Miguel de Cervantes - Don Quijote (2. Buch, Kap. 19 - 35)

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  • Hatte ich schon geschrieben, dass im 2. Buch keine Novellen mehr in den Roman eingefügt werden? Nun, Cervantes verstrickt diese Geschichten nun so in die Handlung, dass Ritter und Knappe in ihrer Realität daran teilhaben können. So geschehen, während die beiden im 19. Kapitel als Gäste von Don Diego und seinem Sohn zu deren Landsitz unterwegs sind. Sie treffen einige Studenten bei einer Hochzeitsfeier und werden Zeuge einer leidenschaftlichen Szene, die hoffentlich zu einem Happyend führt.


    Don Q. ist in diesem Teil des Buches viel ruhiger und besonnener als in der ersten Hälfte. Allerdings gibt es auch weniger Gelegenheiten für ihn, sich mit Widersachern anzulegen. Er erscheint mir sehr vernünftig und "normal", lediglich wenn es um sein Rittertum geht, kommt die Besessenheit wieder durch. Er schafft es auch, innerhalb kürzester Zeit aus rationalem Denken in seine Traumwelt abzutauchen und sich völlig darin zu verlieren. Im 22. Kapitel lässt er sich von Sancho in die Höhle des Montesinos abseilen und schaltet dort so komplett ab, dass ich vermute, er versetzt sich irgendwie in einen Trancezustand.


    Im 25. Kapitel bekommen wir doch wieder eine Geschichte zu hören, die von zwei Männern und einem verschwundenen Esel handelt. Leicht zu erraten, dass es ausnahmsweise nicht um Liebe geht, dafür ist sie sehr amüsant.


    Endlich bekommt der Don wieder ein Abenteuer zu bestehen, als er im 26. Kapitel gegen ein Puppentheater antritt. Hier rollen tatsächlich die Köpfe, aber glücklicherweise handelt es sich nur um Marionetten. Trotzdem ein beängstigender Gedanke, dass Don Q. die Sache so ernst nimmt, dass er auf Menschen wohl genauso eingeschlagen hätte.

  • "Wer sich zurückzieht, flieht nicht", diese militärische Weisheit gibt Don Q. im 28. Kapitel von sich, als er sich auf einem sehr eiligen Rückzug befindet, bei dem er angesichts der gegnerischen Übermacht sogar seinen Knappen zurücklassen musste. Seine Feinde werden den Rückzug anders interpretiert haben. Immerhin hat der Feind ein Einsehen und lässt auch Sancho schließlich entkommen. Es ist beachtlich, dass der Don nicht müde wird, sich immer wieder auf neue Abenteuer einzulassen, da er doch die wenigsten wirklich gewinnt. Aber auch das ist eine Frage der Auslegung, denn sicher ist Don Q. da anderer Ansicht.


    30. Kapitel
    Ich muss gestehen, dass ich Sanchos zahlreiche weise oder schlaue Sprichwörter nicht immer verstehe. Er kennt eine Unmenge davon, wobei ich mir nicht sicher bin, ob er nicht einige davon einfach erfunden hat. Auf jeden Fall hat er für jede Gelegenheit wenigstens eines parat.
    Die beiden treffen unterwegs eine Herzogin auf der Jagd und Don Q. bietet ihr ritterlich seine Dienste an. Beide fallen vor ihr vom Pferd bzw. Esel, was bei der Dame wohl den Anschein erweckt, dass sie es mit zwei tollpatschigen Gesellen zu tun hat. Sie werden auf ihr Schloss eingeladen, und der Empfang im 31. Kapitel vermittelt Don Q. endlich das Gefühl, dass "er ganz und gar an sich glaubte und erkannte, dass er ein fahrender Ritter sei". So ganz selbstlos ist der prächtige Empfang und die Einladung jedoch nicht, wie sich noch herausstellen wird.
    Der Hausgeistliche hat wenig übrig für Don Quijotes Rittertum und Sanchos Erzählkunst. Es ist eine göttliche Szene, als der Knappe endlos ausschweifend eine Geschichte einleitet und das Wesentliche in zwei kurzen Sätzen abhandelt :lachen:.


    Im ereignisreichen 32. Kapitel setzt der Don Q. wieder einmal zu einer langen Rede an, um sich zu rechtfertigen. Er tut mir fast Leid, als er mit Überzeugung und Vehemenz beteuert, dass er ein Ritter ist, um Gutes zu tun. Selbst seine Liebe zu Dulcinea sei rein platonisch, weil ein Ritter einfach "notwendig verliebt sein muss". Bewundernswert, wie er trotz aller Ablehnung und Verachtung stets seinen Standpunkt vertritt. Damit dürfte er damals und auch heute eine Ausnahmefigur sein.

  • 33. Kapitel
    Der Herzog und seine Frau sind zwar sehr gastfreundlich, aber sie gedenken auch, ihren Vorteil aus den Besuchern zu schlagen. Die Herzogin ist eine aufgeschlossene Frau mit viel Menschenkenntnis. So fragt sie z. B. Sancho, ob er nicht noch um einiges verrückter als sein Herr sein muss, wenn er diesen auf seinen Ritterfahrten begleitet, dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass sie schon erkannt hat, dass es hauptsächlich materialistische Gründe sind, warum der Knappe Don Q. begleitet. Schließlich will sie dafür sorgen, dass ihr Herr Gemahl Sancho zu seiner Statthalterschaft verhilft. So sichert sie sich quasi die Ergebenheit des einen und behält den anderen dadurch länger in ihrem Einfluss.


    34. Kapitel
    Sancho spricht weise Worte über die Jagd: Warum ein Tier töten, das nichts Böses getan hat und dabei selbst in Gefahr geraten? Das ist wohl wieder sinnbildlich zu verstehen für die viele Kämpfe, die Don Q. angezettelt hat und die im seltensten Fall einen sinnvollen und begründeten Anlass hatten.


    35. Kapitel
    Im Rahmen der Posse, die das Herzogpaar für Don Q. veranstaltet, soll Sancho sich selbst 3000 Schläge verabreichen, um Dulcinea aus ihrer Verzauberung zu erlösen. Verständlich, dass er sich zunächst weigert, da er selbst am besten weiß, wie es um diese Verzauberung bestellt ist.


    Langsam rückt Sancho immer mehr in den Vordergrund. Den Eindruck hatte ich im 1. Buch streckenweise auch schon, aber hier wird es doch sehr deutlich. Währenddessen nehmen die Kampfhandlungen um den Ritter langsam ab. Im Moment sieht es mehr so aus, als werde er zur Abwechslung von anderen zur Lachnummer gemacht und nicht durch eigenen Antrieb.

  • Im 19. Kapitel taucht mal wieder eine Reisegesellschaft auf, die dem Don Quixote eine Geschichte erzählt, die dessen Neugier weckt. Es geht mal wieder um eine Liebesgeschichte, bei der der arme, aber geschickte Basilio nicht seine Jugendliebe bekommt, sondern ihr Vater hat sie dem Reichen Camacho versprochen. Hier musste ich an die Rede von Sanchos Frau denken, die meinte, man sollte lieber innerhalb seines Standes heiraten, da wäre man glücklicher. Offenbar sieht das der Vater der Braut anders.



    Hatte ich schon geschrieben, dass im 2. Buch keine Novellen mehr in den Roman eingefügt werden? Nun, Cervantes verstrickt diese Geschichten nun so in die Handlung, dass Ritter und Knappe in ihrer Realität daran teilhaben können.


    Das gefällt mir so auch besser, denn schließlich sind die Beiden die Hauptpersonen des Buches, aber nur Abenteuer mit ihnen sind auf Dauer einfach ermüdend. Ich finde, hier hat Cervantes eine gute Mischung gefunden. Besonders bei der Hochzeit im 20.+21 Kapitel. Die List von Basilio ist beeindruckend und dank des Dons und der Schlichtung des anwesenden Pfarrers geht alles gut aus und er darf seine Geliebte Quiteria sogar mit dem Einverständnis des geprellten Camacho heimführen.


    Die Anmerkung des "Übersetzers" im 23. Kapitel, dass er es nicht für wahr halte, aber dennoch übersetzt habe, damit sich der Leser eine eigene Meinung bilden kann, fand ich witzig. Recht hat er allerdings dahingehend, dass alle bisherigen Abenteuer irgendwie denkbar waren, aber was der Don diesmal von sich gibt, ist jenseits von gut und böse. Sogar Sancho sieht mal wieder deutlich, wie irrsinnig sein Herr ist, obwohl er in seinen lichten Momenten richtig tiefschürfende Reden von sich gibt.



    Im 25. Kapitel bekommen wir doch wieder eine Geschichte zu hören, die von zwei Männern und einem verschwundenen Esel handelt. Leicht zu erraten, dass es ausnahmsweise nicht um Liebe geht, dafür ist sie sehr amüsant.


    Diese Geschichte fand ich schön, weil es eben mal nicht um die Liebe geht. Und ich vermute anhand der Überschrift des 27. Kapitels, dass der Don sie sich zum Anlass nimmt, mal wieder Mist zu bauen. :breitgrins:


    Der Affe und sein Besitzer mit dem Puppentheater kommen mir spanisch vor. Woher wissen sie denn, wer der Don ist? Ich habe die Vermutung, dass Carrasco dahinter steckt, der als ersten Teil seiner Rache den Don um einiges Geld gebracht hat. Aber das wird ja zum Glück auch im nächsten Kapitel aufgeklärt, ich muss also nur noch etwas weiterlesen. :zwinker:

  • Ich stehe mit Kapitel 20 mitten in der Hochzeit und es graut mir, das Buch wieder zur Hand zu nehmen. Ich hatte mich so gefreut, dass Cervantes mal beim Thema bleibt und jetzt hüpft schon wieder irgendeine Hochzeit dazwischen, die weder den Ritter noch seinen Knappen eigentlich etwas angeht. :spinnen: Das heißt, momentan ist die Lektüre für mich etwas ermüdend, aber ich hoffe dennoch, dass es auch wieder aufwärts geht. Ich hab mir vorgenommen, auch tapfer den 2. Teil durchzustehen.

    Ein Leben lang lesen ist nicht genug!<br /><br />Top 3:<br />1. &quot;Die Brautprinzessin&quot; von William Goldman<br />2. &quot;Männer&quot; von Dietrich Schwanitz<br />3. &quot;1984&quot; von George Orwell

  • Das gefällt mir so auch besser, denn schließlich sind die Beiden die Hauptpersonen des Buches, aber nur Abenteuer mit ihnen sind auf Dauer einfach ermüdend.


    Das könnte daran liegen, dass sich die Erzählweise doch sehr von der heutigen unterscheidet, die wir kennen. Da werden solche abenteuerlichen Episoden weit mehr ausgeschmückt und bis ins Detail beleuchtet, was die Leser bei der Sache hält.
    Don Quijote ist uns vor allem wegen seiner Kämpfe bekannt, die letztlich nur einen kleinen Teil des Romans ausmachen. Gerade der wohl bekannteste und schon fast sprichwörtliche Kampf gegen die Windmühlen wurde auf nicht einmal einer Seite abgehandelt. Auch seine anderen Abenteuer sind nur kurze Intermezzi, die oft nach demselben Schema ablaufen. Das ist natürlich auf die Dauer ermüdend, wenn man abwechslungsreiche Lektüre gewohnt ist.


  • Das könnte daran liegen, dass sich die Erzählweise doch sehr von der heutigen unterscheidet, die wir kennen. Da werden solche abenteuerlichen Episoden weit mehr ausgeschmückt und bis ins Detail beleuchtet, was die Leser bei der Sache hält.
    Don Quijote ist uns vor allem wegen seiner Kämpfe bekannt, die letztlich nur einen kleinen Teil des Romans ausmachen. Gerade der wohl bekannteste und schon fast sprichwörtliche Kampf gegen die Windmühlen wurde auf nicht einmal einer Seite abgehandelt. Auch seine anderen Abenteuer sind nur kurze Intermezzi, die oft nach demselben Schema ablaufen. Das ist natürlich auf die Dauer ermüdend, wenn man abwechslungsreiche Lektüre gewohnt ist.


    Stimmt, man muss halt bedenken, dass der Roman schon über 400 Jahre alt ist und damals andere Spielregeln galten als heute. Dennoch hätte ich ihn mir schlimmer vorgestellt - dass ich mich mehr durchkämpfen müsste. Das ist zum Glück aber nicht so, denn gestern Abend habe ich schon weitergelesen und bin mit diesem Abschnitt fertig.


    27. Kapitel: Leider hat sich meine Vermutung über die Identität des Puppenspielers Peter nicht bestätigt, aber mir gefällt gut, dass eine Person aus dem ersten Band wieder einen Auftritt hatte. Das verknüpft die beiden Bücher mehr miteinander als nur über die Hauptpersonen und man erfährt auch, was auch dem Gines Friedberg geworden ist.
    Aus der Sache mit der Brällerei (komisches Wort) entspringt wirklich ein Abenteuer, nur diesmal ist Sancho derjenige, der es zum Scheitern verurteilt. Nachdem der Don eine doch recht weise Rede gehalten hat, muss Sancho seine Brällkünste zum Besten geben und verscherzt es sich somit mit den Dorfbewohnern.


    "Wer sich zurückzieht, flieht nicht", diese militärische Weisheit gibt Don Q. im 28. Kapitel von sich, als er sich auf einem sehr eiligen Rückzug befindet, bei dem er angesichts der gegnerischen Übermacht sogar seinen Knappen zurücklassen musste.


    Genauso gut hätte er auch Rufen können "Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück!" :lachen:


    Das Abenteuer mit der verzauberten Barke im 29. Kapitel war mal wieder typisch Don Quixote. :breitgrins: Aber immerhin hat er sich angewöhnt, für den Schaden aufzukommen, den er anrichtet. Nur Sancho fühlt sich unwohl, wenn er ständig andere Leute auszahlen muss, schließlich bleibt dann immer weniger Geld bei ihm.


    Ab dem 30. Kapitel beginnt wieder mal ein größerer Erzählstrang um einen Herzog und seine Frau, die beide den Roman über den edlen Ritter Don Quixote gelesen haben und somit sehr gut wissen, was es mit ihm auf sich hat. Um sich Unterhaltung auf Kosten des Don zu verschaffen, laden sie die beiden ein.

    Zitat

    ... und Don Quixote war über alle diese Anstalten sehr verwundert, und dieses war der erste Tag, an welchem er es durch und durch glaubte und fest überzeugt war, daß er ein wahrhafter und kein eingebildeter irrender Ritter sei ...


    Ja wie nun. :gruebel: Also zweifelt der Don innerlich daran, dass sich alles so zuträgt, wie er es sich selbst vormacht, oder war er sich nur nicht sicher, ob der Ritterschlag, den er am Anfang vom Wirt der Schenke erhalten hat, ihn wirklich zum irrenden Ritter machte?



    Der Hausgeistliche hat wenig übrig für Don Quijotes Rittertum und Sanchos Erzählkunst. Es ist eine göttliche Szene, als der Knappe endlos ausschweifend eine Geschichte einleitet und das Wesentliche in zwei kurzen Sätzen abhandelt :lachen:.


    Diese Szene war wirklich herrlich, besonders die Quintessenz der Geschichte, mit der Sancho seinen Herrn ja eigentlich beleidigt hat, es aber so verpackt hat, dass es nicht so offensichtlich war. :geil:


    Im 33. Kapitel wird Sancho mal wieder der Statthaltersposten über eine Insel versprochen, aber diesmal von der Herzogin. Ich bin gespannt, ob sie wirklich ihr Wort halten wird und falls ja, wie groß diese Insel dann ist. :breitgrins:
    Und sie versucht ihn ebenfalls davon zu überzeugen, dass es nicht seine Idee war, dem Don das Spektakel mit der verzauberten Dulcinea vorzuspielen, sondern ein böser Zauberer ihn dazu verführt hat, ohne dass er es merkte.


    Der Sinn davon erschließt sich im 35. Kapitel. Herzog und Herzogin haben einen Streich auf Kosten des Dons und seines Stallmeisters geplant, bei dem sich Sancho, um die Dame Dulcinea zu befreien, 3300 Hiebe geben muss. Natürlich hat er keine Lust darauf, wurde er schließlich im Laufe seiner Zeit beim Don schon oft genug verprügelt und geprellt.


    35. Kapitel
    Im Rahmen der Posse, die das Herzogpaar für Don Q. veranstaltet, soll Sancho sich selbst 3000 Schläge verabreichen, um Dulcinea aus ihrer Verzauberung zu erlösen. Verständlich, dass er sich zunächst weigert, da er selbst am besten weiß, wie es um diese Verzauberung bestellt ist.


    Ich glaube, durch die Überredungskunst der Herzogin zweifelt Sancho mittlerweile daran, ob es wirklich seine Idee mit der Verzauberung der Dulcinea war oder doch nicht. Ich denke, dass es diese Zweifel waren, die ihn schließlich einwilligen ließen. Allerdings wurde vereinbart, dass er sich die Schläge wann er will und so viele er auf einmal will verabreichen darf. Ob die arme Dulcinea noch während ihrer Lebzeiten erlöst wird? :zwinker:

  • 20. Kap.:
    Don Quijote behauptet, Sanchos Wohlergehen läge in der Verantwortung des Dons. Das mag ja auch sein, aber wenn Sancho nicht selbst nach Kräften für sein leibliches Wohl sorgen würde, sähe er sicher bald so abgezehrt aus wie sein Herr. Ich kann es sehr gut nachvollziehen, dass Sancho über die vorzeitige Abreise von dem Hochzeitsfest klagt. Die Bewirtung dort war ja wirklich exzellent!


    23. Kap.:

    Zitat

    Diese bleiche Farbe und roten Augen rührten durchaus nicht von dem monatlichen Übel her,

    Wow! Hier wird doch glatt mal erwähnt, dass Frauen menstruieren! Einen Hinweis darauf findet man in der Literatur sonst ja nur selten und bei Klassikern überhaupt nicht - für die ist das eine viel zu intime Angelegenheit, die nicht erwähnt werden darf. Aber mein "idealer" Klassiker stammt ja auch aus dem 19. Jahrhundert, einer viel unterdrückteren Zeit als Cervantes pralles spätes 16., frühes 17. Jahrhundert. Auch die "Stuhlgangszene" wäre später ja undenkbar.



    Die Anmerkung des "Übersetzers" im 23. Kapitel, dass er es nicht für wahr halte, aber dennoch übersetzt habe, damit sich der Leser eine eigene Meinung bilden kann, fand ich witzig.


    Meinst du den Beginn des 24. Kap.? Hier kommentiert ja nicht, wie in einer früheren Szene, der Übersetzer die Handlung, sondern der "Autor" Sidi Hamid Ben Engeli selbst. Der hat in die Marginalen geschrieben, er glaube nicht an den Wahrheitsgehalt der Erzählung und der Don habe selbst auf seinem Totenbette gestanden, er habe es sich ausgedacht.

    Zitat

    Der Übersetzer dieser großen Historie sagt von dem Originale, welches sein erster Verfasser, Cide Hamete Benengeli, geschrieben hat, daß beim obigen Kapitel, vom Abenteuer in der Höhle des Montesinos, auf dem Rande desselben von der Hand des Hamete selbst folgende Worte geschrieben standen:


    25. Kap.:
    Mir gefällt nicht nur die Eselsschreigeschichte an sich, sondern auch, wie Cervantes auf sie hinführt: Er lässt den Don neugierig darauf werden, wieso ein Eseltreiber seinen Esel mit Lanzen und Hellebarden beladen hat. Wieso die Geschichte über einen verschwundenen Esel einen Antwort darauf geben kann, darauf wäre ich nie gekommen.



    Endlich bekommt der Don wieder ein Abenteuer zu bestehen, als er im 26. Kapitel gegen ein Puppentheater antritt. Hier rollen tatsächlich die Köpfe, aber glücklicherweise handelt es sich nur um Marionetten. Trotzdem ein beängstigender Gedanke, dass Don Q. die Sache so ernst nimmt, dass er auf Menschen wohl genauso eingeschlagen hätte.


    Den Gedanken hatte ich auch. Eigentlich ist der Angriff auf die Marionetten noch absurder als der Kampf gegen die Windmühlen. Ich verstehe nicht, wieso diese Episode nicht bekannter ist.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Meinst du den Beginn des 24. Kap.? Hier kommentiert ja nicht, wie in einer früheren Szene, der Übersetzer die Handlung, sondern der "Autor" Sidi Hamid Ben Engeli selbst. Der hat in die Marginalen geschrieben, er glaube nicht an den Wahrheitsgehalt der Erzählung und der Don habe selbst auf seinem Totenbette gestanden, er habe es sich ausgedacht.


    Äh, ja, genau, 24. Kapitel meinte ich. Und ehrlich gesagt komm ich immer wieder durcheinander, was nun der echte Autor (=Cervantes), der Autor im Buch (=Benengeli) und der Übersetzer im Buch (=?) gesagt hat. Zum Glück gibts nicht noch Fußnoten vom deutschen Übersetzer. :schwitz:

  • Lieber Himmel, mit meinem Limit von einem Kapitel pro Tag kann ich hier wohl wahrlich nicht mehr mithalten. :zwinker:


    Gestern hab ich erst mal meinem Sohn eine Kinderbuchausgabe vom Ritter gekauft und mein Mann (typisch) ist damit schon durch und ärgert mich jetzt damit, dass er das Buch viel schneller gelesen hat und es total lustig fand. Wenn das so weitergeht, zieh ich auch bald gegen die Windmühlen los :breitgrins:


    Ich stehe jetzt vor der Eselsschrei-Geschichte, die hier ja schon beschrieben wurde und muss sagen, dass es momentan wieder relativ flüssig geht. Das Auf und Ab des Leseflusses dieses Buches macht mir schwer zu schaffen nach wie vor, aber dennoch muss ich sagen, dass sich das Lesen in jedem Fall lohnt. Ich möchte auf den Lesegenuss nicht verzichten.


    Durch die Übersetzergeschichten kann ich mich jetzt ganz gut bewegen. Meistens gehts darum, dass Cervantes dem Roman Glaubwürdigkeit zu verleihen versucht, indem er den Übersetzer des Arabers zwischendurch zu Wort kommen lässt. Meines Verstehens nach haben wir da:


    1. Geschichtenschreiber (Benegeli oder so)
    2. Übersetzer aus dem Arabischen
    3. Cervantes als Niederschreiber der Übersetzung
    4. Übersetzer ins Deutsche (bei mir Braunfels, 1874)


    Hab ich was vergessen?


    Was sich mir nicht erschließt, ist die Geschichte mit der Höhle. Ich kann mir keinen Reim darauf machen, was diese Fantastereihen vermitteln sollen - da ergibt sich kein übertragbares Bild für mich. Außerdem ist mir aufgefallen, dass immer öfter die eigentliche Intelligenz des Ritters betont wird. Führt das zu einem Themenumschwung irgendwann? Im Buch 1 stand Don Q. noch völlig deppert da und mittlerweile ist er eine Intelligenzbestie sondersgleichen mit einem kleinen geistigen Schwachpunkt. Das scheint mir etwas dick aufgetragen und macht die Figur "unrealistisch". Das Wort klingt jetzt blöde, aber ein anderes fällt mir nicht ein ... vergleichsweise würd ich sagen, ich kenne einen Haufen Ritter von der traurigen Gestalt, Menschen, die gegen Windmühlen kämpfen - aber keiner davon blickt in anderen Fällen dermaßen messerscharf durch wie unser Held.


    Als sympathischer und menschlicher empfind ich nach wie vor Sancho Panza. Der Kerl ist richtig. So stell ich mir einen Bauern dieser Zeit vor, nur die fortschrittliche Frau an seiner Seite passt da nicht so recht in mein Bild. Aber das sollte Cervantes besser wissen, der ist ja schließlich Zeitzeuge. Und wenn er so fortschrittliche Gedanken in seinem Buch verwendet, müssen diese ja auch damals schon existiert haben.

    Ein Leben lang lesen ist nicht genug!<br /><br />Top 3:<br />1. &quot;Die Brautprinzessin&quot; von William Goldman<br />2. &quot;Männer&quot; von Dietrich Schwanitz<br />3. &quot;1984&quot; von George Orwell


  • Also ich habe mich bis zum Schluss recht schwer damit getan, auseinander zu halten, wer welchen Kommentar abgibt, aber ich glaube du hast sie alle erfasst. Zum Glück gibt es nur Anmerkungen von Cervantes als Erzähler, der wiedergibt, was Benengeli geschrieben und der Übersetzer übersetzt hat. :zwinker:
    Ich habe allerdings die Tieck-Übersetzung von 1799 gelesen.

  • Außerdem ist mir aufgefallen, dass immer öfter die eigentliche Intelligenz des Ritters betont wird. Führt das zu einem Themenumschwung irgendwann? Im Buch 1 stand Don Q. noch völlig deppert da und mittlerweile ist er eine Intelligenzbestie sondersgleichen mit einem kleinen geistigen Schwachpunkt. Das scheint mir etwas dick aufgetragen und macht die Figur "unrealistisch". Das Wort klingt jetzt blöde, aber ein anderes fällt mir nicht ein ... vergleichsweise würd ich sagen, ich kenne einen Haufen Ritter von der traurigen Gestalt, Menschen, die gegen Windmühlen kämpfen - aber keiner davon blickt in anderen Fällen dermaßen messerscharf durch wie unser Held.


    Nicht nur Don Q., sondern auch Sancho mausert sich. Der 2. Teil erschien zehn Jahre nach dem 1., aber mir hat sich nie erschlossen, wie lange der Zeitraum zwischen den beiden Reisen in der Geschichte war. Sie dürfte lange genug für den Ritter gewesen sein, um zu einer neuen Einstellung zu finden, abgesehen von seinem Ritterspleen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Cervantes auch den Kritiken ein wenig Rechnung getragen und seine Figuren entsprechend aufgemöbelt und komplexer gestaltet hat.



    Als sympathischer und menschlicher empfind ich nach wie vor Sancho Panza. Der Kerl ist richtig. So stell ich mir einen Bauern dieser Zeit vor, nur die fortschrittliche Frau an seiner Seite passt da nicht so recht in mein Bild. Aber das sollte Cervantes besser wissen, der ist ja schließlich Zeitzeuge. Und wenn er so fortschrittliche Gedanken in seinem Buch verwendet, müssen diese ja auch damals schon existiert haben.


    Frauen waren schon immer fortschrittlich :breitgrins:, na ja, vielleicht nicht immer, aber sie wurden immer unterschätzt, weil sie ständig im Schatten ihrer Männer standen. Es gibt genügend Länder, in denen das immer noch der Fall ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Frauen dort nicht alle nur an die typisch weiblichen Aufgaben denken, sondern auch intelligente Beiträge leisten könnten, wenn sie nur dürften.


  • mir hat sich nie erschlossen, wie lange der Zeitraum zwischen den beiden Reisen in der Geschichte war. Sie dürfte lange genug für den Ritter gewesen sein, um zu einer neuen Einstellung zu finden, abgesehen von seinem Ritterspleen.


    Wurde nicht angedeutet, dass es sich nur um einige Wochen/Monate handelt?
    *Blätter, blätter* Ja genau: im 28. Kap. heißt es, es sei erst zwei Monate her, dass sie in der Sierra Morena gewesen seien. Dort waren sie im ersten Teil, Kap. 23 ff.
    Die beiden sind sich also fast direkt nach der Heimkehr wieder zu neuen Abenteuern aufgebrochen.


    27. Kap.:
    Auch meine Vermutung, wer hinter dem Marionettenspieler stecke, hat sich nicht bewahrheitet. Ich nehme aber an, dass wir mehr von ihm lesen werden, denn sonst hätte nicht so detailliert beschrieben werden müssen, wer er ist.
    Dass Quijote die Eselsschreier überreden will, doch nicht zu kämpfen, hat mich wirklich schockiert. Aber er legt ihnen dar, unter welchen Bedingungen gekämpft werden darf und stellt fest, dass deren Grund illegal ist.

    Zitat

    sie (die Waffen) aber für Kleinigkeiten zu ergreifen und wegen solcher Dinge, die mehr lächerlich und lustig als beschimpfend sind, in solchem Falle scheint derjenige, welcher sie ergreift, aller Vernunft beraubt zu sein.

    stellt er ganz richtig fest und spricht dabei natürlich nicht über sich selbst :zwinker: .
    Sancho, der ja sonst immer vernünftiger erscheint, hat hier dann aber einen richtigen "Aussetzer" :breitgrins: - mit zu erwartendem Ergebnis. Endlich gibt's mal wieder Kloppe.


    28. Kap.:

    Zitat

    "Wer sich zurückzieht, flieht nicht"

    Stimmt ja und ist auch eine akzeptierte militärische Taktik. Trotzdem hat mich der Don hier überrascht. Dass er tatsächlich den Rückzug antritt, ist ja noch verständlich, aber dass er sich so vor Sanchos Anklage verteidigt, hätte ich nicht erwartet.


    29. Kap.:
    Das Abenteuer mit Boot und Mühle kommt mir auch vage bekannt vor. Kann es sein, dass es ebenfalls in meiner Kinderausgabe enthalten war?
    Gewundert habe ich mich darüber, wieviel Geld die beiden bei dieser Ausfahrt dabei haben. Die Begegnung mit den Marionetten war ja nicht ganz billig und auch nun müssen sie einiges zahlen. Wo hat der Don eigentlich das ganze Geld her?


    30. Kap.:
    Ich finde es toll, wie Cervantes immer wieder die Illusion errichtet, der 1. Teil sei tatsächlich von den Protagonisten des 2. gelesen worden. Hier ist es die Herzogin, die den don schon "kennt" und sich über ein reales Treffen freut.


    33. Kap.:
    Wie Sancho mit der Herzogin über sich, den Don und ihre Abenteuer redet, ist schon sehr einsichtsvoll.


    34. + 35. Kap.:
    Ich weiß nicht, was ich von den Plänen von Herzog und Herzogin halten soll. Deren Sinn für Humor ist nicht meiner. Sich auf diese Weise über den Wahn des Don lustig zu machen, erscheint mir etwas infantil. Richtig sauer macht mich, dass sie sich hauptsächlich auf Sancho "stürzen", den die Hauptlast ihres "Scherzes" trifft. Wieso wählen sie nicht Don Quijote als Opfer? Vielleicht weil der ja immerhin von "guter Familie" ist und als Landadliger zu deren eigener Gesellschaftsschicht gehört, während ein einfacher Bauer Freiwild für die Freizeitunternehmungen des Adels darstellt?

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Wurde nicht angedeutet, dass es sich nur um einige Wochen/Monate handelt?
    *Blätter, blätter* Ja genau: im 28. Kap. heißt es, es sei erst zwei Monate her, dass sie in der Sierra Morena gewesen seien. Dort waren sie im ersten Teil, Kap. 23 ff.
    Die beiden sind sich also fast direkt nach der Heimkehr wieder zu neuen Abenteuern aufgebrochen.


    Na, das kann unmöglich lange genug gewesen sein, um einen solchen Sinneswandel zu bewirken. Dann kann es nur an Cervantes liegen, der der Ansicht war, dass sein Protagonist ein neues Image braucht.



    34. + 35. Kap.:
    Ich weiß nicht, was ich von den Plänen von Herzog und Herzogin halten soll. Deren Sinn für Humor ist nicht meiner. Sich auf diese Weise über den Wahn des Don lustig zu machen, erscheint mir etwas infantil. Richtig sauer macht mich, dass sie sich hauptsächlich auf Sancho "stürzen", den die Hauptlast ihres "Scherzes" trifft. Wieso wählen sie nicht Don Quijote als Opfer? Vielleicht weil der ja immerhin von "guter Familie" ist und als Landadliger zu deren eigener Gesellschaftsschicht gehört, während ein einfacher Bauer Freiwild für die Freizeitunternehmungen des Adels darstellt?


    Eine Möglichkeit, warum Sancho im Mittelpunkt steht, könnte sein, dass sie die Leidensfähigkeit der beiden erst einmal prüfen wollen, aber ich glaube, es ergibt sich in diesem Moment einfach so, dass Sancho der Leidtragende ist. Für das herzögliche Paar ist es wichtig, eine für sie unterhaltsame Komödie zu inszenieren. Don Q. bekommt sein Fett später auch noch weg.

  • Myriel, mir hat saltanah auf die Sprünge geholfen. Wenn sie mich nicht dran erinnert hätte, dass die Originalfassung ja eigentlich arabisch ist *g*, wer ich jetzt auch immer noch völlig konfus.


    Die Zeitrechnung ist mir nicht geheuer. Ich dachte, ich hätte auch irgendwo gelesen, dass Sancho Panza seit Jahrzehnten den Knappen mimt, was sich mit den zwei Monaten nach der Sierra Morena nicht wirklich deckt. Sollte ich heute Zeit haben, geh ich auch noch mal schnüffeln. Kann auch sein, ich irre mich, stellenweise lese ich einfach nur runter, weil es mir zu langweilig ist.


    Die Geschichte mit dem Boot hat mich prächtig amüsiert. Für meine Begriffe war das bisher das Beste von allen Abenteuern. Die Idee mag nicht so originell sein, aber hier hat Cervantes einen Stil der Beschreibung gefunden, der mich angesprochen hat. Ich hatte den Ritter absolut bildlich vor mir, aufrecht in diesem Boot, was am Ufer schaukelt, und dann dieser Monolog mit dem Ptolomeischen Weltbild und seine Überschreitung des Äquators. Genial. Nebenbei bemerkt: Kann es sein, dass Cervantes immer mal den Stil wechselt. Mir kommt es so vor, als schreibt er immer so, wie er gerade drauf ist. Oder les ich so, wie ich gerade drauf bin ... :redface:


    "Wer sich zurückzieht, flieht nicht." - Hat Don nicht eine ähnliche Verteidigung an den Tag gelegt, als Sancho gewippt wurde? Fakt ist doch, dass unserer tapferer Ritter sich immer zurückzieht, wenns brenzlig wird. Schließlich darf er ja auch nicht gegen gemeines Fußvolk kämpfen. Der Kerl hat schon so seine schlechten Charakterzüge und ist ganz gewiss keine schwarz-weiß-Figur. Trotzdem bleib ich dabei: Irgendwie erschließt sich diese Figur mir nicht so ganz. Bis jetzt. Auch weiß ich nicht, worauf Cervantes hinaus wollte: Sollte man den Ritter nun lieben oder hassen?

    Ein Leben lang lesen ist nicht genug!<br /><br />Top 3:<br />1. &quot;Die Brautprinzessin&quot; von William Goldman<br />2. &quot;Männer&quot; von Dietrich Schwanitz<br />3. &quot;1984&quot; von George Orwell


  • Die Zeitrechnung ist mir nicht geheuer. Ich dachte, ich hätte auch irgendwo gelesen, dass Sancho Panza seit Jahrzehnten den Knappen mimt, was sich mit den zwei Monaten nach der Sierra Morena nicht wirklich deckt.


    Das sagt Sancho während ihrer "Gehaltsverhandlungen" (Kap. 28):

    Zitat

    »Ei, bei meiner armen Seele!« sagte Sancho, »wie seid Ihr bei dieser Rechnung im Irrtume; denn was das Versprechen der Insel betrifft, so müßt Ihr von dem Tage rechnen, an welchem Ihr es mir zuerst gegeben habt, bis zu der gegenwärtigen Stunde, in welcher wir uns jetzt befinden.«
    »Aber ist es denn schon lange, Sancho, daß ich dir dies versprochen?« fragte Don Quixote.
    »Wenn ich mich recht erinnere«, sagte Sancho, »so müssen es wohl zwanzig Jahre sein, etliche Tage mehr oder weniger.«


    Dies stellt dann Quijote gleich richtig und antwortet:

    Zitat

    »Seit ich im Schwarzen Gebirge war, ja seit ich überhaupt ausgezogen bin, sind kaum zwei Monate verflossen, und du sagst, Sancho, daß es schon seit zwanzig Jahren ist, daß ich dir die Insel versprochen habe?


    Hier spielt Cervantes meiner Meinung nach mit verschiedenen Zeitrechnungen. Einerseits dient ein Knappe seinem Herrn in "Wirklichkeit" (der der Ritterromane) über einen langen Zeitraum hin und auch die Abenteuer werden nicht innerhalb einiger Wochen absolviert. Da ist es schon ganz angemessen, dass Sancho dem Don schon seit Jahrzehnten folgt.
    Der hingegen rechnet nach dem "wirklichen Leben", der Zeit, die für ihn und Sancho wirklich vergangen ist - ein paar schnöde Monate sind sie erst unterwegs (mit Unterbrechung). Also eine Umkehrung der üblichen Verhältnisse, in der Sancho mal die Rittersicht vertritt, der Don hingegen die normale.
    Als dritte Zeitrechnung kommt dann noch die der Leser hinzu, für die zwischen erstem und zweitem Teil 11 Jahre vergangen sind und die glauben könnten, die beiden wären ebenso lange zu Hause gewesen.
    (Wenn man ganz logisch argumentiert - wobei man glaube ich, bei diesem Buch mit Logik nicht unbedingt sehr weit kommt - kann man auch "beweisen", dass keine 20 Jahre vergangen sein können: Der Don ist nämlich zu Anfang des Buches im ersten Absatz ein Mann "um die Fünfzig". Als Siebzigjähriger wäre er wohl wirklich nicht mehr in der Lage, weitere Abenteuer zu überstehen.)



    "Wer sich zurückzieht, flieht nicht." - Hat Don nicht eine ähnliche Verteidigung an den Tag gelegt, als Sancho gewippt wurde? Fakt ist doch, dass unserer tapferer Ritter sich immer zurückzieht, wenns brenzlig wird.


    Hm, ja, einerseits flieht er schon, lässt Sancho im Stich, aber andererseits hatte er ja keine andere Wahl (außer sich auch von den Bauern verprügeln zu lassen). Eine Chance, sie zu besiegen hatte er ja nicht. Hier unterscheidet er sich eben von seinen großen Vorbildern, den unbezwingbaren Rittern, die auch die größte Übermacht besiegen. Hier wird der Don mal wieder mit der Wirklichkeit jenseits seiner Fantasien konfrontiert und muss sich ihr unterwerfen. Eine einzelne Person kann eben nicht gegen mehrere Dutzend gewinnen.
    Was ich ihm eher übel nehme ist nicht die Flucht an sich, sondern die Verbrämung als taktischer Zug. Er gibt eben nicht zu, dass er im Prinzip besiegt wurde, schmählicherweise noch dazu ganz unstandesgemäß von Bauern.



    Irgendwie erschließt sich diese Figur mir nicht so ganz. Bis jetzt. Auch weiß ich nicht, worauf Cervantes hinaus wollte: Sollte man den Ritter nun lieben oder hassen?


    Ich glaube, man soll ihn schon mögen (das tue ich zumindest), aber man soll auch seine Schwächen sehen - und durch ihn die "Wahrheit" über die heldenhaften Ritter der Romane erkennen.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Trotzdem bleib ich dabei: Irgendwie erschließt sich diese Figur mir nicht so ganz. Bis jetzt. Auch weiß ich nicht, worauf Cervantes hinaus wollte: Sollte man den Ritter nun lieben oder hassen?


    Ich glaube, man sollte beides. Ihn einerseits für seine Verrückheit lieben, aber andererseits an den Stellen, an denen er mit seinem Wahn anderen Menschen Schaden zufügt, sollte man ihn dafür hassen. Genau das macht diesen Charakter so interessant: in einem Moment gibt er eine wahrhaft hochintelligente Rede von sich und ihm nächsten Moment begeht er wieder den größten Unsinn.
    Ich kann mich jedenfalls nicht für eine Sichtweise entscheiden, ich liebe und hasse ihn gleichzeitig. :zwinker:


  • Hier wird der Don mal wieder mit der Wirklichkeit jenseits seiner Fantasien konfrontiert und muss sich ihr unterwerfen. Eine einzelne Person kann eben nicht gegen mehrere Dutzend gewinnen.


    Da würde Don ja eine wahrhaft heldenhafte Logik an den Tag legen :breitgrins: Der Mann kämpft gegen alles und jeden und sollte dann so viel Einsicht zeigen, wenn ein anderer leiden muss? Da wird ihm plötzlich klar, dass er das nicht schaffen kann? Also das muss eindeutig ein männliches Symptom sein :breitgrins:


    Myriel: Das isses ja! Ich kann mich auch nicht für eine Sichtweise entscheiden. :zwinker:

    Ein Leben lang lesen ist nicht genug!<br /><br />Top 3:<br />1. &quot;Die Brautprinzessin&quot; von William Goldman<br />2. &quot;Männer&quot; von Dietrich Schwanitz<br />3. &quot;1984&quot; von George Orwell

  • Das sagt Sancho während ihrer "Gehaltsverhandlungen" (Kap. 28):


    Dies stellt dann Quijote gleich richtig und antwortet:


    Ich denke, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Sancho liebt Superlative, er hat sie mehrfach im Buch angebracht. Da ist es wahrscheinlich, dass er Don Q. schon seit einigen Jahren dient, aber sicher keine zwanzig, und auch nicht zwei Monate.



    Irgendwie erschließt sich diese Figur mir nicht so ganz. Bis jetzt. Auch weiß ich nicht, worauf Cervantes hinaus wollte: Sollte man den Ritter nun lieben oder hassen?


    Ich stehe dem Ritter eher neutral gegenüber. Als "normaler" Mensch ist er mir fast lieber, weil ungefährlicher, doch sein Ruf ist letztlich nur durch die verrückten Abenteuer begründet, also gehören sie einfach dazu. Mein Liebling ist Sancho Pansa, der im Lauf der Geschichte immer mehr dazugewinnt, weil er manche Eigenschaften offenbart, die ich ihm anfangs nicht zugetraut habe.
    Ich glaube, man soll ihn schon mögen (das tue ich zumindest), aber man soll auch seine Schwächen sehen - und durch ihn die "Wahrheit" über die heldenhaften Ritter der Romane erkennen.