Suad Amiry - Wenn dies das Leben ist

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    Geschichten aus Palästina


    Das Leben unter einer andauernden Besetzung ist wahrscheinlich für kaum jemanden vorstellbar, der es nicht erlebt hat. Dauernde Repression, Entrechtung und Angst, durchsetzt mit regelloser Willkür von Seiten der Besatzer und unvorhersehbaren Ausbrüchen akuter Gewalt von beiden Seiten - dies ist die Atmosphäre, in der die Palästinenser in den besetzten Gebieten seit Jahrzehnten leben.


    Umso bemerkenswerter ist es, wenn eine Palästinenserin ihre Erfahrungen dermaßen unverkrampft und mit Sinn für die täglichen Absurditäten des Alltags schildert, wie Suad Amiry es in diesem Band tut. Viele der beschriebenen Situationen sind dermaßen grotesk, dass sie wie Slapstick anmuten. Wenn sie beschreibt, wie einem verunglückten Israeli fast das Herz stehen bleibt, als er bemerkt dass er von einer moslemischen Palästinenserin gerettet und in die Klinik gefahren wird; wenn sie blumig ihre Reaktion schildert, als sie nach siebenjährigem illegalem Aufenthalt in Ramallah und ebensolangem Warten auf ihren Pass immer noch nur wohlklingende Worte, aber kein Stück Papier in den Händen hält, sie dank der Identitätskarte ihres Hundes aber unangefochten nach Jerusalem fahren kann; oder wie während des ersten Golfkrieges alle Israelis Gasmasken bekommen, während die Palästinenser ungeschützt die Giftgasangriffe des Iraks befürchten müssen - dann bleibt einem mehr als einmal das Lachen im Halse stecken.


    Wie sehr eine solche Existenz nicht nur den Einzelnen, sondern ein ganzes Volk zermürben und radikalisieren kann wird besonders durch die Leichtigkeit, sogar Beiläufigkeit deutlich, mit der der tägliche Terror beschrieben wird. Plötzlich versteht man, wie die Palästinenser es zwar einerseits schaffen, sich mit der Besatzung zu arrangieren und so viel Alltagsnormalität wie möglich aufrechtzuerhalten, wie sie aber auch jede sich bietende Gelegenheit zu Widerstand und Ungehorsam nutzen. Wobei wichtig ist zu betonen, dass Amiry nicht zur Verteidigung palästinensischer Bombenleger und Attentäter schreibt; sie schreibt gegen die Gewalt der Israelis gegen ein ganzes Volk und um den psychischen Ausnahmezustand darzulegen, in dem diese Menschen leben. Das Spannungsfeld von Angst und Misstrauen auch untereinander einerseits und dem Zwang, zusammenzuhalten gegen den gemeinsamen äußeren Feind entlädt sich in Verhaltensweisen, die fast schon schizophren anmuten.


    Die unfreiwillige Komik in diesen Alltagsepisoden ergibt sich aus der Differenz dieses Alltags zu dem, was wir als “normal” empfinden. Unsentimental und unverblümt beschreibt Amiry, was sie erlebt hat und womit Millionen von Menschen sich bis heute arrangieren müssen. Diese Lektüre hat mir subjektiv mehr Wissenswertes über den israelisch-palästinensischen Dauerkonflikt vermittelt als manches soziologische Essay.

    Viele Grüße aus dem Zwielicht<br />[size=9px]Rihla.info | blooks - Rezensionen und mehr<br />[b][url=http://www.librarythi