Miguel de Cervantes - Don Quijote (2. Buch, Kap. 36 - 55)

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  • Ich mach dann mal hier den Anfang. :zwinker:


    Im 36.-41. Kapitel wird das Abenteuer mit der Duena Schmerzenreich erzählt, welches vom Herzog und seiner Frau inszeniert wurde. Es muss sicherlich ein beeindruckendes Bild abgegeben haben, als die Duena samt ihren 12 Jungfrauen in den Hof einzog. Und erst, als sie sich alle ihre Schleier abnahmen und die Bärte der Jungs zum Vorschein kamen. :totlach:
    Zur Erklärung muss mal wieder ein Riese herhalten, den der Don besiegen soll, um die "verzauberten Frauen" von ihren Bärten zu befreien. Um zum Riesen zu kommen, wird ein zauberhaftes Holzpferd genutzt. Als ich mir bildlich vorgestellt habe, wie der Don und Sancho mit verbundenen auf darauf sitzen, während die Diener des Herzogs um sie herum tanzen und Blasebälge zu bedienen, konnte ich nicht mehr. :rotfl:
    Und dann erst die Auflösung des Abenteuers: ein Spruch an der Wand, ohne jeglichen Kampf o.ä. Wahnsinn! Ich muss sagen, der Herzog und seine Frau sind echt genial. :breitgrins:


    Als Belohnung für seine Tapferkeit bekommt Sancho endlich seine lang ersehnte Statthalterschaft. Im 42.+43. Kapitel gibt ihm der Don noch einige gute Ratschläge auf den Weg. Wenn man diese Passagen so liest, könnte man glauben, dass der Don ein kluger Mensch ist - bis auf die Sache mit der irrenden Ritterschaft. :rollen:


    In den folgenden Kapiteln wird immer abwechselnd erzählt, was dem Don und Sancho widerfährt. Sancho hält sich auf seiner Insel ganz wacker und macht auch als Richter eine gute Figur. Nur mit dem Arzt versteht er sich nicht, lässt ihn dieser doch nicht essen, wie Sancho gern möchte. Auch erhält Sancho einen Brief vom Herzog, in dem er vor Spionen und einem Angriff auf die "Insel" gewarnt wird, der bald stattfinden soll.
    Währenddessen hat Don Quixote im 46. Kapitel mit der Altisidora eine neue Verehrerin am Hals. Als er ihr jedoch auf musikalische Weise mitteilen möchte, dass er seiner Dulcinea treu ergeben ist, endet das Ganze mit einem großen Katzenjammer. Da tat mir aus Solidarität auch gleich die Nase weh. :autsch:
    Später hat der Don im 48. Kapitel eine wundersame Unterhaltung mit der Dona Rodriguez, die von einigen Geistern gestört wird, die dem Don natürlich mal wieder eine Tracht Prügel verabreichen. Zuvor konnte die Dona ihn jedoch noch um Hilfe bitten. Der Liebhaber ihrer Tochter will nun sein Eheversprechen nicht einlösen und der Don soll ihn entweder durch Überzeugung oder durch Waffengewalt zur Vernunft bringen.


    Zwischenzeitlich spielt im 50. Kapitel mal wieder eine Passage im Heimatdorf des Dons. Sancho hatte einen Brief an seine Frau geschrieben, in welcher er von der Statthalterschaft erzählt. Die Herzogin hatte nun einen Pagen samt einiger Geschenke und einem eigenen Brief zu Theresa Pansa geschickt. Natürlich wollte im Dorf keiner Glauben, dass Sancho nun wirklich Statthalter geworden ist. Die Gesichter hätte ich zu gern gesehen :breitgrins:
    Und wie Frauen nunmal sind, waren die ersten Gedanken von Theresa, wie sie die anderen Frauen eifersüchtig machen könne. :breitgrins:


    Im 52. Kapitel wird die Bitte der Dona Rodriguez wiederholt, worauf sich der Don zu einem Duell mit dem Übeltäter bereit erklärt. Der Herzog setzt (natürlich nicht ohne Hintergedanken) den Termin auf in 6 Tagen fest.
    Währenddessen gibt Sancho nach dem prophezeiten Überfall auf seine Insel im 53. Kapitel entnervt seinen Statthalterposten auf, da er einsieht, dass er an der Seite seines Herrn Don Quixote doch am glücklichsten ist.




    Langsam rückt Sancho immer mehr in den Vordergrund. Den Eindruck hatte ich im 1. Buch streckenweise auch schon, aber hier wird es doch sehr deutlich. Währenddessen nehmen die Kampfhandlungen um den Ritter langsam ab. Im Moment sieht es mehr so aus, als werde er zur Abwechslung von anderen zur Lachnummer gemacht und nicht durch eigenen Antrieb.


    Also leugnen kann man dies nun nicht mehr, schließlich hatte Sancho zeitweise sogar seinen eigenen Erzählstrang, der mir sehr gut gefiel, konnte Sancho doch auch mal zeigen, was in ihm steckt. boxen

  • Myriel, Du legst aber los! Ich bin gestern mit dem Buch fertig geworden, wollte aber mit meinen Kommentaren abwarten, bis ihr auf gleicher Höhe seid. Alleine macht es keinen Spaß :zwinker:. Hoffentlich kriege ich meine Eindrücke noch richtig auf die Reihe.


    Mir gefiel in dem Abenteuer um die Gräfin Trifaldi (alias Kammerfrau Schmerzensreich) am besten der Abschnitt im Kapitel 41, als Don Q. und Sancho auf dem Holzpferd "Holzzapferich" vermeintlich durch die Lüfte schweben. Es ist bewundernswert, wie die Einbildungskraft das reale Empfinden übertreffen kann. Sancho hingegen, der Bodenständige, äußert natürlich wieder seine Zweifel, als er meint, dass die Stimmen sich nicht anders anhören, als sprächen die anderen unmittelbar neben ihnen, obwohl sie schon weit weg sein müssten. Was für ein kurioses Bild! Aber ich habe den bösen Verdacht, dass sich der Herzog und seine Frau insgeheim nur lustig machen über Don Q. und Sancho, auch wenn es sich so anhört, als wollten sie nur dafür sorgen, dass Quijote ein paar erfolgreiche Abenteuer erleben kann. Immerhin muss man ihnen zugute halten, dass sie einen riesen Aufwand betreiben.


    42. - 48. Kapitel: Dass Macht nicht immer nur positive Effekte zeitigt, erfährt Sancho als Statthalter schon recht bald. Die Anleitungen, die Don Q. seinem Knappen für einen guten ersten Mann im Insulstaat gibt, sind sehr weise. Er wäre der geborene Herrscher. Als Richter gefällt mir Sancho sehr gut. Er urteilt listig und weise, obwohl er als alleiniger Herrscher die Gesetze auch nach Gutdünken festlegen könnte. Endlich kann er sich mal so richtig beweisen. Leider bemerkt er nur allzu bald, dass es auch Schattenseiten hat, wenn Wünsche in Erfüllung gehen.


    Zeitgleich mit Sanchos Statthalterschaft geht das Abenteuer um Don Q. und die Gräfin weiter, und für meine Begriffe zieht es sich nun schon ein bisschen arg in die Länge. Vor allem, dass es meist um Liebschaften geht, strapaziert meine Geduld. Da waren mir die verrückten Kämpfe schon lieber.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()


  • Myriel, Du legst aber los! Ich bin gestern mit dem Buch fertig geworden, wollte aber mit meinen Kommentaren abwarten, bis ihr auf gleicher Höhe seid. Alleine macht es keinen Spaß :zwinker:. Hoffentlich kriege ich meine Eindrücke noch richtig auf die Reihe.


    Mach du ruhig weiter mit kommentieren, ich hoffe, dass ich heute Abend auch mit dem Buch fertig bin. :zwinker:



    Aber ich habe den bösen Verdacht, dass sich der Herzog und seine Frau insgeheim nur lustig machen über Don Q. und Sancho, auch wenn es sich so anhört, als wollten sie nur dafür sorgen, dass Quijote ein paar erfolgreiche Abenteuer erleben kann. Immerhin muss man ihnen zugute halten, dass sie einen riesen Aufwand betreiben.


    Sicherlich wollen sie sich nur ein paar Späße gönnen und ich denke, die Ausrede, dass sie dem Don nur etwas Gutes tun, dient eher dazu, ihr eigenes Gewissen zu beruhigen. Böses wollen sie ihm sicherlich nicht, das merkt man ja im 46. Kapitel bei der Katzenattacke. Nach diesem Unglück schienen der Herzog und seine Frau ja ziemlich bedrückt zu sein, dass der Don verletzt wurde. Insofern mögen ihre Absichten nicht die Besten sein, aber es gibt schlimmeres.

  • Kapitel 53
    Nach dem Angriff auf die Insel hat Sancho genug vom Statthalten, holt seinen Esel und zieht von dannen. Schade, dass sein Traum vom Regieren sich nicht nach seinen Vorstellungen erfüllt hat. Für den Krieg ist er nicht geschaffen, das sollte er lieber Don Q. überlassen, der sich unter diesen Voraussetzungen auf der Insul vielleicht ganz wohl gefühlt hätte. Sancho kommt zu der Einsicht, dass ein Bauer lieber ein Bauer bleiben soll. Es ist schon traurig, dass er so wenig Stehvermögen hat, denn zumindest als Richter hat er sich nicht schlecht behauptet, und als Regent hätte er sicher ähnliche Qualitäten bewiesen. Aber damit ist er nicht allein, auch in unserer Zeit läuft man oft vor Schwierigkeiten davon, anstatt sich ihnen zu stellen, und das zieht sich quer durch alle Gesellschaftsschichten.


    Dass Sancho ein herzensguter und großzügiger Mensch ist, zeigt sich in Kapitel 54, als er Brot und Käse mit einigen Pilgern teilt und im Kapitel 55, in dem er sein letztes Brot dem Esel gibt, nachdem sie beide in eine Grube gefallen sind, aus der es scheinbar kein Entkommen gibt. Ich hätte ihn schon wirklich gerne als Statthalter gesehen. Das wäre ein guter Stoff für ein weiteres Buch gewesen :zwinker:.

  • Puh, im Moment quäle ich mich ziemlich durch das Buch. Das "Abenteuer" mit den bärtigen Kammerfrauen und dem Holzpferd haben mich ganz schön gelangweilt. Mir sagen "wirkliche" Abenteuer mehr zu.
    Einziges Anliegen von Herzog und Herzogin ist meiner Meinung nach die eigene Unterhaltung. Sie wollen ordentlich über die Idiotie des Don und Sanchos amüsieren und bieten ihnen deswegen Gelegenheit dazu, sich lächerlich zu machen. Eine mir sehr unsympathische Haltung.


    Das Gespräch von Don Quijote und Sancho Pansa in Kap. 42 hat mir dann wieder besser gefallen. Beide zeigen erstaunliche Einsichten, Sancho z. B. wenn er sagt, "Kleide mich, wie du willst; unter den Kleidern bin ich doch der alte Sancho." Kleider machen Leute vielleicht in den Augen anderer - die eigene Persönlichkeit bleibt aber doch erhalten. Und die Ratschläge des Don für eine kluge Regentschaft könnte sich mancher Herrscher zu Herzen nehmen!


    Ich liebe übrigens Sprichwörter - von daher ist mir Sancho sehr sympathisch, wenn er immer wieder ein/zwei/viele passende oder auch unpassende Sprichwörter von sich gibt :breitgrins: .

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich bin auch in Kapitel 42 angekommen und, Saltanah, ich habe schon ernsthaft überlegt, ob ich Sanchos Zweizeiler nicht alle aufschreibe ... ich find die Spitze :klatschen:


    Trifaldi - Drei Falten - Ist das in euren Büchern auch so übersetzt? Ich fand diese Namensgebungsstory genial. Da hab ich gegrinst.


    Auch das fliegende Pferd fand ich lustig, hab aber nicht geschnitten, warum sie den Don davon abhalten, das Pferd a la Troja zu untersuchen. Erst dachte ich, dass tatsächlich irgendwas in dem Pferd steckt, aber das erwies sich ja als falsch. Warum also haben sie ihn nicht gucken lassen? Wäre doch egal gewesen :schulterzuck:


    Beim Herzog und der Herzogin hab ich manchmal das Gefühl, als wöllten sie dem Don nur eine Lehre erteilen bzw. seine Grenzen abchecken. Irgendwie muss es der Ehrgeiz sein, rauszukriegen, wie weit man gehen kann oder so. Ich finde das sehr menschlich und es passiert unserem Rittergespann ja nicht wirklich was. Alleine die Sancho-Aufgabe, sich selber Hiebe zu versetzen, kann man ja nicht für voll nehmen.


    Soweit von hier bei mir :smile:

    Ein Leben lang lesen ist nicht genug!<br /><br />Top 3:<br />1. &quot;Die Brautprinzessin&quot; von William Goldman<br />2. &quot;Männer&quot; von Dietrich Schwanitz<br />3. &quot;1984&quot; von George Orwell


  • Erst dachte ich, dass tatsächlich irgendwas in dem Pferd steckt, aber das erwies sich ja als falsch. Warum also haben sie ihn nicht gucken lassen? Wäre doch egal gewesen :schulterzuck:


    Es steckte doch was im Pferd - die Knaller und Raketen für's eindrucksvolle Ende nämlich.


    Trifaldi ist bei mir nicht weiter übersetzt, es wird nur an einer Stelle erwähnt, dass der Name von ihrer dreiteiligen Schleppe herrühre. Eigentlich hieße sie ja "grevinnan Warg" (Gräfin Wolff) wegen der Wolfsplage; hätte es sich um Füchse gehandelt, hätte sie wohl "Rääw" (Fux) gehießen.
    In einer deutschen Übersetzung im Internet [url=http://www.zeno.org/Literatur/M/Cervantes+Saavedra,+Miguel+de/Roman/Don+Quijote/Zweiter+Teil/Neuntes+Buch/F%C3%BCnftes+Kapitel](Zeno.org)[/url] heißt sie "Dreischleppina" - auch ein schönes Wort :breitgrins: .

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Es steckte doch was im Pferd - die Knaller und Raketen für's eindrucksvolle Ende nämlich.


    Das erklärt die Sache. Das muss ich beim Taumeln überlesen haben. Mit Taumeln meine ich Folgendes:


    Da das Buch mich nicht durchgängig fesselt, les ich manche Passagen einfach nur runter und dann schweifen meine Gedanken ab. Manchmal komm ich dann gar nicht mehr klar und les noch mal und manchmal taumel ich mich halt einfach weiter durch :zwinker:



    Trifaldi ist bei mir nicht weiter übersetzt, es wird nur an einer Stelle erwähnt, dass der Name von ihrer dreiteiligen Schleppe herrühre. Eigentlich hieße sie ja "grevinnan Warg" (Gräfin Wolff) wegen der Wolfsplage; hätte es sich um Füchse gehandelt, hätte sie wohl "Rääw" (Fux) gehießen.
    In einer deutschen Übersetzung im Internet [url=http://www.zeno.org/Literatur/M/Cervantes+Saavedra,+Miguel+de/Roman/Don+Quijote/Zweiter+Teil/Neuntes+Buch/F%C3%BCnftes+Kapitel](Zeno.org)[/url] heißt sie "Dreischleppina" - auch ein schönes Wort :breitgrins: .


    Das ist lustig. In meinem Buch sind es dreiteilige Falten (Tri Faldi) und keine Schleppe. Daher der Wortwitz bzw. Namensbezug. Es geht dann auch mit den Wölfen und Füchsen weiter, da sind mir aber die Namen nicht so grass aufgefallen. Da müsste ich zu Hause noch mal gucken. Aber an sich find ich das einen genialen Wortwitz, denn ich hab zwar keine Ahnung, aber denke schon, es handelt sich hier um eine erfundene Sprache ... irgendwie ein Mischmasch aus Latein und Spanisch oder Alt-Spanisch, falls es sowas gibt.

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  • Trifaldi ist bei mir nicht weiter übersetzt, es wird nur an einer Stelle erwähnt, dass der Name von ihrer dreiteiligen Schleppe herrühre. Eigentlich hieße sie ja "grevinnan Warg" (Gräfin Wolff) wegen der Wolfsplage; hätte es sich um Füchse gehandelt, hätte sie wohl "Rääw" (Fux) gehießen.
    In einer deutschen Übersetzung im Internet [url=http://www.zeno.org/Literatur/M/Cervantes+Saavedra,+Miguel+de/Roman/Don+Quijote/Zweiter+Teil/Neuntes+Buch/F%C3%BCnftes+Kapitel](Zeno.org)[/url] heißt sie "Dreischleppina" - auch ein schönes Wort :breitgrins: .


    In meiner Übersetzung von Ludwig Tieck heißt die gute Frau auch Dreischleppina, weil sie so eine lange Schleppe mit 3 Spitzen trägt. Angeblich ist das eine von ihr erfundene Mode, die sie durch ihre Namensänderung in Gräfin Dreischleppina bekannter machen wollte. :zwinker:

  • Sancho Pansa als Statthalter hat nicht nur mich überrascht. Herzog und Konsorten, die sich darauf freuten, herzhaft über den dummen Sancho lachen zu können, müssen ziemlich enttäuscht worden sein ob der Klugheit, die Sancho als Richter an den Tag legt.
    Natürlich muss man bedenken, dass Sancho nie mit den wirklichen Problemen eines Statthalters konfrontiert wurde, aber er hat sich wirklich wacker geschlagen und so ist mir die Moral der Geschichte - Schuster bleib bei deinen Leisten - nicht ganz einleuchtend. Woran Sancho "gescheitert" ist, waren nicht die Anforderungen an seinen Verstand, sondern Angriffe auf seinen Körper. Erst lässt ihn der Arzt nicht ordentlich essen, und dann wird er bei dem "Überfall" erst so eingepackt, dass er vollkommen hilflos ist und dann auf ihm herumgetrampelt. Beides Sachen, die einem echten Statthalter nicht geschehen wären. Wo bleibt also der Beweis, Sancho sei für den Posten ungeeignet?


    Der Haushofmeister bringt fasst das in Kap. 49 ganz schön in Worte:

    Zitat

    »Der gnädige Herr Statthalter spricht so«, sagte der Haushofmeister, »daß man erstaunen muß, wie ein Mann, so ganz ohne Wissenschaften, welche Ihr doch nicht besitzt, dergleichen Dinge sagen könne, voller Sentenzen und Ratschläge, die gänzlich von dem entfernt sind, was von Eurem Geiste diejenigen erwarteten, die uns hierher schickten, so wie wir, die wir hergekommen sind; man sieht aber in der Welt alle Tage etwas Neues: Aus Spaß wird Ernst, und die Spötter werden die Verspotteten.«


    In diesem Kapitel begegnen wir übrigens noch einer vom Vater eingesperrten jungen Frau. Schon im ersten Teil hieß es ja mehrfach über unverheiratete Frauen, dass sie nie aus dem Haus herausgelassen würden, so dass nur kein Mann sie zu Gesicht bekommt, und hier ist es wieder so weit. Ich will dazu nichts weiter dagen, sondern nur darauf hinweisen. Ich denke, dass Cervantes hier die Lebensbedingungen junger Frauen "aus gutem Hause" darstellt, es sich nicht ausgedacht hat.


    Auch mit dem Don selbst wird nicht zimperlich umgegangen: erst der Angriff der Katzen, als er seine Treue zu Dulcinea besingt und dann bekommt er ebenso unprovoziert Prügel, als er sich mit der hilfesuchenden Doña unterhält. Was soll das Ganze? Immerhin kann ich ihm dadurch seine Angriffe auf Unschuldige im ersten Teil nicht mehr ganz so übel nehmen. Wenn sich schon "normale" Menschen so brutal ihren Mitmenschen gegenüber benehmen, dann ist es ja von einem vom Wahn befallenen nicht anders zu erwarten.
    Ich denke, die Angriffe auf den Don haben dieselbe Ursache wie die auf Sancho: er bietet nicht genug Unterhaltung. Wenn er sich hätte verführen lassen, wie es - nehme ich an - geplant war, dann wäre er glimpflicher behandelt worden. Aber wieviel Unterhaltungswert hat ein Ritter, der treu bleibt?
    Ich mag die "Scherze" nicht, die den beiden gespielt werden und schon gar nicht diejenigen, die sie ihnen spielen.


    So, jetzt werde ich mir Mühe geben, die letzten 120 Seiten schnell gelesen zu bekommen. Es ist sonderbar: einerseits liest sich der 2. Teil wirklich besser als der erste, aber trotzdem zieht er sich für mich mehr und ich muss beim Lesen immer wieder feststellen, wie meine Gedanken abschweifen und ich den Inhalt nicht wirklich aufnehme.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • 54. Kap.:
    Sancho zeigt sich freigiebig den Bettlern gegenüber. Obwohl er doch eigentlich kaum was zu essen hat (kaum was zumindestens, wenn man seinen Apetit und die Tatsache, dass er als Gouverneur viel zu wenig zu essen bekam, bedenkt) - umso höher rechne ich es ihm an, dass er den Bettlern von seinem Essen abgibt. Dass er dafür mit einem "Festmahl" belohnt werden würde, konnte er ja nicht ahnen.


    Bitter finde ich übrigens das Schicksal des "Morisken" aus Sanchos Heimatdorf: des Landes verwiesen wegen seiner maurischen Herkunft, trotz Übertritt zum Christentum. So müssen er, seine Familie und alle anderen "Neuchristen" grundlos ihre Heimat verlassen.
    Der junge Adlige, der in seine Tochter verliebt war, wird bestimmt auch noch auftauchen, nehme ich an.


    55. Kap.:
    "Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie gestorben" :breitgrins: ; Sancho wie er leibt und lebt!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Saltanah, du hast nur noch 120 Seiten? Ich beneide dich. Ich bin bei Kapitel 55 und hab noch locker 200. Und ich muss dir recht geben, es ist total komisch: Der 2. Teil liest sich besser und zieht sich länger. Aber das könnte auch daran liegen, dass ich nun wirklich genug Don Quijote habe und mich nach einem anderen Thema zum Lesen sehne :smile:


    Dass Sancho als Statthalter seinen Hut nimmt, hab ich im ersten Moment auch nicht verstanden. Aber je länger ich darüber nachdenke, um so mehr begründet sich doch auch in dieser "Flucht" sehr weises Verhalten. Natürlich hat man es ihm im Kampf mit Absicht schwer gemacht, aber Sancho hat dabei erkannt, dass es Ereignisse gibt, mit denen er nicht fertig werden kann, weil er nur ein Bauer ist. Dabei spielt sicherlich weniger eine Rolle, welche Art Ereignisse das waren. Fakt ist ja, dass das Regieren eines Statthalters nicht ausschließlich aus dem Festlegen von Gesetzen und Schiedssprüchen besteht. Sondern da gehört noch mehr dazu und Sancho hat das erkannt - zumal er sich ja sowieso nicht sehr wohl gefühlt hat in seinem goldenen Käfig. Sicherlich hatte er sich das alles etwas anders vorgestellt :zwinker: und einfach begriffen, dass er lieber bleiben will, was er war und ist.


    Zum Don und den Katzen fällt mir auch nichts ein. Sinn und Unsinn dieser Geschichte hab ich nicht begriffen. Es war zwar keine Absicht, aber es dämmert mir überhaupt nicht, was Herzog und Herzogin da bezweckt haben. Eigentlich zeigen sie nur, dass sie weitaus dümmer sind als diejenigen, die sie verlachen. Denn was haben die von einer wild rumgeworfenen Katze erwartet?


    Gestern hab ich ein Kapitel beim Projekt Gutenberg gelesen. Dort handelt es sich um die Tieck-Übersetzung. Ich muss sagen, dass ich jetzt wirklich mit meiner Braunfels-Übersetzung der zufrieden bin. Zum Einen lässt sie sich trotz der altertümlichen Sprache flüssiger lesen und zum Zweiten find ich die Sätze irgendwie runder.

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  • Ja, Lullyblue, "nur" noch 120 Seiten, dafür aber großformatige und umso kleingedrucktere, also sehr viel Text pro Seite. Aber es stimmt schon, 120 klingt viel besser als 200, auch wenn die Textmenge die gleiche ist.


    Was Sanchos Nicht-Eignung zum Statthalter angeht, bin ich immer och nicht überzeugt. Er warf wie gesagt das Tuch, nachdem er körperlich misshandelt wurde, auf eine Art und Weise, die einem "richtigen" Statthalter nie geschehen wäre. Und auch auf Diät wäre ein echter nie gesetzt worden. Was richten und Gesetze erlassen, "regieren" angeht, hatte er ja weiterhin keine Bedenken, dass er seinen Aufgaben gewachsen wäre, und gerade das sind wohl die Gebiete, auf denen ein dummer (d. h., ungebildeter) Bauer als erstes versagen würde.
    Unter den Umständen, denen er ausgesetzt war, war aber natürlich seine Flucht ein weises Verhalten, denn, egal wie gut er seine Aufgaben auch lösen würde, würden seine "Macher" nie zulassen, dass er ein angenehmes Leben führen würde. Er hat also ganz richtig eingesehen, dass er für die Aufgabe nicht gemacht ist, ist dies aber nur, weil andere das so bestimmt haben.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich denke, Sancho hätte bestimmt einen guten Statthalter abgegeben. Er ist ein Typ, der an seinen Aufgaben wächst, denn auch im Lauf des Abenteuers mit Don Q. hat er sich immer weiter entwickelt. Jeder Regent muss sich zuerst mit seinen Aufgaben vertraut machen und wenn man ihm die Möglichkeit gegeben hätte, wäre das sicher gut verlaufen. Er hat einige wichtige Voraussetzungen dafür.


    Mit dem Herzogenpaar bin ich nach einigem Abstand immer noch schwer am Hadern. Was sie da besonders mit Sancho veranstaltet haben, ist wirklich übel.

  • Also ich seh das Herzogenpaar in seiner eigentlichen Dummheit im krassen Gegensatz zu Ritter und Knappe. Sie schaden bewusst und sind darauf bedacht, nicht zu schaden, sondern nur zu spotten und Don und Sancho haben oftmals unbewusst geschadet und sind immer darauf bedacht, zu helfen. So ungefähr jedenfall :smile:


    Sancho war ein guter Statthalter, das steht außer Frage. Aber dennoch gab es eben Dingen, denen er nicht gewachsen war. Ob die nun provoziert wurden oder nicht - es gibt immer und überall Feinde, ob man die nun kennt oder nicht. Ein Statthalter muss immer mit Angriffen rechnen und sicher ist auch ein "normaler" Statthalter nicht immer in der körperlich günstigsten Verfassung. Natürlich haben sie Sancho bösartig geschwächt, aber es waren ja auch nur 10 Tage Regierung. Normalerweise regiert jemand ja schon ein bisschen länger. Sancho hat also das ganze Regierungsspektrum in kürzester Zeit mitgemacht - und festgestellt, dass er das nicht will. Erfahrung macht den Meister :zwinker: Soweit zumindest meine Ansicht dazu.

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