David Benioff - Stadt der Diebe

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    Titel: Stadt der Diebe
    Autor: David Benioff
    Verlag: Karl Blessing Verlag
    ISBN: 978-3-89667-394-7
    Seiten: 381
    erschienen: 02. Januar 2009



    Inhalt:
    Lew, 17 Jahre alt, wird verhaftet, als er die Leiche eines deutschen Soldaten nach etwas Essbarem durchsucht. Im Gefängnis lernt er Kolja kennen. Entgegen ihrer Vermutung, werden die beiden Häftlinge nicht am Morgen nach der Inhaftierung exekutiert, sondern erhalten vom Geheimdienstchef der Stadt einen ungewöhnlichen Auftrag. Innerhalb einer knappen Woche, sollen die beiden zwölf Eier für die Hochzeitstorte seiner Tochter auftreiben. Hierbei gibt es nur ein Problem: in Leningrad herrscht erbarmungsloser Hunger. Es ist das Leningrad des Jahres 1942 und die beiden machen sich auf, um mit dem Lösen einer unmöglichen scheinenden Aufgabe ihr Leben zu retten.


    Meine Meinung:
    Ein Buch, dass mich vom Klappentext her nicht vollständig überzeugen konnte. Dafür hat es mir der örtliche Buchhändler ans Herz gelegt und so griff ich zu. Das faszinierende an der ganzen Sache ist, dass es zwar maßgeblich um die Suche nach den 12 Eiern geht, diese Suche aber mit jeder Seite die man liest mehr und mehr in den Hintergrund rückt. Lew und Kolja sind grundverschiedene Jungen, die nun plötzlich Verbündete sind. Behutsam wird die sich entwickelnde Freundschaft beschrieben. Wirklich in seinen Bann zieht einen das Buch aber, wenn man von den unbeschreiblichen Taten der deutschen und heimischen Soldaten ließt, die den beiden unweigerlich auf ihrem Weg begegnen. Natürlich suchen sie nicht nur an einem Ort nach den Eiern, sondern müssen sich immer neue Dinge einfallen lassen, um an die wertvollen Stücke zu kommen.
    Der Hunger der Menschen dieser Stadt, der während der Belagerung damals zwar in einigen Dokumentationen beschrieben wird, kam mir vor dem Lesen dieses Buches noch nie so groß vor. David Benioff schafft es, dass ich den Hunger mitfühlen konnte. Die Ausweglosigkeit einer Situation, in der man sogar gezwungen ist, Buchleim zu essen; in der Leichen die Weichteile fehlen...
    Die Eiersuche wird zur Reise, zum Abenteuer und fesselt mit jeder Zeile mehr.


    Nie hätte ich gedacht, dass ich so mitgerissen sein würde. Einmal habe ich mich dabei erwischt, wie ich mit staunend offenem Mund dasaß und las. Im nächsten Moment schossen mir die Tränen in die Augen. Ein auf und ab der Gefühle. Und alles wegen 12 Eiern im Jahre 1942 in Leningrad.


    Ein Lesehighlight der ganz besonderen Art. Ein Buch, das viele Leser verdient hat und deshalb 5ratten und :tipp:



    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • David Benioff, Stadt der Diebe
    Blessing Verlag, Januar 2009
    978-3-89667-394-7
    381 Seiten; € 19.95 (geb. Ausgabe)
    Originaltitel: "City of Thieves"



    Leningrad in der ersten Januarwoche des Jahres 1942. Die Stadt wird von den Deutschen belagert, Lew ist 17 Jahre alt und wacht des nachts mit anderen Kindern auf dem Dach seines Wohnblocks über eventuelle Luftangriffe der Nazis.
    In einer dieser Nächte segelt tatsächlich ein Deutscher vom Himmel, doch er ist in eisiger Höhe längst erfroren und so stürzen sich die Kinder auf den Feind um ihn nach Essbarem zu durchsuchen... Lew, der alleine in Leningrad ausgeharrt hat (seine Mutter und seine Schwester sind evakuiert worden), wird unglücklicherweise von Soldaten der Roten Armee festgehalten: auf Plündern des Feindes steht der Tod.
    Im Gefängnis bekommt er kurz darauf noch einen Zellengenossen - Kolja, ein paar Jahre älter, wird Desertieren vorgeworfen. Doch am Tag darauf bekommen sie eine Chance ihr Leben zu retten: der Geheimdienstchef Leningrads braucht 12 Eier, weil seine Tochter heiratet und seine Frau deshalb eine Torte backen möchte. Nun gibt es aber seit Wochen in der belagerten Stadt keine Eier mehr und die beiden Jungs haben nur sechs Tage Zeit...
    Lew und Kolja ziehen durch die eiskalte und vom brutalen Krieg gezeichnete Landschaft los, wohlwissend, dass sie das Unmögliche versuchen müssen, wenn sie überleben wollen. Sie treffen auf ihrer Suche nach den geforderten Eiern nicht nur auf den (Kriegs-)Feind, sondern auch auf ehrliche HelferInnen, Partisanen, Kolchose-Bauern auf dem Weg zur Zwangsarbeit, und vor allem schaffen sie es - dank der Unverfrorenheit Koljas - immer wieder aus scheinbar unlösbaren Situationen heraus.


    Es ist die Geschichte einer echten Freundschaft zwischen zwei sehr ungleichen jungen Männern. Es ist aber auch eine spannende Geschichte, die viel über den Krieg und die Menschen, die in ihn gezwungen werden, erzählt.


    Ob es die Erlebnisse des Großvaters des Autoren sind? Die Erzählweise, die Figuren, ihre Namen und vor allem der 'Plot' legen es nahe... Aber auch wenn es eine frei erfundene Geschichte sein sollte: sie ist beeindruckend, weil sie großartig erzählt ist und weil soviel Menschlichkeit in ihr steckt.


    Fazit: Eine echte Empfehlung - kein Buch, das von der Sprache lebt, sondern vom Erzähltalent.


    5ratten und ein :tipp:

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Dieses Buch ist soeben auf meiner Wunschliste gelandet! Es klingt wirklich vielversprechend und die Idee finde ich wirklich toll! :winken:


    LG
    Liandra

    :leserin:<br />Anonymus - Das wahre Bildnis des Dorian Gray<br />:leserin:<br />Kevin Leman - Geschwisterkonstellationen<br />:leserin:

  • Zu diesem Buch bin ich eher durch Zufall gekommen, ich hab es mir im Dezember bei meinem Schwager vom Regal mitgenommen und es erstmal lange bei mir im Regal stehen gehabt. Ich hätte nicht gedacht, dass mich das Buch so fesseln würde, mir beide Hauptfiguren so ans Herz wachsen würden - insbesondere Kolja, den ich aufgrund seiner Art anfangs gar nicht leiden konnte. So hat das Ende auch einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen, wenngleich jedes andere Ende unpassend gewesen wäre.


    Von mir ebenfalls 5ratten und ein :tipp:

  • Ich habe gerade etwas entdeckt für alle, die "Stadt der Diebe" verschlungen haben:


    Im Main erscheint das neue Buch von David Benioff - Alles auf Anfang


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    Viele Grüße,
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Hallo ihr Lieben!


    Ach, über solche Bücher schreibt man gerne und eine Rezi hat dieses hier auch wirklich verdient.


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    Meine Meinung:
    Gleich nach der "Vorgeschichte" zur eigentlichen Geschichte musste ich mich schlau machen, ob es sich hier wirklich um David Benioffs Großvater handle oder nicht. Dem ist nicht so. Der Autor sagt in diesem Interview, dass die Geschichte frei erfunden ist. Trotzdem fand ich die Idee sehr schön, dem Protagonisten seinen Namen zu geben und ihn sozusagen fiktiv in sein eigenes Leben zu integrieren.


    Zur Geschichte selbst ist nur zu sagen, dass es zwar die Idee war, die mich geködert hat. Ein Dutzend Eier im besetzten Leningrad zu finden, wo links und rechts Menschen verhungern, schien mir das perfekte Setting für eine halb tragisch, halb lustige Geschichte. Und dieses Versprechen wurde auch gehalten. Der Grund warum mir dieses Buch in den letzten zwei Tagen aber so sehr ans Herz gewachsen ist, ist nicht die wilde Jagd auf Eier, sondern es sind die beiden Protagonisten - vor allem Kolya, der auf mich als Leserin wohl den gleichen Charme ausübt wie auf alle weiblichen Wesen in der Geschichte selbst. :breitgrins: Was für ein Charmeur mit Sinn für (Galgen-)Humor. Dem würde ich gerne mal im echten Leben begegnen. :herz:
    Doch auch der Ich-Erzähler Lev war mir beim Lesen sehr nahe. Die Geschehnisse, in die die beiden unwahrscheinlichen Freunde stolpern, zeigen nicht nur den Krieg in vielen seiner Facetten, sondern auch weniger wichtige Charaktere, die trotzdem gut ausgearbeitet und sehr lebendig wirken.


    Ein besonderer Leckerbissen waren für mich auch die Dialoge. Da wird nicht ständig Weisheit an Weisheit aneinandergereiht, manchmal reden die Leute schlicht und ergreifend auch einfach Blödsinn. :breitgrins: Das trägt wohl auch zu ihrer Menschlichkeit bei und ist ein weiterer Grund, warum mir auf knappen 300 Seiten Lev und Kolya so ans Herz gewachsen sind, als wäre ich Tausende von Seiten bei ihnen gewesen.


    Ein tolles Buch, das nach einer Verfilmung schreit, und das ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann. Freundschaft, Krieg, Humor, Spannung, Blut und ein Dutzend Eier - was will man mehr?


    5ratten

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Gerade habe ich es beendet, dieses Buch, das ich mir eigentlich "nur" gekauft habe, weil es im Weltbild gerade günstig und runtergesetzt war. Seit Januar lag es neben meinem Bett und als ich es angefangen hatte zu lesen, lag es fast nie mehr woanders als in meiner Hand.
    Die Geschichte/Idee um die 12 Eier ist verrückt, genau wie der Oberst, der Lew und Kolja diesen Auftrage aufbürdet. Denn eine Bürde ist es für die beiden schon im besetzten Lenningrad, wo Brezeln aus Buchleim gemacht werden und eine halbe Zwiebel einem Festessen gleichkommt, diese Eier zu finden.
    Die ganze Geschichte spielt im Zeitraum von 6 Tagen (auf ca 370 Seiten). Und trotzdem gelang es dem Autor mich direkt in seine Geschichte gefangen zu nehmen. Ich habe lange schon kein Buch mehr gelesen, in dem ich mich in zwei so unterschiedliche Protagonisten gleichzeitig hineingezogen fühlte. Sowohl der naive, junge und verträumte Lew, als auch der charmante, lebenslustige und auch oft vulgäre Kolja haben mich direkt fasziniert. Man liest das Buch in einem durch, nur um zu erfahren wie es weitergeht.


    Für "zarte" Gemüter sei allerdings darauf hingewiesen: Dieses Buch spielt im Krieg. Es schildert den Krieg in seinen abschreckensten Bildern und es wird kein Blatt vor den Mund genommen, was diverse Greultaten betrifft. Ebenso ist es an einigen Stellen vulgär, vielleicht sogar schon ein wenig ordinär. Für mich gehörte dies gerade zum Buch dazu. Um die Situation und die Menschen Kolja und Lew richtig kennenzulernen.
    Das Ende ist so zweigeteilt, wie Lew und Kolja. Es hat mich gefreut und es hat mich zum Weinen gebracht. Was will man mehr? Ein Buch, das einem lange nicht aus dem Kopf gehen wird.
    Von mir bekommt "Stadt der Diebe"
    5ratten

  • Klingen wirklich gut eure Rezis und somit wandert es auf meine Wunschliste :rollen:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Huhu!


    Das englische Hörbuch ist auch sehr schön - ich hab es meinem Freund zum Geburtstag geschenkt (und natürlich gleich selbst auf meinen iPod gespielt :breitgrins:) und ich mag sowohl den Vorleser sehr gerne als auch das kleine bisschen Musik, das am Ende jedes Kapitels im Hintergrund gespielt wird.


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Ich liebe dieses Buch. Ein Freund von mir hat es mir ausgeliehen, weil er fand, dass ich es unbedingt lesen sollte. Als er mir sagte, dass die Geschichte von davon handelt, wie zwei Leute 12 Eier suchen müssen, hätte ich nie erwartet, dass es so spannend wird.
    Ich mag beide Protagonisten, obwohl sie so verschieden sind. Ich konnte mich gut in sie hinein versetzen und konnte ihre Handlungen nachvollziehen. Ein Highlight der des Buches waren definitiv die Dialoge der beiden. :zwinker:
    Zum Teil konnte ich kaum glauben, was sie während ihrer Suche alles erfahren haben. Obwohl die Geschichte an sich überhaupt nicht lustig ist, gab es viele Szenen zum Lachen. Das hat mir extrem gut gefallen.


    Meiner Meinung nach ist das Buch auch ein :tipp:

  • Gerade am Anfang war ich mir nicht sicher, ob mir das Buch gefallen würde. Die aktuelle Witterung (August) passte nicht zu Eis und Schnee im russischen Winter und angesichts des allgegenwärtigen Hungers im Buch fühlte ich mich ziemlich mies, dieses Buch während des Essens oder mit Nachzeug neben mir zu lesen. Im Laufe der Zeit konnte ich das Buch aber immer weniger aus der Hand legen und die Geschichte hat mich mehr und mehr gefangen genommen. Dabei enthält sie durchaus einiges an Unwahrscheinlichkeiten und eher unglaubwürdigen Begebenheiten, aber das macht nichts, die Erzählung trägt einen darüber hinweg. Der Autor deutet an, dass es sich um eine größtenteils wahre Geschichte handelt, aus dem Leben seines Großvaters, und hier gilt auf alle Fälle die Devise: Wenn es nicht wahr ist, ist es zumindest gut erfunden.


    Leningrad im Januar 1942 ist von den Deutschen eingeschlossen und Heizmaterial und vor allem Nahrung jeglicher Art ist unbezahlbar, man ernährt sich von Buchleim und Sägespänenbrot. Die Mission, in dieser Umgebung, zu dieser Zeit, ausgerechnet 12 Eier besorgen zu sollen, ist absolut grotesk, man kann eigentlich nur den Kopf schütteln über die Vermessenheit des Obersts.


    Dem Autor gelingt es sehr gut, die alltäglichen Grausamkeiten zu beschreiben, wie sehr Hunger, Kälte und Krieg die Menschlichkeit zerstören, wird in aller Deutlichkeit dargestellt und ist ziemlich erschreckend, einige Szenen sind sicherlich nichts für empfindliche Gemüter oder Mägen. Umso angenehmer wirken die beiden Hauptfiguren, Kolja mit seinem Charme und Lew mit der ganz normalen Unsicherheit eines Heranwachsenden. Diese beiden Figuren, die so alltägliche Gedanken und Nöte haben, wachsen einem so im Verlauf der Geschichte immer mehr ans Herz und man fiebert mit, ob sie den Auftrag werden ausführen können.


    Insgesamt betrachtet, kann ich "Stadt der Diebe" nur allen empfehlen, die eine gute Geschichte zu schätzen wissen. Lest dieses Buch!


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Ein super Buch!!!


    Eins der besten Bücher, die ich seit langer Zeit gelesen habe!


    Es zeigt die Grausamkeiten des Krieges, berichtet von Freundschaft, Liebe, Trauer, Schicksalsschlägen, den Lebensbedingungen zu Kriegszeiten.


    Das Buch ist fast durchweg spannend und gut leserlich.


    Sehr gut hat mir der Schluss gefallen.


    Fazit: wer viel liest, sollte es unbedingt auf seinem Merkzettel haben.


    Ich kann es nur weiterempfehlen.

    Opa Pittschikowski aus dem Ruhrrevier, kennt die Blauen Knappen schon seit 1904 - niemals tat er fehlen, nur einmal war er krank - Oma tat er quälen wenn er schon morgens sang:<br /><br />Ob ich verroste und ver


  • Die aktuelle Witterung (August) passte nicht zu Eis und Schnee im russischen Winter und angesichts des allgegenwärtigen Hungers im Buch fühlte ich mich ziemlich mies, dieses Buch während des Essens oder mit Nachzeug neben mir zu lesen.


    Mir ging es genauso, ich habe die englische Originalausgabe irgendwann letztes Jahr im Hochsommer angefangen, aber da passte sie vom Wetter absolut nicht hin. Jetzt lese ich gerade die deutsche Übersetzung aber ohne Weihnachtskekse, die passen auch nicht zur Lektüre des Buches.
    Am Anfang zieht es sich ein bißchen, aber nachdem die beiden jetzt mit ihrem Auftrag aufgebrochen sind, ist es echt spannend.


    :winken:
    bibse

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)

    Einmal editiert, zuletzt von bibse ()

  • So ich bin jetzt auch durch.
    Meine Meinung und Fragen werde ich mal lieber spoilern, damit ich niemanden um den Lesegenuss bringe :zwinker:


    Ein bißchen enttäuscht war ich vom Ende, das war mit ein bißchen zuviel Showdown und die Übergabe der Eier an den Oberst fand ich ziemlich doof, und ich kam mir stellvertretend für die Protagonisten verarscht vor.
    Dafür hat mich die letzte Szene mit Vika am Schluss aber wieder sehr versöhnt.


    Da ich den Anfang als sehr zäh empfunden habe und mit dem Ende auch nicht hundertprozentig zufrieden bin, vergebe ich
    3ratten

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)

  • Im belagerten St. Petersburg des zweiten Weltkriegs wird der Jugendliche Lew von Soldaten dabei erwischt, wie er einen toten deutschen Fallschirmjäger von seinen Habseligkeiten befreit. Als Plünderer ist ihm damit eigentlich das sofortige Todesurteil sicher, doch nach einer Nacht im Gefängnis wird er gemeinsam mit dem Deserteur Kolja vor den Chef des städtischen Geheimdienstes geführt, der ihnen erklärt, dass seine Tochter nächste Woche heiraten wird und sich eine richtige Hochzeitstorte wünscht. Folgenden Deal schlägt er den beiden jungen Männern vor: ein Dutzend Eier für die Hochzeitstorte für ihr Leben und ihre Freiheit. Sie haben eine Woche Zeit!


    Obwohl dieser Vorschlag wie ein schlechter Witz klingt, nehmen ihn Lew und Kolja an – was haben sie schon zu verlieren? Ohne große Hoffnung beginnen sie die Stadt zu durchstreifen, in der selbst Gläser voller Erde, in die etwas geschmolzener Zuckersirup eingesickert ist, teuer verkauft werden. Beide sind sich darüber im Klaren, dass nur ein Wunder ihnen helfen kann, das Dutzend Eier aufzutreiben, doch statt auf Heilige treffen sie nur auf ausgehungerte Menschen, die streckenweise nicht einmal vor Kannibalismus zurückschrecken.


    Zum Glück behält der Ich-Erzähler Lew seinen lakonischen Tonfall bei und lässt auf dieser Art und Weise die grausamen Details nicht an sich und dadurch auch nicht an den Leser heran. Dennoch reicht das, was man erfährt dazu aus, die Schrecknisse des Krieges und der Belagerung deutlich zu erkennen und man ist froh, dass man in einer anderen Zeit und einem anderen Ort lebt.


    Für einen Lichtblick in dieser Finsternis sorgen Lew und Kolja. Lew ist ein mürrischer und schweigsamer Junge, der mit seiner jüdischen Herkunft hadert, während Kolja ein geschwätziger und äußerst selbstbewusster Frauenheld ist, der heimlich an seinem ersten Roman arbeitet. Beide für sich genommen haben wenig Aussicht auf Erfolg, aber gemeinsam ergeben sie ein ausgewogenes Team, deren Stärken und Schwächen sich gegenseitig ausgleichen. Es ist rührend zu verfolgen, wie Lew nach und nach seine Schutzschichten lockert und Kolja an sich heran lässt, bis die beiden eine tiefe Freundschaft verbindet.


    Eingebettet ist die Erzählung in ein Gespräch zwischen Großvater und Enkel. Der Enkel soll einen autobiografischen Essay schreiben, doch da er sein Leben für wenig ereignisreich hält, bittet er seinen Großvater, ihm die Geschichte von damals zu erzählen, vom Winter 1942.


    Obwohl einige Details im Buch dafür sprechen, dass Benioff die Geschichte seines eigenen Großvaters erzählt, hat er in diesem Interview klar gesagt, dass die Story zu 99,99% erfunden ist. Aber allein die Möglichkeit, dass es hätte sein können, verleiht dem Buch viel mehr Dramatik. Leser meiner Generation wissen zwar, dass im zweiten Weltkrieg das Grauen herrschte, aber erst dadurch, dass man es anhand einer (eventuell) wahren Geschichte erfährt, wird es viel eindringlicher als es allgemeine Geschichtsbücher jemals sein könnten. Allein deswegen ist das Buch schon lesenswert, aber in Kombination mit den beiden unterschiedlichen, aber gleich sympathischen Hauptpersonen und dem szenischen Humor wird ein echter Buchtipp daraus.


    4ratten

  • Dieses Buch ist gerade auf meine Wunschliste gewandert :breitgrins: Eure Rezis klingen wirklich toll und haben mich wirklich neugierig gemacht.

  • Ich habe mir das Buch letzten Sommer gekauft. Leider ist es immer noch auf dem SUB :rollen: Ich freue mich jetzt schon total auf die Lektüre!

    //Grösser ist doof//

  • Dank meines kürzlich angeschafften Büchereiausweises kann ich mir jetzt endlich aaaaaalle Bücher ausleihen, die mich hier schon seit längerer Zeit antriggern, und es sind bisher nur Juwelen dabei gewesen. Danke, LitSchock, dass es Dich gibt!


    Und so auch "Stadt der Diebe" - ich habe zwar erst das erste Kapitel gelesen, aber das war schon so niederschmetternd, dass ich gar nicht anzweifle, dass das restliche Buch noch sehr bewegend wird. Ich freue mich schon sehr, denn ich hab das ganze Wochenende viel Zeit! :smile:

    "Verzicht bedeutet für Frauen die kurze Pause zwischen zwei Wünschen."

    ~ Mario Adorf

  • Ich habe die Hälfte des Buches gelesen und es gefällt mir eigentlich ganz gut. Es ist gute Lektüre, aber es haut mich nicht von den Socken. Bin wohl mit etwas zu hohen Ansprüchen an das Buch heran gegangen. Keine Enttäuschung, aber auch kein Highlight. Aber was nicht ist, kann ja noch werden...

    //Grösser ist doof//

  • Inhalt:


    Leningrad, 1942: Die Stadt wird von den Deutschen belagert, die Bevölkerung ausgehungert.
    In dieser Zeit geschieht es, dass der junge Lew erwischt wird, wie er nach der Ausgangssperre einen toten deutschen Soldaten ausraubt. Doch entgegen seiner Erwartungen wird der Junge nicht exekutiert, sondern er erhält eine schier unlösbare Aufgabe:
    Zusammen mit dem ebenso jungen Kolja soll Lew für eine Hochzeit ein Dutzend Eier auftreiben...


    Meine Meinung:


    An David Benioffs "Stadt der Diebe" musste ich wohl mit zu hohen Erwartungen herangegangen sein. Anders kann ich mir meine Enttäuschung über die Lektüre nicht erklären. Ich erwartete ein packendes und spannendes Abenteuer, doch das Buch liess mich seltsam unberührt zurück.


    Die Szenerie des winterlichen und verarmten Russlands fand ich wirklich interessant. Man erfährt einiges über den Zweiten Weltkrieg, Hintergrundinformationen, die man ansonsten vielleicht nicht gehört hätte. Benioff hat die Umgebung, die Kälte, den Hunger sehr detailiert und gelungen beschrieben. Ich war oftmals froh, dass ich nicht durch kniehohen Schnee stapfen musste.


    Dennoch wurde ich weder mit der Geschichte, noch mit den Figuren wirklich warm. Lew war mir zu unpersönlich, ich konnte mir von ihm während der gesamten Geschichte kein wirkliches Bild von ihm machen. Nur zum Schluss, als er aus seiner Passivität erwacht, denn Lew ist eine sehr passive Hauptperson, habe ich ihm etwas Respekt entgegen bringen können.
    Auch bei Kolja war ich zwiegespalten. Zu Beginn fand ich ihn umwerfend, doch mit Fortgang des Buches zehrte er mehr und mehr an meinen Nerven. Ein derart pubertärer und von sich eingenommener Mensch. Seine Witze brachten mich einerseits zum Lachen, doch schon im nächsten Satz musste er wieder mit seinen weiblichen Errungenschaften angeben. So wurde er mir zusehends unsympathisch.


    Ebenfalls fehlte es mir an Spannung. Die Geschichte ist zwar oftmals berührend und man erschaudert bei den schlimmen Vorfällen, die während des Krieges geschahen, doch irgendwie schien sie mir nicht griffig genug. Anstatt um das Leben der Hauptpersonen zu bangen, war ich bald von den vielen Details und Koljas Angebereien gelangweilt. Nur beim Finale kam wirklich Spannung auf. Dafür vergass ich während dieser paar Seiten beinahe das Atmen. Für das Ende der Geschichte hatte ich dann jedoch nur ein müdes Achselzucken übrig.


    Fazit:


    Leider eine Enttäuschung. Ich hätte nicht gedacht, dass mich ein Buch, das während des Zweiten Weltkrieges spielt, mich tatsächlich langweilen könnte. Doch genau dies geschah. "Stadt der Diebe" wurde ein Opfer zu hoher Erwartungen aufgrund all der positiven Stimmen, die ich vernommen hatte.


    Leser, die sich gerne mit einem realen Hintergrund beschäftigen, werden hier eine interessante und facettenreiche Landschaft vorfinden, in die man sich vertiefen kann. Ebenfalls erwähnenswert ist die interessant aufgebaute Geschichte der Freundschaft von Lew und Kolja.


    3ratten

    //Grösser ist doof//