Jane Urquhart – Die Ballonfahrerin

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    Inhalt: Ann wird schon als Kind von ihrer Mutter in Museen geschleift und sponsort sogar ein paar Quadratzentimeter eines Tintoretto. Aber ihre eigentliche Liebe gilt dem Roman Sturmhöhe von Emily Brontë, als Literaturwissenschaftlerin arbeitet sie an einem Buch über das Wetter in diesem Roman. Arthur ist Kunsthistoriker und als solcher Tintoretto-Spezialist. Er fühlt sich von Ann zwar angezogen, will aber keinesfalls Ehe und Familienleben für die Beziehung zu Ann opfern, zumal das Verhältnis auf einer rein sexuellen Ebene zumindest für ihn auch funktioniert. Als Ann diese Konstellation nicht mehr aushält, bucht sie ein Ticket nach England, um sich an den Originalschauplätzen ihres Lieblingsbuches auf Spurensuche zu begeben. Dort lernt sie John kennen, einen früheren Webereiarbeiter, jetzt Moorstecher und Landwirt sowie ein Geschichtenerzähler.


    Arianna, eigentlich Polly Smith, tritt als Ballonfahrerin und Fallschirmspringerin auf und reist dafür um die Jahrhundertwende mit ihrem „Manager“ Jeremy durch England. Jeremy war selbst Ballonfahrer, mußte aber irgendwann feststellen, daß er keine Jahrmarktsattraktion mehr war, und er leidet nun unter Ariannas Popularität. In Arianna hat er sich ihres ätherischen Wesens wegen verliebt und setzt alles daran, sie nach seinem Empfinden rein und weiß zu erhalten. Überhaupt hegt er eine schon ungesunde Vorliebe für Weiß und Leere, was sich nicht nur an seiner Faszination für die Polarregionen zeigt, sondern auch daran, daß er Arianna zu Beginn ihrer Beziehung in einem komplett weißen, leeren Zimmer untergebracht (um nicht zu sagen: gefangengehalten) hat. Als sie in dieser Umgebung anfängt, sich ein buntes Haus mit vielen Details auszumalen und Jeremy davon erzählt, stirbt dadurch seine Liebe zu ihr. Arianna soll bei einem Auftritt in Yorkshire mit dem Fallschirm abspringen, kommt dabei aber ums Leben. Daß sie ein Geist geworden ist, bekommt sie von einer anderen jungen Frau vermittelt, die sich in diesem Reich ganz ähnlich bewegt: Emily Brontë. Die beiden reden über Gott und die Welt und wichtige Dinge ihres Lebens.



    Meine Meinung: Die Geschichte um Ann hat mich weniger begeistert, die Frau ist einfach unmöglich und an Arthurs Stelle hätte ich ihr vermutlich frühzeitig mal eine gescheuert, zumindest aber die Beziehung konsequent beendet. Aber da war wohl die gegenseitige sexuelle (andere ist nicht erkennbar) Abhängigkeit zu stark, was für mich trotzdem schwer nachvollziehbar ist. Interessanter ist der Strang um Arianna und Emily, was entscheidend an deren Gesprächen und Alltagsphilosophien liegt, besonders Emily ist mit ihren Äußerungen und Einschätzungen für mehr als einen Lacher gut. Gemeinsam ist beiden Strängen das Kreisen um ein Thema: Welche Formen Liebe annehmen kann, und vor allem wie sie sich auf das Handeln der Beteiligten auswirken kann. Da wurde allerdings für meinen Geschmack besonders zum Ende hin entschieden zu viel mit dem dicken Symbolhammer gearbeitet, egal ob es um Jeremys Weiß-Obsession, Arthurs verbrannte Hände oder andere Details geht.


    In diesen symbolischen Zusammenhängen wird immer wieder auch das Wetter und besonders der Wind eingesetzt. Das ist über weite Strecken durchaus stimmungsvoll und poetisch erzählt, wie sich überhaupt die Geschichte – vor allem in den Arianna/Emily-Teilen – ganz zauberhaft liest. Die Ann/Arthur-Teile verströmen, passenderweise, einen anderen Grundton und jene mit Ann und John wieder einen anderen, das ist Urquhart gut gelungen. Wegen der inhaltlichen/charakterlichen Schwächen im Ann/Arthur-Teil gibt's aber „nur“


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Den Inhalt hat Aldawen bereits ganz gut beschrieben, ich konnte allerdings beiden Handlungssträngen noch weniger abgewinnen als sie. Das Moor und Brontës Buch „Sturmhöhe“ (Wuthering Heights) bildeten die Brücke zwischen beiden Teilen, aber die Darstellung der Moorlandschaft war leider das Einzige, was mir wirklich gut gefiel. Ich habe „Sturmhöhe“ selbst allerdings auch schon nicht viel abgewinnen können, ich hätte mir denken müssen, dass eine Geschichte über dieses Buch mich vermutlich nicht begeistern wird.


    Beim Arianna/Emily – Teil missfiel mir die Abhängigkeit Ariannas und Emilys endloses Geschwafel und Ann war auf ihre Weise ebenfalls abhängig von Albert, der wiederum versuchte, die Verantwortung für die Affäre völlig auf sie abzuschieben und sich unschuldig und unbeteiligt zu geben. Die einzige Person, die ein bisschen meine Sympathie gewinnen konnte war John, das reicht aber nicht aus, um die Geschichte zu retten.


    Ich empfand praktisch das gesamte Buch als langweilig und belanglos. Wenn die Autorin Liebeskummer hat, soll sie von mir aus Tagebuch schreiben, aber ihr Gefühlsleben nicht veröffentlichen und Leser damit belästigen.


    Für John und weil es kurz genug war, dass ich es nicht abbrechen musste:
    2ratten