John Irving - Garp und wie er die Welt sah

Es gibt 21 Antworten in diesem Thema, welches 8.154 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von kathchen.

  • Hallo,
    nun also wenigstens die verbleibenden Kapitel Stück für Stück kommentiert (dieses Mal habe ich mir nämlich immer gleich Notizen gemacht):


    zu Kapitel 15 – 18 inklusive:
    Hier fühlte ich mich wie mitten in die Geschichte geworfen und merkte erst nach einigen Zeilen, dass es sich um Garps dritten Roman handeln sollte.
    Ich fragte mich ob diese brutale Story wohl so eine Art von Verarbeitung der letzten Erlebnisse für Garp sein sollte…
    Am Ende des Kapitels war ich einfach nur erleichtert… Hopes wegen und auch meiner Nerven wegen. Bensenhaver als die rettende Figur schlechthin – ja; war mir mehr als Recht :zwinker:.
    Ein letzter Gedanke von mir war hier: Kann es sein, dass Vergewaltigung für Garp ein immer wiederkehrendes, erdrückendes Thema war/ist!? Vielleicht ein unbewusstes Trauma seiner doch ungewöhnlichen Zeugung!? Nein; eigentlich konnte ich mir keinen rechten Reim hierauf machen…
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    Sehr gefallen hat mir die erfrischende Putzfrau des Verlegers, die so ganz das Gegenteil der üblichen „Rezensions-Gurus“ darstellt schon :smile:.
    Bereits in diesem Kapitel war ich mir sicher, dass Garps neuestes Buch ein Verkaufsschlager werden würde; wenn auch eher der reißerischen Handlung wegen…
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    Die plötzliche Erwähnung des Todes Walts konnte ich mir zunächst gar nicht erklären. Hatte ich irgendetwas überlesen? Trotz Zurückblättern keinerlei Details, die darauf hinwiesen…
    Also wohl noch ein Opfer zusätzlich durch Helens verschuldeten (?) Unfall. Traurig!
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    Auf Seite 476 las ich dann die folgenden Zeilen (Gedanken der Putzfrau zum dritten Roman Garps):

    Zitat

    „[…] es fühlt sich so wahr an.“


    Oh; das passt genau auf meine Gedanken zum Schreibstil Irvings.
    Sein Potpourri von Geschehnissen, egal ob mit oder ohne Realitätsbezug, lebt von der so glaubhaften Zeichnung seiner Figuren.
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    Seite 490f.:
    Ein wenig Angst habe ich nach diesen Seiten bzw. Bemerkungen Garps schon, dass er in diesem Buch tatsächlich durch Selbstmord enden könnte… .
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    Seite 506:
    Als mitten in der Nacht ein Anruf in der Pension für Garp eintrifft, frage ich mich sogleich, welcher Schicksalsschlag ihn nun wieder ereilen wird. Ich blättere um… und bin geschockt:
    Jenny tot! Musste das sein? Ein Moment, in dem ich tatsächlich erst einmal das Buch zur Seite gelegt habe.
    Jenny war wirklich eine „Vollblut-Krankenschwester“: nicht begraben sondern der Universitätsklinik (zu Forschungszwecken) zugeführt werden wollte sie also.
    Ich tue mich zunächst etwas schwer mit dem Gedanken, aber letztendlich muss auch ich zugeben, dass es doch ein konsequentes Ende für eben diese Jenny ist.
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    Gefallen fand ich auch daran, wie Irving in diesem Kapitel verstärkt sowohl politische als auch gesellschaftliche Kritik einbindet.
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    Zu Seite 519f.:
    Garp als Frau ausstaffiert:
    einerseits traurig, dass er so etwas überhaupt machen muss – andererseits durch die Skizzierung, gespickt mit den Kommentaren Garps durchaus amüsant und ich sehe ihn fast bildlich vor mir :zwinker:.
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    Dass Ellen James bei Garp und Helen leben soll, kam mir auch gleich als Idee. Wäre meiner Meinung nach doch fast so etwas wie ein (lebendes) Denkmal für Jenny und ihr Werk zu setzen…
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    Und gleich wieder ein neuer Schicksalsschlag: Ernie Holm ebenfalls gestorben. Nicht fair, wo ich ihn mir im Hinterkopf doch immer noch als potentiellen Ehemann für Jenny vorstellte.
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    Übrigens mag ich die Figur des Dekan Bodger gern; eigentlich von Beginn an.
    Nun bin ich gespannt ob Garp sich mit seiner Familie im Ort seiner Kindheit niederlassen wird…
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    Zu Beginn von Kapitel 18 scheint es so als ob Garp (und auch Helen) endlich wieder zur Ruhe kommen. Ich bleibe misstrauisch. Ist das nur „die Ruhe vor dem Sturm“?
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    Auf Seite 550 fand ich dann den Ausspruch im Hinblick auf mögliche (Fehl-)Interpretationen von Romanfiguren seitens der Leserschaft/Rezensenten echt klasse:

    Zitat

    „Die Zerstörung der Kunst durch Soziologie und Psychologie“


    Ja, ich gestehe, dass auch ich sooo gerne interpretiere, aber wenn wir teilweise wüssten wie wenig sich der ein oder andere Schriftsteller bei seinen Figuren tatsächlich gedacht haben mag… nein, ich will mich ja gar nicht desillusionieren lassen :zwinker:.
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    Zur frisch gegründeten Jenny Fields – Foundation:
    schon krass, welchen Ansturm von Bewerberinnen eine / diese Stiftung auszulösen vermag.
    Ich möchte nicht in solch einem Entscheidungsgremium sitzen (müssen)… Garp tut mir beinahe Leid.
    Dass es genau Garp ist, der die Ex-Frau des Mörders seiner Mutter aufsucht, fand ich ehrlich gesagt gut. So kann er wenigstens ein klein wenig dieses tragische Erlebnis abschließen.
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    Die Reaktion der Ellen-Jamesianerinnen auf die Veröffentlichung von Ellen James Werk und auch der Mordversuch an Garp zeigen mir persönlich nur, dass es diesen Frauen bei all ihren Aktionen nie wirklich um Ellen ging.
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    Am Ende des 18ten Kapitels hat Garp also endlich wieder das Schreiben aufgenommen.
    Doch kaum ist man als Leser ein wenig beruhigt, da kommt die nächste Warnung: Garp wird den Sog (wie auch immer der dieses Mal geartet sein mag??) bald erblicken. So recht kann ich mich gar nicht durchringen das letzte Kapitel zu beginnen…
    Tue es aber selbstverständlich kurz darauf doch… und Garp ist tot :sauer:.
    Doch fast glaube ich, dass sein Tod und die Art wie er stirbt das einzig mögliche „runde Ende“ ergeben. Genau so dramatisch wie in Teilen auch sein Leben war – wenn nicht sogar auch seine Zeugung :breitgrins:.



    Und nun will ich noch schnell die verbleibenden Seiten des Kapitels und das Nachwort lesen, denn von beiden erhoffe ich mir doch Aufschluss darüber wie es dem Rest der Figuren ergangen ist…


    Zum Schluss nur noch so viel: ich habe doch gestern tatsächlich voller Absicht nach dem 17ten Kapitel aufgehört zu lesen. Warum? Hm; ich wollte zwar einerseits wissen wie das Buch endet und gleichzeitig mag ich die Figuren gar nicht so recht „verlassen“. Schon verrückt; nicht wahr!? Aber DAS zeichnet ein gutes Buch für mich aus!



    LG,
    skorpion

    Do not go where the path may lead, go instead where there is no path and leave a trail.<br /><br />Ralph Waldo Emerson

  • Hallo skorpion.



    Auf Seite 476 las ich dann die folgenden Zeilen (Gedanken der Putzfrau zum dritten Roman Garps):


    Oh; das passt genau auf meine Gedanken zum Schreibstil Irvings.
    Sein Potpourri von Geschehnissen, egal ob mit oder ohne Realitätsbezug, lebt von der so glaubhaften Zeichnung seiner Figuren.


    Stimmt, manchmal hatte ich das Gefühl, dass es theoretisch alles wahr sein könnte. Das hat er vorallem den Figuren zu verdanken. Jede Figur reagiert und handelt so, wie man es sich bei so einer Person vorstellen kann. Nichts wirkt überzeichnet oder sonstiges, es passt einfach.



    Doch fast glaube ich, dass sein Tod und die Art wie er stirbt das einzig mögliche „runde Ende“ ergeben. Genau so dramatisch wie in Teilen auch sein Leben war – wenn nicht sogar auch seine Zeugung :breitgrins:.


    Stimmt, wenn Garp eines natürlichen Todes gestorben wäre, hätte das nicht ganz so gepasst.



    Zum Schluss nur noch so viel: ich habe doch gestern tatsächlich voller Absicht nach dem 17ten Kapitel aufgehört zu lesen. Warum? Hm; ich wollte zwar einerseits wissen wie das Buch endet und gleichzeitig mag ich die Figuren gar nicht so recht „verlassen“. Schon verrückt; nicht wahr!? Aber DAS zeichnet ein gutes Buch für mich aus!


    Das sehe ich genauso. Manche Figuren sind mir so ans Herz gewachsen, da hätte ich am liebsten noch mehr von denen gelesen...bzw. von denen, die ich nicht so mochte, natürlich auch.


    :winken:

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice