Ian McEwan: "Schwarze Hunde"
"Seit ich, mit acht Jahren, meine bei einem Autounglück verloren habe, richtet sich mein Augenmerk auf anderer Leute Eltern." (S.1)
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Ein englisches Paar auf der Hochzeitsreise: Inmitten der Naturschönheiten Südfrankreichs begegnen June zwei gräßliche Hunde, die sie nie mehr vergessen wird. Bernard kann ihre aufgewühlten Gefühle nicht verstehen. Die Wege der Jungvermählten beginnen sich zu trennen... McEwan, der Erkunder der dunklen Seite des Menschen, umkreist in "Schwarze Hunde" das Abgründige mit einer an Conrad erinnernden Meisterschaft.
Soviel zum Klappentext. Leider stellt er das Buch ziemlich falsch, oder zumindest zu oberflächlich und einseitig dar. Es handelt sich nicht um ein düsteres Buch, und es geht nur am Rand um Abgründe. In erster Linie geht es um Familie und um Beziehungen. Erzählt wird Junes und Bernards Geschichte von ihrem Schwiegersohn Jeremy. Schon früh verwaist hat er sich immer die Eltern seiner Freunde als Ersatz für die eigenen gesucht, hat mit ihnen edlen Whisky getrunken und über Literatur diskutiert, während seine Klassenkameraden lieber Mofa fuhren und Musik hörten. Auch seine Schwiegereltern nimmt er als Elternersatz an, und als June im Sterben liegt, möchte er ihre Geschichte aufschreiben. Wir lernen June kennen, als sie schon acht Jahre in einem Sterbehospiz verbracht hat, abgeschlossen von der Außenwelt, eingesperrt in einer fremden, sterilen Umgebung. Sie hat lange, getrennt von ihrem Mann, in Frankreich gelebt, genau an dem Ort, an dem die Begegnung mit zwei schwarzen Hunden sie ihr Leben von Grund auf hat in Frage stellen lassen.
Erst nachdem June gestorben ist, lernt der Leser auch Bernard kennen. Jeremy fliegt gemeinsam mit ihm nach Berlin, um den Fall der Mauer, der gerade für Bernard als ehemals überzeugten Kommunisten von besonderer Bedeutung ist, direkt vor Ort mitzuerleben. Sie lassen sich von der Menge treiben und unterhalten sich über June und das, was Bernard als ihre Neigung zum Okkultismus verspottet.
Im letzten Kapitel dann geht es endlich um die schwarzen Hunde aus dem Titel, und die Geschichte, die mit ihnen verbunden ist.
McEwans Sprache ist - auch in der Übersetzung - einfach meisterhaft, flüssig und an den richtigen Stellen poetisch. Kaum jemand versteht es wie er, Menschen durch ihr Umfeld, ihre Familie und ihre Beziehungen zu charakterisieren, und er legt seinen Charakteren einige interessante Gedanken über Krieg, Kommunismus und das Böse im Menschen in den Mund.
So schön ich mich vom Text auch getragen fühlte, irgendetwas fehlte. Vielleicht ein Spannungsbogen, vielleicht ein straffer gespannter Handlungsfaden, ich weiß es nicht genau, mir waren die fünf Abschnitte zu kurz und zu wenig ineinander verwoben. Gerade hatte man angefangen, sich in einen Abschnitt einzulesen, schon war er vorbei.
4 von 5 möglichen Ratten.