Halldór Laxness - Die glücklichen Krieger

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  • Hallo!


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    Klappentext:


    Island vor eintausend Jahren: Thorgeir Havarsson und Thormod Bessason haben einen Traum. Ruhm wollen sie erlangen, der eine als unerbittlicher, grausam-stolzer Krieger, der andere als Skalde, als Hofdichter eines großen Königs. Doch in den Westfjorden Islands gibt es niemanden, der Kühner Taten wert wäre. So folgen sie macht- und raubgierigen Eroberern in ihre Schlachten: nach England, Frankreich, Norwegen. Und verlieren alles - sogar ihre Illusionen.
    Halldór Laxness hat in "Die glücklichen Krieger" an Stoffe und Vorstellungswelt der großen Isländersagas angeknüpft und doch einen ganz und gar modernen Roman geschrieben. Immer wieder bricht er die traditionellen Ideale mit satirischer Schärfe auf und schildert mit respektloser Deutlichkeit den Krieg, die Krieger und die Mächtigen.


    Teilnehmer:


    Aldawen
    Bettina
    Breña
    Schokotimmi
    Tiefblau
    Saltanah


    Viel Spaß, fairy

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Hallo und guten Abend,


    na dann mach ich mal den Anfang, auch wenn ich noch nicht viel sagen kann. Ich habe die ersten beiden Kapitel gelesen und muss sagen, der Einstieg ist nicht so leicht. Leider habe ich auch noch nicht die nötige Ruhe gehabt um mich ganz vertiefen zu können, doch interessiert mich wie aus den beiden Jungs dann unsere "Helden" werden.


    Wie ist es euch ergangen, seid ihr schnell reingekommen oder hattet ihr auch ein paar Probleme?


    Bis später also und gute Nacht
    schokotimmi

  • Ich hatte bis heute noch gar nicht die Ruhe :redface: Heute mittag will ich mir eine halbe Stunde nehmen, aber Abends hat es bisher überhaupt noch nicht funktioniert und mittags habe ich immer gearbeitet, wenn die Zwergin schlief.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Hallo allerseits :winken: ,


    ich habe mittlerweile die ersten 10 Kapitel gelesen und schon voll im Laxness-Rausch.
    Der Einstieg fiel mir leicht, was aber auch kein Wunder ist, denn ich kenne nicht nur mehrere Laxnesse sondern auch einige Islandsagas, an denen sich Laxness hier stark orientiert. Leider kenne ich das Vorbild, die "Große Schwurbrüdersaga" nicht und habe sie hier auch nicht subben :sauer: . Ich war ja felsenfest davon überzeugt, dass sie sich in einem meiner schwedischen Sagabücher befinden würden, aber "De sammansvurnas saga" (etwa "Die Saga der Verschworenen") entpuppte sich als eine andere. Schade, sonst hätte ich sie schnell eingeschoben.


    Der lakonische Stil, in dem die schlimmsten Ereignisse völlig unberührt beobachtend geschildert wird, wie z. B. Havars Ende noch im 1. Kap., entspricht ganz dem Vorbild der Sagas, ebenso wie die fehlende innere Reaktion der Menschen. Das sorgt dafür, dass man nicht mit den Protagonisten mitfiebern kann, aber mir gefällt und mich fasziniert es trotzdem. Es bleibt viel "Arbeit" für die Leser, da sie sich die Beweggründe der Protagonisten selbst zusammenreimen müssen.


    Thorgeir hat eindeutig zu viele Heldengeschichten erzählt bekommen, an denen er seine Zukunftspläne orientiert. Die isländischen Verhältnisse sind ja nicht gerade so, dass sie Heldentum nach jener Art unterstützen würden; die Lebensbedingungen sind so hart, dass alle Kraft fürs Überleben gebraucht wird. Arbeit ist gefragt, nicht Heldentum. (Und wie soll man ein ordentlicher Recke werden, wenn man keine vernünftigen Waffen hat? Thorgeir schmiedet sich zwar wie Siegfried ein Schwert, aber qualitätsmäßig sind die Unterschiede riesig.)


    Gleichermaßen amüsiert und schockiert hat mich die Erklärung, was einen Helden ausmacht (3. Kap.):
    Es war ebenso eine Tugend, angesichts einer Übermacht nicht um sein Leben zu fürchten, wie seinen nichtsahnenden schwächlichen Gegner zu erschlagen. [...]
    Seine Mutter sagte, dass ein rechter Mann dem freigebigsten König am treuesten sein solle; mit einem solchen König sei das glück; doch solle man ihm die Treue brechen, wenn es ihm an Geld fehle.
    [...]
    Seine Mutter sagte auch, ein guter Wikinger verschone auf Kriegszügen weder Frauen noch Kinder.

    Diese Heldendefinition unterscheidet sich doch etwas von der altbekannten Hollywood-Definition. Von Ehre oder Treue keine Spur; wer die meisten Leute umbringt, ist der Größte!


    Gegen diese "traditionelle" Auffassung steht Thorgils Arason, der Frieden für gewinnbringender als Krieg hält. Mit ihm und dem in Island an Boden gewinnenden Christentum zeigt sich ein Wechsel der Denkart.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • ... ich habe mittlerweile die ersten 10 Kapitel gelesen und schon voll im Laxness-Rausch.


    Noch nicht ganz :breitgrins: nach nur zwei Kapiteln in der Mittagspause. Mir schwirrt noch etwas der Kopf von all den Namen, aber ich habe das Gefühl, wir müssen sie uns auch kaum merken. So verstehe ich zumindest die Andeutung von Laxness zu Beginn, als er sagt, die Aufzählung aller Edlen sei zu Beginn einer Saga üblich.


    Schmunzeln musste ich aber bereits, als die Mär vom tollen Krieger Havar Kleppsson durch einen kurzen Kommentar auf die richtige Größe gestutzt wurde: ... es ist ein großes Unheil, wenn einer mit leeren Händen von Kriegszügen heimkommt, sich in einem friedlichen Gebiet niederlässt und anderer Leute Hühner abschlachtet, um sich Ersatz für die Ruhmestaten zu verschaffen, die in anderen Ländern zu vollbringen ihm nicht vergönnt war.



    Leider kenne ich das Vorbild, die "Große Schwurbrüdersaga" nicht und habe sie hier auch nicht subben :sauer: . Ich war ja felsenfest davon überzeugt, dass sie sich in einem meiner schwedischen Sagabücher befinden würden, aber "De sammansvurnas saga" (etwa "Die Saga der Verschworenen") entpuppte sich als eine andere. Schade, sonst hätte ich sie schnell eingeschoben.


    Der lakonische Stil, in dem die schlimmsten Ereignisse völlig unberührt beobachtend geschildert wird, wie z. B. Havars Ende noch im 1. Kap., entspricht ganz dem Vorbild der Sagas, ebenso wie die fehlende innere Reaktion der Menschen. Das sorgt dafür, dass man nicht mit den Protagonisten mitfiebern kann, aber mir gefällt und mich fasziniert es trotzdem. Es bleibt viel "Arbeit" für die Leser, da sie sich die Beweggründe der Protagonisten selbst zusammenreimen müssen.


    Meinst Du, es gibt diese Schwurbrüder-Saga wirklich? Ich war mir da gar nicht sicher und habe daraufhin google bemüht und schenke Dir folgenden Link. Such' mal unter Fóstbrœđra saga.


    An die gefühlslose Beschreibung muss ich mich erst noch gewöhnen. Besonders, wenn ein siebenjähriger Bub zugucken muss, wie sein Vater erschlagen wird, er sich den übel zugerichteten Leichnam anschaut und dann Botenjunge spielen soll.

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  • Meinst Du, es gibt diese Schwurbrüder-Saga wirklich? Ich war mir da gar nicht sicher und habe daraufhin google bemüht und schenke Dir folgenden Link. Such' mal unter Fóstbrœđra saga.


    Danke, Bettina. Ich habe auf Wikipedia eine englische Inhaltsangabe mit Link zum Originaltext gefunden, der mir leider nicht so sehr hilft. Es ist zu lange her, dass ich Altnordisch gelernt habe. Ich sollte mich da vielleicht mal wieder reinhängen - oder gleich modernes Isländisch lernen, so groß ist der Unterschied ja nicht. Jedenfalls finde ich diese kurzgefasste Art, wie die Sagas ihre Protagonisten vorstellen, toll:
    Hávar hét maður. Hann var Kleppsson. (2. Kap. im obengenannten Link)
    "Havar hieß der Mann. Er war Klepps Sohn." :bang:


    Leider gibt die hiesige Stadtbücherei nichts zu der Fóstbrœđra saga her (außer einer isländischen Ausgabe.) In der Nationalbibliothek ist auch nichts zu finden, d. h., sie wurde wohl nie ins Schwedische übersetzt. :sauer: Ich werde wohl ohne auskommemn müssen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    also ich stecke gerade im 7. Kapitel und ich muss sagen der Konflikt, welcher hier dargestellt wird zwischen Thorgeir und Thorgils, den man sicher auch auf das Land übertragen kann, fasziniert mich. Der Übergang von alten Volksglauben zum Christentum dargestellt durch Figuren die absolute keine emotionale Reaktion zeigen - an diese Nüchternheit kann ich mich nicht so schnell gewöhnen. Bezeichnend fand ich den Satz Thorgeis:


    "Von meiner Mutter habe ich erfahren, dass viele hervoragende Männer den Weißen Christ zum Zweikampf herausgefordert haben, doch er hat mit keinem zu kämpfen gewagt. Sicher ist er feige, und jedem anderen König will ich lieber dienen als ihm. Meine Mutter hat auch gesagt dass die Kraft, die in Menschen und Göttern lebt, Erdkraft heißt [...] und ich bin davon überzeugt, dass Christus nichts von dieser Kraft besitzt und dass andere Götter verwelkten und verdorrten, als sie ihnen verloren ging; so wird es auch den Menschen ergehen."


    Ganz schön harte Worte für einen Jungen - mal abgesehen von seinen kriegerischen Moralvorstellungen steckt doch viel Wahrheit in diesem Satz, nicht das Christ hätte ein Kämpfer sein sollen, aber ich finde man kann doch auch Naturglauben dahinter sehen und die Entfernung des Menschen von dieser. Oder interpretiere ich hier etwas zu viel.


    Das es mit der Kirche nicht alles toll ist, zeigt sich ja dann auch im 7. Kapitel.


    Welche Rolle werden Thordis, Kolbak und der Norweger Skati noch spielen - das Schicksal Kolbaks zeigt ja ganz die Schrecken, die das "geliebte Heldentum" Thorgeirs mit sich bringt und Thordis wird für die beiden Helden noch von Bedeutung sein, oder?


    Nagut, ich lese erstmal weiter...


    Sonnige Grüße
    schokotimmi

  • Hallo allerseits,


    wenigstens die ersten sechs Kapitel habe ich inzwischen auch gelesen und muß gestehen, daß mich die vielen Namen, die alle mit Thor anfangen, ziemlich verwirren. Ich erkenne daran ja nicht mal, ob gerade von einer Frau oder einem Mann die Rede ist :breitgrins: Stilistisch dagegen fällt es mir leicht, da macht sich wohl die Märchen/Sagen/Mythen-Erfahrung bezahlt.



    Der lakonische Stil, in dem die schlimmsten Ereignisse völlig unberührt beobachtend geschildert wird, wie z. B. Havars Ende noch im 1. Kap., entspricht ganz dem Vorbild der Sagas, ebenso wie die fehlende innere Reaktion der Menschen. Das sorgt dafür, dass man nicht mit den Protagonisten mitfiebern kann, aber mir gefällt und mich fasziniert es trotzdem. Es bleibt viel "Arbeit" für die Leser, da sie sich die Beweggründe der Protagonisten selbst zusammenreimen müssen.


    Das Lakonische erinnert mich auch an meine Erfahrungen z. B. mit der Edda, aber zugegebenermaßen gefällt es mir nicht besonders. Ich brauche keine seitenlangen Selbstbespiegelungen der Protagonisten, aber hier wirken sie auf mich nicht wie Menschen mit Beweggründen für ihr Handeln sondern wie Marionetten. Am ehesten kann ich damit umgehen, wenn ich sie nicht als „echte“ Personen ansehe, sondern als Archetypen. Aber will ich dafür einen Roman lesen? :gruebel:



    Diese Heldendefinition unterscheidet sich doch etwas von der altbekannten Hollywood-Definition. Von Ehre oder Treue keine Spur; wer die meisten Leute umbringt, ist der Größte!


    Und ich nehme an, daß damit Thorgeirs weiterer Werdegang auch eher unrühmlich vorgezeichnet ist. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, daß er damit sehr alt wird. Noch geht das ganze vielleicht als überdrehte Reaktion eines dummen, verzogenen Jungen durch (obwohl das bei dem Totschlag schon zweifelhaft ist), aber Sympathiepunkte wird er bei mir wohl nicht mehr ernten.



    Schmunzeln musste ich aber bereits, als die Mär vom tollen Krieger Havar Kleppsson durch einen kurzen Kommentar auf die richtige Größe gestutzt wurde: ... es ist ein großes Unheil, wenn einer mit leeren Händen von Kriegszügen heimkommt, sich in einem friedlichen Gebiet niederlässt und anderer Leute Hühner abschlachtet, um sich Ersatz für die Ruhmestaten zu verschaffen, die in anderen Ländern zu vollbringen ihm nicht vergönnt war.


    Das ging mir ganz genauso. Havar wird dadurch ja ganz schön vorgeführt. Thorgeirs Ehrgeiz und Moralvorstellungen in Verbindung mit oder bzw. gegen das sich ausbreitende Christentum, wodurch die alten Werte nicht mehr zählen und abgelöst werden, könnten ihm aber einen durchaus vergleichbaren Ruf eintragen.


    Thormod kann ich auch noch gar nicht einordnen. Warum läßt er sich auf dieses Gedichtspielchen ein? Und kann mir jemand erklären, warum es für eine Frau grundsätzlich beleidigend ist, wenn sie angedichtet wird? Bei bestimmten Inhalten kann ich es ja nachvollziehen, aber darum scheint es ja nicht zu gehen. :confused:


    Meine Ausgabe enthält übrigens ein Nachwort, in dem u. a. auch auf die zugrundeliegenden Quellen eingegangen wird. Neben der bereits genannten Fóstbrœđra saga wird hier auf die Saga von Olaf dem Heiligen aus Snorri Sturlusons Heimskringla verwiesen. Saltanah: In welcher Sprache liest Du eigentlich gerade?


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Hallo zusammen!
    Dann will ich mich auch mal einklinken. Nach Problemen mit meinem Rechner sah ich die LR schon gefährdet. :entsetzt:


    Ich bin inzwischen im 12. Kapitel. Den Anfang mit all den Namen und Orten habe ich nicht ganz so aufmerksam gelesen, dafür bin ich aber recht schnell reingekommen. Der Ton ist wirklich der einer altertümlichen Saga, wunderbar! Als Laxness-Neuling frage ich mich, ob er seinen Stil sehr stark angepasst hat - was sagen die Kenner? Immerhin ist das Buch von 1952... Durch die Distanz bzw. die nicht geschilderte Gefühlswelt der Protagonisten bleibt das Erzählte auch für mich sehr "kalt". Mal schauen, inwieweit ich später noch mitfiebern werde.



    Thorgeir hat eindeutig zu viele Heldengeschichten erzählt bekommen, an denen er seine Zukunftspläne orientiert.
    [...]
    Gleichermaßen amüsiert und schockiert hat mich die Erklärung, was einen Helden ausmacht (3. Kap.):
    Diese Heldendefinition unterscheidet sich doch etwas von der altbekannten Hollywood-Definition. Von Ehre oder Treue keine Spur; wer die meisten Leute umbringt, ist der Größte!


    Dieses Heldenbild finde ich irritierend, da es unserem heutigen komplett widerspricht. Die beiden angehenden Helden sind doch nur halbstarke Unruhestifter! :zwinker: Ich schließe mich Aldawen an: besonders Thorgeir ist mir sehr unsympathisch, und ich frage mich, wie lange er seine "Spielchen" überhaupt noch ungestraft spielen kann.



    Schmunzeln musste ich aber bereits, als die Mär vom tollen Krieger Havar Kleppsson durch einen kurzen Kommentar auf die richtige Größe gestutzt wurde:


    :breitgrins:



    Thormod kann ich auch noch gar nicht einordnen. Warum läßt er sich auf dieses Gedichtspielchen ein? Und kann mir jemand erklären, warum es für eine Frau grundsätzlich beleidigend ist, wenn sie angedichtet wird? Bei bestimmten Inhalten kann ich es ja nachvollziehen, aber darum scheint es ja nicht zu gehen. :confused:


    DAS würde ich auch gerne wissen!


    Übrigens finde ich das Bild, das vom Christentum gezeichnet wird, sehr spannend. Im Zusammenhang mit den neuen Moralvorstellungen (Arbeit statt Krieg) wird für mich auch nachvollziehbarer, wie eine Gesellschaft sich von ihrer bisherigen Religion größtenteils abwendet und zum Christentum konvertiert.


    Insgesamt also ein guter Einstieg, ich bin sehr gespannt auf die weitere Entwicklung. Und ich weiß jetzt schon, dass die Krieger wahrscheinlich auf meiner Liste der nochmal zu lesenden Bücher landen wird, um auch die Feinheiten der vielschichten Erzählung erfassen zu können.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Die ersten sieben Kapitel sind geschafft und ich muss sagen, dass es mir trotz des Schreibstils gefällt. Ich schließe mich euch aber an: die Helden-Definition ist ungewohnt und mir fehlt ein bisschen das Innenleben der Charaktere. Sonst kann ich noch nicht viel sagen, auch wenn mir die Menschen alle etwas seltsam vorkommen; liegt sicher an den fehlenden Gefühlen und so. (Meine Mutter würde mich nie freudig in den Arm nehmen und mir ein Festmahl servieren, wenn ich nach Hause kommen und ihr erzählen würde, dass ich gerade jemanden erschlagen habe. Nichtmal wenns der Mörder meines Vaters ist.)


    Ich muss immer tierisch bei den Namen aufpassen, dass ich sie nicht durcheinander werfe, denn einige klingen ja doch recht ähnlich.


    Mein Lieblingszitat bisher:

    Zitat

    ... König Frey mit den großen Hoden...

    (S 39 Steidl Ausgabe)
    Das nenne ich doch mal eine großartige Beschreibung eines Gottes! Aufs Wichtigste eingedampft... :breitgrins:


    Ich bin natürlich auch gleich auf die Suche nach einigen isländischen Sagas gegangen. :breitgrins:

  • Hallo,


    also ich bin nun im 13. Kapitel und unsere beiden Helden sind "auf Kriegszug" - Thorgeir sucht einen ebenbürtigen Kämpen mit dem er sich messen kann und Thormod geht einfach so mit. Irgendwie wird mit seine Motivation nicht ganz klar. Warum stehen sich die beiden so nahe, was genau ist es was Thormod an Thorgeir bindet - bis jetzt sehe ich da nur den Glauben und die Überzeugung vom alten Heldentum.


    Irgendwie kommen mir die beiden, bitte verzeiht den Ausdruck, etwas dümmlich vor, wie sie da durch die Welt stapfen und Leute nieder machen. Immer irgendwie angestiftet von Frauen, erst die Mutter, selbst Thordis versucht es und nun Kolbrun. Nicht grad eine tolle Rolle, die Frauen hier spielen. Was mich auch interessiert ist die Sache mit den Gedichten, da werd ich mal googlen, vllt. finde ich dazu ja etwas.


    Also dann, schönen Abend noch.
    schokotimmi


  • Der Ton ist wirklich der einer altertümlichen Saga, wunderbar! Als Laxness-Neuling frage ich mich, ob er seinen Stil sehr stark angepasst hat - was sagen die Kenner? Immerhin ist das Buch von 1952...


    Ich habe das Nachwort einfach schon mal gelesen und da steht, dass die isländische Sprache der damaligen Sprache nach wie vor sehr ähnlich ist - während die deutsche Sprache sich in demselben Zeitraum so stark verändert hat, dass wir z. B. Mittelhochdeutsch nicht schreiben können und kaum jemand kann es lesen, geschweige denn korrekt aussprechen. Beim Isländischen sei alles sehr nah beieinander und daher sei es einfach für Laxness gewesen, den Stil zu schreiben. Es heißt im Nachwort auch, die Isländer hätten keine Probleme, ihre Sagas im Originaltext zu lesen.

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  • Gestern abend habe ich noch bis einschließlich Kapitel 12 gelesen, aber ich fühlte mich nicht mehr posting-fähig :zwinker:



    Irgendwie kommen mir die beiden, bitte verzeiht den Ausdruck, etwas dümmlich vor, wie sie da durch die Welt stapfen und Leute nieder machen.


    Sind sie ja auch. Laxness wird sie nicht umsonst so überzeichnet haben, ich gehe davon aus, daß er mit diesen Moral- und Männlichkeitsvorstellungen nicht einverstanden ist, sonst hätte er es sicher anders präsentiert. Mein Problem ist, daß ich Romane mit so dümmlichen, lernresistenten Charakteren eigentlich überhaupt nicht leiden kann. Ich hoffe, die beiden bekommen wenigstens noch ordentlich eins auf die Mütze, das würde mich etwas damit versöhnen.



    Immer irgendwie angestiftet von Frauen, erst die Mutter, selbst Thordis versucht es und nun Kolbrun. Nicht grad eine tolle Rolle, die Frauen hier spielen.


    Ja, das ist auffällig und ist ein weiterer Punkt, der mich sehr stört. Ich will zu Laxness' Gunsten davon ausgehen, daß er damit einen Zweck verfolgt und sich dieser im Laufe der Erzählung noch erschließt, sonst gibt's dafür eindeutig Abzüge in der B-Note.



    Mein Lieblingszitat bisher:

    (S 39 Steidl Ausgabe)
    Das nenne ich doch mal eine großartige Beschreibung eines Gottes! Aufs Wichtigste eingedampft... :breitgrins:


    :five:



    Übrigens finde ich das Bild, das vom Christentum gezeichnet wird, sehr spannend. Im Zusammenhang mit den neuen Moralvorstellungen (Arbeit statt Krieg) wird für mich auch nachvollziehbarer, wie eine Gesellschaft sich von ihrer bisherigen Religion größtenteils abwendet und zum Christentum konvertiert.


    Das ist für mich bislang auch der interessanteste Punkt, vor allem wenn man in Betracht zieht, wie unzureichend ausgebildet die „Priester“ sind, die hier für die Verbreitung des Christentums sorgen. Die Vorstellungen, die sich dadurch verbreiten, würden sicher nicht alle die Zustimmung des Papstes finden. Die Menschen sind eben wankelmütig: Der neue Gott verspricht besser zu den gewandelten Interessen zu passen, also werden die alten fallengelassen. Ein paar „Rückwärtsgewandte“ werden als Störenfriede empfunden, aber auch das ist für Umbruchszeiten typisch. Bin gespannt, wie sich dieser Antagonismus alter Götterglauben – Christentum weiterentwickelt.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Inzwischen bin ich den Kämpen durch 21 Kapitel gefolgt. Und habe ebenfalls das Nachwort gelesen. Vielen Dank für den Hinweis, Bettina!


    Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass Laxness sogar einen Effekt kopiert, der in Originalen durch die Zusammenführung verschiedener Quellentexte entstand, die nicht perfekt aufeinander abgestimmt wurden. Vielleicht liegt es aber auch nur an meiner Unaufmerksamkeit. Manchmal lese ich Zustimmung, mal Ablehnung des alten Heldenbilds bzw. Christentums raus, der Standpunkt der Erzählers dazu wechselt also. Geht es euch auch so? (Habe ich mich überhaupt verständlich ausgedrückt?)



    also ich bin nun im 13. Kapitel und unsere beiden Helden sind "auf Kriegszug" - Thorgeir sucht einen ebenbürtigen Kämpen mit dem er sich messen kann und Thormod geht einfach so mit. Irgendwie wird mit seine Motivation nicht ganz klar. Warum stehen sich die beiden so nahe, was genau ist es was Thormod an Thorgeir bindet - bis jetzt sehe ich da nur den Glauben und die Überzeugung vom alten Heldentum.


    Das wird auch im Verlauf nicht klarer, mir zumindest nicht - im Gegenteil. Die Wege der beiden trennen sich, weil der Skalde jedem Rockzipfel nachläuft während der so genannte Held arme Bauern abschlachtet, und dennoch würden die beiden füreinander sterben. :vogelzeigen: In Kapitel 19 kommt es zu einem Wendepunkt, was das Verhältnis der beiden betrifft, der im folgenden Kapitel auch deutliche Auswirkungen hat. Das macht die Sache gleich wieder interessanter. :zwinker:
    Thorgeir hat bei mir inzwischen ganz verspielt (lernresistent ist gut, Aldawen!), Thormod verspricht zumindest ein wenig Entwicklung (außerdem hat er so nette Visionen).


    Etwas irritierend finde ich die Fixierung auf Beine... Warum kommt Laxness immer wieder auf die kurzen und krummen Beine der Isländer zu sprechen? Und dieses Getätschel der Frauenknie. :rollen: Ich dachte kurz daran, dass es ein Euphemismus ist, allerdings wird Thordis im Beisein ihrer Mutter vom Sklaven am Knie getätschelt, also wohl eher nicht. (Und natürlich wird nachts nur brav geredet und das frierende Knie gewärmt, na klar! :heybaby: )


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Hallo,


    gestern war ein stressiger Tag für mich, darum bin ich derzeit vor Kapitel 18 stehengeblieben.
    Die Beschreibung eines allgemeinen Kampfes im Norden bzw. in Island fand ich recht interessant - es gehen also nicht alle gleichzeitig auf alle los, sondern jeder sucht sich einen aus und mit dem kämpft er dann bis zur Erschöpfung oder Tod. Hm, auch ne Methode.


    Thormod ist also der Frauenheld und Thorgeir der Brutalo - was für ein Gespann. Ich bin wirklich gespannt wie sich die Geschichte hier weiterentwickelt.



    Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass Laxness sogar einen Effekt kopiert, der in Originalen durch die Zusammenführung verschiedener Quellentexte entstand, die nicht perfekt aufeinander abgestimmt wurden. Vielleicht liegt es aber auch nur an meiner Unaufmerksamkeit. Manchmal lese ich Zustimmung, mal Ablehnung des alten Heldenbilds bzw. Christentums raus, der Standpunkt der Erzählers dazu wechselt also. Geht es euch auch so? (Habe ich mich überhaupt verständlich ausgedrückt?)
    ...


    Mir ist auch aufgefallen dass vor allem das Bild des Christentums mal positiv und mal negativ dargestellt wird, aber als Bruch habe ich das nicht empfunden. Für mich stellt es sich so dar, als dass der Autor genau damit zeigt, das keine Glaubensrichtung nur gut oder nur schlecht ist. Wie sich dieses Bild im Verlaufe des Buches entwickelt ist für mich ein spannender Punkt.


    Mal sehen wie es so weitergeht.


    Sonnige Grüße
    schokotimmi

  • Ich habe mich bis inklusive Kapitel 18 durchgelesen. Viel Neues kann ich zu den beiden „Helden“ nicht feststellen, ich hoffe immer noch, daß vor allem Thorgeir ordentlich zurechtgestutzt wird. Ich könnte ja noch verstehen, wenn er die Leute erschlagen würde, um sich ihr Eigentum anzueignen, aber das tut er ja nicht mal. Nicht, daß ich das gutheißen würde, aber es wäre zumindest ein Motiv. Aber so? Das ist doch geistesgestört. Neben Thorgeir halte ich aber noch ein paar Leute für ausgesprochen verzichtbar, z. B. diese Bäurerin, der Thormod seinen Namenszusatz verdankt. Und was soll eigentlich dieser Unfug, daß die Frauen angeblich den Mann, den sie am meisten lieben, – wie war das? – umbringen lassen oder zumindest der größten Gefahr aussetzen? Die haben doch alle einen Schaden :vogelzeigen:



    Die Beschreibung eines allgemeinen Kampfes im Norden bzw. in Island fand ich recht interessant - es gehen also nicht alle gleichzeitig auf alle los, sondern jeder sucht sich einen aus und mit dem kämpft er dann bis zur Erschöpfung oder Tod. Hm, auch ne Methode.


    Angesichts der unglaublichen Präzision der Waffen und der Angewohnheit, selbst den toten Gegner noch zu zerstückeln, scheint mir das aber eine sinnvolle Regelung zu sein ...



    Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass Laxness sogar einen Effekt kopiert, der in Originalen durch die Zusammenführung verschiedener Quellentexte entstand, die nicht perfekt aufeinander abgestimmt wurden. Vielleicht liegt es aber auch nur an meiner Unaufmerksamkeit. Manchmal lese ich Zustimmung, mal Ablehnung des alten Heldenbilds bzw. Christentums raus, der Standpunkt der Erzählers dazu wechselt also. Geht es euch auch so? (Habe ich mich überhaupt verständlich ausgedrückt?)
    ...


    Verständlich schon, aber das ist mir jetzt nicht so aufgefallen, daher kann ich weder zustimmen und ernsthaft widersprechen :zwinker:



    Thorgeir hat bei mir inzwischen ganz verspielt (lernresistent ist gut, Aldawen!), Thormod verspricht zumindest ein wenig Entwicklung (außerdem hat er so nette Visionen).


    Soll mich das hoffen lassen oder mir die Tränen in die Augen treiben? :gruebel:



    Etwas irritierend finde ich die Fixierung auf Beine... Warum kommt Laxness immer wieder auf die kurzen und krummen Beine der Isländer zu sprechen? Und dieses Getätschel der Frauenknie. :rollen: Ich dachte kurz daran, dass es ein Euphemismus ist, allerdings wird Thordis im Beisein ihrer Mutter vom Sklaven am Knie getätschelt, also wohl eher nicht. (Und natürlich wird nachts nur brav geredet und das frierende Knie gewärmt, na klar! :heybaby: )


    Zum Glück sind es die Beine und dort vor allem die Knie. Ich stelle mir lieber nicht vor, wie sich das mit anderen Körperteilen läse :angst::breitgrins:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • So, mal schauen, ob mein Computer heute durchhält, bis mein Beitrag geschreiben ist. Gestern habe ich entnervt aufgegeben. :sauer:


    Ich habe mittlerweile das 15. Kap. gelesen. Thorgeir und Thormod befinden sich also am Anfang ihrer Heldenlaufbahn.



    Dieses Heldenbild finde ich irritierend, da es unserem heutigen komplett widerspricht. Die beiden angehenden Helden sind doch nur halbstarke Unruhestifter!


    Ich frage mich gerade, ob dieses Heldenbild wirklich so anders ist, wenn man es genauer betrachtet. Ich gehe davon aus, dass Laxness in diesem Buch die durch die Sagas verbreiteten Vorstellungen einer großartigen Vergangenheit der Isländer bloßstellen will, zeigen will, wie es damals "wirklich" war. (Daher auch die vielen krummen Beine. Ein "richtiger" Held ist doch ein hochgewachsener Recke, aber Menschen, die unterernährt aufwachsen, können nur schwer diesem äußeren Ideal entsprechen. Laxness malt ja ein Bild eines äußerst armen Landes, in dem selbst die "Reichen" kaum was besitzen, das also kein idealer Nährboden für Helden ist.)
    Laxness zeigt uns also, was sich hinter diesen Heldentum wirklich versteckt, was mich fragen lässt, was es eigentlich mit unseren heutigen Hollywoodhelden (ich glaube, wir sind alle ziemlich von den Erzeugnissen aus Hollywood geprägt) auf sich hat. Denn diese könnte schon Abkömmlinge der alten Isländer aus den Originalsagas sein. Was steckt also hinter z. B. einer John Wayne-Gestalt (es geht mir natürlich nicht um ihn persönlich, sondern um seine Filmfiguren)? Bringen er und seine heutigen Kumpane, die sich weniger im Wilden Westen sondern eher in arabischen Ländern auf der Suche nach Terroristen befinden, wirklich nur die "Bösen" um? Oder ist es nicht viel eher so, dass alle von Helden getötete Menschen per Definition böse sind? Sie wurden vom Guten getötet, also waren sie schlecht.
    Auf diese Gedanken kam ich gestern, als ich an ein Fernseherlebnis in grauer Vorzeit dachte. Damals war ich nach einigen Jahren Englischunterricht zum ersten Mal in England und sah zum ersten Mal englischsprachiges Fernsehen - von dem ich nicht so furchtbar viel verstand. Noch weniger verstand ich von dem amerikanischen Krimi, einer Serie, die noch nicht in Deutschland angelaufen war. Also versuchte ich, mir die Ereignisse zusammenzureimen, und bald war mir auch klar, wer hier auf welcher Seite stand. Die zwei, die ständig andere abknallten, mussten Verbrecher sein. Umso größer meine Überraschung, als die beiden plötzlich andere verhafteten. Dass sie die "guten" Detektive waren, hatte ich anhand ihrer Handlungen nicht vermutet.



    Und kann mir jemand erklären, warum es für eine Frau grundsätzlich beleidigend ist, wenn sie angedichtet wird?


    Erklärungen könnte ich mir einige vorstellen, z. B., dass eine Bedichtung bedeutet, dass man mit der Frau im Bett war. Das ist aber nur eine Spekulation meinerseits. Da ich es nicht wirklich weiß, lautet meine Antwort: "Das ist eben so." :zwinker:



    Thormod geht einfach so mit. Irgendwie wird mit seine Motivation nicht ganz klar. Warum stehen sich die beiden so nahe, was genau ist es was Thormod an Thorgeir bindet - bis jetzt sehe ich da nur den Glauben und die Überzeugung vom alten Heldentum.


    Meiner Meinung nach braucht Thormod Thorgeir, um seine eigenen Zukunftspläne als großer Skalde zu verwirklichen. Ein großer isländischer Dichter braucht ein geeignetes "Dichtobjekt", einen großen Kämpfer, dessen Heldentaten er in Versen verewigen kann.



    Das ist für mich bislang auch der interessanteste Punkt, vor allem wenn man in Betracht zieht, wie unzureichend ausgebildet die „Priester“ sind, die hier für die Verbreitung des Christentums sorgen. Die Vorstellungen, die sich dadurch verbreiten, würden sicher nicht alle die Zustimmung des Papstes finden.


    Man muss sich glaube ich vor Augen halten, wo Island liegt. Weiter ab vom Schuss ist kaum möglich und die paar Isländer für eine große Christianisierungskampagne viel zu wenige. Der nächste Bischof saß damals in Bremen, und schon Norwegen und Schweden standen nicht im Zentrum seines Interesses. Und Island erst... Da kann man nicht viel investieren, die Priester"ausbildung" wird im Schnellverfahren durchgeführt und dann müssen sie selbst sehen, wie sie zurecht kommen, bzw. sich eine Beschützer und Kirchenbauer suchen.


    Über eine Formulierung musste ich wirklich lachen:

    Zitat

    in den Schildrand gebissen :breitgrins:

    (11. Kap.) Da stand mir ein Bild aus der Zeichentrickserie "Wickie und die starken Männer" vor Augen. War es der Vater, der die Schilde zerbiss, oder ein anderer? Ich wusste gar nicht, dass die Wikinger das wirklich taten.



    Und was soll eigentlich dieser Unfug, daß die Frauen angeblich den Mann, den sie am meisten lieben, – wie war das? – umbringen lassen oder zumindest der größten Gefahr aussetzen?


    Na ja, bescheuert ist es zwar, aber auf eine verdrehte Art auch logisch. Ich als Frau möchte natürlich einen meiner Liebe auch werten Mann haben, einen richtigen Mann. Und wie kann er seine Heldenhaftigkeit besser zeigen als dadurch, dass er Gegner tötet? Und wenn die nicht von selbst kommen, sorge ich eben dafür, dass sie auftauchen. Ich überprüfe so schlicht und einfach, ob mein Liebster gut genug für mich ist. Wird er umgebracht, war er es eben nicht, und ich muss mir einen neuen suchen. Ich habe eben auch zu viele Heldengeschichten gehört :vogelzeigen: .

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Noch habe ich nicht nennenswert weitergelesen, dafür bin ich durch eure Kommentare klüger geworden. :zwinker:
    Saltanah, du hast mir besonders auf die Sprünge geholfen, danke!



    Ich frage mich gerade, ob dieses Heldenbild wirklich so anders ist, wenn man es genauer betrachtet. Ich gehe davon aus, dass Laxness in diesem Buch die durch die Sagas verbreiteten Vorstellungen einer großartigen Vergangenheit der Isländer bloßstellen will, zeigen will, wie es damals "wirklich" war. (Daher auch die vielen krummen Beine. [...])
    Laxness zeigt uns also, was sich hinter diesen Heldentum wirklich versteckt, was mich fragen lässt, was es eigentlich mit unseren heutigen Hollywoodhelden (ich glaube, wir sind alle ziemlich von den Erzeugnissen aus Hollywood geprägt) auf sich hat. [...]


    Mein Heldenbild ist in erster Linie geprägt durch Märchen und Sagen, erst in zweiter Linie von Hollywood-Filmen, und die lassen sich wiederum auf Erstere zurückführen. Tja, und im Märchen ist der Held derjenige, der die Prinzessin rettet, den Drachen tötet, die Bauern befreit, die böse Hexe vetreibt usw. Abgesehen vom schubladenhaften Gut/Böse-Denken hat der Held also immer gute Gründe für sein Handeln, die ich als positiv empfinde. Bei Laxness haben wir Glück, wenn die Helden aus Gier oder Hunger töten, Thorgeir folgt eher der modernen Türstehermentalität á la "Mir gefällt dein Gesicht nicht". Moderne Filmhelden, bei denen die "Killrate" mehr zählt als die Geschichte, haben immerhin ein Rachemotiv, Thorgeir strebt nach Ruhm ohne ruhmreiche Taten zu vollbringen. Die Wegelagerer, die rauben und morden, weil sie einfach keine andere Möglichkeit haben, sehe ich auch Spiegel der Realität. Thorgeir lässt sich für mich dort nicht einordnen.
    Dass Thormod sich an Thorgeirs Fersen heftet um einen Heldenepos zu dichten leuchtet mir ein. Er folgt demjenigen mit dem größten Ego, läßt sich allerdings ständig vom "schönen Geschlecht" ablenken. So ganz überzeugt vom alten Heldenbild seines Schwurbruders scheint er nicht zu sein. Und damit sind wir beim Punkt, dass auch die Frauen im alten Island etwas seltsam waren - aber schließllich sind sie entweder Walküren oder Trollweiber, das muss als Erklärung reichen. :zwinker:



    Zum Glück sind es die Beine und dort vor allem die Knie. Ich stelle mir lieber nicht vor, wie sich das mit anderen Körperteilen läse :angst::breitgrins:


    :totlach:



    Mir ist auch aufgefallen dass vor allem das Bild des Christentums mal positiv und mal negativ dargestellt wird, aber als Bruch habe ich das nicht empfunden. Für mich stellt es sich so dar, als dass der Autor genau damit zeigt, das keine Glaubensrichtung nur gut oder nur schlecht ist. Wie sich dieses Bild im Verlaufe des Buches entwickelt ist für mich ein spannender Punkt.


    Ich hatte eben nicht den Eindruck, dass Laxness, je nachdem welchem Protagonisten er gerade folgt, die Vor- oder Nachteile des Christentums hervorhebt. Leider weiß ich nicht, wie ich es greifbarer erklären soll, vielleicht fällt mir beim Lesen eine beispielhafte Stelle auf, dann versuch ich's nochmal...



    Soll mich das hoffen lassen oder mir die Tränen in die Augen treiben? :gruebel:


    Du solltest immer vom halbvollen Glas ausgehen. :zwinker:


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich hatte gerade einen Zwischengedanken, weil zuvor hier jemand schrieb, er würde nicht verstehen, was der Skalde Thormod am Krieger Thorgeir fände. Verstehe ich auch nicht so recht; da haben sich zwei Unbelehrbare gefunden *kopfschüttel*.


    Aber ich hatte mir überlegt, ob Laxness dem Krieger einen Skalden nur deshalb zur Seite gestellt hat, weil nur ein Bewunderer einen Krieger erst zu einem Helden macht. Die beiden brauchen einander also, eine Zweckgemeinschaft, eine Symbiose und sie bestärken sich darin. Müssen sie auch, weil sie vielfach auf Leute stoßen, die ihnen die Flausen ausreden wollen. Saltanah hatte schon die Begründung andersherum geliefert: Meiner Meinung nach braucht Thormod Thorgeir, um seine eigenen Zukunftspläne als großer Skalde zu verwirklichen. Ein großer isländischer Dichter braucht ein geeignetes "Dichtobjekt", einen großen Kämpfer, dessen Heldentaten er in Versen verewigen kann.


    Beide folgen jeweils einem überkommenen Ideal, was über die Jahre in den Erzählungen gewachsen ist - so, wie beim Angler der Hecht immer größer wird - die Isländer müssen sich die langen Winternächte in irgendeiner Form gestalten und Geschichten von gescheiterten Männeken motivieren in den harten Zeiten nicht so wie die Geschichten von tapferen Mannen, die alles überstehen. So jedenfalls verstehe ich auch Saltanah:
    Ich gehe davon aus, dass Laxness in diesem Buch die durch die Sagas verbreiteten Vorstellungen einer großartigen Vergangenheit der Isländer bloßstellen will, zeigen will, wie es damals "wirklich" war.


    Ich frage mich, ob die Isländer in all den kargen Jahren tatsächlich an die wackeren Krieger glaubten, oder ob sie nicht den Realitätssinn besaßen zu wissen, dass alles wahrscheinlich nur halb so toll war. Oder fiel das alles unter den heute noch üblichen Glauben, dass früher alles besser war?


    ______
    Ich bin übrigens gerade kurz nach der ersten Seefahrt im Sturm, wo die bunte Mannschaft in einem Fjord aufkreuzt, wo sie gleich noch den Nachbarn erschlagen werden. Die gute Frau Kollbrunn kriegt dann im nächsten Posting ihr Fett weg.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • So, ich bin jetzt beim 21. Kapitel, Thormod und Thorgeir haben sich gerade getrennt. Thorgeir macht sich auf den Weg in Länder, wo man mehr Ruhm erreichen kann, als in Island.



    Ich frage mich gerade, ob dieses Heldenbild wirklich so anders ist, wenn man es genauer betrachtet. Ich gehe davon aus, dass Laxness in diesem Buch die durch die Sagas verbreiteten Vorstellungen einer großartigen Vergangenheit der Isländer bloßstellen will, zeigen will, wie es damals "wirklich" war. (Daher auch die vielen krummen Beine. Ein "richtiger" Held ist doch ein hochgewachsener Recke, aber Menschen, die unterernährt aufwachsen, können nur schwer diesem äußeren Ideal entsprechen. Laxness malt ja ein Bild eines äußerst armen Landes, in dem selbst die "Reichen" kaum was besitzen, das also kein idealer Nährboden für Helden ist.)


    Schön gesagt, ich denke das trifft es.


    Ich gebe zu, dass ich nicht wirklich viel schreiben kann, eigentlich würde schon alles, was mir so durch den Kopf ging schon erwähnt. :redface: