Albert Camus - Die Pest

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  • Albert Camus - Die Pest


    Inhalt:


    Camus schildert den Verlauf der Pestseuche in der gewöhnlichen Stadt Oran an der algerischen Küste aus Sicht der Hauptfigur Dr. Bernard Rieux, der sich jedoch erst am Ende des Romans als „Verfasser der Chronik“ zu erkennen gibt. Die Geschichte beginnt im Jahre „194…“. Einige tote Ratten und ein paar harmlose Fälle einer unbekannten Krankheit sind die Anfänge einer schrecklichen Pestepidemie, welche die ganze Stadt in den Ausnahmezustand bringt, sie von der Außenwelt abschottet und mehrere tausend Todesopfer fordert. Die Pest bedroht das menschliche Dasein der Bevölkerung und wird somit zu ihrem gemeinsamen Gegner. Jeder nimmt diesen schier ausweglosen Kampf gegen den schwarzen Tod auf seine Weise auf. Rieux kämpft als Arzt gleich dem Sisyphos gegen die Krankheit an und gerät unter anderem mit dem Pater Paneloux, welcher die Pest als Strafe Gottes zur Züchtigung des Menschen deutet, in einen Disput.


    Das Absurde bleibt jedoch stetiger Begleiter. Unschuldige Kinder sterben genauso wie Menschen, die es verdient hätten, obwohl sich insgesamt das Prinzip erkennen lässt, dass die Pest nur Menschen ohne Solidarität tötet.


    Meine Meinung:


    Insgesamt fand ich das Buch sehr gut, da man die verschiedenen Reaktionen von Menschen auf die Absurdität sehen kann. Der Arzt, also der Erzähler, "zitiert" aus unterschiedlichen Quellen und schafft es somit, dass nie Langweile aufkommt. So werden zum Beispiel auch die Aufzeichnungen eines Journalist, der durch Zufall in der Stadt und nun gefangen ist, von dem Erzähler erwähnt und man erhält dadurch auch eine distanzierte Sichtweise. Allerdings hatte ich mir von dem großem Werk Camus' mehr erwartet, da die Absurdität doch nur sehr unterschwellig ist und für mich persönlich nicht tief genug geht bzw. nicht ausreichend ausgeführt wird. Aber es ist ja schließlich auch ein Roman und kein Sachbuch über die Absurdität des Lebens :zwinker:

    If the world weren&#39;t such a beautiful place we might all turn into cynics<br />(Paul Auster)

  • Bei mir ist es jetzt wohl etwa ein Jahr her, daß ich das Buch gelesen habe und so im Nachhinein betrachtet kommt es mir vor wie eine Studie, eher nüchtern, distanziert und zumindest an der Oberfläche recht emotionslos. Am meisten hat mich von den Hauptcharakteren noch die Geschichte des Dr. Rieux (der sich dann ja auch als der Erzähler herausstellt) und seiner Frau berührt. Trotz dieses nüchternen Studiencharakters des Buches sind mir sehr viele Einzelheiten im Gedächtnis geblieben, intensive Beschreibung des Anfangs der Seuche, das Gefühl des Eingesperrtseins während der Quarantäne, das "sich dem Schicksal ergeben", die Diskussionen des Pfarrers/Paters ? mit dem Doktor, die anfängliche Zauderei der Behörden, das Nichtwissenwollen, das Sterben des Kindes bei der Suche nach einem wirksamen Impfserum und so könnte ich noch vieles aufzählen.


    Also .... auch nach längerer Zeit auf jeden Fall - trotz der Distanziertheit - auf jeden Fall lesenswert.


    Mit dem philosophischen Hintergrund der Absurdität (die eine solche Seuche natürlich immer mit sich bringt und die zentrales Thema von Camus) ist, hab ich mich erst hinterher ein wenig, aber nicht sehr vertieft befaßt. Das Buch als solches hab ich noch recht unvoreingenommen gelesen, natürlich drängt sich "Absurdität" als Gedanke bei so einem Thema ohnehin auf.


    Was mir auch noch intensiv in Erinnerung geblieben ist, war die Menschlichkeit des Arztes, das reine Mitgefühl mit dem Einzelnen (bei aller ärtzlichen Professionalität) , seine Liebe zu den Menschen (die er natürlich in seiner Professionalität auf Distanz halten mußte, die aber vorhanden war) und der leidenschaftliche Unwille soetwas als Schicksal oder gar, wie der Pater erklärt, als Strafe Gottes zu sehen, sondern es als Zufall anzunehmen, als schrecklichen sinnlosen Zufall für die Menschen die eben gerade zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort waren. Er sieht in all dem Wahnsinn, den Sinn seines Tun letztlich im Mitgefühl mit den Kranken, dem einzelnen betroffenen Menschen, der große Kampf gg. die Seuche insgesamt scheint sinnlos und verloren, aber für jeden Einzelnen führt er diesen Kampf fort.


    Je mehr ich jetzt darüber nachdenke und schreibe, desto mehr Details fallen mir wieder ein ... das allein spricht eigentlich schon für die Qualität des Buches, obwohl ich damals kurz nach dem Lesen eher etwas nüchtern darüber dachte. Erstaunt mich jetzt gerade selbst.


    Achja ... und dann gab es da noch diese wunderbare Szenen eines Moments einer Freundschaft bei einem Bad im Hafenbecken .... , doch man sollte das Buch vielleicht wirklich mal gelesen haben :)

    Einmal editiert, zuletzt von Yvaine ()

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    Handlung
    Die Handlung spielt im Jahre 194... in dem algerischen Küstenstädtchen Oran. Es beginnt mit ein paar toten Ratten und seltsamen Todesfällen in der Bevölkerung bis schließlich offiziell der Ausbruch der Pest bestätigt wird. Die Stadt und deren Bewohner werden ohne Vorwarnung von der Außenwelt abgeschottet, es gibt keine Möglichkeit der Kontaktaufnahme zur Außenwelt, denn auch Telegramme sind verboten. Dieser Zustand der strikten Quarantäne dauert kanpp ein Jahr und Camus führt den Leser mittels ambivalent angelegter Charaktere durch diese Zeit.


    Die Entwicklung der Situation wird sehr eindringlich und durchdacht dargestellt und steht letztendlich doch für das Gesamtbild der Menschheit an sich.
    Vom anfänglichen Verkennen der ernsten Lage, dem anschließenden Ausbruch der kopflosen Panik bis hin zur Phlegmatie und Selbstaufgabe zeigt Camus an Einzelschicksalen lebhaft dargestellt die vollkommene „Funktionsweise“ des Menschen.
    Manche sind einem sympathischer und andere weniger, wie es wohl mehr oder weniger in jedem Roman der Fall ist, aber je tiefer man in die Charaktere, deren Biografie und Motivation vordringt, versteht man, dass es hierbei nicht um Sympathie geht.
    Camus bringt einen dazu, zu verstehen.
    Man entwickelt nach und nach Verständnis für jeden einzelnen in diesem Stück angelegten Charakter, weil man sich selbst, eigene Hoffnungen, Ängste, Verzweiflungen und jede Menge mehr in ihnen und ihren Handlungsweisen erkennt.

    Meine Meinung:

    Es gibt etliche Interpretationen zu diesem Werk des Philosophen Camus, u.a. auch Auslegungen auf den zweiten Weltkrieg, die durchaus gut zutreffen können. Sollte der Autor aber und in erster Linie beabsichtigt haben, den Lesern einen Spiegel vorzuhalten, dann ist ihm dieses Vorhaben m. M. Nach sehr gut geglückt.
    Umso bedrückender wirkt das Scheitern einzelner Personen an ihrem Schicksal, das Scheiter unserer eigenen Hoffnung.


    Die Tatsache, dass Camus die grundlegendsten Emotionen des Menschen wie Verzweiflung, Angst, Sehnsucht, Zuversicht, Hoffnung, etc. in solch konzentrierter Reinform hinstellen konnte, verdankt er dem Rahmen, den er seinen Personen gegeben hat.
    Sie befinden sich allesamt in einer absoluten Ausnahemsituation, abgeschottet von der Außenwelt haben sie nicht die Möglichkeit, ihre Emotionen in der Hektik und Anonymität des Alltags zu verlieren. Die Charaktere müssen sich, viele von ihnen zum ersten mal überhaupt, mit ihren Gefühlen, ihren Gedanken, ihrem Gewissen, ihrem Handeln auseinandersetzen und lernen jemanden kennen, mit dem sie bisher ihr ganzes Leben verbracht haben: sich selbst.


    Die ständige emotionale Randlage und die sprachliche Intelligenz eines Albert Camus lassen dieses Buch an den Händen kleben, bis man die letzte Seite ausgelsen hat.


    Zur Motivation und allgemeinen Erheiterung dient dieses Werk allerdings nicht, sondern hinterlässt gemäß der allgemeinen Philosophie Camus` die deprimierende Erkenntnis, dass der Mensch zwar vieles vermag, aber sich letztendlich permanent in einer solch absurden Situation befindet, dass selbst alles Handeln keinen Ausweg bringen kann. Das einzig Positive, das der Autor dem Leser zu erkennen gibt, ist die Fähigkeit des Menschen zur Liebe, in Liebe für andere Menschen handeln zu können und Liebe zu erhalten.
    Dementsprechend wirken auch die Charaktere in dem Buch als Marionetten ihrer Umwelt, ihrer Gefühle und jeweiligen momentanen Situation, sprich des Absurdums, wie Camus es in seiner Philosophie beschreibt.


    Ich bin kein Freund seiner Philosophie, aber dieses Buch ist auf eine Art und Weise geschrieben, die einen unmittelbar berührt, betrübt und vor den Gedanken stellt, dass der Mensch in seiner Unvollkommenheit doch stets um einen Ausweg aus seiner Situation bemüht ist.


    Empfehlen kann ich dieses Buch v.a. denjenigen, die für den Bereich der philosophischen sowie sozialen Anthropologie Interesse hegen und nichts gegen ein bißchen deprimierende Kost einzuwenden haben.



    Liebe Grüße
    Trevor

  • Ich erinnere mich das ich damals keine Rezension schreiben konnte. Es hat mich einfach umgehauen und ich weiß bis heute nicht wie ich meine Eindrücke und Gefühle dazu schildern könnte. Mich hat die Pest beeindruckts sowie sehr gut gefallen und ich werde es sicher wieder Lesen.

  • Mir ging es ähnlich wie HoldenCaulfield....ich bin vor Ewigkeiten an dieses BUch geraten und irgendwie fand ich es beeindruckend, obwohl ich zu dem Zeitpunkt überhaupt nichts von absurdem Theater oder Existenzialismus gehört hatte. Ich mag es wie einen ganz normalen Roman gelesen, den ich als "irgendwie anders" empfunden hab. Ich werd das Buch irgendwann wieder zur Hand nehmen, mal sehen, ob ich es dann anders lese...

    :leserin: <br />John Updike - Terrorist<br />M. Lewycka - A short history of Tractors in Ukrainian<br />Bobby Henderson - Das Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters<br />M. Crichton - Next<br />Steffen Möller - Viva Poloni

  • Hallo!


    Ich schliesse mich denjenigen an, denen es schwerfällt ihren Eindruck zu Die Pest in Worte zu fassen. Ich habe die Erzählung als sehr bedrückend empfunden. Ich hatte auch immer den Eindruck, als ob es in Oran nie wirklich hell werden würde obwohl die Geschichte sich im Sommer ereignetet. Ich fand es interessant wie die Menschen mit der Katastrophe umgehen. Sie versuchen ihre Ängste zu verdrängen indem sie ins Kino oder ins Theater gehen und krampfhaft versuchen, den Eindruck vom normalen Leben aufrecht zu erhalten. Dabei erfährt der Leser nur sehr wenig über die Gefühle der Menschen in Oran denn der Erzähler ist sehr distanziert. Insgesamt hat sich mein Leseeindruck von vor über zehn Jahren nur bestätigt: Die Pest ist ein Buch, das einen auch noch lange nach der Lektüre beschäftigt.
    5ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe heute im Rahmen des TAMKA-Wettbewerbs das Buch zu Ende gelesen und finde es großartig.
    Zum einen bin ich von dem Sprachstil begeistert, aber auch von der Erzählstruktur. Inhaltlich fand ich es sehr beklemmend. Vergleiche zur Nazi-Zeit haben sich mir besonders im letzten Drittel des Buches immer wieder aufgedrängt. Es wäre sicher interessant das Buch nochmal aus dieser Perspektive zu lesen und zu analysieren.
    5ratten

  • 194x bricht in Oran die Pest aus und Camus schildert, anhand einiger Figuren, den Umgang damit. Die Epidemie und damit auch das Buch dauert fast ein Jahr.


    Für jemanden wie mich, die eher selten französische Originale liest und wenn dann meist Comics, war das Buch nicht einfach. Die grammatikalische Form, die verwendet wird, habe ich in der Schule nur noch am Rande/Ende meines Französischunterrichts mitbekommen, so dass ich mich ziemlich konzentrieren musste, um zu verstehen was passiert und meist nach 10-15 Seiten einfach pausieren musste.


    Ich habe hier eine Ausgabe, mit der mein Freund vor rund 30 Jahren Abitur gemacht hat, diesen Klassiker hatte ich mir letztes Jahr vorgenommen, endlich mal zu lesen. Wie aktuell das Buch werden würde, war da noch nicht zu erahnen. Ich habe tatsächlich ab und zu wissend genickt und gedacht, jaja, so macht man das heute in Wirklichkeit auch. Die Wahrnehmung der Geschichte war also vermutlich schon deutlich anders als sie es im letzten Jahr gewesen wäre.


    Im Nachhinein fällt mir auf, wie „männlich“ das Buch doch ist, weibliche Figuren tauchen kaum und wenn, nur in Beziehung zu einer der Hauptfiguren (Ehefrau, Mutter) auf. Das passt ein wenig zu der Interpretation, von der ich gelesen habe, dass die Pest eine Metapher für den Krieg darstellen soll. Eine Zeit, die Schwierigkeiten und Tod bringt, aber auch neue Freunde und die, die sie überleben, verändert zurück lässt.


    Mir hat es letztlich insgesamt gut gefallen, aber wahrscheinlich hätte ich es doch lieber auf Deutsch lesen sollen - sprachlich ist es wirklich nichts für Einsteiger.


    4ratten

  • Das ist ja momentan eines der Bücher die einen neuen Hype erfahren haben (aus Gründen ;) ). Ich weiß noch, das ich es damals gelesen habe, weil ich einfach über die Pest lesen wollte :lachen: Ich tue mich mit französisch sprachigen Autor*innen meistens eher schwer und Camus ist da eine der wenigen Ausnahmen gewesen. Meine Lektüre ist inzwischen so lange her, das ich mir aber sicher bin, das ich den Roman heute komplett anders sehen würde. Auch im Hinblick darauf, das ich heute mehr über Existenzialismus und andere philosophische Strömungen weiß, die Camus Zeit und maßgeblich auch ihn, beeinflusst haben.

  • HoldenCaulfield ich habe Die Pest auch vor Jahren gelesen. Ich danke auch immer mal wieder über einen reRead nach, aber bis jetzt hat es noch nicht geklappt. Davor scheue ich mich im Moment ein bisschen, ich komme gerade mit leichterer Lektüre besser klar.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine zweite Meinung

    Das ist ja momentan eines der Bücher die einen neuen Hype erfahren haben (aus Gründen ;) ).

    Im letzten Jahr war es in der Bücherei lange vorbestellt, wie es jetzt aussieht, weiß ich nicht.


    Ich fand die Parallelen teilweise bedrückend. Gerade, wie die Anwohner mit der Situation umgegangen sind, habe ich in allen Schattierungen beobachten können und teilweise selbst erlebt.

    Im Nachhinein fällt mir auf, wie „männlich“ das Buch doch ist, weibliche Figuren tauchen kaum und wenn, nur in Beziehung zu einer der Hauptfiguren (Ehefrau, Mutter) auf. Das passt ein wenig zu der Interpretation, von der ich gelesen habe, dass die Pest eine Metapher für den Krieg darstellen soll.

    Das ist mir dieses Mal direkt aufgefallen. Beim ersten Lesen war mir die Mutter sehr präsent, so dass mir das Fehlen anderer weiblicher Charaktere nicht aufgefallen ist. Trotzdem stellt die Pest für mich nicht den Krieg da, sondern eine allgemeinere Bedrohung.


    Ich habe den reRead so lange vor mir hergeschoben, dass ich ihn schon fast wieder vergessen hatte. Gut, dass mich ein öffentliches Bücherregal wieder daran erinnert hat.

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe tatsächlich ab und zu wissend genickt und gedacht, jaja, so macht man das heute in Wirklichkeit auch.

    Mir ging es genau so, einiges kam einem erschreckend bekannt vor^^"

    Persönlich lag mir das Buch allerdings weniger, es fühlte sich beim Lesen alles sehr langsam und sehr gemächlich entwickelnd an, vieles zog sich. Aus Post-Lockdown-Perspektive ist das aber sehr realistisch!

    "Der Fremde" lag mir da weit mehr.

    Aragorn: "Ihr habt schon gefrühstückt."

    Pippin: "Wir hatten das erste, ja. Aber was ist mit dem zweiten Frühstück?"

    Merry: "Ich glaube nicht, dass er weiß, dass es sowas gibt."

    Pippin: "Und der Elf-Uhr-Imbiss? Mittagessen? Vier-Uhr-Tee? Abendessen, Nachtmahl? Das kennt er doch wohl, oder?"

    Merry: "Ich würde mich nicht darauf verlassen."

    Aus: "Der Herr der Ringe: Die Gefährten"