J. M. G. Le Clézio: Fisch aus Gold
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Laïla enstammt einem Dorf Marokkos. Im Alter von sechs oder sieben Jahren wird sie geraubt, in einen Sack versteckt, auf einen Lastwagen verfrachtet und an Lalla Asma, einer Jüdin, verkauft, die Laïla großzieht. Für das Mädchen ist sie wie eine Großmutter, stirbt aber, wenn Laïla etwa zwölf Jahre alt ist. Adoption der abrubten Art. Irgendein feindlicher Stamm raubt ein Kind und macht ein Geldgeschäft daraus. Nach dem Tod von Lalla Asma beginnt nun die Odyssee des ihrer Herkunft beraupten Mädchens. Von Lalla Asma noch wohlerzogen schlittert sie in nicht vorteilhaftes Milieu, wohnt in der Fondaco, einem Bordell. In dieser Zeit lernt sie Stehlen, was sie zum Überleben braucht.
Auf ihrem Lebensweg macht Laila schlechte Erfahrungen mit anderen. Zohra, Lalla Asmas Tochter, springt sehr grob und gereizt mit ihr um („Du elendes kleines Waisenkind, nicht mal zum Fegen bist du gut.“) und Ben, Zohras Mann, will sie einmal vergewaltigen. Dieses Schicksal wird ihr noch öfters begegnen, wenn sie in Paris lebt, in Nizza oder in den USA. Immer gibt es Menschen, die ihr entweder böses wollen, oder einfach nur aus egoistischen Motiven ihre Freiheit berauben. Le Clézio verwendet als Motto diese Romans Verse des afrokaribisch- französischen Dichters Aimé Césaire:
„O Fisch, kleiner Fisch aus Gold, pass auf dich auf!
Denn es gibt so viele Lassos und Netze,
die in dieser Welt nach dir ausgeworfen werden."
Marokko will sie entkommen, weil sie sich immer noch von Zohra verfolgt fühlt, weil Laïla, als Lalla starb, ihren mondsichelförmige Ohrringe mitgehen ließ.
Diese Ohrringe sind das einzige Andenken, was Laïla auf ihrer Odyssee als Einwanderin nach Frankreich mit sich nimmt. Diese Ohrringe, so stellt sich heraus, werden ihr den Hinweis auf ihre Herkunft geben. Doch ersteinmal muss sie sich einige Jahre in Paris durchschlagen. Diese Pariser Jahre, das Leben als illegale Einwanderin im Untergrund, steht im Mittelpunkt des Romans und ist sehr lebendig gestaltet, zumal wir, die meisten Leser, Paris aus solch einer Perspektive doch gar nicht kennen. Hier zeichnet sich das Gefühl von Verlorenheit ab. Laïla lernt zwar sehr viele Menschen kennen, ist aber ziemlich bindungslos, lebt wie eine Nomadin in einer Großstadt.
Man wird schon fündig.Wenn sie seßhaft werden will, muss sie ihre eigene Herkunft finden. Sie lernt den alten blinden El Hadsch kennen, der ihr von seinem Dorf am Senegalstrom erzählt. El Hadsch ist nicht zufällig die herausragende Gestalt, die auf Laïla besonders großen Eindruck macht.
Das Ende des Romans, die Heimkehr, finde ich ziemlich schwach. Da bekomme ich leicht den Eindruck, der Autor wolle den Roman schnell zu Ende bekommen. Das ist schon reichlich zurechtgeflickt und nicht vermittelbar. Der Roman ist leicht zu lesen und streng linear erzählt. Ich finde den Roman insgesamt eher mittelmäßig, weil mir „Revolutionen“ und „Der Afrikaner“ besser gefallen haben. Der Roman zeigt aber, dass der Autor auch hier keineswegs Exotenkitsch schreibt. Auch im heutigen Frankreich gibt es illegale Einwanderer, und wenn jemand zu diesem Problem etwas lesen möchte, dem sei der Roman empfohlen.
Liebe Grüße
mombour