Kate Chopin - Das Erwachen

Es gibt 25 Antworten in diesem Thema, welches 13.093 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

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    Inhalt: Edna Pontellier ist die Hauptfigur dieses Romans, der Ende des 19. Jahrhunderts in Louisiana spielt. Die Handlung beginnt während des Urlaubs, den Edna mit ihren beiden Kindern (ihr Ehemann besucht sie zeitweise) auf Grand Isle verbringt. In einem sittenstrengen Pfarrhaus aufgewachsen, ist ihr die lebensfrohe Kultur der Kreolen zunächst fremd, doch sie öffnet sich allmählich den neuen Eindrücken. Edna schließt Freundschaft mit unterschiedlichen Personen: mit Adèle Ratignolle, die völlig in ihrer Familie aufgeht und in aller Augen die ideale Ehefrau und Mutter darstellt; mit Mademoiselle Reisz, einer unverheirateten Pianistin, die nur gegenüber Edna wenigstens teilweise ihre Schroffheit ablegt; und v.a. mit dem jungen Robert, der sie anbetet.


    Nach dem Ende des Urlaubs scheint es Edna unmöglich, ihr Alltagsleben in New Orleans wieder aufzunehmen. Sie lässt den Kontakt zu Freunden abreißen, kümmert sich nicht um die Geschäftsfreunde ihres Ehemanns, weigert sich, die Hochzeit ihrer Schwester zu besuchen, interessiert sich nicht mehr für ihre Kinder und ihren Haushalt und beginnt zu malen. Auch in ihrem Liebesleben will sie keine Kompromisse mehr eingehen. Doch gesellschaftliche Konventionen scheinen ihre Selbstverwirklichung unmöglich zu machen.


    Zur Autorin: Kate Chopins literarische Karriere begann erst mit 38 Jahren, zunächst in mit Kurzgeschichten, die in lokalen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Ihr erster Roman wurde wegen der angeblich fehlerhaften Charaktere kritisiert, ihre stilistischen Fähigkeiten jedoch hoch gelobt. „Das Erwachen“ erschien 1899 und wurde von den Kritikern, die sich an der Figur der Edna und ihren Ansichten störten, in der Luft zerrissen. Das Buch wurde aus der öffentlichen Bibliothek von St. Louis verbannt, Kate Chopin wurde die Mitgliedschaft im St. Louis Fine Arts Club verweigert.


    Meine Meinung: „Das Erwachen“ ist ein sprachlich sehr starker Roman. Auch die zeitgenössischen Kritiker, die am Inhalt des Buchs kein gutes Haar ließen, konnten nicht umhin, den Stil (widerwillig) zu loben. Kate Chopin hat eine sehr sinnliche Sprache; man riecht förmlich das Meer, die exotischen Blumen, den starken Kaffee. Diese Sinnlichkeit spiegelt auch die Figur der Edna wieder, die sich im Lauf der Geschichte immer stärker ihren Gefühlen anstatt rationalem Denken oder Sitte und Tradition folgt.


    Für die damaligen Leser war eine Frau, die sich diese Freiheit heraus nimmt, wohl sehr schwer zu ertragen (die Rezensionen, die im Anschluss an den Roman abgedruckt sind, sind zum Teil heftig); einerseits neigt man dazu, diese Haltung zu belächeln, andererseits gab es immer wieder Szenen, in denen auch ich dachte „Huch! Das kann sie jetzt nicht machen.“ Eine literarische Figur würde man heute sicher nicht so feindselig beurteilen wie es damals geschehen ist – aber eine reale Edna würde sicher auch heute nicht auf allzu viel Verständnis treffen.


    Mein Fazit: Mir hat das Buch einen bleibenden Eindruck hinterlassen; zum einen wegen der sehr bildhaften Sprache, aber auch wegen der zwiespältigen Hauptfigur. Dass Kate Chopin bereits zu Lebzeiten in Vergessenheit geriet und erst viel später wieder entdeckt wurde, hat sie jedenfalls nicht verdient.


    PS: zu diesem Buch gab es im Klassikerforum bereits eine Leserunde, nachzulesen [url=http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,2379.0.html]hier[/url].


    EDIT: Amazonlink eingefügt. LG, Saltanah Ich wusste doch, ich hatte etwas vergessen... vielen Dank! Zur Ergänzung noch der Link zu meiner Ausgabe, da ich nicht weiß, ob alle Ausgaben mit Anhang versehen sind:

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    Einmal editiert, zuletzt von Manjula ()

  • Das klingt sehr interessant. Danke, dass Du mich auf das Buch aufmerksam gemacht hast. :winken:

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

  • Hallo Madicken,


    freut mich, wenn ich Dein Interesse wecken konnte. "Das Erwachen" war für mich ein besonderes Leseerlebnis, das auch jetzt noch nachwirkt (ich hatte es schon im Sommer gelesen). Wenn Du es liest, wäre ich sehr gespannt auf Deine Eindrücke.


    Liebe Grüße
    Manjula


  • Wenn Du es liest, wäre ich sehr gespannt auf Deine Eindrücke.


    Ich werde mich dann auf jeden Fall hier dazu melden :winken:

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    Inhalt:
    Sommerfrische am Meer, Ende des 19. Jahrhunderts: Mit 28 Jahren ist Edna Pontellier längst Ehefrau und Mutter. Ihre Ehe scheint harmonisch, das Leben geordnet. Doch dann leistet ihr der aufmerksame Robert Gesellschaft, und Edna verliebt sich. Als die beiden ihre Gefühle füreinander entdecken, flieht der junge Mann erschrocken auf eine Geschäftsreise. Edna wartet vergeblich auf Post. Alleingelassen kehrt sie in die Stadt zurück und lässt alle gesellschaftlichen Konventionen hinter sich — mit fatalen Folgen ...


    Ich habe heute Abend begonnen dieses Buch zu lesen und ich bin hingerissen davon ...
    Eigentlich landete es auf meinem SUB, weil es auf meiner Rory-Gilmore-Liste steht und ich es eines Tages in einem Antiquariat fand. Nun passte es vom Cover her (nicht dieses wie abgebildet) gut zum Monatsthema und so begann ich, wie bereits erwähnt heute mit diesem Buch.
    Es ist schon merkwürdig, wie lange man Bücher missachtet, weil man dann doch immer wieder zögert sie zur Hand zu nehmen und zu lesen. Wenn man sie dann aber doch liest, dann bemerkt man erst, welche ein Schatz so lange verborgen im eigenen Regal stand.


    Ich habe noch nie zuvor etwas von dieser Autorin gelesen und wäre mit großer Sicherheit ohne Rory Gilmore auch niemals auf sie aufmerksam geworden.
    Kate Chopins Gabe zu schreiben hat etwas bezauberndes. Sie beschreibt weniger das offensichtliche, als die Dinge die nicht fassbar sind. Wenn sie von einem Sommerabend am Meer oder einem Musikstück schreibt, dann entsteht vor meinen Augen kein klares Bild - was aber nicht im mindesten störend ist. Es ist viel mehr wie ein Gemälde von Monet. Man erkennt die groben Umrisse und Dinge mit dem Auge, aber das was zwischen den Zeilen steht, das was wichtig ist, wirkt verwischt, wie hinter einem Schleier. Man erahnt es aber braucht, um es zu sehen, seine eigenen Gefühle und Erinnerungen. Hat man aber diese, dann erscheint alles ganz klar und erschreckend bekannt und diese Stimmungen und Atmosphären, die dann entstehen, haben einen ganz besonderen Zauber.


    Ich kann nur sagen, ich bin froh, dass ich morgen erst später zu arbeiten beginne, denn damit muss ich mein Lesevergnügen nicht aus vernünftigen Gründen beenden.

  • Ich muss doch jetzt mal hier ein Zitat aus diesem Buch einwerfen, weil man hiermit vielleicht erkennen kann, was ich in dem oberen Beitrag meinte.


    Zitat

    The voice of the sea is seductive; never ceasing, whispering, clamoring, murmuring, inviting the soul to wander for a spell in abysses of solitude; to lose itself in mazes of inward contemplation. The voice of the sea speaks to the soul. The touch of the sea is sensuous, enfolding the body in its soft, close embrace.

  • Das klingt so schön von dir beschrieben, dass es auf meine Haben-will-Liste kommt und da kamen schon Monate keine mehr darauf. Danke Tina :winken: :breitgrins:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Es freut mich, dass es Euch neugierig macht. :smile:


    Gestern Abend war ich so hundemüde, dass ich dann doch nicht mehr weiter gelesen habe. Das Buch ist zu schade, um ihm nur die halbe Aufmerksamkeit zu widmen.
    Das Buch ist auch weiterhin sehr schön. Edna, bemerkt an sich Veränderungen, die sie jedoch nicht einordnen kann - oder aber auch vielleicht nicht will.
    Auch das macht das Buch so reizvoll. Gewisse Dinge werden nicht direkt angesprochen, aber wenn man sich auf diese Stimmung einlässt, dann ist das auch gar nicht nötig. Es ist so ähnlich, wie Erotik. Mehr angezogen ist manchmal reizvoller, als ganz nackt. :breitgrins:


    Sie wird zu Beginn als die untypische Mutter und Ehefrau beschrieben. Nicht unsympathisch und auch nicht gluckenhaft. Sie scheint mir ein gutes und normales Verhältnis zu ihren Kindern zu haben.


    Zitat

    In short, Mrs. Pontellier was beginning to realize her position in the universe as a human being, and to recognize her relations as an individual to the world within and about her. ...
    At a very early period she had apprehended instinctively the dual life - that outward existence which conforms, the inward life, which questions.


    So, ich glaube ich werde zu diesem Buch inhaltlich gar nicht mehr so viel schreiben, denn es würde wohl zuviel verraten.

  • Das klingt nach einer echten Perle! Es lohnt sich immer, in deine Threads reinzusehen, tina. :smile:


    Ich mache mich gleich auf die Suche nach der deutschen Ausgabe dieses Buches. Für die englischen Ausgaben werde ich vorerst den Kindle bemühen. Kate Chopin schrieb ihre Bücher Ende des 19. Jahrhunderts, daher sind sie als Ebook sehr günstig zu kriegen.

  • Ich habe zuerst mit der deutschen Ausgabe begonnen, aber dann abends im Bett mit dem Kindle die englische Ausgabe gelesen und muss nun feststellen, wie schon vorher bei Büchern von Thomas Hardy, dass das Original wesentlich schöner ist, was die Ausdrucksweise anbelangt. Damit will ich dem Übersetze auf keinen Fall Unrecht tun. Seine Übersetzungen sind schon korrekt, aber es gibt in der englischen Sprache einfach Wörter und Satzkonstruktionen, die sich einfach nicht auf die deutsche Sprache in ihrer Schönheit und Ausdrucksstärke übersetzen lassen.



    Das klingt nach einer echten Perle! Es lohnt sich immer, in deine Threads reinzusehen, tina. :smile:


    Dann darfst aber nicht mein Faible für "Star-Trek-Bücher" vergessen. :zwinker:

  • Um die Werke auf Englisch zu genießen, fehlt es mir noch an den nötigen Sprachkenntnissen. Gerade jetzt habe ich wieder gemerkt, dass es bei den alten Büchern einfach noch zu holprig geht. Da macht das Lesen nicht so viel Spaß. Dein Zitat oben ist zwar gut verständlich, aber auf die Dauer wird mir das zu anstrengend. "Das Erwachen" habe ich gerade in beiden Sprachen bestellt, dann kann ich beides ausprobieren. Und die meisten Kurzgeschichten, die Kate Chopin geschrieben hat, gibt es nur auf Englisch. Da lasse ich mir vom Kindle helfen.



    Dann darfst aber nicht mein Faible für "Star-Trek-Bücher" vergessen. :zwinker:


    Oh, gegen die bin ich immun :breitgrins:


  • Das klingt nach einer echten Perle! Es lohnt sich immer, in deine Threads reinzusehen, tina. :smile:


    Ich mache mich gleich auf die Suche nach der deutschen Ausgabe dieses Buches. Für die englischen Ausgaben werde ich vorerst den Kindle bemühen. Kate Chopin schrieb ihre Bücher Ende des 19. Jahrhunderts, daher sind sie als Ebook sehr günstig zu kriegen.


    Auf Amazon gabs eines für 7 Cent :breitgrins: da kann man ja schon mal zuschlagen was :zwinker:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane


  • Kate Chopin schrieb ihre Bücher Ende des 19. Jahrhunderts (...)


    Das war mir gar nicht bewusst. Ich hatte sie im Geiste eher Mitte des 20. Jahrhunderts einsortiert :redface:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Auf Amazon gabs eines für 7 Cent :breitgrins: da kann man ja schon mal zuschlagen was :zwinker:


    Ich habe diesmal bei Medimops eingekauft. Da zahle ich nur ein Mal Porto. Drei Chopin-Bücher für insgesamt 7,99 Euro, das ist doch in Ordnung.


    @ Valentine
    Ich hatte sie auch als neuere Schriftstellerin gesehen - keine Ahnung, warum. Aber mit ihrer Einstellung war sie ihrer Zeit voraus, was auch nicht immer von Vorteil für sie war. Eine interessante Frau!

  • Kann man nicht meckern Doris :zwinker: Viel Spaß

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Ich habe dieses Buch soeben beendet und bin einfach nur berührt davon. Welch ein schönes und intensives Buch.
    Interessant sind am Ende des Buches die Rezensionen aus dem Jahr des Erscheinens. Sie zerreißen es in der Luft, auf Grund der angeblich fehlenden Moral und des kranken Charakters der Protagonistin, die abschreckend sei. Ich könnte wetten, dass diese Rezensionen allesamt von Männern geschrieben wurden, denen es ein Dorn im Auge ist, wenn Frauen selbstständig, eigenverantwortlich und unabhängig von ihnen sind. Ich wurde richtiggehend wütend, als ich diesen Schund las.
    Da dieses Buch auch heute noch existiert ist ein Beweis, dass Kate Chopin hier etwas wundervolles zu Papier gebracht hat.


    Meine Rezension wird auf Grund der späten Stunde erst morgen in Angriff genommen.

  • [size=13pt]Kate Chopin - Das Erwachen[/size]

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    OA: 1899
    OT: The Awakening
    191 Seiten
    ISBN: 978-3458338499


    Inhalt:
    Amerikas Süden im 19. Jahrhundert: Auf Grand Isle, dem Sommeraufenthalt wohlhabender Familien aus New Orleans, entdeckt die achtundzwanzigjährige Edna Pontellier, daß sie zur aufopfernden Mutter und Dame der Gesellschaft nicht taugt. Kompromißlos begibt sie sich auf die Suche nach ihrem unter Konventionen verschütteten Ich.


    Eigene Meinung:
    Ich legte das Buch, nachdem ich es beendet hatte, zur Seite und konnte nur denken: “Welch ein schönes und gutes Buch“.
    Leider dachte dies zu Zeiten der Originalausgabe niemand. Die Zeit war wohl einfach noch nicht reif, für diese Form der Literatur und vor allem für dieses Thema.


    Es geht in diesem Buch wirklich um ein Erwachen. Das Erwachen einer Frau aus ihren Konventionen in welchen sie gefangen ist. Es geht aber auch um den inneren Kampf zwischen Pflichtgefühl anderen gegenüber und der Pflicht gegenüber sich selbst, das beste aus seinem Leben zu machen, es zu genießen und glücklich zu sein. Das Befreien von Erwartungshaltung anderer und dem finden der eigenen Identität konnte niemand verstehen. Das Buch wurde von Rezensenten zerrissen und die Autorin hat sich bis zu ihrem Tod davon nicht mehr erholt, denn sie schrieb danach nicht mehr. Ich kann nur sagen; welch ein Verlust für uns Leser.


    Kate Chopin hat hier eine ruhige, aber dennoch sehr bewegende Geschichte zu Papier gebracht. Ihre Beschreibungen von Emotionen, innerer Zerrissenheit und der umgebenden Natur haben etwas von einem impressionistischen Gemälde. Nicht alles muss direkt benannt, angesprochen und klar umrissen werden, denn es steht so viel zwischen den Zeilen, dass der Leser diese Dinge erkennt und versteht.
    Die Figur der Edna ist tragisch, liebenswürdig und leidenschaftlich. Es fiel mir leicht mich in diese Person hineinzuversetzen und in vielerlei Hinsicht habe ich sehr oft eigene Empfindungen und Gedanken wiedererkannt.
    Das alles gab mir ein Gefühl von Dankbarkeit, in der heutigen Zeit zu leben, in welcher sich eine Frau nicht mehr rechtfertigen muss, weil sich ehrlich und authentisch ist. Sie muss sich auch nicht mehr entscheiden zwischen Kindern und einem erfüllten Leben, denn zum Glück ist es uns heute vergönnt beides zu erhalten und zu leben.
    Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass dieses Buch aktuell ist, was sich schon alleine darin beweist, dass dieser Roman bis in unser Jahrhundert überlebt hat und weiterhin verlegt wird.


    Dieses Buch entpuppte sich als ein Schatz, der zu lange verborgen in meinem Buchregal lag.


    5ratten + :tipp: