Das Dekameron - Vierter Tag

Es gibt 30 Antworten in diesem Thema, welches 13.815 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Der vierte Tag unter Herrschaft von Filostrato steht unter dem Motto "Liebe mit einem unglücklichen Ende".


    Bevor jedoch vom vierten Tag der Reisegesellschaft erzählt wird, meldet sich der Erzähler des Ganzen persönlich beim Leser, und beklagt, welche Anschuldigungen ihm wegen der bisherigen Teile des Dekamerons, die wohl schon erschienen seien, gemacht würden. Das hat mich etwas an Don Quijote und das Verwirrspiel mit dem Buch im Buch erinnert, bei dem der erste Teil über die Abenteuer des Don Q. immer wieder im zweiten Buch erwähnt wurde.
    Was genau der Autor hiermit bezwecken will, erschließt sich mir nicht ganz. Das ganze Gelaber ist wohl vor allem als Rechtfertigung gedacht, warum er sich denn so um die Frauen bemüht, aber ehrlich gesagt hat es mich nicht die Bohne interessiert. :rollen:


    Als die Handlung sich dann endlich wieder unseren Damen und Herren zugewendet hat, beginnt Fiammetta mit der ersten Geschichte, die gemäß dem Tagesmotto ziemlich traurig war. Nachdem der Fürst den Liebhaber seiner Tochter ermordet hat, bringt sie sich selbst auch um. Der Fürst, der nicht geglaubt hat, dass sie dazu fähig sei, hat sich nun doppelt schuldig gemacht. :heul:
    Der König Filostrato macht anschließend eine Bemerkung, dass er selbst wegen der Hälfte der Liebe, die die Tochter und ihr Geliebter genossen haben, den Tod in Kauf genommen hätte. Anscheinend ist er selbst auch sehr unglücklich verliebt.


    Nachdem diese Erzählung die Zuhörer (und auch mich als Leser) ziemlich mitgenommen hat, erzählt Pampinea die zweite Geschichte, die zwar dem Tagesmotto gerecht wird, aber die auch humorvoll ist und bei der wie üblich die Geistlichen mal wieder aufs Korn genommen werden. Filostrato macht am Ende deutlich, dass er keine lustigen Geschichten hören will und lieber bei trübseligen Erzählungen bleibt.


    Die dritte Geschichte handelt von drei Paaren, die sich zum Teil gegenseitig wegen Eifersucht und Zorn umbringen und bei der die Überlebenden in Armut und Elend enden. Natürlich wird die Gelegenheit benutzt, um die Anwesenden vor den schlimmen Folgen von Eifersucht und Zorn zu warnen. :belehrerin:


    Bei der vierten Geschichte hätte man den Gerbino besser vor den Folgen von blinder Liebe und dem Drang der Selbstbehauptung gewarnt. Seine (persönlich unbekannte) Geliebte soll an jemand anderen verheiratet werden. Der Vater der Geliebten erhält von Gerbinos Opa die Zusage, dass Gerbino nichts unternehmen wird. Von seiner Geliebten aber aufgestachelt greift er trotz der Zusicherung seines Vaters ihr Schiff an, woraufhin dessen Crew die Geliebte tötet und Gerbino später von seinem Opa ebenfalls zum Tode verurteilt wird.


    Die fünfte und sechste Geschichte beinhalten beide Träume und wie sie sich bewahrheiten können. Während in der fünften Geschichte einer Frau das Schicksal ihres verschollenen Liebhabers offenbart wird, der von ihren Brüdern ermordert wird, haben in der sechsten Geschichte zwei Geliebte ähnlich unheilvolle Träume, die mit dem Tod des Liebhabers enden. Der Liebhaber glaubt jedoch nicht an Träume und besucht dennoch seine Geliebte, wo er den Tod findet.
    Diese mystische Note mit den Träumen in den Erzählungen hat mir sehr gut gefallen, auch weil es zur Abwechslung mal etwas Unheimliches war.


    Die siebte Geschichte handelt von zwei Geliebten, die beide sterben, weil sie Salbeiblätter von einem Strauch gekostet haben, unter dem eine große und giftige Kröte saß, die den ganzen Strauch verpestet hat. Das kommt mir reichlich unglaubwürdig vor. Eine Kröte kann doch nicht überleben, wenn sie nur an einem Platz verharrt und wie sollte sie noch dazu eine Pflanze vergiften? Hat sie die Pflanze vielleicht mit ihrem Gift getränkt oder sowas? Nee, die Erzählung gefiel mir nicht. zzz.gif


    In der achten Geschichte spielt eine intrigante Mutter, die für ihren Sohn nur das Beste will und ihn deshalb von seiner Jugendliebe fernhält den Todesengel. Als der Sohn nämlich nach seiner Rückkehr in die Heimatstadt erfährt, dass seine Geliebte einen anderen geheiratet hat, stirbt er vor Gram und auch sie erinnert sich ihrer großen Liebe und stirbt in der Kirche bei der Aufbahrung seiner Leiche an gebrochenem Herzen.
    Mal ganz dumm gefragt: Kann man denn wirklich von jetzt auf gleich an einem gebrochenem Herzen sterben? Ich kann mir das maximal so vorstellen, dass die Personen durch den Schock o.ä. einen Herzinfarkt bekommen haben. Aber so wie der Tod von Girolamo geschildert wird ("Der Jüngling ... beschloß, nicht mehr leben zu wollen. Und so hielt er die Lebensgeister an, preßte die Hände zusammen und starb, ohne einen Laut von sich zu geben, an ihrer Seite.") ist das sehr kurios. :schulterzuck:


    In der neunten Geschichte führt mal wieder die Eifersucht über einen begangenen Seitensprung dazu, dass der Betrogene seinen Rivalen tötet und die Frau sich daraufhin das Leben nimmt. In der Masse der Erzählungen nichts herausragendes, maximal mit erhöhtem Ekelfaktor. :entsetzt:


    Mit der zehnten Geschichte kommt wieder Dioneos Privileg zum Tragen und er erzählt etwas Lustiges, um die Gesellschaft aufzuheitern. Die Verwirrungen und Zufälle, die hier zusammenkommen, sind wahrlich sehr überzogen, aber genau das macht den Charm von der Erzählung aus. Gefiel mir gut.


    Am Ende wird Fiammetta von Filostrato zur neuen Königin gekürt und sie verlangt von ihm, sich in einem Lied die Qualen von der Seele zu reden, damit er zukünftig nicht mehr so trübselig ist wie am vierten Tag und damit den Übrigen die Laune verdirbt. Daraufhin sing Filostrato dann von seiner Liebsten, die aber offenbar für ihn nicht das Gleiche empfindet wie er und die statt dessen einen Anderen liebt. Die Geliebte ist definitiv eines der Mädchen der Gesellschaft, wie deutlich gesagt wird. Nur welche? :confused: Möglich wäre ja Lauretta, zu der er am dritten Tag etwas gesagt hat:


    Nach der letzten Geschichte machte Filostrato eine Bemerkung gegenüber Lauretta, die mich vermuten lässt, dass diese beiden heimlich verbandelt sein könnten: "Nichts, was von dir ist, könnte anders als schön und lieblich sein." Und das Lied von der unglücklichen Liebe war dann auch wirklich schön.


    LG Myriel

  • Aus der Vorrede ist mir vor allem im Hinterkopf geblieben, dass sich Boccaccio als Liebhaber der Frauen offenbart, für die er diese Geschichten gesammelt und niedergeschrieben hat. Laut seiner Aussage gaben ihm Frauen Anlass zu tausend Versen, die Musen jedoch nicht zu einem. Vielleicht kommt es auch daher, dass er stets nur die Damen in der Runde (und unter den Lesern) anspricht.


    Die erste Geschichte war sehr traurig, aber auch sehr schön. König Filostrato lässt wiederholt durchblicken, dass er Liebeskummer hat.


    Pampinea erzählt die zweite Geschichte, die sehr humorvoll ist, aber wieder gegen die Geistlichkeit und gegen Frauen stichelt. Wie es scheint, hat Pampinea ein größeres Problem mit beiden.
    Solche Sätze wie "Frau Windbeutel in ihrem Mangel an Grütze..." über die etwas beschränkte Lisetta würde ich gerne mehr lesen. Filostrato war es zu lustig.


    Die Inhaltsangabe zur sechsten Geschichte las sich recht dramatisch, aber diese Geschehnisse wurden in wenigen Worten abgehandelt. Im Wesentlichen geht es um eheliche Treue bis in den Tod, und da macht es mich aufmerksam, dass es ein Mann (Panfilo) war, der sie erzählt hat. Normalerweise ist das eher ein Thema für Frauen. Sicherlich gibt es auch Männer, für die das Ehegelübde bis zum Tod Bestand hat, aber sie reden nicht darüber.


    In der neunten Geschichte erzählt König Filostrato gar schauerliche Sachen über ein herausgerissenes Herz, das eine untreue Ehefrau zu essen bekommt. Was für eine düstere Erzählung! Für mich ist sie ein deutlicher Hinweis darauf, das Filostrato massive Probleme mit einer Beziehung hat und deshalb gerne jemandem Schmerzen zufügen möchte. Zum Abschluss des Tages singt er ein Lied, das seinen Gemütszustand auch deutlich erkennen lsst.


    Die Geschichten dieses vierten Tages sind fast alle sehr traurig und teilweise deprimierend. Sie werden sehr kurz gehalten, gerade so, als wollte jeder Erzähler sich nur seiner Pflicht entledigen und nicht mehr tun, als unbedingt nötig ist.

  • Filostrato gibt für den vierten Tag die unglückliche Liebe als Thema vor. Die Einleitung zum vierten Tag liefert eine Verteidigung des Sprechenden gegen seine Kritiker, in der er die Einwände, vor allem den einer angeblich unkritischen Haltung gegenüber den Frauen, zurückweist. Seine Reaktion ist voll Ironie und Spott. Er wartet mit einer Parodie der Vorwürfe auf.


    Fiammetta erzählt die erste Geschichte mit einer gewissen Distanz, als scheine sie das Thema abzulehnen. Dennoch erzählt sie eine der schaurigsten Geschichten des Tages, über Ghismonda und Guiscardo, eine Geschichte, in der die Liebe ohne Glück schlimmer sei als der Tod.


    Pampinea, die auf Fiammetta folgt, scheint das Unbehagen der Anderen als sehr bedrückend zu empfinden, weshalb sie sich zu Wort meldet und ihre als eine heitere Geschichte ankündigt. Und so erzählt sie sehr komisch, obschon das Ende dem Thema des Tages entspricht. Der König des Tages bemängelt dann auch, dass die Geschichte zuviel Anlass zum Lachen gegeben hat.


    Es folgt Laurettas Geschichte, in der sie den König angeht, er sei unbarmherzig gegen Liebende. Hier wird gemordet und im Elend gestorben, dass es dem König eine Wonne gewesen sein dürfte. Ähnlich geht es in der folgenden Geschichte zu.


    Die Erzählung Filomenas über Lisabetta ist eine der schönsten. Diese sowie die von Emilia und Neifile über Liebestod haben den Reiz schwarzer Romantik. Filostrato, der Frauen als Verursachende seiner Verbitterung sieht, erzählt eine groteske Variante, in der ein gekochtes Herz gegessen wird. Im Namenslexikon findet sich für Filostrato die Übersetzung „der von der Liebe besiegte“, während Filomena „die der Liebe treu bleibt“ bedeutet.


    Am Ende verleiht Dioneo seiner Betrübtheit Ausdruck und sagt, er wünsche sich nichts sehnlicher als das Ende dieses Tages.
    Neun der zehn Erzählungen behandeln das Thema traurig, während Dioneo in der Schlusserzählung einmal mehr alle zum Lachen bringt und ihnen so die Erholung von den vorhergehenden Geschichten ermöglicht.


    Traurige Geschichten, die in der Gruppe zwiespältige Gefühle hervorrufen, die, so mein Eindruck, im Angesicht des alltäglichen Grauens keine Entlastung bringen und den Besuchern des Landgutes nicht wirklich gefallen wollen.

  • Die Einleitung des vierten Tages, also die Rede des Philostratus, war mir zu ausschweifend. Die ständigen Wiederholungen und sein Gejammere, ich will es mal so nennen, waren mir nach einigen Seiten zu viel. Das Thema des Tages passte sehr gut zu seinem Monolog. Aber die Aussicht 10 depremierende Geschichten lesen zu müssen hat mich nicht gerade motiviert. :rollen:


    Die erste Geschichte schöpfte auch gleich aus dem Vollen. Mit der Reaktion seiner Tochter hat Tancredi ganz sicher nicht gerechnet. Gefallen hat mir an der Geschichte die Rede der Tochter, in der sie ihn zu verstehen gab, dass er bei ein und derselben Person plötzlich mit zweierlei Maß messen würde.


    Die zweite Geschichte, von Pampinea erzählt, hält sich zwar am Ende an das vorgegebene Motiv, der Anfang verspricht jedoch erst eine witzige Erzählung. Dafür wird sie am Schluss auch von Philostratus gerügt. Ich hatte den Eindruck, wer will sich so richtig in seinem Selbstmitleid suhlen und Pampinea hat ihm durch ihre Abweichung die Sache vermiest.


    In der dritten Geschichte gibt es so viel Leid, dass der König vollauf zufrieden sein kann. Kaum hat der Mensch was er begehrt, schon schaut er wieder in die Ferne!


    In der vierten Geschichte geht es um die Liebe zweier Menschen, die sich noch nie gesehen haben. Trotz des Versprechens seines Grossvaters greift Gerbino das Schiff an um seine Angebetete zu entführen und führt dadurch ihren Tod herbei. Um seiner Ehre willen tötet der Grossvater seinen Enkel. So viel Leid und alles nur wegen einer Liebe zu einer Unbekannten.

  • In der fünften und sechsten Geschichte spielen jeweils Träume eine Rolle, in denen sich sowohl Zukunft als auch Vergangenheit offenbart.


    In der siebten Geschichte sieht man mal wieder wie schnell die Mensch mit einem Urteil zur Hand sind. Für Simona ist es allerdings letztendlich egal. Tot ist sie am Ende doch.


    In der achten funkt die Mutter dazwischen. Girolanos Verhalten kostet nicht nur ihn das Leben, sondern auch seiner ehemaligen Freundin. Leid tat mir nur ihr Ehemann, der sich so verständig gezeigt hat.


    Auf die neunte war ich gespannt, da sie vom König, der ja dieses traurige Thema vorgegeben hatte, erzählt wurde. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber sicher nicht das. Diese Geschichte hätte jeder erzählen können. Ich dachte, er würde eine lange und weitaus dramatischere Geschichte zum Besten geben.


    In der zehnten bricht Dioneus mit der Vorgabe des Königs und erzählt eine humorvolle Geschichte, die zwar kurze Zeit für den Geliebten nicht so gut stand, aber den Zuhörern Vergnügen bereitete.



    Ich bin froh den vierten Tag hinter mir zu haben! Das waren mir bald zu viele Schauergeschichten hintereinander. :rollen:


  • Ich bin froh den vierten Tag hinter mir zu haben! Das waren mir bald zu viele Schauergeschichten hintereinander. :rollen:


    In so geballter Dosis sind die Geschichten wirklich erdrückend. Da gefiel mir der erste Tag in der Hinsicht noch am besten, weil es kein vorgegebenes Thema gab und damit mehr Abwechslung bei den Erzählungen.

  • :winken: ,
    ich bin auch noch dabei. Mit knapper Not, denn Boccaccios Einleitung habe ich drei Tage lang zu lesen versucht. Schlaftablette a040.gif ! Was genau er sagen wollte, weiß ich immer noch nicht. Gewundert habe ich mich allerdings darüber, dass er sich anseheinend gegen seine Kritiker verteidigt, was mich zu der Frage bringt, ob das Dekameron in Abschnitten erschienen ist, oder ob er sich auf seine früheren Werke bezieht. Weiß das jemand?


    Jedenfalls bin ich sehr glücklich über das Motto des vierten Tages. Unglückliche Liebe ist mir eine willkommene Abwechslung. Es könnte allerdings gut sein, dass mir nach einigen Geschichten der ganze Jammer auch zum Halse heraushängt.


    Erste Geschichte:
    Tragik ohne Ende! Allerdings fragte ich mich zwischendurch, ob die beiden sich nicht auf einem weniger schwierigen Wege hätten treffen können. War der Umweg durch die Höhle wirklich nötig? Ghismondas Rede an ihren Vater war sehr schön. Sie hat ihm ordentlich die Meinung gesagt. Wer seine Kinder nicht so leben lässt, wie sie es wollen (und wie es in deren Natur liegt), darf sich nicht wundern, wenn sie Geheimnisse vor dem Vater haben. Sie legt die Schuld dort ab, wo sie hingehört.


    Zweite Geschichte:
    Zwar auch kein Happy End, aber doch richtig amüsant. Mit schönen, spitzen Formulierungen erzählt, die allerdings in meiner schwedischen Übersetzung besser sind als in [url=http://www.zeno.org/Literatur/M/Boccaccio,+Giovanni/Novellensammlung/Das+Dekameron/Vierter+Tag/Zweite+Geschichte]dieser deutschen[/url]. "Sie war ebenso klug, wie Salz süß ist", heißt es bei mir z. B. Außerdem brachte der Übersetzer alle Synonyme zu "Dummkopf" unter, die mir je auf Schwedisch begegnet sind.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Zweite Geschichte:
    Zwar auch kein Happy End, aber doch richtig amüsant. Mit schönen, spitzen Formulierungen erzählt, die allerdings in meiner schwedischen Übersetzung besser sind als in [url=http://www.zeno.org/Literatur/M/Boccaccio,+Giovanni/Novellensammlung/Das+Dekameron/Vierter+Tag/Zweite+Geschichte]dieser deutschen[/url]. "Sie war ebenso klug, wie Salz süß ist", heißt es bei mir z. B. Außerdem brachte der Übersetzer alle Synonyme zu "Dummkopf" unter, die mir je auf Schwedisch begegnet sind.


    Die deutsche Quelle, die du angibst, verwende ich zur Entnahme von Zitatstellen für die Leserunde. Nach dem, was du schreibst, und nach meinen Vergleichen mit meiner Druckfassung, scheint es so, als wäre sie zum Lesen nicht unbedingt erste Wahl. Deine Hinweise auf die schwedische Übersetzung finde ich aber immer sehr interessant. (Auch in anderen Zusammenhängen, wie bei Saramago.)

    Einmal editiert, zuletzt von mohan ()


  • :winken: ,
    ich bin auch noch dabei. Mit knapper Not, denn Boccaccios Einleitung habe ich drei Tage lang zu lesen versucht. Schlaftablette a040.gif ! Was genau er sagen wollte, weiß ich immer noch nicht. Gewundert habe ich mich allerdings darüber, dass er sich anseheinend gegen seine Kritiker verteidigt, was mich zu der Frage bringt, ob das Dekameron in Abschnitten erschienen ist, oder ob er sich auf seine früheren Werke bezieht. Weiß das jemand?


    Ich habe auch gerade die Einleitung und die erste Geschichte gelesen und habe mich wie Saltanah etwas gewundert. Das Werk scheint wohl wirklich in mehreren Teilen erschienen zu sein, sonst könnte ja Boccaccio nicht an dieser Stelle auf Kritik an seinem Buch eingehen. Etwas seltsam finde ich das allerdings auch, dass der Autor solche Bemerkungen mitten im Buch unterbringt. Hätte man das nicht an den Anfang oder ans Ende stellen können?


    Das Motto des Tages liegt mir nicht so sehr, das habe ich schon bei der ersten Geschichte bemerkt. Da sind mir Geschichten mit einem erzwungenen Happy End wie am dritten Tag doch lieber als diese grausame und traurige Erzählung! Sowas zu lesen drückt meine Stimmung ganz gewaltig, deshalb werde ich mich wohl beeilen und den vierten Tag im Schnelldurchgang lesen.
    Die Geschichte an sich hat mir eigentlich schon gefallen, aber das dramatische Ende war mir zuviel...

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  • Das Werk scheint wohl wirklich in mehreren Teilen erschienen zu sein, sonst könnte ja Boccaccio nicht an dieser Stelle auf Kritik an seinem Buch eingehen.


    Ich habe gerade ein wenig herumgesucht, aber nichts darüber gefunden, dass das Dekameron in mehreren Teilen nacheinander erschienen ist. Laut Wikipedia ist das Werk von 1348 bis 1353 entstanden, da wäre es also theoretisch möglich gewesen, dass Boccaccio auf Kritik eingehen konnte, was aber voraussetzt, dass es in einzelnen Abschnitten veröffentlicht worden sein musste. Von 1470 - 1472, also gute 100 Jahre nach Boccaccios Tod, gab es alleine vier verschiedene neue Ausgaben, vielleicht hat sich da jemand berufen gefühlt, auf die Kritik einzugehen und die Worte Boccaccio nachträglich in den Mund gelegt.

  • Das ein "Fan" von Boccaccio ihm nachträglich Worte zur Verteidigung in den Mund gelegt hat, ist gut möglich. Aber warum hat er das dann mitten im Buch getan und nicht in einem Vor- oder Nachwort? Die Stellung dieser Verteidigungsrede ist das, was mir merkwürdig vorkommt.


    Wenn Boccaccio das Dekameron allerdings innerhalb von 5 Jahren geschrieben hat, gab es bestimmt Leute, die Auszüge daraus lesen durften und vielleicht haben diese daraufhin Boccaccio kritisiert? Oder sie haben mit wieder anderen darüber gesprochen (Tratsch und Klatsch war ja damals offenbar genauso beliebt wie heute) und über drei Ecken kam dann eine ganz andere Version der Geschichten ans Licht, die dann öffentlich kritisiert wurden. Als Boccaccio dann davon erfuhr, hat er einfach an der Stelle, an der er sich beim Schreiben befand, seine Verteidigung eingebaut.

  • Ich habe jetzt nicht weiter nach Erklärungen für diese Rechtfertigung Boccaccios mitten im Buch gesucht, aber Myriels Gedanke ist für mich durchaus plausibel.


    Ich habe gestern noch bis Geschichte fünf gelesen und fand die Geschichten zum Glück nicht alle so grausam und traurig wie die erste.


    Die zweite Geschichte war sogar richtig witzig und hat mir gut gefallen, auch wenn sie dann den Vorgaben entsprechend ein schlechtes Ende nimmt. Filostrato wird in meinen Augen nicht gerade sympathischer dadurch, dass er die Geschichte kritisiert!


    Allgemein finde ich ihn etwas seltsam. Am Anfang hieß es doch, dass die drei jungen Männer mit drei der Damen aus der Gruppe zusammen sind. Warum hat Filostrato dann Liebeskummer und will Geschichten über unglückliche Liebe hören?


    In der dritten Geschichte ging mir das alles dann etwas schnell, so viel hin und her in so einer kurzen Geschichte, da kam ich gar nicht dazu, Mitleid mit den tragischen Liebenden zu empfinden!


    Die vierte Geschichte war dann mal wieder sehr unglaubwürdig, wie können sich denn zwei Menschen nur aufgrund von Erzählungen in einander verlieben? In ein Bild der anderen Person vielleicht, aber doch nicht in den wirklichen Menschen! Und dann hat sich Gerbino meiner Meinung nach auch ein bisschen dumm angestellt um doch noch seine Geliebte zu bekommen. Aber das musste ja sein, sonst wäre die Geschichte nicht dem Motto gemäß :rollen:


    Die fünfte Geschichte fand ich dann wieder ganz nett, die Idee mit dem Kopf im Blumentopf war ja echt witzig. Naja, aber das schlimme Ende kam ja auch ziemlich schnell...

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  • Es könnte jedoch auch sein, dass Boccaccio sich dabei auf Kritiker seiner früheren Werke bezieht. Das Decamerone ist ja nicht sein erstes. Allerdings kenne ich die anderen auch nicht um dies beurteilen zu können.


    Gruß
    yanni

  • Die vierte Geschichte war dann mal wieder sehr unglaubwürdig, wie können sich denn zwei Menschen nur aufgrund von Erzählungen in einander verlieben? In ein Bild der anderen Person vielleicht, aber doch nicht in den wirklichen Menschen!


    Das kann ich mir ganz gut vorstellen. Damals hatten die Leute nur durch Gemälde die Möglichkeit, andere Menschen zu sehen, nicht so wie in der heutigen Zeit, wo man sein Foto mal schnell durchs Netz schickt. Deshalb kann es noch eher so gewesen sein, dass man sich durch bloße Erzählungen für eine/n andere/n erwärmte. Wenn man oft genug von etwas hört, glaubt man mit der Zeit daran. Das gibt es heutzutage in ähnlicher Form z. B. in der Werbung, wenn man glaubt, man müsste unbedingt etwas haben, nur weil man ständig bewusst oder unbewusst davon hört oder liest. Unwahrscheinlich kommt mir dagegen vor, dass sich beide verliebten. Bei einem klingt es ja noch glaubhaft, aber dass beide dasselbe füreinander empfinden?

  • Das kann ich mir ganz gut vorstellen. Damals hatten die Leute nur durch Gemälde die Möglichkeit, andere Menschen zu sehen, nicht so wie in der heutigen Zeit, wo man sein Foto mal schnell durchs Netz schickt. Deshalb kann es noch eher so gewesen sein, dass man sich durch bloße Erzählungen für eine/n andere/n erwärmte. Wenn man oft genug von etwas hört, glaubt man mit der Zeit daran. Das gibt es heutzutage in ähnlicher Form z. B. in der Werbung, wenn man glaubt, man müsste unbedingt etwas haben, nur weil man ständig bewusst oder unbewusst davon hört oder liest. Unwahrscheinlich kommt mir dagegen vor, dass sich beide verliebten. Bei einem klingt es ja noch glaubhaft, aber dass beide dasselbe füreinander empfinden?


    Da sehe ich auch so. Außerdem ist es (auch) heute nicht ungewöhnlich, dass Menschen sich in andere "verlieben", von denen sie nur Bilder kennen. (Am sechsten Tag gibt es eine Geschichte, die diese "Problematik" allgemein thematisiert.), seien es nun Bilder im Wortsinn oder Einbildungen über Menschen, die man nur als Repräsentation kennt (Schauspieler, Musiker,...), welche mit der "Vorlage" verwechselt werden.

  • So, ich habe den vierten Tag beendet :klatschen: Das war wirklich nicht mein Thema...


    Naja, die siebte Geschichte mit den Salbeiblättern war wirklich etwas seltsam, zumindest die Erklärung mit der Kröte... :rollen:


    Von der neunten Geschichte, also der Geschichte von Filostrato, der sich das Thema ja gewünscht hat, hätte ich mir auch mehr erwartet, dabei hat er das dann alles sehr kurz abgehandelt. Die Geschichte war zwar wieder grausam und das herausgerissene Herz kam schon zum zweiten Mal an diesem Tag vor, aber trotzdem hätte ich von Filostrato eine ausgeschmücktere, noch grausamere Erzählung erwartet.


    Zum Glück hat Dioneo sich dann wieder nicht an das Thema gehalten und die zehnte Geschichte hat alles etwas aufgelockert.

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  • Von der neunten Geschichte, also der Geschichte von Filostrato, der sich das Thema ja gewünscht hat, hätte ich mir auch mehr erwartet, dabei hat er das dann alles sehr kurz abgehandelt.


    Ich glaube, Philostratus hat das Thema aus einer momentanen Laune heraus gewählt, die sich, als er dann an der Reihe war, schon wieder gelegt zu haben scheint.
    Denn wenn er richtig bei der Sache gewesen wäre, hätte er eine viel glühendere Erzählung zum Besten geben müssen. So kam er mir etwas halbherzig vor.
    Ob ihn seine Liebste geärgert hatte? :zwinker:

  • Ich habe nun ebenfalls Tag vier fertiggelesen, muss aber sagen, dass mich die Wahl des Themas eher erfrischt als bedrückt hat. So langsam hatte ich von all den happy ends in den Geschichten zuvor nämlich wirklich genug!


    Am besten gefiel mir wie vielen hier Geschichte 1, die Tochter des hartherzigen Königs, 2, Alberto als der Engel Gabriel - dass die gute Frau ein wenig beschränkt sein soll, kauft man ihr ohne weiteres ab :breitgrins: -, und 9, der eifersüchtige Ritter, der seiner untreuen Frau das Herz ihres Geliebten zum Abendessen vorsetzt. Auch die Geschichte der jungen Frau, die den Kopf ihres ermordeten Geliebten in einen Basilikumtopf einpflanzt, ist zwar ganz schön makaber, aber dabei sehr anrührend.


    Gerätselt habe allerdings auch ich über Filostratos Unglück, das ihn richtiggehend zu verbittern scheint - vielleicht sind ihm die vielen glücklichen Liebespaare, von denen er in den Tagen zuvor hören musste, aufs Gemüt geschlagen? Falls ja, wird Tag 5 wohl nichts zur Verbesserung seines Seelenzustandes beitragen...


    Die Kröte unter dem Salbeibusch ist natürlich rein wissenschaftlich gesehen keine zufriedenstellende Erklärung für die Giftigkeit der Blätter, andererseits wirken aber viele von den Geschichten so märchenhaft auf mich, dass ich wahrscheinlich noch wesentlich mehr Ungereimtheiten tolerieren würde. ;)

  • Ich habe mich endlich dazu aufraffen können, ein wenig weiter zu lesen. Ehrlich gesagt langweilen mich die Geschichten ziemlich.


    Dritte Geschichte:
    Wieso bitte behauptet Lauretta in der Einführung zu ihrer Geschichte, der übermäßige Zorn der betroffenen Frau sei die Ursache des Unheils ? War nicht vielmehr die Untreue des Mannes der Auslöser? So sagt sie dann auch ganz richtig am Ende ihrer Geschichte, aber erst redet sie schlecht über ihre Geschlechtsgenossinnen. Wieso?


    Vierte Geschichte:
    Aha, bevor man die Frau in die Hände eines anderen Mannes fallen lässt, ermordet man sie lieber. Na klasse :sauer: . Gut hat mir hier gefallen, dass tatsächlich Gerechtigkeit walten gelassen wird, will sagen dass der Knabe hingerichtet wird, obwohl er der Enkel des Königs und gleichzeitig Richters ist. Ansonsten tun Richter in Boccaccios Geschichten ja auch oft, wozu sie Lust haben, ohne Rücksicht auf irgendwelche Gesetze.


    Dies tut zum Beispiel der Richter der sechsten Geschichte. Erst überraschte er mich zwar dadurch, dass er Fachleute den Toten untersuchen lässt - hatte keine Ahnung, dass damals schon Leichen nach ihrer Todesursache hin untersucht wurden - aber dann nutzt er seine Machtposition gnadenlos aus. Bzw. versucht er es, wenn auch erfolglos.
    Der Vater in dieser Geschichte gefällt mir sehr gut; er erweist sich als nachsichtiger und seiner Tochter mehr zugetan als die meisten anderen Väter, ja er nimmt gar Rücksicht auf ihre Wünsche! Sehr ungewöhnlich.


    Siebte Geschichte:
    :grmpf: Üble Nachrede! Wie kann man eine arme Kröte so verleumden?
    Spaß beiseite - ich bin "giftigen" Kröten schon in anderen Büchern begegnet, weiß leider nicht mehr, wo.


    Achte Geschichte:
    Eine alptraumhafte Vorstellung, plötzlich neben sich eine Leiche zu finden. Leid tut mir hier allerdings vor allem der Ehemann, der ja ganz ungewöhnlich eifersuchtsfrei reagiert hatte. Dem hätte ich ein langes, glückliches Eheleben gewünscht.

    Wir sind irre, also lesen wir!