Zoran Drvenkar - Sorry

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    Schuld ist ein Thema, mit dem jeder Mensch früher oder später in Berührung kommt. Nicht wenige Menschen brechen unter der Last der Schuld zusammen und einige von ihnen sehen schließlich nur noch Auswege, die sich nur schwer bis gar nicht mit den Interessen anderer Menschen vereinen lassen.


    Ein solcher Fall wird dem Leser in „Sorry“ von Zoran Drvenkar präsentiert. In einem ersten Kapitel, was auch dem thrillererprobten Leser den Angstschweiß auf die Stirn treibt, wird ein brutaler Mord an einer Frau in allen Einzelheiten und sehr bildlich beschrieben.
    Im weiteren Verlauf des Buches baut der Autor dann eine Geschichte um vier Freunde auf, die mit einer besonderen Geschäftsidee erfolgreich in die Selbständigkeit starten – einer Agentur, die sich stellvertretend für den Auftraggeber bei gewünschten Personen entschuldigt. Alles läuft reibungslos, bis sie den Auftrag erhalten, sich bei einer Toten zu entschuldigen. Von diesem Moment an befinden sie sich in einem Strudel aus Gewalt, Angst, Drohungen und Pflichtbewusstsein.


    Dies allein wäre schon spannend genug, wenn nicht die ständig stattfindenden Wechsel der Erzählperspektive verdeutlichen würden, dass die Identität des Mörders mehr als fragwürdig ist und er eigentlich gar nicht mehr existieren dürfte.
    Drvenkar erzählt die Geschichte abwechselnd aus der Sicht der Freunde, aus der Sicht des Mörders und aus der Sicht einer dritten Person, deren Identität erst ziemlich weit am Ende deutlich wird. Durch die Perspektiv- und damit verbunden auch die Zeitwechsel (und Rückblicke), erlebt der Leser die gleiche Szene unter Umständen mehrmals aus verschiedenen Blickwinkeln. Dies ermöglicht es gerade am Ende zum Teil, Schlüsse zu ziehen, dennoch bleibt die Spannung bis zur letzten Seite erhalten.


    Der Autor versteht es, die Situationen der Handlung und die Stimmungen der Personen sehr detailliert und greifbar zu beschreiben, wodurch man als Leser von Beginn an immer weiter lesen muss. Der bereits erwähnte fulminante Einstieg macht das Buch bereits zu einem Lesehighlight – auch wenn teilweise brutale, erschreckende und furchtbare Szenen beschrieben werden (Stichwort: Kindesmissbrauch) und sich mir beim Lesen gelegentlich der Magen umdrehen wollte. Dieses Buch ein absoluter Buchtipp und somit absolut empfehlenswert.


    Meine Wertung: 5ratten

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

  • Vielen Dank für die interessante Rezension. Ehrlich gesagt, traue ich mich gar nicht an das Buch ran, da es ja scheinbar sehr drastisch ist. Andererseits höre ich ausnahmslos positive Stimmen und auch der Autor ist mir bisher nur positiv aufgefallen. Ich werde es wohl mal anlesen und dann entscheiden.

  • Das Buch ist thematisch wirklich nicht ohne und die Beschreibungen leisten das Übrige. Aber es ist andererseits auch sehr interessant, hinter die Fassade des Mörders zu blicken. In den meisten Thrillern erfährt man ja wenig bis nichts über die Gedankengänge des Täters bzw. nur das, was irgendwelche Profiler zu wissen meinen.


    Ich denke, wenn man das Buch nicht gerade nachts liest und dabei allein in der Wohnung ist, geht es schon. :zwinker: :breitgrins: Es lohnt sich auf jeden Fall.


    Liebe Grüße
    Stephi

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

  • Ich mein ich bin ja immer für neue Ideen und so, aber ich finde die Schreibweise einfach nur schlecht... und zum Glück habe ich bei Vorablesen mir einen EIndruck bilden können!!


  • Ich mein ich bin ja immer für neue Ideen und so, aber ich finde die Schreibweise einfach nur schlecht...


    Kannst du das präzisieren? Inwiefern schlecht? Würde mich mal interessieren. :winken:

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

  • Danke für die tolle Rezi, Stephi. Und wieder ein Buch mehr auf der Wunschliste.
    Was mich noch interessiert, in der Leseprobe auf vorablesen wurde der Leser ja mit "du" angesprochen (wenn ich mich richtig erinnere), bleibt das das ganze Buch über? Und wenn ja, gibt es für das "du" auch eine sinnvolle Auflösung?


    :winken:

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

  • @ Kathchen


    Das "du" kommt zwischendurch immer mal wieder. Ab und an sind, wie in der Leseprobe, Kapitel mit "Du" überschrieben. Im Laufe des Buches wird dann immer deutlicher, wer da spricht. Also keine Angst, man wird da nicht im Dunklen gelassen. :winken:

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

  • Ok, danke für deine Antwort.
    Das "du" war nämlich das einzige, was mich an der Leseprobe etwas störte, aber wenn es Sinn macht, ist das in Ordnung. [size=6pt]mein armer Sub :redface:[/size]

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  • Zoran Drvenkar – Sorry


    Inhaltsangabe:


    Kris Marrer gründet gemeinsam mit seinem Bruder und zwei Freundinnen die Agentur „Sorry“. Ihr angebotenes Produkt sind Entschuldigungen, die sie dann im Auftrag von ihren Kunden durchführen.
    Das Geschäft läuft für alle überraschend gut, bis ein Kunde sie plötzlich zu einer Toten schickt, um sich für den Mord an ihr zu entschuldigen. Danach ist nichts mehr wie vorher, die vier Partner geraten immer tiefer in eine Geschichte, die langsam auch zu der von ihnen wird und welche die kleine Gemeinschaft auf harte Proben stellt ...


    Der erste Satz:


    „Es überrascht dich, wie einfach es ist, sie ausfindig zu machen.“


    Meine Meinung zum Buch:


    Dieses Buch war eines meiner ersten Lesehighlights in diesem Jahr.


    Es beginnt mit einem ziemlich grausamen Mord, der mich fragen ließ, wie viel Hass ein Mensch in sich aufstauen muss, um so zu handeln. Der Autor gibt dann stückchenweise die nötigen Informationen preis, aber als Leserin muss ich mich auf Überraschungen gefasst machen, denn nicht immer ist alles so, wie es auf den ersten Blick aussieht. Es gibt in der Geschichte einige sehr überraschende Wendungen, mit denen ich nie gerechnet hätte und die mich begeisterten.


    Das Buch ist in viele kurze Kapitel gegliedert, welche die Seiten nur so fliegen lassen. Ich mag diese kurzen Kapitel, denn meistens lese ich dann länger, weil ich denke „das eine geht noch“ und dann „das geht auch noch“, u. s. w.
    Die Kapitel sind zeitlich aufgegliedert in „davor“, „dazwischen“ und „danach“ und tragen zusätzlich die Namen der Protagonisten, aus deren Sicht erzählt wird: Das sind die vier Freunde und Gründer der Agentur „Sorry“: Kris, Wolf, Tamara und Frauke, und dann noch zwei weitere, zu Anfang mysteriöse Personen: „Du“ und „Der Mann der nicht da war“. Die Identität dieser Personen enthüllt sich dann im Laufe der Geschichte.
    Die Kapitel mit der Überschrift „danach“ sind besonders geheimnisvoll und ihr Hintergrund klärt sich erst auf den letzten zehn Seiten des Buches auf – diese Auflösung finde ich schlichtweg genial und ich habe diese Kapitel (es sind nicht so viele) gleich nach Ende der Geschichte alle noch einmal gelesen.


    Der Autor verlangt von seinem Leser aber auch einiges ab. Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven, Rückblenden in verschiedene Zeitebenen und die Tatsache, dass man nicht sofort alles erklären und verstehen kann, gerät man in einen zunächst verwirrend erscheinenden Plot, der aber so spannend ist, dass man unbedingt wissen will, warum alles so passiert ist und wie sich die Sache am Ende aufklären wird. Er geht auch mit seinen Protagonisten nicht zimperlich um und wirft sie in extreme Situationen bzw. setzt sie (und auch den Leser) extremen Gefühlsbädern aus. Trotzdem bleibt alles glaubhaft und die Motive und Reaktionen sind absolut nachvollziehbar und auch nachfühlbar.


    Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass es in diesem Buch um Schuld und um Rache geht, darauf kommt der Leser relativ schnell. Die beschriebenen auslösenden Ereignisse haben mich teilweise sehr erschüttert und auch nicht sofort nach Ende des Buches losgelassen. Drvenkar bietet keine einfache Täter-Opfer-Geschichte an, jeder ist beides und jeder muss am Ende mit seiner Schuld bzw. seiner Verantwortung allein leben.


    Meine Bewertung: 5ratten:tipp:


    Viele Grüße von Annabas :winken:


  • Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass es in diesem Buch um Schuld und um Rache geht, darauf kommt der Leser relativ schnell. Die beschriebenen auslösenden Ereignisse haben mich teilweise sehr erschüttert und auch nicht sofort nach Ende des Buches losgelassen. Drvenkar bietet keine einfache Täter-Opfer-Geschichte an, jeder ist beides und jeder muss am Ende mit seiner Schuld bzw. seiner Verantwortung allein leben.


    Genau das ist es, was das Buch für mich so interessant macht! Schon immer stören mich schwarzweiß-Ansichten und ich weiß nicht wie häufig ich in Diskussionen schon darum gebeten habe, doch bitte immer beide Seiten zu betrachten. Übrigens auch ein Grund, weshalb mich die TV-Serie "Dexter" so fasziniert (Buchvorlagen von Jeff Lindsay).


    Vielen Dank für die tolle Rezension Annabas!

  • Hallo Stephi und Annabas,


    eure Rezis waren sehr aufschlußreich und da ich bereits Bücher von Drvenkar gelesen habe, weiß ich auch wie wandlungsfähig seine Romane sind. Wenn ich mich nicht täusche, ist es eines jener Bücher, über die man noch längere Zeit nachzudenken pflegt.


    Vielen Dank, euch beiden. :winken:

  • Verwirrend, erschreckend und faszinierend!


    Eigentlich beginnt der Thriller, wie ein Thriller eben so beginnt: Mit einem Mord. Das Ganze wird sehr bildlich beschrieben und es wird in der Du-Form erzählt, aber das macht den Roman noch nicht zu etwas Besonderem. Was danach allerdings kommt unterscheidet dieses Buch meiner Meinung nach von anderen "gewöhnlichen" Thrillern. Zuerst werden die Protagonisten, zwei Freundinnen und zwei Brüder, die alle vier eine gemeinsame Vergangenheit haben, in ihrem Alltag vorgestellt und somit dem Leser nahe gebracht. Als es dann zum Treffen der vier kommt beginnt die Geschichte sich langsam zu entwickeln. Kurz vorher wurde Kris, einer der Freunde, von seinem Chef entlassen und ärgerte sich darüber, wie unfähig dieser Mann gewesen war, sich zu entschuldigen. Daraufhin haben die vier die Idee, eine Agentur zu gründen, die sich bei anderen entschuldigt. Die Idee geht auf und nur wenige Monate später sind die Freunde in eine große Villa gezogen und genießen das Leben. Bis zu dem Tag an dem Wolf eine Kundin besucht, die er allerdings ermordet in der Wohnung vorfindet. Der Mörder will, dass sich die Agentur für ihn bei ihr entschuldigt. Da die Freunde schon zu tief drin stecken und nicht zur Polizei gehen wollen, entschließen sie sich, zu tun, was der Mörder verlangt. Doch leider ist die Sache damit noch längst nicht aus der Welt geschaffen...


    Verwirrend fand ich das Buch, weil es sehr viele Zeitsprünge gab und auch noch aus verschiedenen Perspektiven berichtet wurde. Außerdem wurde manchmal aus der Du-Sicht erzählt oder aus der ersten Person, die nicht immer eine der vier Protagonisten war, sodass ich mir an diesen Stellen bis kurz vor dem Ende völlig im Unklaren war, welche Personen sich dahinter verbargen. Ich hatte also bis zum Ende keine Ahnung, wer eigentlich der Mörder war. Es gab hin und wieder den einen oder anderen Hinweis, aber meistens wurde die Information, die man brauchte um diesen Hinweis zu entschlüsseln erst viel später geliefert.


    Erschreckend waren die bildlichen Beschreibungen der grausamen Szenen wie beispielsweise der Mord zu Beginn des Buches. Zum einen, weil ich mir das auch so ganz gut vorstellen kann und zum anderen, weil ich es so genau dann eigentlich doch nicht wissen wollte. Manche Stellen habe ich nur überflogen und ich frage mich, wie der Autor so etwas schreiben konnte. Dennoch gehört es ja zur Geschichte, die wirklich nicht für ängstliche oder empfindliche Leser geeignet ist.


    Faszinierend war das Buch trotz allem oder vielleicht sogar gerade deswegen und daher gebe ich auch fünf Sterne, weil es mir sehr spannende Lesestunden bereitet hat. Vor allem weil ich nie genau wusste, wer nun den Mord begangen hatte, wer diese Person war, die dort erzählte und warum das nun so passiert ist, musste ich weiterlesen. Es hat mich brennend interessiert, was als nächstes passiert und wie die Geschichte aufgelöst wird. Und ich darf verraten, dass alles aufgelöst wird, aber ganz glücklich war ich mit dem Ende trotzdem nicht. Es war alles in allem eines der besten Bücher, die ich in den letzten Monaten gelesen habe.


    5ratten :tipp:

    :kaffee:

  • Firmengründung mit mörderischen Folgen


    Inhalt:


    Vier junge Berliner, die sich schon seit ihrer Schulzeit kennen und beruflich bisher wenig Erfolg hatten, haben die Idee - sie gründen eine Entschuldigungsagentur.
    Firmen, die sich für etwas entschuldigen wollen können die Freunde damit beauftragen.
    Kris & Wolf kümmern sich um die Praxis und überbringen somit die Entschuldigungen, während die beiden Frauen im Team sich mit Auftragsannahme, Koordination und Datenübermittlung beschäftigen.
    Das Geschäft boomt, die Freunde sind überglücklich.
    Bis die Agentur ins Visier eines von Schuldgefühlen geplagten Mörders gerät, der in der Geschäftsidee der jungen Leute seine Rettung sieht. Und so steht Wolf eines Tages plötzlich vor einer Leiche - und der Mörder ist noch nicht fertig...


    Meine Meinung:


    Die Covergestaltung, so unscheinbar sich auch wirken mag, sagt eigentlich alles aus. Genau wie der Inhalt ist auch sie dunkel, düster und rabenschwarz.


    Die 397 Seiten sind in achte Teile gegliedert, die jeweils noch in die Zeitabschnitte "Davor", "Dazwischen" und "Danach" unterteilt sind. Was diese Unterpunkte zu bedeuten haben ist lange unklar, doch nach und nach wird immer mehr Licht in die finstere Handlung gebracht, bis dann am Ende jeder kleinste Winkel hell erleuchtet ist.
    Im Großen und Ganzen gibt es zwei Handlungsstränge, nämlich das Jetzt in Form der Agentur und der Morde, sowie das Damals mit der langsamen Auflösung der Tathintergründe.
    Die Handlung ist fließend, stimmig und absolut erschreckend und schockierend. Sie zieht den Leser in einen Bann, aus dem er sich genauso wenig befreien kann, wie die Freunde aus dem Netz des Mörders.


    Die Protagonisten sind sehr vielschichtig, die vier Freunde dem Leser sehr vertraut gemacht. Man erfährt viel über sie, man freut sich mit ihnen und zittert mit ihnen. Man wird selbst ein Teil der Geschichte.
    Auf der anderen Seite stehen der Mörder und "Der Mann, der nicht da war". Die Vergangenheit des Mörders ist so grausam, das man fast schon Mitleid mit ihm bekommt. Seine Verzweiflung trifft den Leser. Der Mann dagegen ist ein weiterer dunkler Schatten in einem Psychospiel, das schon Jahre vor der jetzigen Handlung gespielt wurde.


    Der anziehende Eindruck des Thrillers, der durch die Charaktere entsteht, wird auch durch die sprachlichen Mittel des Autors verstärkt.
    Der Schreibstil ist hart, deutlich, die Handlung bis ins kleinste Detail geschildert.
    Die Sprache ist lebendig, rasant und intensiv. Die lässt das Geschehen nah und erreichbar wirken.
    Das Thema des Buches ist nicht neu und vermutlich deswegen hat der Zoran Drvenkar eine faszinierende Verpackung dafür gewählt.
    Die Haupthandlung wird in der 3. Person geschildert. Ist jedoch vom Mörder die Rede, so verwendet der Autor die 2. Person und scheint so den Leser persönlich anzusprechen und in das Buch einzuladen. Für kurze Abschnitte wechselt er auch in die 1. Person.
    Diese Perspektivenwechsel mögen vielleicht im ersten Moment verwirrend sein, aber man gewöhnt sich sehr schnell daran und kennt man alle Zusammenhänge wird die Absicht dahinter deutlich.


    Fazit:


    Ein absolut begeisternder Thriller, der nicht nur durch den Inhalt, sondern auch dadurch besticht, dass er erfrischend neu ist. Der den Leser nicht mehr aus seinen Fängen lässt und erst wieder freigibt, wenn er zu Ende gelesen ist.
    Sollte es jemals wirklich eine Entschuldigungsagentur geben, wird Zoran Drvenkar ihre Dienst sicher nicht in Anspruch nehmen müssen, denn für einen solchen Thriller, muss man sich nicht entschuldigen.

  • Sorry ist nichts für schwache Nerven.


    Anfangs schildert Drvenkar schonungslos einen brutalen Mord, und genauso schonungslos gewährt er dem Leser einen Blick in die Psyche seiner Protagonisten. Alles dreht sich um Schuld als zentrales Thema, das in vielfältiger Weise abgeklopft wird. Zum Beispiel die Schuld des Einzelnen sich selbst oder anderen gegenüber, aber auch die Schuld der Gesellschaft. Dabei fehlt jegliche Schwarz-Weiß-Malerei, denn jeder Täter ist auch Opfer. Die Auseinandersetzung mit der Fragestellung verführt den Leser zum Mitdenken, auch weit über die eigentliche Lektüre hinaus. Hinzu kommt, dass Drvenkar durch ständige Perspektivwechsel und Zeitsprünge Spannung aufbaut und Aufmerksamkeit fordert. Auch wenn manche Zusammenhänge zu schnell klar werden, kann der Autor mit einigen Überraschungen aufwarten. Einzig die Naivität der Freunde und Vorhersehbarkeit an einem Punkt der Geschichte ist mir sauer aufgestoßen, ich hätte angesichts des hohen Standards, den Drvenkar ansonsten abliefert, auch dort eine geschicktere Lösung erwartet.


    Insgesamt ist Sorry eine intensive und empfehlenswerte Lektüre, solange man nicht zu empfindlich auf Gewaltszenen reagiert, insbesondere wenn Kinder beteiligt sind.


    [hr]



    Ich werde es wohl mal anlesen und dann entscheiden.


    Sei dem Buch gegenüber so fair und lese etwas weiter an, die heftigen Szenen am Anfang bestimmen den Tonfall des Buches nicht durchgängig. Wenn es allerdings zu Gewalt kommt fährt Drvenkar volle Geschütze auf. Mich haben manche Szenen, die etwas weniger explizit geschilder werden, aber um so mehr getroffen, weil sie genauso passieren könnten.



    Bis die Agentur ins Visier eines von Schuldgefühlen geplagten Mörders gerät, der in der Geschäftsidee der jungen Leute seine Rettung sieht.


    Das sehe ich anders.


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Das sehe ich anders.


    Na ja....aber woher sollte er denn wissen, daß sie genau so handeln würden, wie sie es getan haben? Gerade ER hätte eigentlich etwas anderes erwarten müssen.
    Ich denke, er wollte ihnen wirklich nur einen Denkzetteln verpassen, warum auch immer er glaubt, dazu ein Recht zu haben! :rollen:


    Ich war von dem Buch ganz und gar nicht begeistert, ich empfand es einfach nur als eine Anhäufung abstruser und vollkommen unrealistischer Ereignisse!

  • Ich bin 'mal wieder begeistert, wie kontrovers hier diskutiert wird. Ich bin auf der Seite der Begeisterten zu finden. Zugegeben: einiges ist unrealistisch. Aber gerade in der Gruppe passiert es schnell, dass man anders handelt, als es das Gewissen vorschreibt. Traurig aber wahr! Hier meine Rezi, ich vergebe 5ratten


    Diesem Buch nähert man sich besser mit großer Vorsicht und in einem Zustand vollkommener Angstlosigkeit. Schon die rote Banderole ließ alle Alarmglocken in mir schrillen. Der Autor steigt in die Handlung ein mit einem brutalen Mord an einer Frau und einem 9jährigen Jungen vor einer Fototapete, dem etwas Fürchterliches angetan worden war und davon auch noch ein Foto gemacht wurde. Wer war es? Was war es? War die Ermordete aktive Täterin oder Mitläuferin? Was hat diese Agentur damit zu tun, die sich für andere entschuldigt, wenn das schlechte Gewissen drückt, man selbst aber nicht den Mut hat, um Entschuldigung zu bitten? Diese Story zog mich vollkommen in ihren Bann, ich schleppte das Buch überall mit hin, selbst Rotphasen an Ampeln und Hunderunden wurden genutzt, um weiter zu verfolgen, wie sich alles zuspitzte.


    Der Autor fesselte mich zudem mit seinem Schreibstil. Kapitelüberschriften wie „davor“, „du“ und „danach“ waren verwirrend und anregend zugleich. Gespräche wurden zwar in wörtlicher Rede, aber ohne Anführungszeichen wiedergegeben. Beides bringt den Leser dazu, das Buch hoch konzentriert zu lesen, will er nicht den Faden verlieren oder einen Gesprächsbeitrag der falschen Person zuordnen. Besonders die direkte Anrede mit "du" zog mich sofort tief in das Geschehen, ich konnte die handelnden Personen förmlich vor mir sehen, das Erbrochene riechen und die Hammerschläge hören. Diese Anrede machte mich neugierig: Wer wird mit dem „du“ angesprochen? Ist es der Leser? Oder der Täter? Oder wird der Leser während der Romanhandlung zum Täter?


    Dieses Buch kann als Kriterium dafür genommen werden, ob jemand wirklich Thriller mag. Ist es zu hart, sollte man bei der Angabe des Lieblings-Genres wohl besser „Krimi“ als „Thriller“ angeben.


    Mein Fazit: im Jahr 2009 ist dies bislang der beste Thriller, den ich gelesen habe. Er liefert alles, was einen guten Thriller ausmacht: gelungene Ausgangssituation, nachvollziehbarer Plot, lebensnahe Protagonisten, packende Handlung, nervöses Flattern im Bauch, Einschlafstörungen, überdeutliche Erinnerungen an einzelne Szenen auch Wochen nach der Lektüre. Brillant!


  • Na ja....aber woher sollte er denn wissen, daß sie genau so handeln würden, wie sie es getan haben? Gerade ER hätte eigentlich etwas anderes erwarten müssen.
    Ich denke, er wollte ihnen wirklich nur einen Denkzetteln verpassen, warum auch immer er glaubt, dazu ein Recht zu haben! :rollen:


    Er konnte es nicht wissen, da hast du Recht, allerdings konnte er natürlich Vermutungen anstellen. Und da es sich bei Sorry um einen Thriller handelt, darf man als Leser bestimmte Handlungen - wie den direkten Gang zur Polizei und die sofortige Aufklärung des Falles - ohne weiteres ausklammern. Der Täter entwickelt allerdings ein besonderes Interesse an einer der Frauen (ich habe das Buch nicht mehr da und kann deshalb ihren Namen nicht nachschlagen), eben weil sie anders reagiert als er erwartet hätte und auch als die Anderen der Gruppe. Und schlußendlich kann er die Handlungen der Beteiligten ja auch nicht vorhersehen...

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich habe heute mit dem Buch begonnen und gleich die Hälfte weggelesen. Die Geschichte fesselt mich ungemein. Ich bin eigentlich gar kein Thrillerleser aber mich interessierte das Buch, da mir der Autor schon an anderer Stelle positiv aufgefallen war. Bisher hat er mich nicht enttäuscht.

  • Heute morgen habe ich die letzten Seiten gelesen, das Buch hat mich wirklich begeistert. Ich fand die Beschreibungen gar nicht so drastisch wie ich erwartet hatte. Normalerweise bin ich keine Thrillerleserin und hatte daher viel härteres erwartet. Spannend und eindringlich war der Roman aber auf jeden Fall. Ein sehr interessantes Thema - schön dass so ein überaus fähiger Autor sich dran gemacht hat.

  • Sorry, aber ich habe selten so ein blödes Buch gelesen und je länger ich über das Gelesene nachdenke, desto schlechter wird meine Wertung.
    Einzig die Erzählweise ist ungewöhnlich und verleiht der Lektüre ein wenig Spannung. Die Geschichte selber ist unglaubwürdig und für meinen Geschmack teilweise zu sehr ins Detail gehend.


    Zugegeben, die Welt ist schlecht. Zugegeben, das, was den Figuren in dieser Geschichte widerfährt mag nicht ganz abwegig sein. Aber diese geballte Blödheit im Verhalten der Akteure verschlägt mir doch glatt die Sprache.


    Auch einem Opfer kann man nicht alles entschuldigen und dass die ganze Kultur des Abendlandes hier so geballt zusammenbricht mag ich nicht glauben.


    Leider muss ich hier auf einige Gedankengänge verzichten, da die Spoilerfunktion noch nicht funktioniert.


    1ratten :marypipeshalbeprivatmaus: