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Für 5 Ratten hätte das Buch nochmal ein paar hundert Seiten haben müssen :breitgrins:

    "Man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit." A. Schopenhauer

    :blume::engel::katze:

    Einmal editiert, zuletzt von sandi ()

  • Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Gerade die Verbindung der beiden Zeitebenen und die eingefügten Dokumente fand ich gelungen, weil so aus den unterschiedlichen Perspektiven die Dinge langsam klar werden.


    Die Zeit war ziemlich schlimm, gerade für Frauen, viel schlimmer als das eigentliche Mittelalter! Es ist nämlich nicht so, dass sich die Dinge immer vom schlechteren zum Besseren entwickelt hätten. Gerade die Zeit um die Reformation war in Deutschland schrecklich.


    Es ist zwar schon eine Weile her, aber vier Ratten hat das Buch verdient! 4ratten

  • Hallo Ihr Lieben,


    im Rahmen des SLW 2009 habe ich nun auch dieses Buch gelesen und hier gibt es
    Meine Meinung:
    Im Jahr 2001 findet der Kastellan auf der Plassenburg die Leiche eines Säuglings aus dem Zeitraum um das 16. Jahrhundert. Während nun in der Gegenwart die Spurensuche beginnt und einige Leute heraus zu finden versuchen, wer die Mutter des Säuglings war und was es mit der Leiche auf sich hat, springt die Zeitebene immer wieder in eben besagte Zeit. Hier beginnt die Geschichte 1525 mit der kleinen Barbara, Markgräfin von Ansbach, die mit 10 Jahren an einen viel älteren Ehemann verheiratet wird. Jedoch stirbt dieser bereits nach 2 Jahren Ehe, ohne dass die Ehe wirklich vollzogen wurde und das Leid von Barbara nimmt seinen Lauf.


    So wie die Zeitebene wechselt, so wechselt auch die Sprache: In der Vergangenheit ist der Schreibstil komplett der damaligen Sprache angepasst, was es für mich als Leser zuerst schon erschwert hat, in die Geschichte mich einzufinden. Jedoch nach anfänglicher Gewöhnungszeit, war ich dann total in der Geschichte drinnen und wollte lieber in der Vergangenheit weiter lesen, als die Spurensuche in der Gegenwart zu verfolgen! :breitgrins:


    Die Autorin hat geschickt eine wahre Begebenheit mit einem Schuss Fantasie vermengt und daraus ein sehr lebendiges Porträt der Markgräfin gezeichnet. Da die Geschichte der Frau teilweise auf Tatsachen beruht, war ich noch mehr erschüttert, was diese Frau alles erleiden und erdulden musste, einfach aus dem Grund, weil sie eine Frau war und ihre einzige Daseinsberechtigung darin bestand, möglichst gewinnbringend verheiratet zu werden. Als sie selber bestimmen möchte, wird sie von ihrem Bruder eingesperrt und und muss noch einiges Schlimmeres ertragen. Ich muss sagen, dass mich das Buch stellenweise sehr erschüttert hat und ich froh bin, dass ich nicht zu der Zeit lebe!


    Sehr gut gefallen hat mir an diesem Buch, dass es der Autorin gelungen ist, eine für ihre Zeit starke Frau zu zeichnen, die aber trotzdem sich immer noch ihrer Zeit entsprechend verhält. Der Leser bekommt keine Superheldin präsentiert und auch keine Frau, die eigentlich in unsere Zeit passen würde, sondern eine weibliche Hauptfigur, die trotz allem versucht das Beste aus ihrer Lage zu machen und eine sehr große innere Stärke vorweist.


    Auf keinen Fall passt die Assoziation, die der Titel hervorruft, mit anderen historischen "...-in" Romanen.


    Sehr positiv ist mir auch das Nachwort der Autorin aufgefallen, in dem sie noch mal darauf eingeht, was historischen Tatsachen entspricht und was leider nicht. Dass der einzige Lichtblick im Roman leider nicht historisch belegt ist, hat mich dabei sehr nachdenklich zurück gelassen.


    Auf jeden Fall ein Buch, dass ich Fans historischer Romane nur empfehlen kann!


    4ratten


    Liebe Grüße
    Tammy

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • Ich hatte kürzlich das Hörbuch zur "Markgräfin" und wie Cait zunächst große Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzukommen, nicht nur wegen der wechselnden Zeitebenen, sondern auch, weil mir die Figuren zunächst kaum nahekamen.


    Nach einiger Zeit änderte sich das aber und die Geschehnisse entwickelten einen regelrechten Sog, so dass ich am Ende doch 4ratten vergeben habe.


    Dass man Barbara aus ihrem historischen Kontext gerissen hat, finde ich allerdings auch blöd.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo,


    ich habe diese Ausgabe hier gelesen:


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    Meine Meinung:


    Das Buch ist auf zwei Zeitebenen erzählt, was durchaus sehr spannend sein kann, aber die ein oder andere Stolperfalle birgt. Die Idee für die Geschichte hat mir gut gefallen, die Umsetzung leider nicht.
    Neben der Ebene, auf der es um die Markgräfin Barbara geht, gibt es eine zweite Ebene, auf der es sich um ein Forscherteam dreht. An sich wären beide Handlungsstränge interessant gewesen, allerdings wird sämtliche Spannung kaputtgemacht, indem im einen Handlungsstrang verraten wird, wie der andere ausgeht (mehr oder weniger) und umgekehrt.
    Dadurch fragt man sich am Ende nur noch, wie es zu dem Geschehen kommen konnte und das war leider nicht sehr spannend.


    Außerdem war mir die Geschichte um das Forscherteam einfach zu trocken. Ich weiß, wie schwierig und langwierig Literaturrecherche sein kann (erst recht mit so alten Quellen), aber wieso sollte ich über sowas in meiner Freizeit lesen wollen?
    Der Handlungsstrang wird mit einer unnötigen Liebelei versehen, in der zwei Mitglieder des Forschungsteams verkuppelt werden. Da kam einfach überhaupt keine Stimmung auf und die Charaktere blieben allgemein farblos.


    Mit Barbara konnte ich mich schon eher identifizieren, allerdings habe ich auch mit ihr nicht so sehr mitgelitten, wie es angesichts dessen, was sie durchmacht, hätte sein können.
    Dieser Handlungsstrang wird leider durch zahllose Quellen verunstaltet (meiner Meinung nach). Das hatte wieder was von Literaturrecherche und ich hatte das Gefühl, dass die Autorin sämtliche mühsam gesammelten Briefe verarbeiten wollte. Das Buch hatte durch die teilweise seitenlangen Briefe etwas von einem Sachbuch.


    Insgesamt wechseln sich die Handlungsstränge sehr oft ab, weil die Kapitel oft sehr kurz sind. Dadurch wurde ich immer wieder aus der Handlung herausgerissen und konnte mich auf keinen der Handlungsstränge wirklich einlassen.
    Außerdem wird die Perspektive oft gewechselt und manchmal kommt es vor, dass aus Sicht von völlig unwichtigen Nebenfiguren erzählt wird. Das hat diesen Eindruck noch zusätzlich verstärkt.


    Leider kann ich dieses Buch also nicht weiterempfehlen, obwohl die grundliegende Idee durchaus interessant ist. Eigentlich war es mir um meine kostbare Lesezeit fast zu schade, weil mich dieses Buch teilweise ziemlich genervt hat.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    LG, Mobi

  • Ich habe das Buch soeben beendet und will euch meine Meinung nicht vorenthalten.


    Eine Rezi fällt mir diesmal komischerweise sehr schwer und das obwohl mir das Buch eigentlich gefallen hat.


    Über den Inhalt brauche ich glaube ich nichts mehr zu verraten, der steht ja schon in den anderen Rezis. Daher komme ich gleich mal zu meiner Meinung.
    Als erstes muss ich sagen, dass ich es Sabine Weigand zu Gute halte, dass sie sich wirklich viel Mühe mit der Recherche gemacht hat. Das sieht man schon allein an den zahlreichen Briefen, die im Buch eingearbeitet sind und einen Einblick in die Zeit geben. Wer es allerdings nicht so mit seitenweisen Briefen hat, wird hier keine Freude haben.


    Weigand schreibt am Ende des Buches, dass es die Markgräfin Barbara tatsächlich gab, dass sie aber einige Figuren verändert hat - aus dramaturgischen Gründen. Das kann ich noch verstehen. Was ich allerdings im Nachhinein nicht so gut finde ist die Versetzung in der Zeit um einige Jahrzehnte. Eigentlich sollte es nichts ausmachen, aber da streubt sich in mir die Historikerin. Wenn man unbedingt eine Geschichte über eine historische Person schreiben will, dann sollte man sie nicht in der Zeit versetzen, nur um eine spannendere Kulisse zu haben.


    Gut fand ich dagegen die Abwechslung zwischen historischer Geschichte und Gegenwart. Das hat das Buch aufgelockert. Anfangs fand ich die Geschichte in der Gegenwart sehr nervig, aber nach und nach hat sie an Spannung zugenommen. Was ich mit der Zeit aber sehr nervig fand war, dass die Autorin Ereignisse immer voweg genommen hat. In der Gegenwart-Erzählung erfährt der Leser viele Details, die in der historischen Ebene noch gar nicht passiert sind. So ist das Buch zwar interessant zu lesen, aber manche Dinge hätte ich gerne erst später erfahren, wenn sie passieren und nicht schon rund 100 Seiten früher.


    Aber nichts destotrotz fand ich das Buch sehr gut. Vor allem die Markgräfin und ihre Dienerinnen sind mir im Laufe der Zeit sehr an Herz gewachsen. Ich hatte einige nette Lesestunden und auch dass es zwei Liebesgeschichten gab, hat das Buch sympathisch gemacht.


    Alles in allem also ein nettes, aber sicher nicht berauschendes Buch. Von mir gibt es daher 3ratten


    Katrin

  • Ich hab das Buch auch gelesen, allerdings ist das schon eine ganze Weile her und ich weiß das ich das Buch dann auch losgeworden bin^^ Mir hat es also überhaupt nicht gefallen. Das Buch ist auch der Grund weshalb ich einen Bogen um die Romane der Autorin mache.

  • Meine Meinung
    Und hier noch eine positive Meinung. Mir hat das Buch ziemlich gut gefallen, vor allem, weil ich etwas ganz anderes erwartet habe. Ich hätte Sabine Weigand eher auf eine Schiene mit Iny Lorentz gesetzt, aber damit lag ich ganz schön daneben. Weigand arbeitet historische Zeugnisse mit ein. Ich muss sagen, dass mir gerade die Passagen mit den Briefen gefallen haben, weil ich mich allein durch die Ausdrucksweise und die ungewohnte Schreibung direkt ins Mittelalter versetzt gefühlt habe. Ich fand es sehr spannend zu lesen, was eine kleine Adelige ihrer Mutter zu berichten hat und wie erstaunlich offen über so manche Ereignisse gesprochen wurde.


    Auch die Handlung in der heutigen Zeit hat es mir angetan. Endlich mal finden die Protagonisten nicht nach zwei Seiten schon des Rätsels Lösung, sondern brauchen viel Zeit und Geduld um voranzukommen. Ich fand die Recherche-Arbeit interessant und war immer ganz aufgeregt, wenn die Gruppe wieder auf ein neues Detail gestoßen ist. Die Liebesgeschichte hätte es nicht unbedingt gebraucht, aber wirklich gestört hat sie mich jetzt auch nicht.


    Was ich allerdings nicht so toll fand (wie viele meiner Vorschreiber) war die Zeitversetzung der historischen Ereignisse. Ich bin mir sicher, dass man auch ohne diese eine spannende Geschichte hätte erzählen können, gerade weil Weigand Ahnung von der Materie hat.


    Ansonsten gibt es nicht viel zu meckern. Ich fands toll, wie realistisch die damaligen Lebensbedingungen geschildert wurden. Es stinkt, es ist kalt auf der Burg und auch eine Markgräfin schläft nicht in Damastbettwäsche. Mir hats gefallen und ein Besuch auf der Plassenburg steht jetzt auf meiner Wunschliste.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    P.S.: Offensichtlich habe ich lange (oder sogar noch nie) keinen annehmbar recherchierten historischen Roman mehr gelesen, denn ansonsten hätte ich bestimmte historische Romane anders bewertet. :rollen: Aber gut, manchmal ist Unwissenheit auch ein Segen und ich kann (dank mangelnden Wissens) viele historische Romane genießen ohne mich auf jeder Seite über falsche Angaben ärgern zu müssen. :breitgrins:

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)


  • P.S.: Offensichtlich habe ich lange (oder sogar noch nie) keinen annehmbar recherchierten historischen Roman mehr gelesen, denn ansonsten hätte ich bestimmte historische Romane anders bewertet.


    Ich kenne bisher erst zwei Bücher von Sabine Weigand, die mir beide sehr gut gefallen haben. Man merkt, dass sie Historikerin ist. Ihre Methode, um eine historische Begebenheit einen Roman herumzustricken, setzt sie für meine Begriffe sehr gut um. Ich habe sie auf einer Lesung erlebt, wo sie sehr spannend erzählt hat, wie ihre Geschichten entstehen. Danach liest man die Bücher auch wieder ein wenig anders.

  • Franken, im Jahr 1527. Zum Wohl der Familie wird die Markgrafentochter Barbara im Alter von zehn Jahren verheiratet, mit zwölf ist sie bereits wieder Witwe. Wieder wegen der Familie heiratet sie drei Jahre später den böhmischen König, doch die beiden Ehegatten werden sich nie auch nur begegnen. Aus erbrechtlichen Gründen wird Barbara von ihren beiden Brüdern auf der Plassenburg bei Kulmbach festgesetzt, um zu verhindern, dass sie ihr Leben und Schicksal selbst bestimmen kann. Und dort verbringt sie Jahr um Jahr, bis ihre Chance doch eines Tages zu kommen scheint.


    Das Leben von Barbara steht zwar im Mittelpunkt, aber das Buch wartet noch mit einem zweiten Erzählstrang auf, nämlich der Suche von vier Männern, die zufällig auf Hinterlassenschaften aus dem 16. Jahrhundert und damit auf Barbaras Spuren stoßen. Teil aus beruflichen Gründen, teils aus privater Leidenschaft beschließen sie, das Geheimnis zu lüften. Obwohl das auf trockene Recherchen hinausläuft, ist es doch nicht weniger spannend als die eigentliche Geschichte. Meist sind die Männer der historischen Handlung immer einen Schritt voraus, doch es wird nie so viel verraten, dass man gleich weiß, wie es mit Barbara weitergeht. Sie verkörpert die vielen Frauen, die früher aus politischen oder wirtschaftlichen Interessen nach Gutdünken der Männer ihrer Familien mehr oder weniger verschachert wurden. Eigene Vorstellungen, Wünsche oder gar Gefühle zählten dabei überhaupt nicht. In Barbara ist schon ein wenig die Frau von des 20. Jahrhunderts zu erkennen, aber ob und wie sie es umsetzen kann, verrate ich natürlich nicht.


    Die Charaktere, egal in welcher Zeitebene, erscheinen sehr authentisch, denn jeder von ihnen hat auch Schwächen, keiner ist ein Übermensch. Barbara wird nicht als die atemberaubende Schönheit dargestellt, sondern als äußerlich durch eher durchschnittlich. Auch vom Intellekt her hebt sie sich zwar von vielen der damaligen Frauen ab, wird aber nicht als übertrieben klug geschildert. Ihre Gedanken und Empfindungen lassen sich leicht nachvollziehen, es ist nicht schwer, sich in sie hineinzuversetzen.


    „Die Markgräfin“ aus dem Jahr 2004 ist Sabine Weigands erster Roman und weist schon die bewährten Stilmittel auf, die auch ihre späteren Bücher kennzeichnen. Auf geschickte Weise werden Wahrheit und Phantasie verwoben und eine spannende Geschichte daraus geschaffen. Die Handlung dreht sich um eine historische Persönlichkeit, echte Schauplätze und Ereignisse. Die Rahmenhandlung fügt sich nahtlos in die geschichtlichen Begebenheiten ein und vermittelt ein lebendiges und glaubhaftes Bild der damaligen Zeit. Der Wechsel zwischen den Zeitebenen gefiel mir anfangs nicht so gut, aber nachdem ich mich daran gewöhnt hatte und diese Abschnitte zunehmend spannender wurden, machte mir das Hin und Her nichts mehr aus. Zwischen den Kapiteln erscheinen immer wieder Briefe, die in altertümlichem Stil geschrieben und auf gewisse Weise das Salz in der Suppe sind, selbst wenn sie in den meisten Fällen erfunden wurden. Zarte Liebesgeschichten gibt es ebenso wie blutige und brutale Szenen, die in der damaligen Zeit fast als normal hingenommen wurden. Auch wenn sich Sabine Weigand einige schriftstellerische Freiheiten genommen hat, wie sie im Nachwort erläutert, ist die Geschichte doch eine runde Sache.


    4ratten