Henry Fielding - Tom Jones

Es gibt 81 Antworten in diesem Thema, welches 20.212 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

  • Hallo!


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    Inhalt:


    Gutsherr Allworthy findet einen Säugling und zieht den Jungen an Sohnes Statt auf. Der Findling – Tom Jones – wächst und gedeiht prächtig, in den Augen seines Ziehvaters mitunter sogar etwas zu prächtig. Als sich Tom in die Nachbarstochter verliebt, die Allworthys Neffen versprochen ist, verweist der Gutsherr Tom des Hauses. Der junge Mann macht sich auf nach London, wobei ihn seine Reise quer durchs Land und auch durch sämtliche Schichten der vorviktorianischen Gesellschaft führt. Auf Toms Suche nach sich selbst, seiner Herkunft und vor allem nach der großen Liebe erschließt sich ein wahres Panoptikum des 18. Jahrhunderts.


    Teilnehmer:


    illy
    Saltanah
    aquacat
    fairy
    Doris


    Viel Spaß!

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Ich finde mein Buch nicht :redface:, dabei habe ich beim letzten SUB-Umbau vor fünf Wochen extra alles rausgelegt, was ich in den nächsten zwei Monaten brauche.
    Am Wochenende bin ich unterwegs, also rechnet frühestens Montag mit mir :rollen:

    &quot;Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.&quot; Jorge Luis Borges<br /><br />:leserin: <br />Cryptonomicon - Neal Stephenson

  • Hallo zusammen,


    mein Buch stand seit Wochen im Blickfeld und wartete auf den Startschuss. Weit bin ich allerdings heute nicht gekommen, gerade mal bis 1. Buch, 7. Kapitel. Momentan bin ich noch dabei, mich an den Stil zu gewöhnen. Das geht mir allerdings generell so, nicht nur bei Klassikern. Ich lese die Insel-Ausgabe.


    Viel ist bisher noch nicht passiert, nur der Säugling wurde gefunden und seine Mutter ebenfalls. Die Art und Weise, wie die Vertraute des Squires Allworthy, Mrs. Deborah, bei der Suche vorging, macht deutlich, dass soziale Machtspiele auch damals oder vielleicht gerade damals schon an der Tagesordnung waren: Egal, welchen Rang man einnimmt, nach oben wird gekuscht und nach unten getreten. Sehr symphatisch ist mir die Dame nicht.


    Schmunzeln musste ich am Ende des 2. Kapitels bei dem Seitenhieb Fieldings gegen die Kritiker, denn auch ich habe mir schon oft Gedanken darüber gemacht, warum sich manche Menschen zum Kritiker berufen fühlen und wo sie sich die Kompetenzen dafür angeeignet haben.


    Grüße
    Doris

  • Ich habe gestern nur noch Buch 1, Kapitel 1 geschafft. Das altmodische Englisch verlangt schon einiges an Konzentration (ich sage nur: "he hath" statt "he has"), da muss ich mich erst mal einlesen und für die nächste Woche mal ein paar ruhige Lesestunden einplanen.


    :winken:
    illy


  • Das altmodische Englisch verlangt schon einiges an Konzentration


    Das kann ich unterschreiben! Vor allem auf den ersten Seiten habe ich einige Sätze mehrfach lesen müssen, um sie zu verstehen. Aber das sind die üblichen Startschweirigkeiten und mittlerweile "flutscht" es richtig gut.


    Nach dem ersten Buch ist mein Zwischenfazit: Wunderbar! Ich weiß wieder, weshalb mir das Buch (auf Deutsch) vor ca. 20 Jahren so gut gefallen hat und kann überhaupt nicht verstehen, weshalb die englische Version 12 Jahre (laut im Buch gefundenen Kassenzettel) lang subben musste.


    Ich konnte mich zwar noch an einiges inhaltliche von meiner Erstlektüre erinnern, hatte aber vergessen, wie scharfzüngig Fielding ist, wie treffsicher er seine Mitmenschen aufs Korn nimmt! Große Teile des ersten Buches habe ich mit einem fetten Grinsen im Gesicht gelesen :breitgrins: .


    Erstes Buch:
    Fielding schreibt in seiner "Speisekarte" im 1. Kapitel, welches Gericht er uns servieren wird: Die menschliche Natur. Und das tut er schon in den nächsten Kapitel ausführlich.
    Dort werden mit
    Squire Allworthy, dem herzensguten, moralisch unantastbaren Mann,
    seiner Schwester Bridget, die sich in Gefahr befindet, eine "alte Jungfer" zu werden (und die sich vor den Fallstricken der Gesellschaft umso mehr in Acht nimmt, als sie geringen Grund dafür hat :breitgrins: ),
    der Haushälterin Mrs Deborah Wilkins, die ihre soziale "Überlegenheit" gegenüber den Dorfbewohnern deutlich zur Schau stellt,
    dem sich gut verheiratenden Heuchler Mr Blifil, der sich schnell verliebte, nämlich in Haus, Garten und sonstigen Besitz des Squires :breitgrins: .
    und nicht zuletzt dem anfangs noch namenlosen Säugling, der so überraschend gefunden wird,
    die Protagonisten vorgestellt.
    Außer den Lebensumständen der Personen erfahren wir einiges über deren Einstellung zu Moral, aus gegebenem Anlass insbesondere dem Problem "in Sünde geborener" außerehelicher Kinder und dem korrekten Umgang mit jenen, was Fielding guten Anlass zu spitzen Bemerkungen über seine Zeitgenossen bietet - eine Gelegenheit, die er voll ausnutzt :breitgrins: . (In der leider sehr kurzen Autorenvorstellung zu Beginn meines Buches wird angedeutet, dass "Tom Jones" unter seinen Zeitgenossen und auch später durchaus auch Anstoß erregte, etwas, das ich gut verstehen kann, auch wenn ich ganz anderer Meinung bin. Dass viele sich auf den Schlips getreten fühlten oder das Buch für unmoralisch hielten, ist nicht überraschend, so viel kann ich schon nach nur wenigen Seiten feststellen. Mir gefallen aber genau diese damaligen Kritikpunkte besonders gut.)


    Auf zum zweiten Buch! :klatschen:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich habe gerade auch das erste Buch beendet.



    dem sich gut verheiratenden Heuchler Mr Blifil, der sich schnell verliebte, nämlich in Haus, Garten und sonstigen Besitz des Squires :breitgrins: .


    findet das jetzt eigentlich alles chronologisch statt?
    d.h. diese Heiratspläne von ihm passieren, während Tom gerade mal einen Monat alt ist oder gab es da irgendwo einen Zeitsprung, den ich verpasst habe?



    Ich finde diesen Abschnitt über Klatsch und Tratsch, gerade in Bezug auf Jenny als unverheiratete Mutter sehr interessant, wie schnell Gerüchte in dem kleinen Dörfchen sich entwickeln.

  • findet das jetzt eigentlich alles chronologisch statt?
    d.h. diese Heiratspläne von ihm passieren, während Tom gerade mal einen Monat alt ist oder gab es da irgendwo einen Zeitsprung, den ich verpasst habe?


    Es wird nicht ausdrücklich gesagt, wann Doktor Blifil seinen Bruder, den Captain Blifil einlädt. Aber es dürfte nicht viel später gewesen sein, da sonst für die Ereignisse des zweiten Buches, das endet, als Tom zwei Jahre alt war, nicht genügend Zeit gewesen wäre. Und vorher kann es aus Gründen, an die ich mich noch von der Erstlektüre erinnere :breitgrins: , nicht stattgefunden haben.



    Ich finde diesen Abschnitt über Klatsch und Tratsch, gerade in Bezug auf Jenny als unverheiratete Mutter sehr interessant, wie schnell Gerüchte in dem kleinen Dörfchen sich entwickeln.


    Besonders gut fand ich, dass auch mal von der Klatschzentrale der (angeblich nicht klatschenden :rollen: - aber Fielding als echter Menschenkenner weiß es besser) Männer die Rede ist!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich habe momentan ein wenig zu kämpfen mit dem Buch. Mittags, wenn ich richtig aufnahmebereit bin, turnt meine Tochter um mich herum und nervt ständig, so dass von Ruhe keine Rede sein kann, und abends, wenn ich endlich meine Ruhe hätte, fällt es mir schwer, mich zu konzentrieren, weil ich immer noch mit dem Sprachstil kämpfe. Aber ich bemühe mich, am Ball zu bleiben und nicht zu weit hinter euch zurückzufallen.


    Im 2. Buch bin ich noch nicht weit gekommen und kann wenig Gehaltvolles dazu beitragen. Doch zum 1. Buch fiel mir noch etwas auf, das den lieben Squire betrifft. Während seiner Zurechtweisung von Jenny erschien er mir, als würde er die moralische Integrität über alles stellen und soziale oder psychologische Gründen nicht gelten lassen. Mit dieser Einstellung ist er Friedensrichter! Es mag sein, dass das zur Zeit des Erscheinens des Romans die allgemein übliche Denkweise war, aber nicht nur aus heutiger Sicht sollte man doch von jemandem in seiner Position weniger Engstirnigkeit erwarten können. Schließlich gibt er zu, dass er Jenny ganz anders verurteilt hätte, wenn er nicht seinen Nutzen aus ihrer Zwangslage ziehen könnte. Damit macht er sich mir nicht sehr sympathisch. Selbiges gilt auch für Mrs. Deborah, die ebenso bigott erscheint wie ihr Dienstherr. Vor ihr erwarte ich noch einiges.


  • Doch zum 1. Buch fiel mir noch etwas auf, das den lieben Squire betrifft. Während seiner Zurechtweisung von Jenny erschien er mir, als würde er die moralische Integrität über alles stellen und soziale oder psychologische Gründen nicht gelten lassen. Mit dieser Einstellung ist er Friedensrichter! Es mag sein, dass das zur Zeit des Erscheinens des Romans die allgemein übliche Denkweise war, aber nicht nur aus heutiger Sicht sollte man doch von jemandem in seiner Position weniger Engstirnigkeit erwarten können. Schließlich gibt er zu, dass er Jenny ganz anders verurteilt hätte, wenn er nicht seinen Nutzen aus ihrer Zwangslage ziehen könnte. Damit macht er sich mir nicht sehr sympathisch. Selbiges gilt auch für Mrs. Deborah, die ebenso bigott erscheint wie ihr Dienstherr.


    :confused: :schulterzuck: Engstirnig? Bigott?? Squire Allworthy???
    So schätze ich ihn überhaupt nicht ein. Im Gegenteil ist er doch der großzügigste, ehrlichste und verständnisvollste aller Personen, die bisher aufgetaucht sind. Ich habe eben das 7. Kap., in dem er Jenny "verurteilt", noch einmal gelesen um mich zu vergewissern, dass ich es einigermaßen richtig aufgefasst habe. Entweder bin ich hoffnungslos naiv, oder wir lesen verschiedene Bücher :zwinker: .
    Es stimmt schon, bei der Standpauke, die er Jenny hält, redet er viel von ihrem Verstoß gegen die "Gesetze Gottes", von der Gefahr, in die sie ihre unsterbliche Seele gebracht hat. Als bigott würde ich ihn deswegen aber nicht bezeichnen. Meiner Meinung nach ist er ein echt gläubiger Christ, der sich ernsthaft Sorgen um Jennys Zukunft macht, sowohl auf dieser Welt, als auch im Jenseits.
    Insofern vertritt er tatsächlich die damalige Meinung, aber engstirnig ist er deswegen absolut nicht. Er sieht zwar Jennys Fehltritt, verurteilt sie aber nicht! Ein Verhalten, dass ein großes Maß an unabhängiger Urteilskraft zeigt. Im Gegensatz (vermute ich) zu den meisten anderen Friedensrichtern (und zu den Erwartungen der Dorfbewohner) steckt er sie eben nicht in ein house of correction, sondern gibt ihr eine zweite Chance, ermöglicht ihr einen Neuanfang anderswo. Hier zeigt er sich meiner Meinung nach als wahrer Christ, der einer Sünderin vergibt und ihr hilft, nicht weiter zu sündigen. Alles andere als bigott.


    Zitat

    Während seiner Zurechtweisung von Jenny erschien er mir, als würde er die moralische Integrität über alles stellen und soziale oder psychologische Gründen nicht gelten lassen.


    Ich denke, es geht ihm hier weniger darum, Ursachenforschung zu betreiben als Jenny vielmehr von weiteren Fehltritten abzuhalten. Dabei fährt er zweigleisig. Einerseits natürlich die religiöse Schiene (Sünderinnen kommen in die Hölle), andererseits führt er ihr - und diese Argumentation habe ich in einem so alten Buch nicht erwartet - die weltlichen Konsequenzen deutlichst vor die Augen, als Abschreckung. Er macht ihr klar, dass sie von ihren Mitmenschen verurteilt werden wird, keine Chance bekommen wird, ihren Lebensunterhalt auf ehrliche Weise zu verdienen und dass ihr ein Leben in Elend bevorstehen wird.
    Sein ganzer Vortrag sagt eigentlich nur eines: "Kind, lass das (in Zukunft) sein; es wird übel ausgehen!", und als Ursache für seine Zurechtweisung sehe ich ernsthafte Sorge um Jennys Wohlempfinden.


    Wie wenig engstirnig und wie unabhängig er von der herrschenden Meinung ist, zeigt sich auch daran, dass er nicht - wie die meisten - die "Schuld" nur bei Jenny sucht. Im Gegenteil möchte er auch die andere Partei bestrafen, die sonst meist ungeschoren davonkommt. Er denkt daran, dass zur Zeugung eines Kindes zwei Personen notwendig sind, wo sonst üblicherweise nur die Frau verurteilt wird.


    Zitat

    Schließlich gibt er zu, dass er Jenny ganz anders verurteilt hätte, wenn er nicht seinen Nutzen aus ihrer Zwangslage ziehen könnte.


    Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht. Welchen Nutzen hat er denn? Und wo sagt er, er hätte sie anders verurteilt? Er redet davon, dass er sie in seiner Funktion als Friedensrichter hart bestrafen könnte, und dass sie vielleicht eine noch härtere Strafe deswegen erwartet, weil sie "ihre Sünde vor seiner Tür abgelegt hat", sagt dann aber auch, dass er über solche persönlichen Belange hinweg sieht. Im Gegenteil deutet er diese Handlung positiv, von Sorge um ihr Kind bestimmt. Welcher andere Freidensrichter hätte denn so argumentiert?

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo Saltanah,


    mag sein, dass Du es anders siehst, aber Du kennst das Buch bereits und weißt besser, wie man Mr. Allworthy einschätzen muss.



    Wie wenig engstirnig und wie unabhängig er von der herrschenden Meinung ist, zeigt sich auch daran, dass er nicht - wie die meisten - die "Schuld" nur bei Jenny sucht. Im Gegenteil möchte er auch die andere Partei bestrafen, die sonst meist ungeschoren davonkommt. Er denkt daran, dass zur Zeugung eines Kindes zwei Personen notwendig sind, wo sonst üblicherweise nur die Frau verurteilt wird.


    Das ist richtig. Allerdings lässt er sich anhand einiger fragwürdiger Aussagen sehr schnell davon überzeugen, dass es sich bei dem Übeltäter um Mr. Partridge handelt, der die "Tat" vehement leugnet. Die Aussage von Jenny hätte ein völlig anderes Ergebnis gebracht, war aber nicht möglich, da Jenny vorübergehend nicht anzutreffen war. Kann man dann schon ein Urteil fällen?



    Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht. Welchen Nutzen hat er denn?


    Er bekommt einen Erben.



    Und wo sagt er, er hätte sie anders verurteilt? Er redet davon, dass er sie in seiner Funktion als Friedensrichter hart bestrafen könnte, und dass sie vielleicht eine noch härtere Strafe deswegen erwartet, weil sie "ihre Sünde vor seiner Tür abgelegt hat", sagt dann aber auch, dass er über solche persönlichen Belange hinweg sieht. Im Gegenteil deutet er diese Handlung positiv, von Sorge um ihr Kind bestimmt. Welcher andere Freidensrichter hätte denn so argumentiert?


    Eben diese Stelle meine ich: "...weil sie ihre Sünde vor seiner Tür abgelegt hat". Hätte sie den Säugling etwa vor der Kirchentüre abgelegt, hätte er sie also mit aller Strenge verurteilt? Da drängt sich mir die Frage auf, wie er reagieren würde, wenn dieses Beispiel Schule machte und andere uneheliche Kinder bei ihm abgegeben würden :breitgrins:. Nein, ich sehe das ein bisschen egoistisch von ihm, daher auch meine schlechte Meinung. Viele Gedanken hat er sich nicht darüber gemacht, wie es für eine Frau sein muss, die ihr Kind irgendwo ablegt, weil sie es vielleicht nicht ernähren kann oder auch die Reaktion ihrer Mitmenschen fürchtet. Doch alles, was dem Richter wichtig ist, sind die öffentlichen Sitten. Auf die Idee, dass die Schwangerschaft nicht unbedingt das Ergebnis einer freiwilligen Beziehung war, kommt er ebenso wenig. Das sind alles Dinge, die ein Richter meines Erachtens ins Kalkül ziehen sollte. Stattdessen stempelt er Jenny als schwache Person ab, die einem "Verderber" erlegen ist. Zugegeben, er gibt ihr die Möglichkeit, ein neues Leben zu beginnen, allerdings auch zu erschwerten Bedingungen, indem sie z. B. keinerlei Besitztümer mehr haben darf.



    Das war meine Meinung über den Squire nach dem 1. Buch. Mittlerweile (ich bin jetzt im 3. Buch) hat sie sich etwas gebessert, wenn auch der Vorfall im ..... Buch, als er den Wildhüter entlässt, weil der mit seinem Ziehsohn gewildert hat, um seine hungernden Kinder satt zu kriegen, schon wieder einen Schatten auf ihn fallen lässt. Auch hier ging es ihm nur um die Einhaltung seiner Gesetze; einmal Gnade vor Recht ergehen zu lassen oder auch eine Bestrafung zur Bewährung aufzuerlegen, kam ihm nicht in den Sinn.


    Nun, ich habe ja immernoch genügend Seiten und Zeit, um mich eines Besseren belehren zu lassen.


    Grüße
    Doris

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()


  • Allerdings lässt er sich anhand einiger fragwürdiger Aussagen sehr schnell davon überzeugen, dass es sich bei dem Übeltäter um Mr. Partridge handelt, der die "Tat" vehement leugnet.


    Fragwürdige Aussagen? Gut, wir wissen, dass sie fragwürdig sind. Aber welcher Richter würde ihn nicht verurteilen, nachdem seine Frau ihn (angeblich) mit Jenny im Bett erwischt hat? Immerhin machte er auch noch den Versuch, eine Aussage von Jenny zu bekommen. Es sprach schon einiges für seine Vaterschaft. Beweise gab es zwar (mangels Gentest) nicht, aber Indizien existierten durchaus.


    Er bekommt einen Erben.


    Sagt er wirklich, er würde das Findelkind zu seinem Erben machen? Ich kann mich daran nicht erinnern, kann aber auch das Gegenteil nicht beschwören. Aber wenn er unbedingt einen Erben haben wollte, könnte er ja ebensogut ein anderes Kind adoptieren; da ist er nicht auf Jennys "Geschenk" angewiesen.



    Doch alles, was dem Richter wichtig ist, sind die öffentlichen Sitten.


    Nein, es geht ihm meiner Meinung nach vor allem um das Wohlergehen der Betroffenen, in diesem Fall von Jenny (um deren Zukunft in dieser und der nächsten Welt er sich Sorgen macht) und das Kind, von dem er ganz richtig bemerkt, dass er wohl besser für es sorgen könnte als Jenny.



    Auf die Idee, dass die Schwangerschaft nicht unbedingt das Ergebnis einer freiwilligen Beziehung war, kommt er ebenso wenig.


    Okay, er geht davon aus, dass Jenny "wollte", aber auf die Frage nach dem Kindsvater hatte sie doch Gelegenheit, von einer eventuellen Vergewaltigung/Nötigung erzählen.



    Zugegeben, er gibt ihr die Möglichkeit, ein neues Leben zu beginnen, allerdings auch zu erschwerten Bedingungen, indem sie z. B. keinerlei Besitztümer mehr haben darf.


    ??? Kannst du die entsprechende Stelle zitieren? Ich kann mich daran beim besten Willen nicht erinnern.


    Der Squire ist vielleicht nicht perfekt - ein wenig leichtgläubig ist er schon - und geht auch mir mit seinem "Außerehelicher Geschlechtsverkehr ist etwas Furchtbares"-Haltung etwas auf die Nerven. Aber so Unrecht hat er darin ja auch nicht; nicht in der damaligen Zeit, wenn man die Folgen, die er Jenny ja so eindringlich schildert (Ausstoß aus der Gesellschaft, Unmöglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen), bedenkt.


    Ich sehe den Squire als einen zutiefst gütigen Menschen, dem das Wohlergehen seiner Mitmenschen am Herzen liegt.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich schleich mich mal gerade in euren Thread rein. Es macht Spaß eure Beiträge zu verfolgen! Ich glaube, das Buch könnte auch was für mich sein. Ich werde eure Leserunde weiterverfolgen und wünsch euch noch viele schöne Lesestunden mit dem Buch und interessante Diskussionen hier im Thread :winken:

  • 2. Buch:
    Also eigentlich ziehe ich ja kurze, effektiv erzählte Bucher vor, aber Fielding gelingt es trotz seiner ausgedehnten Erzählweise, mich zu begeistern. Auch wenn er mehrere Kapitel braucht um zu schildern, was alle schon gleich zu Beginn ahnen: wer nämlich (vielleicht/angeblich) der Vater des Kindes ist. Fielding hat einfach einen zu tollen, absolut ausgefeilten Stil, um mich zu langweilen! Und die Seitenhiebe auf zwar nicht Gott, aber die gesamte Welt sind dermaßen bissig, dass ich ständig grinsen muss, zum Beispiel (1. Kap.) über die Beobachtung, dass Zeitungen immer gleich viel Buchstaben haben, egal wie viel es zu berichten gibt - Sauregurkenzeit gab es also schon vor 250 Jahren :breitgrins: .
    Oder auch über Captain Blifils Gedanken zu "wahrer Wohltätigkeit im christlichen Sinne" (5. Kap.), deren letzter Zweck es wohl ist, sein (Blifils) zukünftiges Vermögen nicht zu mindern. Armer Blifil übrigens - da hat er sich seine Zukunft als Erbe (na ja, Vater des Erben, aber über solche Feinheiten sieht er großzügig hinweg) von Allworthys Vermögen so schön ausgemalt, als ihm ein Strich durch die Rechnung gemacht wird:

    Zitat von "9. Kap."

    Mir nichts, dir nichts stirbt er einfach! Zutiefst betrauert :zwinker: von seiner Witwe natürlich und von Mr Allworthy mit einem Nachruf versehen (okay, Allworthy ist wirklich etwas arg gutgläubig) der zeigt, dass sein Verfasser "den Captain wirklcih sehr gut kannte". :totlach:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo ihr!


    Entschuldigt, dass ich mich jetzt erst melde, aber ich lag die letzten Tage wirklich flach und konnte nicht mal mehr lesen. Gestern Abend konnte ich dann aber endlich anfangen und habe heute das 1. Buch beendet.



    Ich finde diesen Abschnitt über Klatsch und Tratsch, gerade in Bezug auf Jenny als unverheiratete Mutter sehr interessant, wie schnell Gerüchte in dem kleinen Dörfchen sich entwickeln.


    Ja, den Abschnitt fand ich auch sehr interessant. Vor allem war ich erstaunt, wie schnell die Stimmung bei den Bewohnern umschwingt. Am Anfang sind sie noch alle von Allworthy und seinen edlen Taten begeistert und kurze Zeit später geht das Gerücht um, dass er selbst der Vater ist und schon ist er der Böse.


    Okay, er geht davon aus, dass Jenny "wollte", aber auf die Frage nach dem Kindsvater hatte sie doch Gelegenheit, von einer eventuellen Vergewaltigung/Nötigung erzählen.


    Irgendjemand erwähnt auf jeden Fall, dass Jenny vergewaltigt oder gezwungen worden könnte oder dass ihr derjenige eine Heirat versprochen hat und es dann nicht eingehalten hat. Ich weiß aber nicht, ob Allworthy das auch in Betracht zieht, in der Bevölkerung scheint sie ja nicht so schlecht dazustehen. Die meisten haben nur Mitleid mit ihr. Und es könnte viele Gründe geben, aus denen sie eine Vergewaltigung verschweigt.


    Bis jetzt gefällt mir das Buch sehr gut. Das einzige, was mich stört, sind diese arg kurzen Kapitel. Irgendwie ist das total unangenehm zu lesen, finde ich.


    fairy

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • :redface: Ist mir ja wirklich peinlich, aber ich finde das Buch nicht mehr. :redface:
    Buchkaufsucht und Messietum sind eine furchtbare Kombination :rollen:
    und wenn man das Buch dann auch noch rechtzeitig raussucht und an einen Ort legt, an dem man es bestimmt wiederfindet, hat man schon verloren :grmpf:

    &quot;Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.&quot; Jorge Luis Borges<br /><br />:leserin: <br />Cryptonomicon - Neal Stephenson

  • Ich komme kaum in Ruhe zum lesen und für 2 Seiten vor dem Einschlafen ist Tommy nun wirklich nicht geeignet :breitgrins:


    Aus der Perspektive nach Buch 1 bin ich gegenüber Allworthy vorsichtig positiv eingestellt. Er hätte jedenfalls problemlos härter urteilen können, aber mir fallen nicht wirklich "sanftere" Handlungsmöglichkeiten ein, die trotzdem realistisch wären.



    Nein, es geht ihm meiner Meinung nach vor allem um das Wohlergehen der Betroffenen, in diesem Fall von Jenny (um deren Zukunft in dieser und der nächsten Welt er sich Sorgen macht) und das Kind, von dem er ganz richtig bemerkt, dass er wohl besser für es sorgen könnte als Jenny.


    Das unterschreibe ich.

  • Hallo Saltanah,


    Fragwürdige Aussagen? Gut, wir wissen, dass sie fragwürdig sind. Aber welcher Richter würde ihn nicht verurteilen, nachdem seine Frau ihn (angeblich) mit Jenny im Bett erwischt hat? Immerhin machte er auch noch den Versuch, eine Aussage von Jenny zu bekommen. Es sprach schon einiges für seine Vaterschaft. Beweise gab es zwar (mangels Gentest) nicht, aber Indizien existierten durchaus.


    Ich bin trotzdem der Ansicht, dass er vorschnell geurteilt hat. Andere Frage: Wenn das Kind ausgerechnet in seinem Bett gefunden wird, deutet das nicht darauf hin, dass er ebenso als Vater in Frage kommt?




    Sagt er wirklich, er würde das Findelkind zu seinem Erben machen? Ich kann mich daran nicht erinnern, kann aber auch das Gegenteil nicht beschwören. Aber wenn er unbedingt einen Erben haben wollte, könnte er ja ebensogut ein anderes Kind adoptieren; da ist er nicht auf Jennys "Geschenk" angewiesen.


    Das sagt er nicht explizit, ich deute es so auf Grund seiner Handlung, ein ihm völlig fremdes Kind aufzunehmen. Es ist schwer vorstellbar, dass er einen Menschen jahrelang versorgt und erzieht und ihn dann mittellos stehenlässt, wenn er selbst das Zeitliche segnet. Schließlich hat er nur seine (zu diesem Zeitpunkt noch) unverheiratete Schwester als Erbin.




    ??? Kannst du die entsprechende Stelle zitieren? Ich kann mich daran beim besten Willen nicht erinnern.


    1. Buch, 7. Kapitel: Hast Du Besitztümer, so wird Dir hierdurch die Fähigkeit genommen, sie zu genießen; hast Du keine, so bist Du außer Stande gesetzt, welche zu erwerben...
    Ich verstand das so, dass er ihr untersagt, Eigentum zu erwerben. :rollen: Wie ich unten sehe, hast Du es anders interpretiert.


    ... Aber so Unrecht hat er darin ja auch nicht; nicht in der damaligen Zeit, wenn man die Folgen, die er Jenny ja so eindringlich schildert (Ausstoß aus der Gesellschaft, Unmöglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen), bedenkt.




    Ich sehe den Squire als einen zutiefst gütigen Menschen, dem das Wohlergehen seiner Mitmenschen am Herzen liegt.


    Wenn er sich schon persönlich in die Angelegenheit einschaltet, wäre doch eine weitaus bessere Möglichkeit gewesen, Jenny mit den notwendigen Mitteln zu versehen und sie zusammen mit dem Kind aus der Dorfgemeinschaft zu entfernen. Wo bleibt denn das Wohlergehen einer Mutter, wenn sie ihr Kind verliert? Als kinderloser Witwer kann er sicherlich kaum ermessen, in welcher Zwangslage sie sich befand, um zu solch einer Maßnahme genötigt zu sein.



    Aber mittlerweile steht Mr. Allworthy gar nicht mehr im Mittelpunkt, sondern endlich Tom Jones. Ich bin jetzt im 4. Buch angelangt und staune, was in diesem jungen Mann alles steckt. Einerseits ist er einfühlsam, andererseits hat er es faustdick hinter den Ohren. Das wird bestimmt noch interessant.


    Grüße
    Doris

  • Hallo Doris,
    ich hoffe, du fühlst dich von meinen vehementen Antworten nicht angegriffen. Das will ich ganz und gar nicht, sondern das Buch und im Moment vor allem den Squire diskutieren.



    Ich bin trotzdem der Ansicht, dass er vorschnell geurteilt hat. Andere Frage: Wenn das Kind ausgerechnet in seinem Bett gefunden wird, deutet das nicht darauf hin, dass er ebenso als Vater in Frage kommt?


    Ja, ein wenig vorschnell war er schon. Er ist nicht perfekt, aber ich bin überzeugt davon, dass ein anderer Richter sowohl hier als auch anderswo härter geurteilt hätte.
    Dass es sein Kind sein könnte, habe ich (wie die Dorfbewohner auch) ebenfalls in Betracht gezogen. Ich glaube es allerdings nicht und sehe als Indiz dagegen Jennys Reaktion auf seine Frage nach dem Kindsvater an. Sie erscheint mir gar nicht ängstlich und auf den Mund gefallen ist sie auch nicht. Wäre Allworthy der Schuldige, hätte sie - denke ich - etwa so geantwortet: "Hör mal, Alter, du weißt genau, dass das Balg deins ist, also stell dich nicht dumm!"



    Das sagt er nicht explizit, ich deute es so auf Grund seiner Handlung, ein ihm völlig fremdes Kind aufzunehmen. Es ist schwer vorstellbar, dass er einen Menschen jahrelang versorgt und erzieht und ihn dann mittellos stehenlässt, wenn er selbst das Zeitliche segnet. Schließlich hat er nur seine (zu diesem Zeitpunkt noch) unverheiratete Schwester als Erbin.


    Ich glaube auch nicht, dass er vorhatte, Tom mittellos dastehen zu lassen. Er hat sicher vor, ihm soviel zu hinterlassen, dass er davon bequem leben kann, aber als seinen Universalerben einsetzen wollte er ihn sicher nicht. "Beweis": Captain Blifils Bereitschaft, Allworthys Schwester zu heiraten, um so an Allworthys Besitz zu kommen. Blifil hat sich vor der Eheschließung (die nach Toms Auftauchen stattfand) garantiert haargenau über die Erbschaftsangelegenheiten informiert.



    Wenn er sich schon persönlich in die Angelegenheit einschaltet, wäre doch eine weitaus bessere Möglichkeit gewesen, Jenny mit den notwendigen Mitteln zu versehen und sie zusammen mit dem Kind aus der Dorfgemeinschaft zu entfernen. Wo bleibt denn das Wohlergehen einer Mutter, wenn sie ihr Kind verliert?


    Dann braucht sie aber eine wasserfeste Erklärung dafür, wieso sie keinen Ehemann mitbringt. Sobald der Verdacht aufkommt, ihr Kind sei ein "Bastard", steht sie doch vor demselben Problem wie in ihrem Heimatdorf und wird aus der Gemeinschaft ausgestoßen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo Saltanah,


    angegriffen fühle ich mich nicht, die Diskussion ist doch der eigentliche Sinn einer Leserunde. Immer nur den Inhalt in eigenen Worten nochmals herzubeten ist nicht sehr spannend. Wir sind eben verschiedener Ansicht, weil wir den Squire aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und bei mir, fürchte ich, kommt halt die Mutter durch und das Bedürfnis, immer erst eine Entschuldigung für einen Delinquenten zu suchen, um danach mildernde Umstände geltend zu machen.



    Ich glaube auch nicht, dass er vorhatte, Tom mittellos dastehen zu lassen. Er hat sicher vor, ihm soviel zu hinterlassen, dass er davon bequem leben kann, aber als seinen Universalerben einsetzen wollte er ihn sicher nicht. "Beweis": Captain Blifils Bereitschaft, Allworthys Schwester zu heiraten, um so an Allworthys Besitz zu kommen. Blifil hat sich vor der Eheschließung (die nach Toms Auftauchen stattfand) garantiert haargenau über die Erbschaftsangelegenheiten informiert.


    Als Universalerben kann er Tom schon deshalb nicht einsetzen, weil seine Schwester auch einen Anspruch hat. Nur war sie eben noch unverheiratet, als der Säugling auf den Plan trat, und mit Mitte 30 waren ihre Chancen, noch einen Mann zu bekommen, eher gering. Somit muss dem Squire irgendwann die Überlegung gekommen sein, was dereinst mit seinen Gütern geschieht, wenn die beiden Allworthys nicht mehr leben. Blifil kam ja erst später.



    Dann braucht sie aber eine wasserfeste Erklärung dafür, wieso sie keinen Ehemann mitbringt. Sobald der Verdacht aufkommt, ihr Kind sei ein "Bastard", steht sie doch vor demselben Problem wie in ihrem Heimatdorf und wird aus der Gemeinschaft ausgestoßen.


    Das mag sein, aber sie könnte sich auch als Witwe ausgeben oder behaupten, ihr Mann sei sozusagen beruflich unterwegs :zwinker:. In dieser Hinsicht habe ich Probleme, mich in die Gepflogenheiten von vor über 250 Jahren hineinzuversetzen. Menschen zu verurteilen, ohne nach den Beweggründen für ihre Handlungen zu fragen. Das Hineinversetzen gilt auch für den Beruf des Friedensrichters. In der Mitte des 18. Jahrhunderts galten natürlich ganz andere Sitten und Gebräuche, aber für diese Machtstellung musste man doch auch damals schon psychologisches Geschick und Einfühlungsvermögen aufweisen, und damit meine ich nicht, dass man einer "gefallenen" Frau sogar noch ihr Kind nimmt. Wenn ihr das Kleine egal gewesen wäre, hätte sie es ebenso gut auch gleich umbringen können, und da sie das nicht tat, gehe ich mal davon aus, dass ihr viel daran lag.


    So, und nun gehen mir langsam die Argumente aus :breitgrins:.


  • Das mag sein, aber sie könnte sich auch als Witwe ausgeben oder behaupten, ihr Mann sei sozusagen beruflich unterwegs :zwinker:. In dieser Hinsicht habe ich Probleme, mich in die Gepflogenheiten von vor über 250 Jahren hineinzuversetzen. Menschen zu verurteilen, ohne nach den Beweggründen für ihre Handlungen zu fragen. Das Hineinversetzen gilt auch für den Beruf des Friedensrichters. In der Mitte des 18. Jahrhunderts galten natürlich ganz andere Sitten und Gebräuche, aber für diese Machtstellung musste man doch auch damals schon psychologisches Geschick und Einfühlungsvermögen aufweisen,


    Vielleicht fällt es mir leichter, die Handlungen der Personen zu akzeptieren, da ich schon viele englische Klassiker gelesen habe. Mir erscheint deren Handlungsweise jedenfalls "völlig normal".
    Für die Machstellung eines Friedensrichters musste man damals (wenn ich von meinen Leseerfahrungen aus urteilen kann) vor allem die entsprechende Herkunft und das dazugehörende Vermögen aufweisen. Auf persönliche Eignung wurde wohl eher weniger Rücksicht genommen.



    und damit meine ich nicht, dass man einer "gefallenen" Frau sogar noch ihr Kind nimmt. Wenn ihr das Kleine egal gewesen wäre, hätte sie es ebenso gut auch gleich umbringen können, und da sie das nicht tat, gehe ich mal davon aus, dass ihr viel daran lag.


    Allworthy hat ihr ja genau genommen das Kind nicht genommen; sie hat es ihm vielmehr gegeben. Schon ein gewisser Unterschied. Natürlich hätte er ihr das Kind wieder anbieten können, und sich zugleich bereiterklären, den beiden den Lebensunterhalt zu finanzieren, sie mit einer entsprechenden Lügengeschichte auszustatten, etc. Aber weshalb sollte er das eigentlich tun? Er ist nicht der Kindsvater, und zu den Aufgaben eines auch noch so guten Friedensrichters gehört es wirklich nicht, für die Delinquenten für den Rest ihres Lebens aufzukommen. Das wäre wirklich zu viel verlangt, finde ich. Er tut mehr als er muss. Er könnte Jenny auch einfach ihrem Schicksal als Ausgestoßene überlassen und das Kind in ein Waisenhaus geben und wäre trotzdem nicht schuldiger an dem Unheil der beiden als alle anderen Menschen der Gegend auch.

    Wir sind irre, also lesen wir!