Das Dekameron - Zehnter Tag

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 5.878 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mohan.

  • Der zehnte Tag steht unter dem Motto „Geschichten über Menschen, die in Liebesangelegenheiten oder anderen Dingen Großmut oder Edelsinn gezeigt haben“.
    Die ErzählerInnen wollen sich mit jeder weiteren Geschichte übertreffen. Ich weiß nicht, liegt es daran, dass mit dem letzten Tag das Ende des Buches nah ist, oder sind die Geschichten dieses Tages wirklich interessanter geschrieben?


    In der ersten Geschichte geht es um einen Ritter, der sich auf dem Heimweg von Spanien nach Florenz macht. Als Entlohung für seine Dienste erhielt er vom spanischen König nur einen Esel. Dieser lässt ihn überwachen um zu hören, was jener dazu sagt und als ihm zu Ohren kommt, dass Ruggieri eine Bemerkung darüber macht, schickt er nach ihm um sein Verhalten zu erklären. Und recht hat der König mit seiner Behauptung. Doch er weiß das Schicksal zu überlisten und Ruggieri reichlich zu belohnen. Zwar hat der Ritter nun reichen Lohn erhalten, es wird aber nicht erwähnt, ob er diesem auch erhalten blieb. :zwinker:


    Die zweite Geschichte erzählt vom Abt von Clugny, der wegen eines Magenleidens in ein Bad reisen wollte, aber von Ghino di Tacco gefangen genommen wurde. Statt den Abt zu berauben, heilt er ihn und nachdem er sich zu erkennen gab, erklärt er auch, warum er zum Räuber wurde.
    Die Reaktion des Abtes auf Ghinos Angabe der „Bezahlung“ für die Heilung fand ich, wenn man sein sonstiges Verhalten in Betracht zieht, angemessen. Was jedoch seine Haltung zum Grund für Ghinos Raubsucht betrifft, fand ich diese haarsträubend. Wenn man sich also nicht gerecht behandelt fühlt, kann man rauben so viel man will, da man ja dazu gezwungen wäre um seinen Lebensstandard zu erhalten, oder wie?


    Auch bei der dritten Geschichte war ich sehr überrascht über die Aussage des Nathan, dass er es gutheißen würde, dass Mithridanes ihn töten wolle um als der Wohltätigere zu gelten. Wenn jemand nur um seines Ansehens willen Gutes tut, dann erscheint mir dies keineswegs so löblich, wie jemand der, wie Nathan, es nur um der Menschen willen macht. Nathans Erklärung, warum er sein Leben hingeben will, kann ich noch nachvollziehen und den Vorschlag in seinem Namen weiterzuleben das grösste Geschenk, das er dem anderen machen konnte, aber seine Haltung zum eigentlichen Grund von Mithridanes Handeln ist mir unverständlich. Er handelt doch aus niederen Motiven - wenn es ihm um die Wohltaten an sich ginge, müsste er sich doch freuen, dass es zwei Menschen dieses Schlages gibt.


    In der vierten geht es mal wieder um unerfüllte Liebe. Als beschrieben wurde wie Gentile in die Gruft zu seiner Angebeteten steigt und sich neben sie legt, sträubten sich mir schon die Haare. Und als er die Brust der Dame liebkoste, war ich mir fast sicher nun einem Fall von Nekrophilie serviert zu bekommen. Zum Glück nicht! :schwitz: Denn Gentile merkt, dass sie nicht tot war und nahm sie mit nach Hause. Ich muss Lauretta zustimmen, sein Verhalten finde ich bisher am großmütigsten. Er rettet die Dame und ihr Kind, bietet ihr seine Freundschaft an und gibt sie unversehrt an den ihrigen zurück. Den Umweg, den er dafür wählte, ist ihm als Lohn für sein Tun gerne gegeben.


    Die fünfte Geschichte ähnelt etwas der, bei dem die beiden Verehrer als Leiche und Leichenträger ihre Liebe beweisen sollten. Im Gegensatz zu jener schafft es in dieser Herr Ansaldo die Bedingungen der Dame zu erfüllen. Mit Hilfe eines Zauberers. Täusche ich mich, oder ist das die erste Geschichte, in der Übernatürliches vorkommt? Abgesehen von Betrügereien.
    Nun muss Dianora ihrem Mann gestehen, was geschehen ist. Ob man die Reaktion des Gatten nun wirklich als großmütig bezeichnen kann, lasse ich mal dahingestellt. Denn er gab aus freien Stücken zu, dass er sich vor der Rache fürchtet, da Herr Ansaldo auf die Hilfe eines Zauberers zurückgreifen kann.


    Da ich für den Rest der Woche verreist bin und das Buch nicht mitschleppen werde, poste ich zu den restlichen Geschichten dann erst nächste Woche wieder. :winken:

  • Panfilo ist der König des letzten Tages und wählt als Thema Geschichten über Menschen, die in Liebesangelegenheiten oder anderen Dingen Großmut oder Edelsinn bewiesen haben.


    Neifile erzählt die erste Geschichte, über einen Ritter, der sich von seinem König schlecht belohnt fühlt.


    Elisas Geschichte, die zweite des Tages, handelt von Ghino di Tacco, der als Straßenräuber einen Abt gefangen nimmt, ihn von einer Magenerkrankung heilt und dafür zum Hospitaliterritter wird. Lustig, dass die Gruppe es beinahe als Wunder nimmt, dass ein Priester sich als guter Mensch verhält.


    Filostrato erzählt in Geschichte drei von den Feinden Mithridanes und Nathan, die zu Freunden werden.


    Lauretta erzählt als vierte eine phantastische Geschichte, in der Gentile da Carisendi seine tote Geliebte aus dem Grab und ins Leben zurückholt, indem er sich zu ihr in das Grabmal legt und sie liebkost. Sie bekommt ein Kind und wird von Gentile ihrem Gatten Caccianimico wiedergebracht.


    Geschichte fünf, vorgetragen von Emilia, ist angelegt um Ansaldo, der Dianora begehrt, um Dianoras, die dem Begehren nachgeben will, wenn Ansaldo ihr in der kalten Jahreszeit einen Garten wie im Mai erschafft, um die Entbindung vom Versprechen, als er vom Großmut ihres Gatten erfährt, der für einmal nichts dagegen haben will, dass Ansaldo sträflicher Begierde Raum gibt. Fortan sind die beiden Männer gute Freunde.


    Fiammetta erzählt in der sechsten Geschichte von einem schamerfüllten König Karl, der die begehrte Jungfrau Jungfrau sein lässt und sie - wie auch ihre Schwester - ehrenvoll vermählt.


    Geschichte sieben, Pampineas, handelt von König Peter, der von der kranken Lisa innig geliebt wird. Er vermählt sie mit einem angemessenen jungen Mann und erklärt sich zu ihrem Ritter. Ein gar edler König in einer Welt, in der „die Mehrzahl der Herrscher grausam und tyrannisch geworden ist“.


    Filomena erzählt die achte Geschichte über multiple Fehleinschätzungen, einen Mörder, der sich selbst preisgibt und eine Eheschließung, in der Gisippus, der Held, Fulvia, die Schwester von Titus zur Frau bekommt, dessen Frau Sophronia sich für die Frau des Helden gehalten hat.


    Panfilo erzählt die neunte Geschichte. Saladin besucht in der Verkleidung eines Kaufmanns christliche Länder, um sich über die dortigen Vorbereitungen zum Kreuzzug zu informieren. Er wird von Herrn Torello d’Istria nahe Pavia ehrenvoll bewirtet. Bald darauf beginnt der Kreuzzug, Torello gerät in Gefangenschaft und wird ob seiner Kenntnisse der Falknerei zu Saladin gebracht, der ihn wiedererkennt und ehrt. Da die Trauerfrist, die Torello seiner Frau vor seinem Weggang vorgegeben hat, beinahe abgelaufen ist, wird Torello für tot gehalten, seine Frau von der Familie und Freiern zu einer Hochzeit gedrängt. Saladin lässt Torello durch einen Nekromanten in einer Nacht nach Pavia bringen, ausgestattet mit Schätzen. Zum Anlass seiner Rückkehr wird ein großes Fest gefeiert.


    Dioneo darf die letzte Geschichte des letzten Tages erzählen. Sie handelt von Gualtieri, der seiner Frau Griselda vortäuscht, er habe die gemeinsamen Kinder getötet, wolle sie verstoßen und erneut heiraten. All dies nur um zu sehen, wie die arme Frau sich verhält. Als sie es mit Würde trägt ohne ihren Gatten zu entwürdigen, erklärt er den Test für bestanden und erkennt sie als wahre Ehefrau an.
    Während die Männer in der Geschichte Gualtieri zu Beginn bedrängen, er soll doch heiraten und für einen Erben sorgen, hat Dioneo Verständnis für ihn und lobt ihn ausdrücklich als sehr weise. Dioneo scheint nichts von Ehe und Fortpflanzung zu halten. Gualtieri entscheidet sich dann doch für Griselda, weil sie in der Nähe wohnt, gut aussieht, sich benehmen kann und er sich ein angenehmes Leben mit ihr verspricht. Gualtieri schließt einen doppelten Pakt: mit seinen Leuten, die seine Wahl akzeptieren und nie mehr anzweifeln, während er auf seine Ablehnung der Ehe verzichtet; mit Griselda, die er trotz ihrer Mittellosigkeit nimmt, während sie im Gegenzug Unterwerfung verspricht.
    Griseldas Auf- und Abstieg ist auch am Essen erkennbar: Nachdem sie verstoßen wurde, muss sie das Bankett ausrichten, mit dem ihr Mann seine neue Frau empfangen will, kurz darauf wird dieses Bankett der Ort ihrer Wiedereinsetzung in alle Rechte.


    Mir gefallen die beiden letzten Geschichten am besten. Panfilos erinnert an 1001 Nacht. Dioneos Erzählung erinnert an Emilias Geschichte vom vorhergehenden Tag. Beide sind grausam, aber Dioneo benennt die Grausamkeit des Ehemanns als solche. Beide Geschichten sind mustergültige Beispiele für die Vorstellung, dass Liebe und Grausamkeit in einer Beziehung koexistieren können. Aber Dioneos scheint die Emilias zu relativieren.

  • Das Thema Großmut war nach den vielen mit Rache und Gewalt gespickten Geschichten ein schöner Abschluss.


    Elisas Geschichte, die zweite des Tages, handelt von Ghino di Tacco, der als Straßenräuber einen Abt gefangen nimmt, ihn von einer Magenerkrankung heilt und dafür zum Hospitaliterritter wird. Lustig, dass die Gruppe es beinahe als Wunder nimmt, dass ein Priester sich als guter Mensch verhält.


    Das fiel mir auch auf. Nach den vielen Erfahrungen mit Geistlichen in den diversen Geschichten des Buches freut man sich zu sehen, dass es noch gutherzige Priester gibt, die nicht gleich Rache im Sinn haben, sondern nach den Hintergründen fragen. Den Räuber Ghino gab es laut den Anmerkungen tatsächlich.


    Lauretta stellt fest, dass es außer dem Gebiet der Liebe nicht vieles gibt, von dem sie erzählen kann. Das ist kein überraschendes Eingeständnis und eine Erklärung dafür, dass die Themen teilweise so einseitig sind. Bedauernswerte Frauen der gesellschaftlichen Oberschicht, von denen so viel wie möglich ferngehalten wurde, so dass sie gerade mal in Liebesdingen bewandert waren! In der vierten Geschichte erzählt Lauretta von Gentile, der in eine verheiratete Dame so verliebt ist, dass er sich zu der vermeintlich Toten in die Gruft legt und entdeckt, dass sie noch lebt. Aus Dankbarkeit bleibt sie für einige Monate bei ihm, bevor er sie ihrem Ehemann zurückgibt.
    Gentile beweist viel Großmut mit seinem Handeln. Nach seiner Geschichte von dem verstoßenen Diener, den ein Mann gesund pflegte und behielt, hatte ich erwartet, das Gentile mit seiner Angebeteten genauso verfährt.


    Nicht erst zu Beginn der sechsten Geschichte gibt es Diskussionen der Erzähler über ihre Geschichten und die Versuche, sich gegenseitig zu übertreffen, aber hier hatte ich zum ersten Mal deutlich das Gefühl, dass die jungen Leute des Erzählens langsam überdrüssig werden und ein bisschen Pep in die Runde bringen wollen, um den Spaß und die Spannung zu erhalten.


    Die achte Geschichte ist etwas verzwickt zu schildern. Ich verweise daher auf mohan oben :zwinker:. Es ist eine schöne Erzählung zur Freundschaft. Auch im Nachsatz wird nochmals besonders betont, dass Freundschaft in Beziehungen am höchsten anzusehen ist. Aber gar so oberflächlich, wie die familiären Beziehungen geschildert werden, ist es nun auch wieder nicht.


    In der neunten Geschichte ist Saladin inkognito unterwegs und wird unerkannt von Torello aufs Beste beherbergt. Als Torello während der Kreuzzüge von Saladins Heer gefangen genommen wird, lässt ihn Saladin mit viel Unterstützung nach Hause zurückkehren.
    Die Moral: Höflichkeit und Gastfreundlichkeit werden belohnt, dabei sollte beides eigentlich selbstverständlich sein, nicht nur, wenn man um die Wichtigkeit des Gastes weiß. Torello hat es vorgemacht. Diese beiden Tugenden sind etwas, das ich in Deutschland häufig vermisse.

  • Nachdem der neunte Tag ohne Thema ablief, sollten am zehnten Tag Geschichten von "Großmut und Edelsinn" erzählt werden. Eine nette Abwechslung.


    In der ersten Geschichte lebt ein tapferer italienischer Ritter beim spanischen König. Obwohl er ihm hervorragend dient, erhält er keine entsprechende Belohnung. Der König erklärt ihm, dass dies mit seinem eher unglücklichen Schicksal zusammenhängt und beweist ihn dies, indem er ihn zwischen zwei Truhen wählen lässt, wobei der Ritter natürlich die wertlose, mit Erde gefüllte Truhe wählt. Trotzdem handelt der spanische König am Ende gegen das Schicksal und beschenkt den Ritter reich.
    Etwas merkwürdig fand ich hier die Argumentation des Königs (soweit ich sie richtig verstanden habe): Wie kann er sich auf das Schicksal beziehen, wenn es doch allein von ihm abhängt, wen er belohnt oder bestraft? Oder wirft er jedesmal eine Münze, wer diesmal an der Reihe ist, ein Lehen zu erhalten? :confused:


    Das fiel mir auch auf. Nach den vielen Erfahrungen mit Geistlichen in den diversen Geschichten des Buches freut man sich zu sehen, dass es noch gutherzige Priester gibt, die nicht gleich Rache im Sinn haben, sondern nach den Hintergründen fragen. Den Räuber Ghino gab es laut den Anmerkungen tatsächlich.


    Der gutherzige Abt ist wirklich mal eine schöne Ausnahme von der bisher sehr negativ dargestellten Geistlichkeit.


    Den tieferen Sinn der dritten Geschichte habe ich nicht verstanden. Warum verlangt es Mithridanes nach dem Tod von Nathan? Wenn er wirklich so selbstlos werden möchte wie dieser, ist Neid der ganz falsche Weg. Zwar kann ich Nathans Argumente, warum er sich hätte töten lassen, verstehen, aber mir erscheint es absolut unglaubwürdig, dass jemand sein eigenes Leben nur wegen der Geltungssucht eines anderen wegwerfen will. :schulterzuck:


    Die vierte Geschichte gefiel mir gut. Wie Doris habe ich zwischenzeitlich erwartet, dass Gentile die Madonna Catalina als seine Frau behält, nachdem er eine ähnliche Erzählung von einem Herrn und dessen Diener erzählt hat, aber das würde ja nicht zum Tagesthema passen. Dementsprechend nahm die Geschichte ein gutes Ende, indem Gentile seine Angebetete sowie deren Sohn ehrenhaft an ihren rechtmäßigen Mann zurückgab. :herz:


    Die fünfte Geschichte fiel schon wieder etwas gegenüber der vorherigen ab. Auch finde ich, sie passt nicht wirklich zum Tagesmotto, denn der Mann von Madonna Dianora gibt ihr nur deshalb seine Einwilligung, dass sie zu Ansaldo gehen solle, weil er Angst vor dem Magier hat, wie er selbst zugibt. Also handelt er nicht edel oder großmütig, sondern wird von Furcht geleitet.


    Täusche ich mich, oder ist das die erste Geschichte, in der Übernatürliches vorkommt? Abgesehen von Betrügereien.


    Nein, Du täuschst Dich nicht. Das ist die erste Erzählung mit wahrhaftiger Magie, die im Dekameron vorkommt. Schade, ein paar mehr Motive aus der Kiste hätten bestimmt für etwas Auflockerung gesorgt.


    Die sechste und die siebte Geschichte bilden mMn ein Paar. Während in der sechsten Erzählung König Karl der Ältere (Karl IV. ?), der Eroberer von Italien, als edler Mann dargestellt wird, der seine eigenen Triebe zu Gunsten des Glücks der beiden Schwestern zurückstellt, ist in der siebten Erzählung König Peter von Aragonien (Peter IV. ?) derjenige, welcher durch seine ehrenvolle Behandlung der in ihn verliebten Jungfrau Lisa sowohl ihre Krankheit heilt als auch sie würdig verheiratet, der edle und großmütige Held. Mir gefiel gut, dass Boccaccio die Gesinnung der Bevölkerung, die mal mit Karl und mal mit Peter sympathisierte, auch in unserer Gesellschaft gezeigt hat. :daumen:


    Die achte und neunte Geschichte waren mir einfach zu lang. :schnarch: Inhaltlich gefielen sie mir ganz gut, allerdings fand ich die seitenlangen Gespräche viel zu übertrieben. Das hätte man mMn alles auch kürzer fassen können. Es mag sein, dass man damals so ausladend gesprochen hat, aber verglichen mit unserer heutigen Redeweise finde ich es nur ermüdend.


    Bei der zehnten Geschichte hätten sich mir fast die Fußnägel gerollt. Wie kann der Markgraf nur so mit seiner Frau umgehen? :grmpf: Wenn er sie unbedingt auf die Probe stellen musste, wäre das sicherlich auch anders gegangen und nicht so grausam über mindestens 12 Jahre. Der gute Mann hat sie ja nicht alle, vor allem dass er diese Einfälle als Geniestreiche hinstellt. :vogelzeigen:
    Immerhin hat sich Dioneo zu Beginn seiner Erzählung eindeutig vom Verhalten des Markgrafen distanziert:

    Zitat

    Um mich also nicht allzu weit von euch zu entfernen, will ich euch von einem Markgrafen erzählen; doch nicht eine großmütige Hand lung, sondern eine törichte Roheit, wiewohl sie am Ende ihm zum Guten ausschlug. Indes rate ich niemandem, ihm darin zu folgen; denn wahrlich, es ist sehr zu bedauern, daß ihm Gutes daraus erwuchs.


    Etwas sehr schade fand ich das abrupte Ende des Dekamerons. Die jungen Leute gehen zurück nach Florenz und dort trennen sich ihre Wege wieder. ENDE
    Viel schöner hätte ich es gefunden, wenn die erneuten Rechtfertigungsversuche von Boccaccio durch einen längeren Abspann ersetzt worden wären. :breitgrins:


    Insgesamt bin ich froh, dass ich das Dekameron gelesen habe, denn es waren einige tolle Geschichten dabei. Aber noch viel froher bin ich, dass ich, nachdem ich mich durch mehr langweilige und eintönige Erzählungen gelesen habe, das Buch endlich zurück ins Regal stellen kann. :klatschen:

  • Den tieferen Sinn der dritten Geschichte habe ich nicht verstanden. Warum verlangt es Mithridanes nach dem Tod von Nathan? Wenn er wirklich so selbstlos werden möchte wie dieser, ist Neid der ganz falsche Weg.


    Ich schätze, Mithridanes denkt sehr geradlinig: Wenn Nathan aus dem Weg geräumt ist, gilt Mithridanes als der größte Wohltäter. Dass er sich dabei des Mordes schuldig macht, ist für ihn zweitrangig.



    Zwar kann ich Nathans Argumente, warum er sich hätte töten lassen, verstehen, aber mir erscheint es absolut unglaubwürdig, dass jemand sein eigenes Leben nur wegen der Geltungssucht eines anderen wegwerfen will. :schulterzuck:


    Das hat mich an Jesus erinnert, der sich für die Menschen ans Kreuz nageln ließ. Nathans Nächstenliebe ist so groß, dass er sein Leben opfern würde, weil Mithridanes nicht aus Eigennutz so handelt, sondern aus dem Willen heraus, dass er dann der großzügigste Mann in der Umgebung sein wird. Aus diesem Grund hat ihm Nathan auch verziehen. Außerdem war Nathan schon recht alt und hätte nicht mehr viele Jahre vor sich gehabt, das könnte auch eine Rolle gespielt haben.




    Nein, Du täuschst Dich nicht. Das ist die erste Erzählung mit wahrhaftiger Magie, die im Dekameron vorkommt. Schade, ein paar mehr Motive aus der Kiste hätten bestimmt für etwas Auflockerung gesorgt.


    Bloß nicht! :entsetzt:

  • Danke für die Anmerkungen zur dritten Geschichte, Doris.


    Bloß nicht! :entsetzt:


    Nicht? Ich fand dieser Touch von "1001 Nacht" hatte etwas reizvolles. Vermutlich aber nur, weil die Magie so selten vorkam. Wenn ich mal "1001 Nacht" lesen sollte, würde ich mich wahrscheinlich über die geballte Ladung von orientalischer Magie aufregen. :teufel:


  • Danke für die Anmerkungen zur dritten Geschichte, Doris.



    Nicht? Ich fand dieser Touch von "1001 Nacht" hatte etwas reizvolles. Vermutlich aber nur, weil die Magie so selten vorkam. Wenn ich mal "1001 Nacht" lesen sollte, würde ich mich wahrscheinlich über die geballte Ladung von orientalischer Magie aufregen. :teufel:


    Ich empfinde die wenigen phantastischen Erzählungen als Bereicherung, besonders diese und die mit dem Ritter und der Frau, die, in einem Kreislauf gefangen, ständig die gleiche Szene erleben müssen.

  • Ich bin zu bodenständig für solche Sachen. Fantasie habe ich zwar genügend, aber in Büchern mag ich es realistisch. Für mich schwebt immer die Frage, ob das in Wirklichkeit auch möglich wäre, über den beschriebenen Ereignissen. Deshalb bin ich auch kein Freund von Fantasy.


    Wenn im Dekameron hin und wieder mal so eine Geschichte vorkommt, ist das schon in Ordnung, aber noch mehr von der fantastischen Sorte wäre mir zu viel.

  • Jetzt hab ich das Buch schon über eine Woche zu Ende gelesen, aber habe erst mal etwas Dekameron-Abstand gebraucht und es immer vor mir hergeschoben, hier noch was zu schreiben.
    Ich bin jedenfalls sehr froh und erleichtert, dass ich das Buch hinter mich gebracht habe. Es hat mir zwar schon gefallen, war aber streckenweise mehr Stress als Vergnügen. Für meinen Teil hätte es dann vielleicht auch eine Auswahl von ein paar Geschichten getan, aber irgendwie bin ich doch froh und stolz auf mich, dass ich das ganze Buch gelesen habe.


    Wie ist denn eure abschließende Meinung ausgefallen (in Ratten)? Ich würde wohl 3ratten geben.


    Der letzte Tag hat mir dann aber eigentlich nochmal recht gut gefallen. Das Thema war schön und auch mal etwas anderes. Ich fand fast alle Geschichten sehr gelungen. Etwas genervt hat mich allerdings, dass die Erzähler alle vorher erzählten Geschichten übertrumpfen wollten und von einer noch großmütigeren Handlung berichten. :rollen: Kann man nicht die Geschichten nebeneinander stehen lassen, ohne der tollste, beste, größte zu sein?


    Die letzten Geschichten (also 8 und 9) waren nochmal richtig lang, das hat am Ende meine Geduld noch auf eine harte Probe gestellt, obwohl mir die Geschichten an sich schon gefallen haben.


    Geschichte 10 fand ich ziemlich krass! Was für eine Frau lässt das alles mit sich machen und nimmt den Mann am Ende doch zurück :entsetzt: Da hatte der Markgraf aber Glück, dass er genau diese Frau erwischt hat, sonst wäre er am Schluss doch alleine dagestanden...

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Ich wollte eigentlich noch eine kurze Rezi schreiben und dort meine Ratten verteilen, aber ich schiebe noch eine andere Rezi vor mir her, die Priorität hat. Mir hat das Buch gut gefallen und bekommt


    4ratten


    Es war übrigens eine schöne Leserunde mit euch. Dieses Buch hätte ich zwar alleine auch gelesen, aber zusammen macht es eben mehr Spaß, weil mehr Denkanstöße kommen.

  • Ich fand die Leserunde auch sehr schön, man stößt beim gemeinsamen Lesen einfach immer wieder auf Dinge, die man alleine nicht bemerkt hätte. Und für mich war es auch an manchen Stellen ein Motivationsschub, dass ich nicht allein bin sondern mich mit anderen austauschen kann.


    Ich bin gespannt auf deine Rezi, Doris! Ich werde wohl eher keine schreiben, bei solchen Büchern fehlen mir da irgendwie die Worte.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de


  • Ich fand die Leserunde auch sehr schön, man stößt beim gemeinsamen Lesen einfach immer wieder auf Dinge, die man alleine nicht bemerkt hätte. Und für mich war es auch an manchen Stellen ein Motivationsschub, dass ich nicht allein bin sondern mich mit anderen austauschen kann.


    Ganz heftige Zustimmung, besonders die Sache mit dem Motivationsschub. Toll finde ich auch die Anmerkungen und Erklärungen, die immer wieder eingestreut waren. Ohne die Leserunde hätte ich nichtmal ein Bruchteil davon mitbekommen.


    Ob ich eine Rezi schreibe, weiß ich noch nicht so genau, aber wahrscheinlich würde ich auch bei 3ratten landen.


  • Ich fand die Leserunde auch sehr schön, man stößt beim gemeinsamen Lesen einfach immer wieder auf Dinge, die man alleine nicht bemerkt hätte. Und für mich war es auch an manchen Stellen ein Motivationsschub, dass ich nicht allein bin sondern mich mit anderen austauschen kann.


    Das habe ich auch so empfunden. :winken:
    Ich habe zwar noch 2 Geschichten vor mir und bin im Moment leider ziemlich unmotiviert weiterzulesen, das kommt schon mal vor, wenn ich ein Buch unterbrechen muss, kann aber meine Rattenvergabe schon angeben.


    Ich wähle 3ratten. Eine Rezi werde ich dazu aber sicher nicht schreiben.

  • Kurz zur Runde:
    Mir hat die Leserunde gefallen, der Austausch mit euch, die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Geschichten, die immer wieder mal zu einem erneuten Blick auf eine bereits gelesene Erzählung führten.


    Kurz zum Buch:
    Mir gefallen die vielfältigen Rahmungen, die reizvoll vorgenommenen Verschlüsselungen, die Verbindung aus formalem und inhaltlichem Anspruch und (bisweilen) inhaltlicher Vulgarität, die Intertextualität, besonders im Umgang mit Vorlagen, der einfallsreiche Webteppich, den Boccaccio aus einem umfangreichen Stoffschatz verschiedener Zeiten und Kulturen, Gattungen und Stile erzeugt.


    Liebe Grüße,
    mohan :winken: