Tessa de Loo – Die Zwillinge

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    Inhalt: Nach dem Tod der Eltern werden die Zwillinge Anna und Lotte getrennt. Anna wächst im Westfälischen auf dem Hof ihres Großvaters und Onkels auf, unter dessen liebloser Frau sie besonders leidet und von der sie als billige Arbeitskraft mißbraucht wird. Die kränkliche Lotte wird von Verwandten in Holland aufgenommen und kann dort sogar ihren musikalischen Neigungen nachgehen, obwohl das Verhältnis ihrer Zieheltern zueinander auch nicht das beste ist. Die beiden Schwestern haben sich aus den Augen verloren, treffen sich durch Zufall als alte Frauen in Spa bei einer Kur wieder. Im Wechsel berichten sie sich gegenseitig über ihre Leben, vor allem während des Zweiten Weltkrieges. Diese weisen einige verblüffende Parallelen, aber natürlich auch erhebliche Unterschiede auf, allein schon, weil sie auf verschiedenen Seiten standen, wenn auch nicht bewußt gewählt, aber doch mehr oder weniger aktiv beteiligt.



    Meine Meinung: Den Ansatz, am Leben der beiden Schwestern die Alltagssorgen und -probleme vor allem während der Kriegszeit in ihren Ähnlichkeiten und Unterschieden aufzuzeigen, fand ich interessant, denn ich muß zugegeben, daß ich über die niederländische Sicht auf diese Zeit beklagenswert wenig weiß. Gerade aus dem ständigen Wechsel der Perspektiven, wobei Anna schon einen größeren Raum einnimmt, gewinnt der Roman einigen Reiz. Die einfache Sicht, wer „Täter“ und wer „Opfer“ ist (und von was eigentlich genau?), wird dadurch differenziert. Vor der größeren Herausforderung steht dabei Lotte, die sich in ihrer Ablehnung der Deutschen und der Zuweisung einer Kollektivschuld, von der sie durch den Zufall der Familiengeschichte verschont blieb, bequem eingerichtet hat. Sie muß entscheiden, ob sie ihrer Schwester Verständnis entgegenbringen will oder bei ihrer Haltung bleibt. Und obwohl das alles erzähltechnisch durchaus ansprechend präsentiert wird, wollte der Funke bei mir nicht so recht überspringen. Ich habe mich zwar nicht durchgequält (dann hätte ich es abgebrochen), aber ich konnte es auch gut beiseite legen, ohne mir das Hirn über das weitere Wohl und Wehe der Schwestern zu zermartern. Vielleicht war es auch einfach nur der falsche Lesezeitpunkt, daher gibt es indifferente


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Hallo,
    ich hatte ja schon mal erwähnt, dass ich das Buch irgendwann in der Zeit 1995-1998 gelesen habe.
    Zu dieser Zeit (eigentlich auch jetzt noch) sind die Niederlande mein absolutes Lieblingsland. Auch wenn sich durch das Leben
    (1 Jahr) in den Niederlanden einiges relativiert hat.
    Für mich war es eins der erste Bücher, das sich mit dem deutsch-niederländischen Verhältnis auseinandersetzte.
    Ich habe nachher noch den Film sowohl auf deutsch als auch auf niederländisch gesehen und war auch von dem Film begeistert.



    Grüße
    Bibse

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)

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    Inhalt
    Eigentlich geht Lotte die Frau, die gerade den Ruheraum ihres Kurhauses betritt, auf die Nerven. Alleine mit ihrer Gegenwart stört sie schon die Ruhe und dann legt sie sich auch noch auf die Liege direkt neben sie, obwohl der Raum so gut wie leer ist! Während eines mehr oder weniger erzwungenen Gesprächs stellt sich heraus, dass die Frau Lottes Zwillingsschwester ist, von der sie als Kind getrennt wurde.


    Bis jetzt
    Nach den ersten hundert Seiten fällt mir immer wieder Lottes Wut auf. Sobald Anna etwas erwähnt, dass nur im Entferntesten an Nazis oder Judenverfolgung erinnert, greift sie sie sofort an. Anna reagiert gelassen. Sie gibt zu, dass einfach kein Interesse an der damaligen Situation war. Nicht von ihr und auch von den wenigsten Leuten in dem kleinen Dorf, in das sie nach der Trennung von ihrer Schwester gekommen ist. Aber Lotte lässt sich kaum besänftigen.


    Ganz verstehe ich ihre Wut noch nicht, denn anscheinend ging es ihr nach der Trennung gut. Anna scheint im Moment diejenige zu sein, die das schlechtere Los gezogen hat. Sie, das gesündere Kind, kamnach dem Tod der Eltern zu den deutschen Verwandten auf deren Bauernhof. Zuerst ging es ihr dort gut, auch wenn sie viel mithelfen musste. Aber als ihr Onkel dann heiratete, wurde sie schlimmer als eine Magd behandelt. In ihren Erzählungen kann ich trotzdem keinen Groll erkennen. Eher ein Staunen, warum ihr niemand geholfen hat.


    Von Lotte weiß ich noch nicht viel, denn sie erzählt nicht viel. Offensichtlich hat ihre Familie sie geliebt und ihre Erinnerungen scheinen glücklich zu sein. Es gab eine dramatische Situation, als sie fast ertrunken ist, aber im Gegensatz zu ihrer Schwester hatte sie bis jetzt eine glückliche Kindheit.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Die beiden Schwestern reden- und wie sie reden! Leider geht es die meiste Zeit bei ihnen nur darum, wer es im Krieg schlechter gehabt hat. Lotte findet, dass Anna und eigentlich alle Deutschen sich nicht beschweren dürfen, weil sie den Krieg schließlich angefangen haben. Anna versucht, ihr die Nöte der Menschen verständlich zu machen, aber sie stößt dabei nur auf taube Ohren. Das tut mir sehr leid für sie, denn Anna wirkt auf mich sehr warmherzig und freut sich ehrlich über ihre Schwester. Aber Lotte will nur ihre Wut an ihr auslassen. Sie wirkt auf mich verbissen und verbiestert. Bis jetzt mag ich sie nicht, aber ich denke, dass sie gute Gründe für ihre Verbitterung hat. Vielleicht erfahre ich noch mehr darüber.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Lotte bleibt unversöhnlich und steckt mit ihrer selbstgerechten Art langsam auch Anna an. Beide haben ihre Schicksale. Aber während Lotte denkt, dass sie mehr gelitten hat, versucht Anna ihr nur klar zu machen, dass auch sie gelitten hat. Aber leider kann sich keine der Schwestern in die andere hinein versetzen. Bis zum Schluß bleiben die Fronten verhärtet.


    Fazit:
    Die Zwillinge erzählt die Geschichte von zwei Schwestern, die sich nach jahrelanger Trennung nicht mehr einander nähern konnten. Ich glaube, dass beide versucht haben, den Graben der Vergangenheit zu überwinden. Aber beide haben auch zu sehr darauf beharrt, dass sie im Recht sind. Aber alles andere wäre auch nicht realistisch gewesen. Beide Schwestern haben viel erlebt und haben sich ohne die Andere damit auseinandersetzen müssen. Da reicht es nunmal nicht, wenn man sich zwei Wochen lange jeden Tag trifft und darüber redet. Es braucht Zeit und leider haben sie die nicht.
    4ratten


    Den Bechdel-Test hat das Buch auf jeden Fall bestanden.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich bin etwas hin- und hergerissen bei diesem Buch. Die Passagen aus der Vergangenheit sind ziemlich interessant, aber die Gegenwart in der Kur konnte mich nicht so recht überzeugen. Nach so langer Zeit sollte doch eigentlich auch Lotte schon Abstand gewonnen haben und etwas versöhnlicher sein.


    Nun ja, aber durchaus lesenswert.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.