9. Das Komplott - "Eliza an Leibniz" bis "Haus von Hacklheber"

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.964 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von yanni.

  • Für die Englischleser: "Eliza to Leibniz" bis "Gresham's College" Hier weichen die englische und die deutsche Bezeichnung voneinander ab.


    Aufteilung:
    Das Komplott - Seite 327 bis Seite 544 (kein Bonanza in diesem Abschnitt)

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • So, nachdem mir mein Computer gestern Abend meinen fast fertigen Beitrag gefressen hatte :sauer: , hier ein neuer Versuch.


    Nachdem ich im vorigen Abschnitt dem Abbrechen nahe war, hat mir dieser Teil wieder besser gefallen, auch wenn mich nicht alles überzeugen konnte. Aber immerhin war er nicht langweilig, was vor allem dem öfter wechselnden Fokus zu verdanken war.


    So spannend die Geburtstagsfeier des Herzogs für die anwesenden Gäste auch war, so galt das leider weniger für uns LeserInnen. Der Schockeffekt mit dem Kopf des Geburtstagskindes verpuffte ja für uns, da wir seine Enthauptung ja "live" miterlebt hatten. Das fand ich von Stephenson nicht gut gelöst. Hier waren eindeutig zu viele Details an der falschen Stelle. Wie er es andere hätte erzählen können, weiß ich allerdings auch nicht.
    Wer nun Elizas Sohn entführt hate, war mir, muss ich gestehen :redface: , nicht sofort klar, obwohl mit der Anrede im Brief ja (vor allem im englischen Original) ein deutlicher Hinweis gegeben war.


    Das Wiedersehen mit Leibniz hat mich natürlich gefreut; mir gefallen ja die Stellen mit den Wissenschaftlern und Daniel Waterhouse am besten und Leibniz beschäftigung hier - nämlich der Aufbau einer Bibliothek - macht ihn mir noch sympathischer. Herzog Augusts Bücherrad ist dabei natürlich eine wunderbare Einzelheit, so eine, die die Lektüre dieses Buches immer wieder versüßt.


    Weniger spannend dann Bobs Erlebnisse in Irland. Hier zeigt sich mal wieder, dass Stephensons Stärke nicht in der Beschreibung von Kämpfen liegt. So sehr ich mich über Upnors Ende gefreut habe, so sehr langweilte mich sein Duell mit Bob. Zweikämpfe spannend zu schildern, verlangt mehr als die fotografische Beschreibung jeder einzelnen Bewegung. Das macht vielleicht eine Verfilmung einfacher, funktioniert aber nicht in Buchform.


    Elizas groß angelegter Silberbetrug ist dann wieder Klasse. Zwar ist die erklärende Szene der Transaktion des Geldes von Lyon nach London anfangs etwas zu ausführlich, aber doch notwendig. Großartig dann aber Elizas Briefe an verschiedene Leute, durch die allmählich klar wird, welchen riesigen Betrug sie plant. Gerade dass die Leser sich dies aus Einzelinformationen selbst zusammenreimen müssen, macht die Darstellung so gut - besser als in einer genauen Beschreibung desselben.


    Schade nur, dass Stephenson es dann doch wieder für nötig befand, durch Nebel und englischen Gegenangriff weitere "Spannung" in die Sache zu bringen. Überflüssig!
    Als ob das noch nicht ausreichte, muss dann auch noch der einarmige Riese aus dem Nichts auftauchen und mit einem Arm eine erwachsene Frau aus dem - nein, durch das! - Fenster werfen. Ganz abgesehen davon, dass das einfach selbst mit Bärenkräften nicht funktioniert (wie will jemand einen erwachsenen Menschen mit einer Hand hochheben und durch ein Fenster schleudern?), so habe ich zu allem Überfluss noch den Verdacht, dass der Riese kein Unbekannter ist. Es dürfte sich bei ihm um Yevgeny handeln, der zuletzt schwer verletzt in Kairo gesichtet wurde und "von Rechts wegen" tot sein müsste. Aber natürlich überlebte er den Verlust seiner Hand (wieso ist er da eigentlich nicht verblutet? Schnelle medizinische Betreuung war unter den Umständen ja eher nicht gegeben) :rollen: . Ich hasse das Wiederauftauchen von "Toten" :grmpf: .


    Die Erklärung, wieso gerade das von Jack geklaute Gold so besonders ist, ganz unabhängig von seinem Wert, ließ mich auch mal wieder mit dem Kopf schütteln. Die spinnen, die Alchemisten!
    Aber Elizas Coup, in dem sie gleichzeitig sich selbst wieder zu Kasse gebracht, Lothar finanziell stark geschädigt und trotz ihres Betruges am französischen Staat ihr Ansehen dort bewahrt hat, ist schon was wert!


    Das einzige, das mich zum Weiterlesen bewegte, war Stephensons Stil.


    Der Stil hat mir bisher ja auch sehr zugesagt, aber hier beginnt mich einiges zu stören. Gerade in der Szene mit Yevgeny (?) wird Stephenson auf eine Art "witzig", die ich überhaupt nicht mag. Ein Satz wie "Before he could pursue his wench-flinching projekt any further", lässt mich "flinchen", nämlich zusammenzucken. Mancher findet das sicher lustig, auf mich wirkt es aber nur gewollt und unangebracht. Auch Elizas Überlegungen, wie sie ihr nächstes Anstellungsinterview gestalten soll, fällt in diese Kategorie.
    Schade, dass Stephenson jetzt auch zu diesem Erzähltrick greift, denn bisher hatte mir sein Stil wie gesagt gut gefallen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Über die Herzogin d'Oyonnax mache ich mir einige Gedanken. Sie sucht immer wieder Elizas Nähe und erweckt den Eindruck, als sei mit ihr in irgendeiner Weise noch zu rechnen, aber in Alfas Personenverzeichnis ist sie gerade mal als Nebenfigur der 3. Priorität eingeordnet. Vielleicht erwarte ich da zu viel von ihr.


    Und warum taucht Fatio immer wieder auf? Ich habe schon ganz vergessen, wie er in die Handlung eingetreten ist und warum er immer noch präsent ist. Ich bin gespannt, warum er Elizas Briefe an Leibniz gestohlen hat. Sicherlich will er sie entschlüsseln, denn er wird nicht glauben, dass sich Leibniz wirklich für Elizas Dampfgeplauder interessiert, aber was bezweckt er damit?


    Ich stecke gerade mitten in Bobs Kampferlebnissen, die nicht uninteressant, aber durch die vielen Namen ziemlich verwirrend sind.

  • Elizas groß angelegter Silberbetrug ist dann wieder Klasse. Zwar ist die erklärende Szene der Transaktion des Geldes von Lyon nach London anfangs etwas zu ausführlich, aber doch notwendig. Großartig dann aber Elizas Briefe an verschiedene Leute, durch die allmählich klar wird, welchen riesigen Betrug sie plant. Gerade dass die Leser sich dies aus Einzelinformationen selbst zusammenreimen müssen, macht die Darstellung so gut - besser als in einer genauen Beschreibung desselben.


    Der Deal ist zwar geschickt geplant und eingefädelt, doch mir wurde es fast zu viel mit den endlosen Ausführungen. Die Inszenierung der Transaktion kam mir vor wie aus dieser Serie "... für Dummies" und das endlose Gerede zogen diesen Teil unnötig in die Länge. Die tatsächliche Durchführung bzw. das Gespräch in London, als die Wechsel fällig wurden, war wieder eher mein Geschmack.



    Schade nur, dass Stephenson es dann doch wieder für nötig befand, durch Nebel und englischen Gegenangriff weitere "Spannung" in die Sache zu bringen. Überflüssig!


    Vielleicht wollte er damit zum Ausdruck bringen, dass so etwas Banales wie Nebel die ganze raffinierte Aktion zum Platzen bringen konnte?


    Eliza wird mir langsam etwas unheimlich. Wie bringt sie das alles auf die Reihe: ihre Brokertätigkeit, ihr ständiges Spionieren, öffentliche Veranstaltungen, das Komplott, Ehemann und Kind, und nebenbei geht sie auch noch fremd. Das schafft doch ein normaler Mensch gar nicht :rollen:. Sie entwickelt sich langsam zu einer Überfrau. Wenn sie dann so ganz nebenbei noch einem Mordanschlag entgeht, ohne dass sich ihr Puls nennenswert erhöht, habe ich Probleme, das einfach so hinzunehmen.


    Was mich an Stephensons Stil stört, ist sein augenscheinliches Unvermögen, starke Emotionen zum Ausdruck zu bringen. Was soll man sich unter Elizas "..." im Gespräch mit Bob (?) vorstellen? Auch die anderen Protagonisten verlieren kaum jemals die Contenance. Was wäre dabei, wenigstens einen Charakter als wirklich menschlich darzustellen und nicht als halbe Maschine, die hauptsächlich rational agiert?


  • [Wie bringt sie das alles auf die Reihe: ihre Brokertätigkeit, ihr ständiges Spionieren, öffentliche Veranstaltungen, das Komplott, Ehemann und Kind, und nebenbei geht sie auch noch fremd. Das schafft doch ein normaler Mensch gar nicht :rollen:.


    Och, Ehemann und Kind machen ihr doch kaum "Arbeit". Für's Kind gibt es Personal, wann immer sie es nicht um sich haben will, das Verhältnis mit dem Mann beschränkt sich (nehme ich an) hauptsächlich auf gelegentliche nächtliche Besuche.
    Das Fremdgehen wird erledigt, wenn es gerade in ihren Zeitplan passt.
    Spionieren, Geschäfte machen und öffentliches Leben gehen ja Hand in Hand, werden gleichzeitig erledigt. Eigentlich hat manch moderne arbeitende Mutter mehr "an der Backe" als Eliza.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Wie ihr schon geschrieben habt, war der eigentliche Überraschungseffekt für die Leser schon vorweggenommen. Blieb uns nur zu beobachten wie die einzelnen Personen darauf reagierten.


    Über die Herzogin d'Oyonnax mache ich mir einige Gedanken.


    Aus dieser Dame werde ich auch noch nicht schlau. Welche Beweggründe hat sie nur sich so um Eliza zu "sorgen"?


    Die Heirat mit Etienne war für Eliza geradezu ideal. Sie befindet sich nun in gesicherter finanzieller Position, hat Zugang zu den höchsten Kreisen, muss sich kaum um etwas sorgen und kann somit dem nachgehen was ihr wichtig erscheint.
    Einzige Voraussetzung um ihre Position zu halten ist für weitere Nachkommen zu sorgen. Jetzt verstehe ich auch, warum Alfa so sicher war, dass das Kind nicht von d'Arcachon sein konnte. Der arme Lucien scheint seinem Vater nachzuschlagen. Da muss für den nächsten eben ein besserer Erzeuger gefunden werden. :zwinker:


    Och, Ehemann und Kind machen ihr doch kaum "Arbeit". Für's Kind gibt es Personal, wann immer sie es nicht um sich haben will, das Verhältnis mit dem Mann beschränkt sich (nehme ich an) hauptsächlich auf gelegentliche nächtliche Besuche.
    Das Fremdgehen wird erledigt, wenn es gerade in ihren Zeitplan passt.


    Das sehe ich genau so!


    Bobs Zeit in Irland und die vielen Kämpfe fand ich wieder hauptsächlich ermüdend. Was ich mir so gar nicht vorstellen konnte, war die Szene als der König von einer Kanonenkugel an der Schulter getroffen wurde. Wäre so etwas überhaupt realistisch? Ein Querschläger, der von Wilhelms Schulter abgeprallt war! :gruebel:
    Der Irlandfeldzug war mir zu ausführlich und bei der Schlacht an den Sümpfen habe ich total die Übersicht verloren und war froh als Bob sich aus dem Staub machte.


    Der Deal ist zwar geschickt geplant und eingefädelt, doch mir wurde es fast zu viel mit den endlosen Ausführungen. Die Inszenierung der Transaktion kam mir vor wie aus dieser Serie "... für Dummies" und das endlose Gerede zogen diesen Teil unnötig in die Länge. Die tatsächliche Durchführung bzw. das Gespräch in London, als die Wechsel fällig wurden, war wieder eher mein Geschmack.


    Da ging mir Stephensons Endloserklärungen mal nicht auf den Wecker. :zwinker: Die "Aufführung" zeigte genau was Eliza wie vorhatte ohne dass wir den einzelnen Personen folgen mussten. Durch die nervigen Zwischenfragen wurde auch dem letzten Spätzünder (in diesem Falle mir :breitgrins:) klar wie es ablaufen wird.
    Ich hoffe doch, dass Stephenson uns Hacklheber Reaktion genau so ausführlich schildern wird.


    Zuletzt hab ich das Treffen zwischen Eliza und Bernard miterlebt und war erstaunt, wie rasch danach Rossignol auftauchte.
    Und Roger Cromstock ist auch alles andere als auf den Kopf gefallen!


  • Spionieren, Geschäfte machen und öffentliches Leben gehen ja Hand in Hand, werden gleichzeitig erledigt.


    Und das alles ohne Handy und PC :breitgrins:. Aber im Ernst: Spionieren und das Gesellschaftliche gehen bestimmt Hand in Hand; eine bessere Gelegenheit, Leute auszuhorchen, wird Eliza kaum bekommen. Nur die zahlreichen Geldgeschäfte erfordern sicher mehr Zeit, als es hier den Anschein hat. Gerade weil die heutigen technischen Errungenschaften damals noch nicht zur Verfügung standen, war der Geldhandel wahrscheinlich sehr zeitintensiv. Stephenson lässt das nur einfach unter den Tisch fallen.

  • Ich habe beim Lesen immer vergessen, wie groß die Zeitsprünge zwischen den einzelnen Kapiteln sind. Man sollte aber immer berücksichtigen, dass zwischen zwei Szenen vielleicht (unbemerkt) sechs Monate vergangen sein könnten.


  • Es dürfte sich bei ihm um Yevgeny handeln, der zuletzt schwer verletzt in Kairo gesichtet wurde und "von Rechts wegen" tot sein müsste. Aber natürlich überlebte er den Verlust seiner Hand (wieso ist er da eigentlich nicht verblutet? Schnelle medizinische Betreuung war unter den Umständen ja eher nicht gegeben) :rollen: . Ich hasse das Wiederauftauchen von "Toten" :grmpf: .


    Sollte das wirklich stimmen, kann ich Saltanah nur beipflichten. :grmpf:
    Überhaupt hat mir der Abschnitt auf dem Schiff nicht gefallen. Es passte einfach nicht richtig. Elizas Verhalten und Gedanken waren mir da einfach zu schräg. :rollen:
    Ich hatte schon befürchtet, dass das herannahende Schiff zu Jack gehört - es blieb zwar in der Familie, aber Bob konnte man sich als möglichen Retter wenigstens vorstellen.


    Über ihren Plan Hacklheber doppelt zu schädigen konnte ich mir dann ein Grinsen nicht verkneifen.


    Dass sie das Kind verloren hat, glaube ich nicht. Sie wollte wohl nur erreichen, dass Bob sich nicht mehr als ihr lieb ist in ihr Leben mischt.