Henry Miller: Der Koloß von Maroussi

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  • Hallo,


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    „Der Koloß von Maroussi“ entstand im Jahre 1940, nachdem er ein Jahr zuvor eine mehrmonatige Reise durch dieses Land unternommen. Wir begleiten Henry Miller in diesem mythenreichen Land zu zahlrreichen historisch-archäologischen Stätten, die auch heute noch zu den touristischen Zielen gehören. Doch ist dieses Griechenlandbuch kein touristischer Führer oder Historienbuch, sondern wir erleben Eindrücke, die Griechenland auf Miller hinterlassen hat. Auf diese Weise gestaltet sich für den Leserm dieses Buches vollig Neues. In diesem Land, was für Miller ein „heiliges Land“ ist, lässt sich der Autor ausgiebig über seine Lebensanschauung aus, der durchaus etwas buddhistisches anhaftet, Henry Miller sich allerdings von allen Ideologien lossagt.


    Zitat von "Henry Miller"

    Alles woran wir uns klammern, selbst Hoffnung oder Glaube, kann die Krankheit sein, die uns zur Strecke bringt. Verzicht Selbsthingabe ist etwas Absolutes.wenn man sich nur an den winzigen Krümel klammert nährt man den Keim, der uns verschlingt.


    Der Kerngedanke von Millers Lebensanschauung: „Ja, ich bin so verrückt zu glauben, daß der Mensch, der die wenigsten Bedürfnisse hat, der glücklichste ist.“ Großer Reichtum, viel Geld und Besitz, macht den Menschen nicht glücklicher.


    Miller kritisiert den besessenen Fortschritt der Amerikaner, der sich auf wenige Worte festnageln lässt: „mehr Maschinen, mehr Leistungen, mehr Kapital mehr Komfort.“ -

    All dieses scheint den Menschen wichtig, allerdings ist diese Lebensanschauung für Miller wie eine Versklavung. Man heftet sich an Dinge, und Vorstellungen, die andere geschaffen haben, und das soll Leben sein. Miller sagt ganz klar, er brauche gar nichts um glücklich zu sein, nur die Loslösung von den Dingen, befreit den Menschen. Auch Erich Fromm kritisiert in seinem Werk „Haben oder Sein“, das mehr Haben wollen. Um das Wesen des Seins zu veranschaulichen zitiert Erich Fromm einen Haiku von Bashos:


    "Wenn ich aufmerksam schaue,
    Seh' ich die Nazuna
    An der Hecke blühen!"

    Bashos erfreut sich an der Blume, ohne sie haben zu wollen.


    Es geht nicht nur darum sich von den Dingen zu lösen, sondern auch darum „den Geist leer zu halten.“, sich fernhalten von dem, was in unseren Geist einströmen will: Radio, Zeitung, der tägliche Ratsch und Tratsch. Ich denke, dieses fällt dem Menschen heutzusage schwer; aber selbt wir sagen manchmal, lassen wir doch die Seele baumeln. Sich einfach lösen vom täglichen Stress und hin und her. Es ist geradezu meditativ, woran Miller denkt. So spiele es auch keine Rolle „was für eine Flagge über dem Kopf weht oder wem das oder jenes gehört oder ob man Englisch oder Monogahela spricht. Man versteht sich über die Herzen.“

    Ohne sich an eine Religion binden lassen zu wollen, können wir im Neuen Testament (MK. 12, 41-44) ein schönes Beispiel vom völligen Loslassen entdecken. Dort wird gesagt, dass reiche Leute viel Geld in den „Gotteskasten“ legten. Da kam aber eine arme Witwe, die den Rest ihres wenigen Geldes in den Kasten legte: einen Pfennig. Die Witwe lässt in aller Selbstverständlichkeit und Selbstlosigkeit ihren letzten Pfennig sausen. Natürlich, die Raffgierigen und Reichen behalten doch noch ihr Hab und Gut und wollen daran auch festhalten. Nicht aber diese arme Frau.


    Henry Miller sagt:

    Zitat von "Henry Miller"

    Ich weiß, wo das Heil liegt: entsagen muß man, verzichten muß man, sich aufopfern, auf das unsere kleine Herzen im Gleichklang mit dem großen Herzen der Welt schlagen.


    oder auch hier:

    Zitat von "Henry Miller"

    Verzicht, Selbsthingabe ist etwas Absolutes: wenn man sich nur an den winzigen Krümel klammert, nährt man den Keim, der einen verschlingt.


    Man überlege nur, was man alles Bezahlen muss, welch eine Last jemand hat, wenn man ein Auto hat: Versicherungen, Steuern, TÜV, Reparaturen. Viele Menschen können sich ein Leben ohne Auto gar nicht mehr vorstellen, oder ein Leben ohne Handy und Internet. Unser heutiges Leben ist an Maschinen gebunden. Als Katsimbalis, mit dem Miller durch Griechenland reist, nach Athen zurückgerufen wird, weil „seine Anwälte überraschenderweise herausgefunden hatten, daß ihm ein bestimmtes Grundstück gehörte,“ war Katsimbalis nicht sehr erfreut, denn „mehr Besitz bedeutet mehr Steuern, mehr Schulden – und mehr Kopfschmerzen.“

    Wenn jemand die Möglichkeit hätte, nur ein Buch von Miller lesen zu können, dann sollte er nach dem „Koloß von Maroussi“ greifen, weil Henry Miller hier in wunderbarer Weise das konzentriert hat, was er der Welt sagen wollte: Der Weg zur Befreiung, der Weg zum Frieden. Es ist auch ein Buch mit unendlich viel schönen Gedanken, hier könnte man des Zitierens niemals müde werde. Friede kann man nicht aufstapeln wie Mais und Weizen, sagt Miller.


    Zitat von "Henry Miller"

    Es wird keinen Frieden geben, ehe nicht aus Herz und Gemüt jeder Gedanke an Mord ausgemerzt ist. Mord ist die Spitze der breiten Pyramide, deren Basis der Egoismus ist.


    Schon im „Wendekreis des Krebses“ erzählt Henry Miller, wie arm und wie glücklich er in Paris lebt. Diese Armut bedeutet für Miller Reichtum.


    Zitat von "Henry Miller"

    Ich lebe nicht von Geld, ich lebe von dem Glauben an mich, an meine Fähigkeiten. Ich Geiste bin ich Millionär.


    Ich habe mich manchmal gefragt, ob Henry Miller mit dem Buddhismus anbändelt. Er selber sagt natürlich, man solle sich von jeder Ideologie befreien. Trotzdem, wovon Miller hier träumt, kann man ebenso völlig unreligiös betrachten, schließlich ist die Befreiung von unserem mikrigen Ego, aus dem Unfrieden kommt, nicht an eine Religion gebunden. Wir wissen, was für fürchterliche Kriege im Namen einer Religion geführt worden sind. Darum ist so eine bindungslose Lebensanschauung, wie Miller sie vertritt, sehr wohltuend.


    :tipp:


    Liebe Grüße
    mombour

  • Danke für diese Rezension. Ich werde das Buch wohl mal im Hinterkopf behalten. Ich habe schon so zwei oder drei Dinge von Miller gelesen und auch gemocht. Autobiografisches mag ich ebenfalls. Millers Kurz-Trip nach New York, in dem er den American Way of Live aufs heftigste attackiert, kenne ich schon. Dass er derart zum Buddhismus (oder zur Stoa?) hinneigt, finde ich interessant. :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo sandhofer,



    Millers Kurz-Trip nach New York, in dem er den American Way of Live aufs heftigste attackiert, kenne ich schon. Dass er derart zum Buddhismus (oder zur Stoa?) hinneigt, finde ich interessant. :winken:


    Ein anderes schönes Anti-Amerika Buch ist "Der klimatisierte Alptraum"
    Habe gerade durch eine gute Bekannte erfahren, das sich Miller mit Chuang-tzu, Lao-Tzu und mit dem Tao te king beschäftigt hat. Ich muss dass bei Gelegenheit mal in einer Biografie nachlesen.


    Liebe Grüße
    mombour