Thomas Mann - Der Zauberberg

Es gibt 155 Antworten in diesem Thema, welches 42.903 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Schlemihl.

  • Hallo ihr Lieben,
    ich hoffe es war OK, dass ich so frei war einen Leserundenvorschlag zu eröffnen, damit wir vielleicht dort das weitere besprechen können. Ich freue mich jedenfalls darauf, denn es scheint ganz anders zu sein, als der Zauberberg.


    Viele Grüße Tina

  • Der Zauberberg


    Hans Castorp, ein junger Mann aus Hamburg, will eigentlich nur seinen tuberkulosekranken Vetter Joachim in einem Sanatorium in Davos besuchen. Aus den vorgesehenen 3 Wochen Urlaub werden 7 Jahre Aufenthalt, denn das Leben der Patienten auf dem Berg verzaubert Hans und nimmt ihn auf in seine Zeit- und Sorglosigkeit. Er lernt sehr unterschiedliche andere Kranke kennen, die wichtigsten für seine Entwicklung sind wohl der Humanist Settembrini und der Fanatiker Naphta, die sich weitschweifige Rededuelle liefern, mit Hans als Publikum.


    Hans betreibt im Laufe der Jahre auch verschiedene Hobbys, verliebt sich, verliert Freunde und Bekannte an die oft tödliche Krankheit und entwickelt sich vom Jüngling zum Mann.


    Die erste Hälfte des Buches liest sich leicht. Mann schreibt mit feiner Ironie und versteht es sehr gut, Stimmungen zu vermitteln. In der zweiten Buchhälfte, ab Einführung von Naphta als Settembrinis Gegenpart, dominieren die philosophischen Betrachtungen und weltanschaulichen Streitgespräche, denen ich oft gar nicht richtig folgen konnte. Da ich mich für Fragen der Philosophie noch nie erwärmen konnte, waren diese Kapitel für mich "störend", wie Castorp es ausdrücken würde. Wäre Naphta im ersten Drittel aufgetreten, hätte ich sicher abgebrochen.


    Hinzu kommt, dass ich selten (oder nie?) ein so frauenfeindliches Buch wie dieses gelesen habe. Dass die Frauen im Zauberberg nur Nebenrollen spielen, mag ich ja noch hinnehmen. Aber fast alle vorkommenden weiblichen Personen haben deutliche Macken, sie werden grundweg in abfälligem Ton geschildert. Ziemlich häufig spricht man über Frauen wie über Tiere ("Weibchen"). Und leider bin ich mir nicht sicher, ob dies Hansens Meinung ist oder Manns.


    Die angesprochene fehlende "Relevanz" ist für mich kein Thema, ich beurteile Bücher lediglich nach ihrem Unterhaltungswert für mich. Eine Bewertung mit Ratten ist für mich nur möglich als Durchschnittswert zwischen der ersten und der zweiten Buchhälfte.


    2ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Nachdem ich nun mit diesem Buch fertig bin, muss ich für die Schule ein Referat vorbereiten, indem eines der Themen ist, dass ich erläutern soll, was für eine Bedeutung das Buch für den Leser heute hat und wie er sich damit identifizieren kann.. das einzige was mir eingefallen ist, dass es sehr schwierig ist von der 'Urlaubswelt' im Sanatorium wieder in die normale Welt zurückzukehren, da warten die Pflichten auf einen und Castorp müsste dann seinen Dienst antreten. Wir sind deswegen manchmal sehr bequem, anderseits wäre so etwas heute kaum mehr möglich, für so viele Jahre aus seinem 'echten' Leben zu verschwinden..
    Habt ihr andere Ansätze? :)

  • Ja ich habe auch nicht darum gebeten, dass ihr mir meine Hausaufgaben macht, sondern lediglich um etwas Hilfe.. wenn dir das zu viel verlangt ist, brauchst du ja nicht auf meinen Beitrag zurück zu schreiben! Habe ja schließlich auch schon meinen eigenen Ansatz gebracht und habe nur gefragt, ob jemand anderem noch etwas einfällt.. Danke an die, die mir helfen wollen!

  • LeaHe,
    wie du in meinem Beitrag sehen kannst, finde ich für mich da praktisch kein Identifizierungspotenzial. Das Buch ist wirklich erschreckend frauenfeindlich!


    Einfach mal so für ein paar Jahre in ein Sanatorium ist heutzutage auch kaum denkbar für Ottonormalverbraucher. Also irgendwie ist es schon recht altertümlich, überholt.


    Aber sehr schön dargestellt finde ich, wie sehr sich der Kranke immer mehr um sich selbst dreht, um seine Temperatur und andere Befindlichkeiten. Er spinnt sich ein.

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    Thomas Mann - Der Zauberberg


    Als Koloss für den diesjährigen SLW habe ich mir dieses Buch ausgesucht, da ich Ende letzten Jahres einige Bücher über die Zeit vor dem 1. Weltkrieg gelesen hatte und "Der Zauberberg" immer wieder Erwähnung fand, da er offenbar die Stimmung dieser Zeit gut eingefangen hätte.


    Über die Story wusste ich im Vorfeld nicht viel, außer dass es in einem Sanatorium in den Alpen spielen sollte. Dafür klang es mir umso deutlicher in den Ohren, wie sehr sich manch Forumianer mit diesem Buch gequält hatte, es mehrmals angefangen aber immer wieder abgebrochen oder nur unter beinah körperlichen Schmerzen beendet hatte. Das sorgte bei mir für entsprechenden Respekt vor diesem über 1000seitigen Ziegelstein.


    Die Handlung selbst ist recht unspektakulär. Der junge Hans Castorp fährt ins Sanatorium auf besagtem Zauberberg, um dort seinen Cousin für 3 Wochen zu besuchen. Doch dann wird bei ihm auch einen Lungenkrankheit diagnostiziert und letztendlich werden aus 3 Wochen 7 Jahre. Während dieser Zeit schließt er verschiedene Bekanntschaften, Patienten kommen und gehen (oder sterben) und abgesehen von einigen Festlichkeiten zu Feiertagen lebt er seinen Trott, bestehend aus etlichen Mahlzeiten, Liegekuren und Spaziergängen. Das Ganze ist so unspektakulär, wie es sich liest.


    Was ich interessanter fand und weswegen ich das Buch überhaupt erst in die Hand genommen habe, war die Stimmungslage auf dem Zauberberg, die die allgemeinen Befindlichkeiten vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs (soweit mir diese aus anderen Büchern bekannt waren) gut wiedergespiegelt hat. Besonders gut wurde das durch den Gegensatz zwischen dem Protagonisten Hans Castorp, der sich eher gehen ließ, keinen Drang hatte, einen Beruf zu ergreifen und sich in die diagnostizierte Krankheit regelrecht hineinsteigerte, und seinem Cousin, der sich dem Leben auf dem Zauberberg nie ergab und die Behandlung nur widerwillig über sich ergehen ließ, immer im Bestreben, der Armee möglichst bald beizutreten zu können. Auf der einen Seite die Schwäche des (modernen) Mannes und auf der anderen Seite der Nationalismus und das Ansinnen, sich als Mann/Kämpfer zu beweisen.


    Mühsam hingegen waren die philosophischen Streitgespräche, die zwischen verschiedenen Parteien immer wieder über die verschiedensten Themen geführt wurden. Einige Ansätze konnte ich noch nachvollziehen, doch wenn nach spätestens 5 Seiten verlor ich den Faden und habe die restlichen 15-20 Seiten, die so eine Diskussion meist dauerte, nur noch überflogen.


    In Summe haben mir einige Passagen gut gefallen, andere mich aber überfordert und in ihrer Masse gelangweilt. Wäre das Buch nur halb so dick und wären die philosophischen Gespräche nicht ganz so ausschweifend, hätte mir das Buch als Roman besser gefallen. So hingegen finde ich es eher als literarischen Zeitzeugen beachtenswert.


    2ratten


    P.S. In meiner oben verlinkten Ausgabe ist das auf französisch geführte Gespräch im Anhang komplett übersetzt, was ich leider erst recht spät festgestellt habe.

  • Mühsam hingegen waren die philosophischen Streitgespräche, die zwischen verschiedenen Parteien immer wieder über die verschiedensten Themen geführt wurden. Einige Ansätze konnte ich noch nachvollziehen, doch wenn nach spätestens 5 Seiten verlor ich den Faden und habe die restlichen 15-20 Seiten, die so eine Diskussion meist dauerte, nur noch überflogen.


    Jedes Jahr, wenn der Winter in das Land einzieht, dann wird es Zeit, den Zauberberg einmal wieder zu lesen. Ich liebe dieses Buch, diesen menschlichen Kosmos in a Nutshell in einem Schweizer Sanatorium.
    Und gerade die religiösen und philosophischen Diskussionen zwischen Naphta und Setembrini sind für mich das Salz dieses großartigen Romans. Diese wohl niemals endende Fehde zwischen Humanismus und religiösen Eifertum, zwischen Religion und Philosophie, zwischen dem freien Denken und dem fundamentalen Dogmatismus ewiger Gestrigkeit wird hier auf geniale Weise beschrieben.
    Vielleicht ist das unterschwellige Hauptthema diese Buches auch der Tod und Krankheit , oder die Liebe, der Deutungen sind da viele.
    Und da Thomas Mann immer auch ein ironischer Erzschlingel war, vielleicht ist dieses Buch auch eine Parodie auf den so genannten Bildungsroman.
    (Wer kann deuten, was Thomas Mann mit dem mystischen Kapitel "Schnee" wirklich aussagen wollte, einer der Höhepunkte dieses Romans.)


    Von den vielen Personen und Persönlichkeiten die teils liebevoll, teils ironisch aber immer sehr menschlich gezeichnet sind bin ich immer wieder beeindruckt, sei es nun der Hofrat Dr. Behrens, Peeperkorn, Frau Stöhr seinen Freund den Joachim Ziemßen nicht zu vergessen, so sind alle diese Menschen voller Leben, mit all ihren Macken, und in vielen von ihnen erkennen wir uns vielleicht wieder.


    Manch eine mag den Faustus lieber, andere wieder seinen Joseph, andere wieder eine seiner Erzählungen, ich liebe den Zauberberg, denn gerade in unserer beklemmenden und chaotischen Zeit hat uns Th. Mann immer noch sehr viel zu sagen.


    Entweder man schreibt über Th. Manns Zauberberg nur einen Satz oder hundert Seiten und genau davor werde ich mich hüten und mache hier …


    Wer zwei Paar Hosen hat, mache eins zu Geld und schaffe sich dieses Buch an.
    (Lichtenberg)


    Nachsatz: ich hätte gerne fünf Mäuschen vergeben, weiß aber nicht wie das hier funktioniert.


    5ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Schlemihl ()


  • Nachsatz: ich hätte gerne fünf Mäuschen vergeben, weiß aber nicht wie das hier funktioniert.


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    Danke! Ich habe das Buch jetzt sozuagen "berattet"!


    :winken: